Ich habe dich so lieb!
Ich würde dir ohne Bedenken
Eine Kachel aus meinem Ofen
Schenken.
Joachim Ringelnatz 1883-1934
Heinz Erhardt 1909-1979
Am Kamin
Es gibt recht viele, die noch immer
vom englischen Kamine schwärmen.
Er kann so leidlich zwar das Zimmer –
doch ich mich nicht für ihn erwärmen.
Wenn ich vor solchem Möbel sitze –
ich muß das wirklich mal erwähnen –
so hab ich vorne große Hitze
und klappre hinten mit den Zähnen. –
Sitzt du jedoch bei mir ganz dicht,
legst um mich deinen lieben Arm,
dann gilt das, was ich sagte, nicht –
dann hab ich es auch hinten warm!
Warte nur, balde rußest auch du!
Afanassi Afanassjewitsch Fet 1820-1892
Am Kamin
Die Kohlen löschen. Schatten schlingen
Sich mit der Glut zum schwanken Ring.
So trübt mit seinen blauen Schwingen
Den roten Mohn ein Schmetterling.
Es schwebt vor mir im Zwitterlichte
Der Wahngebilde holder Häuf,
Und unenträtselte Gesichte
Schaun aus der grauen Asche auf.
Ich sehe lieb und traut erstehen
Geschwundner Stunden Leid und Lust ...
O Herz, du lügst — du kannst nicht schmähen
Das, was du heiß beweinen mußt!
Isabelle Kaiser 1866-1925
Am Herd
Am Herd, im stillen Winkel,
Da wacht Genügsamkeit
Und hält im irdnen Topfe
Das Vespermahl bereit.
Am Webstuhl in der Kammer,
Da sitzt im Dämmerschein
Die stinke Schar der Träume
Und webt mein Leben ein.
Erinnerung spinnt am Rocken
Und singt ein Lied dabei,
Und die Gedanken huschen
Aus Ecken scheu herbei.
Am Ofen spult die Ratze,
Es strickt mein Mütterlein,
Und draußen hüllen Flocken
Die Welt in Unschuld ein.
So gehen emsige Geister
Verstohlen ein und aus,
Und doch herrscht heil'ge Stille,
Als ging' der Herr durchs Haus.
Karl Ernst Knodt 1856-1917
Vor dem Kamin
Die fliegenden Flammen
Vom roten Kamin
Flackern über
Den Einsamen hin,
Über den Träumer,
Der vor ihnen sitzt,
Durch dessen Seele
Auch Feuer blitzt.
Seid ihr des inneren
Widerschein?
Schlagt ihr heraus?
Schlagt ihr herein?
Feuer, du himmlisches,
Heiliger Geist -
Sei du die Flamme,
In deren Gluten
Aus tausend Teilen
Mein ewiges Sein sich zusammenschweisst.
Julius Sturm 1816-1896
Oft stellt sich jene Zeit mir dar,
wo ich ein frohes Kind noch war
und oft am knisternden Kamin
mich wiegte auf des Vaters Knien.
Und wenn der Abend still genaht,
die Mutter um ein Märchlein bat,
wo sie dann freundlich ausgestellt
vor meinem Blick die Zauberwelt:
Mit Bäumen, welche ewig grünen,
mit Blumen, welche nie verblüh'n,
mit Schlössern von Diamantenstein,
mit Rittern, Riesen, Zwergen, Fei'n.
Isabelle Kaiser 1866-1925
Am Herd
Am Herd, im stillen Winkel,
Da wacht Genügsamkeit
Und hält im irdnen Topfe
Das Vespermahl bereit.
Am Webstuhl in der Kammer,
Da sitzt im Dämmerschein
Die stinke Schar der Träume
Und webt mein Leben ein.
Erinnerung spinnt am Rocken
Und singt ein Lied dabei,
Und die Gedanken huschen
Aus Ecken scheu herbei.
Am Ofen spult die Ratze,
Es strickt mein Mütterlein,
Und draußen hüllen Flocken
Die Welt in Unschuld ein.
So gehen emsige Geister
Verstohlen ein und aus,
Und doch herrscht heil'ge Stille,
Als ging' der Herr durchs Haus.
