BuchKult
BuchKult

 

Ich habe dich so lieb!

Ich würde dir ohne Bedenken

Eine Kachel aus meinem Ofen

Schenken.

Joachim Ringelnatz 1883-1934

 

Albert Anker, Bei den Grosseltern
Albert Samuel Anker (1831-1910) war ein Schweizer Maler, Grafiker und Genremaler des schweizerischen Volkslebens.

Heinz Erhardt 1909-1979

Am Kamin

 

Es gibt recht viele, die noch immer

vom englischen Kamine schwärmen.

Er kann so leidlich zwar das Zimmer –

doch ich mich nicht für ihn erwärmen.

 

Wenn ich vor solchem Möbel sitze –

ich muß das wirklich mal erwähnen –

so hab ich vorne große Hitze

und klappre hinten mit den Zähnen. –

 

Sitzt du jedoch bei mir ganz dicht,

legst um mich deinen lieben Arm,

dann gilt das, was ich sagte, nicht –

dann hab ich es auch hinten warm!

 

Warte nur, balde rußest auch du!

 

 

Johan Michaël Schmidt Crans, Braving the Winter Cold
Johan Michaël Schmidt Crans (1830-1907) war ein niederländischer Historien- und Genremaler, Radierer und Lithograf.

Afanassi Afanassjewitsch Fet 1820-1892

Am Kamin

 

Die Kohlen löschen. Schatten schlingen

Sich mit der Glut zum schwanken Ring.

So trübt mit seinen blauen Schwingen

Den roten Mohn ein Schmetterling.

 

Es schwebt vor mir im Zwitterlichte

Der Wahngebilde holder Häuf,

Und unenträtselte Gesichte

Schaun aus der grauen Asche auf.

 

Ich sehe lieb und traut erstehen

Geschwundner Stunden Leid und Lust ...

O Herz, du lügst — du kannst nicht schmähen

Das, was du heiß beweinen mußt!

 

 

Frans Oscar Stenval,

Family by the Fire
Frans Oscar Stenvall (1856-1916) war ein schwedischer Maler

Jonathan Pratt, Spinning Wool
Jonathan Pratt (1835-1911) war ein britischer Maler.

Isabelle Kaiser 1866-1925

Am Herd

 

Am Herd, im stillen Winkel,

Da wacht Genügsamkeit

Und hält im irdnen Topfe

Das Vespermahl bereit.

 

Am Webstuhl in der Kammer,

Da sitzt im Dämmerschein

Die stinke Schar der Träume

Und webt mein Leben ein.

 

Erinnerung spinnt am Rocken

Und singt ein Lied dabei,

Und die Gedanken huschen

Aus Ecken scheu herbei.

 

Am Ofen spult die Ratze,

Es strickt mein Mütterlein,

Und draußen hüllen Flocken

Die Welt in Unschuld ein.

 

So gehen emsige Geister

Verstohlen ein und aus,

Und doch herrscht heil'ge Stille,

Als ging' der Herr durchs Haus.

 

Alfred Provis, By the Fireside
Alfred Provis (1818-1890) war ein englischer Maler und Zeichner.

Karl Ernst Knodt 1856-1917

Vor dem Kamin

 

Die fliegenden Flammen

Vom roten Kamin

Flackern über

Den Einsamen hin,

Über den Träumer,

Der vor ihnen sitzt,

Durch dessen Seele

Auch Feuer blitzt.

 

Seid ihr des inneren

Widerschein?

Schlagt ihr heraus?

Schlagt ihr herein?

 

Feuer, du himmlisches,

Heiliger Geist -

Sei du die Flamme,

In deren Gluten

Aus tausend Teilen

Mein ewiges Sein sich zusammenschweisst.

 

Ida Silfverberg, In the Laundry Room
Ida Silfverberg (1834-1899) war eine finnische Malerin, die in Deutschland, Frankreich und Italien malte.