Josef Weinheber 1892-1945
Der Herd
Geisterbewohnt
urehrwürdigster Ort,
nährendes Feuer vererbst
du den Sterblichen fort;
Feuer das beste ist
uns, die erdegeborn.
Um die gehütete Glut
sippen wir unverlorn.
Wasser vom Himmel stürzt,
Sturm fährt sausend ums Haus.
Wir darin sind gefeit,
geht nur die Glut nicht aus.
Würde des Hauses, Stolz,
Ehr und Sitte dazu —
und dem Fremden, der friert,
gastlich geneigt bist du.
Hilfst kunstfertiger Hand;
um Geschmied und Geschmeid
essengewaltig zuckt
sprühend die Flamm vom Scheit.
Altarmaßen gefügt,
stehst du, helle und heil,
gibst die göttliche Kraft
noch deiner Asche zuteil:
Auf die Fluren gestreut,
neuem Wachstum zugut,
bannend Dürre und Fraß
und der Unholden Wut —
Immer ein Funke von dir
springt in das Menschenherz,
daß es Heimat erführ'
oder den Heimwehschmerz.
Bruno Wille 1860-1928
Dämmerstündchen
Dämmerstündchen im frostigen Winter,
Dämmerstündchen im traulichen Stübchen ...
Wenn da draußen über den harten
Knarrenden Schnee ein kragenvermummter
Mann mit dampfendem Atem eilt,
Ohren und Nase rotgezwickt ...
Wolkig umhüllt, mit Schnauben und Stampfen
Ziehn zwei Pferde den wuchtigen Wagen ...
Und der Schusterjunge im Schurzfell
Trabt und haucht in die klamme Hand ...
Rötlich strahlt die Straßenlaterne;
Über dem schneebelasteten Hausdach
Blinzelt der Abendstern.
Dämmerstündchen im frostigen Winter,
Dämmerstündchen im traulichen Stübchen ...
Wärme strahlt der gewaltige Ofen,
Muntre Flammen durchäugeln den Spalt;
Und ich dehne behaglich die Glieder,
Lausche dem lieblich summenden Singsang
Des melodisch sinnigen Kessels;
Hitzig brät indessen der Apfel,
Den lieb Mütterchen mir verehrte.
Fernher klingelt ein Schlitten - fernhin;
Und die ruhige Seele träumt.
Max Dauthendey 1867-1918
Alleingelassen bei Erinnerungen
Jetzt sitzt der weiße Schlaf vor allen Wintertüren,
Die Fenster sind gleich blassen Eierschalen,
Dahinter leben Straßen voll Gespenster
Und Stimmen, die uns ferne Menschen malen.
Man kann die Welt nicht sehen und nur spüren.
Wie Blinde ahnt man dunkel das Geschehen,
Alleingelassen bei Erinnerungen,
Die an den Türen wie die Bettler stehen,
Die bei den Ofenflammen warm sich rühren,
Erregt mit nimmersatten Hungerzungen.
Sie können uns an magern Händen führen
Und haben in der Asche noch nicht ausgesungen.
Justinus Kerner 1786-1862
Der Gesang im Ofen
Wer sang in meinem Ofen
Heut nacht so wunderbar,
Wie nie ein andres Singen
Mir herzergreifend war?
Lang war's, als säng' in Flammen
Unsel'ger Geister Chor,
Dann aber sang's in Worten
So tönend meinem Ohr:
Du forschest, was so singet
In deines Ofens Raum.
Ich bin's, der Ast von einem
Gefällten Tannenbaum.
Vom Baume, der geschnitten
Schon längst in Bretter breit,
Der Schreiner hobelt singend:
"Mach, Alter, dich bereit!"
So sang es kurz in Worten,
In Tönen doch noch lang,
Bis mich in Schlaf und Träume
Einlullte der Gesang.
Josef Weinheber 1892-1945
Der Herd
Geisterbewohnt
urehrwürdigster Ort,
nährendes Feuer vererbst
du den Sterblichen fort;
Feuer das beste ist
uns, die erdegeborn.