Julius Sturm 1816-1896

 

Oft stellt sich jene Zeit mir dar,

wo ich ein frohes Kind noch war

und oft am knisternden Kamin

mich wiegte auf des Vaters Knien.

 

Und wenn der Abend still genaht,

die Mutter um ein Märchlein bat,

wo sie dann freundlich ausgestellt

vor meinem Blick die Zauberwelt:

 

Mit Bäumen, welche ewig grünen,

mit Blumen, welche nie verblüh'n,

mit Schlössern von Diamantenstein,

mit Rittern, Riesen, Zwergen, Fei'n.

 

 

Henry Edward Spernon Tozer, Peeling Apples by the Fireside
Henry Edward Spernon Tozer (1864-1955) war ein britischer Maler.

Henry Edward Spernon Tozer, Minding the Fire
Henry Edward Spernon Tozer (1864-1955) war ein britischer Maler.

Henry Edward Spernon Tozer, A Cottage Hearth
Henry Edward Spernon Tozer (1864-1955) war ein britischer Maler.

Isabelle Kaiser 1866-1925

Am Herd

 

Am Herd, im stillen Winkel,

Da wacht Genügsamkeit

Und hält im irdnen Topfe

Das Vespermahl bereit.

 

Am Webstuhl in der Kammer,

Da sitzt im Dämmerschein

Die stinke Schar der Träume

Und webt mein Leben ein.

 

Erinnerung spinnt am Rocken

Und singt ein Lied dabei,

Und die Gedanken huschen

Aus Ecken scheu herbei.

 

Am Ofen spult die Ratze,

Es strickt mein Mütterlein,

Und draußen hüllen Flocken

Die Welt in Unschuld ein.

 

So gehen emsige Geister

Verstohlen ein und aus,

Und doch herrscht heil'ge Stille,

Als ging' der Herr durchs Haus.

 

Paul Hoecker, Abendstimmung
Paul Hoecker, auch Paul Höcker, (1854-1910) war ein deutscher Maler der Münchner Schule und Gründungsmitglied der Münchner Secession.

Josef Weinheber 1892-1945

Der Herd

 

Geisterbewohnt

urehrwürdigster Ort,

nährendes Feuer vererbst

du den Sterblichen fort;

 

Feuer das beste ist

uns, die erdegeborn.

Um die gehütete Glut

sippen wir unverlorn.

 

Wasser vom Himmel stürzt,

Sturm fährt sausend ums Haus.

Wir darin sind gefeit,

geht nur die Glut nicht aus.

 

Würde des Hauses, Stolz,

Ehr und Sitte dazu —

und dem Fremden, der friert,

gastlich geneigt bist du.

 

Hilfst kunstfertiger Hand;

um Geschmied und Geschmeid

essengewaltig zuckt

sprühend die Flamm vom Scheit.

 

Altarmaßen gefügt,

stehst du, helle und heil,

gibst die göttliche Kraft

noch deiner Asche zuteil:

 

Auf die Fluren gestreut,

neuem Wachstum zugut,

bannend Dürre und Fraß

und der Unholden Wut —

 

Immer ein Funke von dir

springt in das Menschenherz,

daß es Heimat erführ'

oder den Heimwehschmerz.

 

Fritz von Uhde, Bij de haard
Fritz von Uhde (1848-1911) war ein sächsischer Kavallerieoffizier und Maler. 
 

Bruno Wille 1860-1928

Dämmerstündchen

 

Dämmerstündchen im frostigen Winter,

Dämmerstündchen im traulichen Stübchen ...

Wenn da draußen über den harten

Knarrenden Schnee ein kragenvermummter

Mann mit dampfendem Atem eilt,

Ohren und Nase rotgezwickt ...

Wolkig umhüllt, mit Schnauben und Stampfen

Ziehn zwei Pferde den wuchtigen Wagen ...