Um die gehütete Glut
sippen wir unverlorn.
Wasser vom Himmel stürzt,
Sturm fährt sausend ums Haus.
Wir darin sind gefeit,
geht nur die Glut nicht aus.
Würde des Hauses, Stolz,
Ehr und Sitte dazu —
und dem Fremden, der friert,
gastlich geneigt bist du.
Hilfst kunstfertiger Hand;
um Geschmied und Geschmeid
essengewaltig zuckt
sprühend die Flamm vom Scheit.
Altarmaßen gefügt,
stehst du, helle und heil,
gibst die göttliche Kraft
noch deiner Asche zuteil:
Auf die Fluren gestreut,
neuem Wachstum zugut,
bannend Dürre und Fraß
und der Unholden Wut —
Immer ein Funke von dir
springt in das Menschenherz,
daß es Heimat erführ'
oder den Heimwehschmerz.
Hanns von Gumppenberg 1866-1928
Der gute Ofen
Durchschnittsleute sind wie Ofenkacheln,
Die, wenn wir′ mal selbst nicht glühn und schwärmen,
Uns die Stube doch behaglich wärmen,
Kalten Stunden nehmen ihre Stacheln.
Darum schmäht den Ofen nicht, den braven!
Eine Wohltat ist er unsern Häuten:
Und auf seinen Bänken, die wir scheuten,
Läßt sich immer noch am besten schlafen.
Hanns von Gumppenberg 1866-1928
Der gute Ofen
Durchschnittsleute sind wie Ofenkacheln,
Die, wenn wir mal selbst nicht glühn und schwärmen,
Uns die Stube doch behaglich wärmen,
Kalten Stunden nehmen ihre Stacheln.
Darum schmäht den Ofen nicht, den braven!
Eine Wohltat ist er unsern Häuten:
Und auf seinen Bänken, die wir scheuten,
Läßt sich immer noch am besten schlafen.
Bruno Wille 1860-1928
Dämmerstündchen
Dämmerstündchen im frostigen Winter,
Dämmerstündchen im traulichen Stübchen ...
Wenn da draußen über den harten
Knarrenden Schnee ein kragenvermummter
Mann mit dampfendem Atem eilt,
Ohren und Nase rotgezwickt ...
Wolkig umhüllt, mit Schnauben und Stampfen
Ziehn zwei Pferde den wuchtigen Wagen ...
Und der Schusterjunge im Schurzfell
Trabt und haucht in die klamme Hand ...
Rötlich strahlt die Straßenlaterne;
Über dem schneebelasteten Hausdach
Blinzelt der Abendstern.
Dämmerstündchen im frostigen Winter,
Dämmerstündchen im traulichen Stübchen ...
Wärme strahlt der gewaltige Ofen,
Muntre Flammen durchäugeln den Spalt;
Und ich dehne behaglich die Glieder,
Lausche dem lieblich summenden Singsang
Des melodisch sinnigen Kessels;
Hitzig brät indessen der Apfel,
Den lieb Mütterchen mir verehrte.
Fernher klingelt ein Schlitten - fernhin;
Und die ruhige Seele träumt.
Georg Britting 1891-1964
Der Winterstier
Es klirrt im Frost
Der Buchenwald,
Das Buchenscheit
Im Ofen knallt.
Der Wind aus Ost
Wird abgelöst
Von dem aus Nord.
Der Nordwind stößt
Mit hartem Horn,
Der Winterstier,
Im weißen Zorn,
Mit Augen blau, wie Eis,
So an die Tür,
Daß wild der Riegel schreit.
Vor ihm erstarrt
Der grüne Teich
Weiß zu Damast,
Der schwarze Bach
Wird bleich.
Wer weiß, wenn das so weiter friert,
Ob selbst das Buchenscheit,
Das mir im Ofen rötlich klirrt,
Nicht auch erblaßt!
Eugen Roth 1895-1976
Der Ofen
Ein Mensch, der einen Ofen hat,
Zerknüllt ein altes Zeitungsblatt,
Steckt es hinein und schichtet stolz
Und kunstgerecht darauf das Holz
Und glaubt, indem er das entzündet,
Die Hoffnung sein nicht unbegründet,
Daß nun mit prasselndem Gelärme
Das Holz verbrenne und ihn wärme.
Er denkt mit Kohlen nicht zu geizen,
Kurzum, sich gründlich einzuheizen.
Jedoch, aus seines Ofens Bauch
Quillt nichts als beizend kalter Rauch.
Der Mensch, von Wesensart geduldig,
Hält sich allein für daran schuldig
Und macht es nun noch kunstgerechter.
Der Ofen zieht nur um so schlechter,
Speit Rauch und Funken wild wie Fafner.
Nun holt der Mensch sich einen Hafner.
Der Hafner redet lang und klug
Von Politik und falschem Zug,
Vom Wetter und vom rechten Rosten
Und sagt, daß es fünf Reichsmark koste.
Der Mensch ist nun ganz überzeugt,
Dem Ofen, fachgemäß beäugt
Und durchaus einwandfrei befunden,
Sei jetzt die Bosheit unterbunden.
Um zu verstehn des Menschen Zorn,
Lies dies Gedicht nochmal von vorn.
Leon Vandersee* ?-1907
Winterabend
Das Feuer knistert im Ofen,
Hell lodert die rote Glut –
Wir rücken dicht an die Flammen,
So plaudert und träumt sich's gut.
Hier innen trauliche Wärme
Und süßer Maiblumenduft –
Dort draußen das Flockengeriesel
Und eisige Winterluft.
Leg noch ein Scheit zu den andern
Und schüre die Flammenglut,
Dann gib mir, Lieb, deine Hände –
So plaudert und träumt sich's gut.
*eigentlich Helene von Tiedemann
Ludwig Seeger 1810-1864
Am Ofen
Mein Ofen summt und knurrt und zischt,
Die Gesellschaft ist heut sehr gemischt,
Die bei dem Alten zusammengetroffen,
Bald werden sie warm, sie werden offen.
Gleich vorn im Ofen, da lärmt für Zehne
Ein schmales Bündel Reisig und Späne,
Die prasseln und lodern hellauf wie Stroh
Und knistern und flackern lichterloh,
So dünn sie sind, so mager auch,
Sie brennen auf den ersten Hauch.
Verachtet mir nicht die kleinen Gesellen,
Die wussten sich unter den Wind zu stellen,
Sie haben zuerst den zündenden Funken
Herangelockt und gierig getrunken.
War kurz auch ihre Herrlichkeit,
Das starte Tannen-und Buchen-Scheit,
Der eichene Knorren, der dicke Patron,
Sie werden doch endlich warm davon.
Und als das Reisig in Staub zerfiel,
Da wurde nur schöner das Flammenspiel.
So ein altes, derbes, solides Scheit,
Das besinnt sich gemächlich, es nimmt, sich Zeit,
Hat seine Bedenken, das widersteht
Und sträubt sich, eh es ins Feuer gerät.
Erst, wenn die Kleinen sich ausgelärmt,
Wenn um und um die Luft durchwärmt,
Dann stehn auch die Alten im Flammenschein,
Und reden ein feuriges Wort darein
In ruhig ernstem, moralischem Ton,
Wer würde nicht erbaut davon?
Doch kommt noch mancher Zwischenfall,
Von Zeit zu Zeit ein tüchtiger Knall
Zeigt, dass die Romantik nicht ganz verendet
Und immer noch Knalleffekte spendet.
Zwar gehen sie nur von der Rinde aus,
Allein sie bringen doch Leben ins Haus.
Dann knistern und summen gesprächig weiter
Die halbverkohlten, würdigen Scheiter.
Man hört sie nicht schnarren und fluchen und schwören,
Man glaubt eine Kammerrede zu hören,
Ein Plädoyer für Altar und Thron
Voll loyaler Erudition,
Einen salbungsvollen Kanzelsermon.
Nun aber würde das Beste fehlen,
Die Gemütlichkeit, die zarte Seelen
Aushauchen in leisem, lyrischem Wimmern,
So wie man's hört in Kinderzimmern,
Wenn nicht die grünen Ästchen wären,
Die feuchten, ach, so reich an Zähren,
Herzbrechend tönt ihr Schluchzen ans Ohr,
Nun bricht ein Strom von Tränen hervor,
Das Ächzen und Stöhnen, halbverschluckt,
O könnten wir‘s nur lesen gedruckt!