Und der Schusterjunge im Schurzfell

Trabt und haucht in die klamme Hand ...

Rötlich strahlt die Straßenlaterne;

Über dem schneebelasteten Hausdach

Blinzelt der Abendstern.

 

Dämmerstündchen im frostigen Winter,

Dämmerstündchen im traulichen Stübchen ...

Wärme strahlt der gewaltige Ofen,

Muntre Flammen durchäugeln den Spalt;

Und ich dehne behaglich die Glieder,

Lausche dem lieblich summenden Singsang

Des melodisch sinnigen Kessels;

Hitzig brät indessen der Apfel,

Den lieb Mütterchen mir verehrte.

Fernher klingelt ein Schlitten - fernhin;

Und die ruhige Seele träumt.

 

Akseli Gallen-Kallela, Rustic Life, 1887
Akseli Gallen-Kallela (1865-1931) war ein finnischer Maler, Architekt und Designer.

Max Dauthendey 1867-1918

Alleingelassen bei Erinnerungen

 

Jetzt sitzt der weiße Schlaf vor allen Wintertüren,

Die Fenster sind gleich blassen Eierschalen,

Dahinter leben Straßen voll Gespenster

Und Stimmen, die uns ferne Menschen malen.

 

Man kann die Welt nicht sehen und nur spüren.

Wie Blinde ahnt man dunkel das Geschehen,

Alleingelassen bei Erinnerungen,

Die an den Türen wie die Bettler stehen,

 

Die bei den Ofenflammen warm sich rühren,

Erregt mit nimmersatten Hungerzungen.

Sie können uns an magern Händen führen

Und haben in der Asche noch nicht ausgesungen.

 

Even Ulving, Woman with a coffee grinder at Grue
Even Christophersen Ulving (1863-1952) war ein norwegischer Maler.

Justinus Kerner 1786-1862

Der Gesang im Ofen

 

Wer sang in meinem Ofen

Heut nacht so wunderbar,

Wie nie ein andres Singen

Mir herzergreifend war?

 

Lang war's, als säng' in Flammen

Unsel'ger Geister Chor,

Dann aber sang's in Worten

So tönend meinem Ohr:

 

Du forschest, was so singet

In deines Ofens Raum.

Ich bin's, der Ast von einem

Gefällten Tannenbaum.

 

Vom Baume, der geschnitten

Schon längst in Bretter breit,

Der Schreiner hobelt singend:

"Mach, Alter, dich bereit!"

 

So sang es kurz in Worten,

In Tönen doch noch lang,

Bis mich in Schlaf und Träume

Einlullte der Gesang.

 

Helene Schjerfbeck, At the Hearth
Helene Schjerfbeck (1862-1946) war eine finnlandschwedische Malerin.

Josef Weinheber 1892-1945

Der Herd

 

Geisterbewohnt

urehrwürdigster Ort,

nährendes Feuer vererbst

du den Sterblichen fort;

 

Feuer das beste ist

uns, die erdegeborn.

Um die gehütete Glut

sippen wir unverlorn.

 

Wasser vom Himmel stürzt,

Sturm fährt sausend ums Haus.

Wir darin sind gefeit,

geht nur die Glut nicht aus.

 

Würde des Hauses, Stolz,

Ehr und Sitte dazu —

und dem Fremden, der friert,

gastlich geneigt bist du.

 

Hilfst kunstfertiger Hand;

um Geschmied und Geschmeid

essengewaltig zuckt

sprühend die Flamm vom Scheit.

 

Altarmaßen gefügt,

stehst du, helle und heil,

gibst die göttliche Kraft

noch deiner Asche zuteil:

 

Auf die Fluren gestreut,

neuem Wachstum zugut,

bannend Dürre und Fraß

und der Unholden Wut —

 

Immer ein Funke von dir

springt in das Menschenherz,

daß es Heimat erführ'

oder den Heimwehschmerz.