So muss es in Rauch und Dampf verwehn,
Und willst du nach all' dem Jammer fehn,
Gefühlvoll öffnen die Ofentür,
Dringt gleißend und beißend nur Rauch herfür,
Der, wenn du davon dich räuchern lässt,
Dir Tränen aus den Augen presst.
Nun tut's noch einen dumpfen Knall,
Dann ist die Unterhaltung all,
Es flötet, es lispelt, es seufzt nur noch
Hinsterbend leis im Ofenloch,
Es ist ein rührend elegisches Flennen: —
Das Feuer aber will nicht mehr brennen.
Matthias Claudius 1740-1815
Ein Lied
hinter’m Ofen zu singen
Der Winter ist ein rechter Mann,
Kernfest und auf die Dauer;
Sein Fleisch fühlt sich wie Eisen an,
Und scheut nicht Süß noch Sauer.
War je ein Mann gesund, ist er’s;
Er krankt und kränkelt nimmer,
Weiß nichts von Nachtschweiß noch Vapeurs
Und schläft im kalten Zimmer.
Er zieht sein Hemd im Freien an,
Und läßt’s vorher nicht wärmen;
Und spottet über Fluß im Zahn
Und Kolik in Gedärmen.
Aus Blumen und aus Vogelsang
Weiß er sich nichts zu machen,
Haßt warmen Drang und warmen Klang
Und alle warme Sachen.
Doch wenn die Füchse bellen sehr,
Wenn’s Holz im Ofen knittert,
Und um den Ofen Knecht und Herr
Die Hände reibt und zittert;
Wenn Stein und Bein vor Frost zerbricht,
Und Teich’ und Seen krachen;
Das klingt ihm gut, das haßt er nicht,
Denn will er sich todt lachen. –
Sein Schloß von Eis liegt ganz hinaus
Beym Nordpol an dem Strande;
Doch hat er auch ein Sommerhaus
Im lieben Schweizerlande.
Da ist er denn bald dort bald hier,
Gut Regiment zu führen.
Und wenn er durchzieht, stehen wir
Und sehn ihn an und frieren.
Fred Endrikat 1890-1942
Lied vom alten Ofen
Ein Ofen steht einsam und abgehärmt
auf dem Hof in der Sonne, wo er sich wärmt.
Vom Rost verschandelt, mit Ruß beklebt,
so hat er den letzten Frühling erlebt.
Er hat zum Zimmer hinausgemußt,
dieweil er im Winter zu sehr gerußt.
Jetzt geht er bald ein zur ewigen Ruh.
Warte nur, balde rußest auch du!
Ludwig Seeger 1810-1864
Am Ofen
Mein Ofen summt und knurrt und zischt,
Die Gesellschaft ist heut sehr gemischt,
Die bei dem Alten zusammengetroffen,
Bald werden sie warm, sie werden offen.
Gleich vorn im Ofen, da lärmt für Zehne
Ein schmales Bündel Reisig und Späne,
Die prasseln und lodern hellauf wie Stroh
Und knistern und flackern lichterloh,
So dünn sie sind, so mager auch,
Sie brennen auf den ersten Hauch.
Verachtet mir nicht die kleinen Gesellen,
Die wussten sich unter den Wind zu stellen,
Sie haben zuerst den zündenden Funken
Herangelockt und gierig getrunken.
War kurz auch ihre Herrlichkeit,
Das starte Tannen-und Buchen-Scheit,
Der eichene Knorren, der dicke Patron,
Sie werden doch endlich warm davon.
Und als das Reisig in Staub zerfiel,
Da wurde nur schöner das Flammenspiel.
So ein altes, derbes, solides Scheit,
Das besinnt sich gemächlich, es nimmt, sich Zeit,
Hat seine Bedenken, das widersteht
Und sträubt sich, eh es ins Feuer gerät.
Erst, wenn die Kleinen sich ausgelärmt,
Wenn um und um die Luft durchwärmt,
Dann stehn auch die Alten im Flammenschein,
Und reden ein feuriges Wort darein
In ruhig ernstem, moralischem Ton,
Wer würde nicht erbaut davon?
Doch kommt noch mancher Zwischenfall,
Von Zeit zu Zeit ein tüchtiger Knall
Zeigt, dass die Romantik nicht ganz verendet
Und immer noch Knalleffekte spendet.
Zwar gehen sie nur von der Rinde aus,
Allein sie bringen doch Leben ins Haus.
Dann knistern und summen gesprächig weiter
Die halbverkohlten, würdigen Scheiter.
Man hört sie nicht schnarren und fluchen und schwören,
Man glaubt eine Kammerrede zu hören,
Ein Plädoyer für Altar und Thron
Voll loyaler Erudition,
Einen salbungsvollen Kanzelsermon.
Nun aber würde das Beste fehlen,
Die Gemütlichkeit, die zarte Seelen
Aushauchen in leisem, lyrischem Wimmern,
So wie man's hört in Kinderzimmern,
Wenn nicht die grünen Ästchen wären,
Die feuchten, ach, so reich an Zähren,
Herzbrechend tönt ihr Schluchzen ans Ohr,
Nun bricht ein Strom von Tränen hervor,
Das Ächzen und Stöhnen, halbverschluckt,
O könnten wir‘s nur lesen gedruckt!
So muss es in Rauch und Dampf verwehn,
Und willst du nach all' dem Jammer fehn,
Gefühlvoll öffnen die Ofentür,
Dringt gleißend und beißend nur Rauch herfür,
Der, wenn du davon dich räuchern lässt,
Dir Tränen aus den Augen presst.
Nun tut's noch einen dumpfen Knall,
Dann ist die Unterhaltung all,
Es flötet, es lispelt, es seufzt nur noch
Hinsterbend leis im Ofenloch,
Es ist ein rührend elegisches Flennen: —
Das Feuer aber will nicht mehr brennen.
Gustav Falke 1853-1916
Die Sorglichen
Im Frühling, als der Märzwind ging,
als jeder Zweig voll Knospen hing,
da fragten sie mit Zagen:
Was wird der Sommer sagen?
Und als das Korn in Fülle stand,
in lauter Sonne briet das Land,
da seufzten sie und schwiegen:
Bald wird der Herbstwind fliegen.
Der Herbstwind blies die Bäume an
und ließ auch nicht ein Blatt daran.
Sie sahn sich an: Dahinter
kommt nun der böse Winter.
Das war nicht eben falsch gedacht,
der Winter kam auch über Nacht.
Die armen, armen Leute,
was sorgen sie nur heute?
Sie sitzen hinterm Ofen still
und warten, ob's nicht tauen will,
und bangen sich und sorgen
um morgen.
Max Dauthendey 1867-1918
Alleingelassen bei Erinnerungen
Jetzt sitzt der weiße Schlaf vor allen Wintertüren,
Die Fenster sind gleich blassen Eierschalen,
Dahinter leben Straßen voll Gespenster
Und Stimmen, die uns ferne Menschen malen.
Man kann die Welt nicht sehen und nur spüren.
Wie Blinde ahnt man dunkel das Geschehen,
Alleingelassen bei Erinnerungen,
Die an den Türen wie die Bettler stehen,
Die bei den Ofenflammen warm sich rühren,
Erregt mit nimmersatten Hungerzungen.
Sie können uns an magern Händen führen
Und haben in der Asche noch nicht ausgesungen.
Richard Dehmel 1863-1920
Komm an mein Feuer, mein Weib,
es ist kalt in der Welt.
Komm an mein Feuer und lege
dein Ohr an mein Herz.
Komm an mein Feuer und mache aus meinen Händen
eine leuchtende Schale für die Wärme
die wir – o wir, mein Weib – verschwenden
an die Welt…
„... ich fror vor mich hin,
denn nicht nur meine Mutter,
auch der Ofen war ausgegangen.“
Heinz Erhardt, aus: Wieso ich Dichter wurde