 

 

Jean-Jacques Henner,

Jeune fille se chauffant les mains à un poêle
Jean-Jacques Henner

(1829-1905) war ein französischer Maler des akademischen Realismus. 
 

Hanns von Gumppenberg 1866-1928

Der gute Ofen

 

Durchschnittsleute sind wie Ofenkacheln,

Die, wenn wir′ mal selbst nicht glühn und schwärmen,

Uns die Stube doch behaglich wärmen,

Kalten Stunden nehmen ihre Stacheln.

 

Darum schmäht den Ofen nicht, den braven!

Eine Wohltat ist er unsern Häuten:

Und auf seinen Bänken, die wir scheuten,

Läßt sich immer noch am besten schlafen.

 

 

 

Albert Anker,

A Grandmother at a Spinning Wheel and a Sleeping Boy on an Oven Bench
Albert Samuel Anker (1831-1910) war ein Schweizer Maler, Grafiker und Genremaler des schweizerischen Volkslebens.

 

Hanns von Gumppenberg 1866-1928

Der gute Ofen

 

Durchschnittsleute sind wie Ofenkacheln,

Die, wenn wir mal selbst nicht glühn und schwärmen,

Uns die Stube doch behaglich wärmen,

Kalten Stunden nehmen ihre Stacheln.

 

Darum schmäht den Ofen nicht, den braven!

Eine Wohltat ist er unsern Häuten:

Und auf seinen Bänken, die wir scheuten,

Läßt sich immer noch am besten schlafen.

 

 

 

Albert Anker, Farmer's Wife on the Stove Bench
Albert Samuel Anker (1831-1910) war ein Schweizer Maler, Grafiker und Genremaler des schweizerischen Volkslebens.
 

Bruno Wille 1860-1928

Dämmerstündchen

 

Dämmerstündchen im frostigen Winter,

Dämmerstündchen im traulichen Stübchen ...

Wenn da draußen über den harten

Knarrenden Schnee ein kragenvermummter

Mann mit dampfendem Atem eilt,

Ohren und Nase rotgezwickt ...

Wolkig umhüllt, mit Schnauben und Stampfen

Ziehn zwei Pferde den wuchtigen Wagen ...

Und der Schusterjunge im Schurzfell

Trabt und haucht in die klamme Hand ...

Rötlich strahlt die Straßenlaterne;

Über dem schneebelasteten Hausdach

Blinzelt der Abendstern.

 

Dämmerstündchen im frostigen Winter,

Dämmerstündchen im traulichen Stübchen ...

Wärme strahlt der gewaltige Ofen,

Muntre Flammen durchäugeln den Spalt;

Und ich dehne behaglich die Glieder,

Lausche dem lieblich summenden Singsang

Des melodisch sinnigen Kessels;

Hitzig brät indessen der Apfel,

Den lieb Mütterchen mir verehrte.

Fernher klingelt ein Schlitten - fernhin;

Und die ruhige Seele träumt.

 

 

Paul Hoecker, Grünes Zimmer
Paul Hoecker, auch Paul Höcker, (1854-1910) war ein deutscher Maler der Münchner Schule und Gründungsmitglied der Münchner Secession.

 

Reinhard Sebastian Zimmermann, Der Kachelofen
Reinhard Sebastian Zimmermann (1815-1893) war ein deutscher Maler.
 

Georg Britting 1891-1964

Der Winterstier

 

Es klirrt im Frost

Der Buchenwald,

Das Buchenscheit

Im Ofen knallt.

 

Der Wind aus Ost

Wird abgelöst

Von dem aus Nord.

Der Nordwind stößt

 

Mit hartem Horn,

Der Winterstier,

Im weißen Zorn,

Mit Augen blau, wie Eis,

So an die Tür,

Daß wild der Riegel schreit.

 

Vor ihm erstarrt

Der grüne Teich

Weiß zu Damast,

Der schwarze Bach

Wird bleich.

Wer weiß, wenn das so weiter friert,

Ob selbst das Buchenscheit,

Das mir im Ofen rötlich klirrt,

Nicht auch erblaßt!

 

 

Bertha Wegmann, Rustic Farmhouse Interior
Bertha Wegmann (1847-1926) war eine dänische Malerin, die ursprünglich aus der Schweiz stammte. Sie schuf naturalistische und impressionistische Werke.

Nils Edvard Kreuger, Gripsholms slott, prinsessans kabinett, Nationalmuseum
Nils Edvard Kreuger (1858-1930) war ein schwedischer Maler, Zeichner, Illustrator und Werbegrafiker.

Eugen Roth 1895-1976

Der Ofen

 

Ein Mensch, der einen Ofen hat,

Zerknüllt ein altes Zeitungsblatt,

Steckt es hinein und schichtet stolz

Und kunstgerecht darauf das Holz

Und glaubt, indem er das entzündet,

Die Hoffnung sein nicht unbegründet,

Daß nun mit prasselndem Gelärme

Das Holz verbrenne und ihn wärme.

Er denkt mit Kohlen nicht zu geizen,

Kurzum, sich gründlich einzuheizen.

Jedoch, aus seines Ofens Bauch

Quillt nichts als beizend kalter Rauch.

Der Mensch, von Wesensart geduldig,

Hält sich allein für daran schuldig

Und macht es nun noch kunstgerechter.

Der Ofen zieht nur um so schlechter,

Speit Rauch und Funken wild wie Fafner.

Nun holt der Mensch sich einen Hafner.

Der Hafner redet lang und klug

Von Politik und falschem Zug,

Vom Wetter und vom rechten Rosten

Und sagt, daß es fünf Reichsmark koste.

Der Mensch ist nun ganz überzeugt,

Dem Ofen, fachgemäß beäugt

Und durchaus einwandfrei befunden,

Sei jetzt die Bosheit unterbunden.

Um zu verstehn des Menschen Zorn,

Lies dies Gedicht nochmal von vorn.

 

 

Henri de Braekeleer, Interior
Henri de Braekeleer (1840-1888) war ein flämischer Maler. 

 

Piet Verhaert, Vrouw warmt haar voeten bij een kachel in de keuken
Piet Verhaert (geboren als Petrus Josephus Verhaert, 1852-1908) war ein belgischer Maler und Radierer.
 

Harriet Backer, Ved lampelys
Harriet Backer (1845-1932) war eine norwegische Malerin.

 

Viggo Johansen, La mère raconte des histoires aux petits, 1892, Skagens Museum, Denmark
Viggo Johansen (1851-1935) war ein dänischer Maler und Zeichner.
 

Leon Vandersee* ?-1907

Winterabend

 

Das Feuer knistert im Ofen,

Hell lodert die rote Glut –

Wir rücken dicht an die Flammen,

So plaudert und träumt sich's gut.

 

Hier innen trauliche Wärme

Und süßer Maiblumenduft –

Dort draußen das Flockengeriesel

Und eisige Winterluft.

 

Leg noch ein Scheit zu den andern

Und schüre die Flammenglut,

Dann gib mir, Lieb, deine Hände –

So plaudert und träumt sich's gut.

 

*eigentlich Helene von Tiedemann

 

 

Elin Danielson-Gambogi,

A Girl by the Oven
Elin Kleopatra Danielson-Gambogi (1861-1919) war eine finnlandschwedische Malerin, die vornehmlich für realistische Porträts bekannt wurde.
 

Louis Moeller, Sculptor’s Studio, c.1880s
Louis Charles Moeller (1855-1930) war ein amerikanischer Genremaler.

Ludwig Seeger 1810-1864

Am Ofen

 

Mein Ofen summt und knurrt und zischt,

Die Gesellschaft ist heut sehr gemischt,

Die bei dem Alten zusammengetroffen,

Bald werden sie warm, sie werden offen.

Gleich vorn im Ofen, da lärmt für Zehne

Ein schmales Bündel Reisig und Späne,

Die prasseln und lodern hellauf wie Stroh

Und knistern und flackern lichterloh,

So dünn sie sind, so mager auch,

Sie brennen auf den ersten Hauch.

Verachtet mir nicht die kleinen Gesellen,

Die wussten sich unter den Wind zu stellen,

Sie haben zuerst den zündenden Funken

Herangelockt und gierig getrunken.

War kurz auch ihre Herrlichkeit,

Das starte Tannen-und Buchen-Scheit,

Der eichene Knorren, der dicke Patron,

Sie werden doch endlich warm davon.

Und als das Reisig in Staub zerfiel,

Da wurde nur schöner das Flammenspiel.

So ein altes, derbes, solides Scheit,

Das besinnt sich gemächlich, es nimmt, sich Zeit,

Hat seine Bedenken, das widersteht

Und sträubt sich, eh es ins Feuer gerät.

Erst, wenn die Kleinen sich ausgelärmt,

Wenn um und um die Luft durchwärmt,

Dann stehn auch die Alten im Flammenschein,

Und reden ein feuriges Wort darein

In ruhig ernstem, moralischem Ton,

Wer würde nicht erbaut davon?

Doch kommt noch mancher Zwischenfall,

Von Zeit zu Zeit ein tüchtiger Knall

Zeigt, dass die Romantik nicht ganz verendet

Und immer noch Knalleffekte spendet.

Zwar gehen sie nur von der Rinde aus,

Allein sie bringen doch Leben ins Haus.

Dann knistern und summen gesprächig weiter

Die halbverkohlten, würdigen Scheiter.

Man hört sie nicht schnarren und fluchen und schwören,

Man glaubt eine Kammerrede zu hören,

Ein Plädoyer für Altar und Thron

Voll loyaler Erudition,

Einen salbungsvollen Kanzelsermon.

Nun aber würde das Beste fehlen,

Die Gemütlichkeit, die zarte Seelen

Aushauchen in leisem, lyrischem Wimmern,

So wie man's hört in Kinderzimmern,

Wenn nicht die grünen Ästchen wären,

Die feuchten, ach, so reich an Zähren,

Herzbrechend tönt ihr Schluchzen ans Ohr,

Nun bricht ein Strom von Tränen hervor,

Das Ächzen und Stöhnen, halbverschluckt,

O könnten wir‘s nur lesen gedruckt!

So muss es in Rauch und Dampf verwehn,

Und willst du nach all' dem Jammer fehn,

Gefühlvoll öffnen die Ofentür,

Dringt gleißend und beißend nur Rauch herfür,

Der, wenn du davon dich räuchern lässt,

Dir Tränen aus den Augen presst.

Nun tut's noch einen dumpfen Knall,

Dann ist die Unterhaltung all,

Es flötet, es lispelt, es seufzt nur noch

Hinsterbend leis im Ofenloch,

Es ist ein rührend elegisches Flennen: —

Das Feuer aber will nicht mehr brennen.

 

 

Paul Seignac, Roasting Chestnuts
Paul Seignac (1826-1904) war ein französischer Maler.
 

Gerhard Munthe, Interiør fra Leveld - Et hjørne av spisestuen
Gerhard Peter Frantz Wilhelm Munthe (1849-1929) war ein norwegischer Maler, Grafiker und Designer. 

Gerhard Munthe, Interiør fra Leveld - Forstuen
Gerhard Peter Frantz Wilhelm Munthe (1849-1929) war ein norwegischer Maler, Grafiker und Designer. 

Peter Philippi, Hinterm Ofen
Peter Philippi (1866-1945) war ein deutscher Genremaler und Porträtist.

Matthias Claudius 1740-1815

Ein Lied

hinter’m Ofen zu singen

 

Der Winter ist ein rechter Mann,

Kernfest und auf die Dauer;

Sein Fleisch fühlt sich wie Eisen an,

Und scheut nicht Süß noch Sauer.

 

War je ein Mann gesund, ist er’s;

Er krankt und kränkelt nimmer,

Weiß nichts von Nachtschweiß noch Vapeurs

Und schläft im kalten Zimmer.

 

Er zieht sein Hemd im Freien an,

Und läßt’s vorher nicht wärmen;

Und spottet über Fluß im Zahn

Und Kolik in Gedärmen.

 

Aus Blumen und aus Vogelsang

Weiß er sich nichts zu machen,

Haßt warmen Drang und warmen Klang

Und alle warme Sachen.

 

Doch wenn die Füchse bellen sehr,

Wenn’s Holz im Ofen knittert,

Und um den Ofen Knecht und Herr

Die Hände reibt und zittert;

 

Wenn Stein und Bein vor Frost zerbricht,

Und Teich’ und Seen krachen;

Das klingt ihm gut, das haßt er nicht,

Denn will er sich todt lachen. –

 

Sein Schloß von Eis liegt ganz hinaus

Beym Nordpol an dem Strande;

Doch hat er auch ein Sommerhaus

Im lieben Schweizerlande.

 

Da ist er denn bald dort bald hier,

Gut Regiment zu führen.

Und wenn er durchzieht, stehen wir

Und sehn ihn an und frieren.

 

 

Gustav Wentzel, Sittende mann i interiør
Nils Gustav Wentzel (1859-1927) war ein norwegischer Maler.

Fred Endrikat 1890-1942

Lied vom alten Ofen

 

Ein Ofen steht einsam und abgehärmt

auf dem Hof in der Sonne, wo er sich wärmt.

Vom Rost verschandelt, mit Ruß beklebt,

so hat er den letzten Frühling erlebt.

Er hat zum Zimmer hinausgemußt,

dieweil er im Winter zu sehr gerußt.

Jetzt geht er bald ein zur ewigen Ruh.

Warte nur, balde rußest auch du!

 

 

Daniel Ihly, Interior with Oven
Daniel Ihly (1854-1910) war ein Schweizer Maler.

Eastman Johnson, The Early Scholar, ca. 1865
Jonathan Eastman Johnson (1824-1906) war ein amerikanischer Maler.

Eastman Johnson, Home and Warmth, Museum of Fine Arts, Houston
Jonathan Eastman Johnson (1824-1906) war ein amerikanischer Maler.

Eastman Johnson, The Nantucket School of Philosophy, Walters
Jonathan Eastman Johnson (1824-1906) war ein amerikanischer Maler.

Josef Danhauser, Das Scholarenzimmer, Österreichische Galerie Belvedere
Josef Franz Danhauser (1805-1845) war ein Maler aus dem Kaisertum Österreich. 

Ludwig Seeger 1810-1864

Am Ofen

 

Mein Ofen summt und knurrt und zischt,

Die Gesellschaft ist heut sehr gemischt,

Die bei dem Alten zusammengetroffen,

Bald werden sie warm, sie werden offen.

Gleich vorn im Ofen, da lärmt für Zehne

Ein schmales Bündel Reisig und Späne,

Die prasseln und lodern hellauf wie Stroh

Und knistern und flackern lichterloh,

So dünn sie sind, so mager auch,

Sie brennen auf den ersten Hauch.

Verachtet mir nicht die kleinen Gesellen,

Die wussten sich unter den Wind zu stellen,

Sie haben zuerst den zündenden Funken

Herangelockt und gierig getrunken.

War kurz auch ihre Herrlichkeit,

Das starte Tannen-und Buchen-Scheit,

Der eichene Knorren, der dicke Patron,

Sie werden doch endlich warm davon.

Und als das Reisig in Staub zerfiel,

Da wurde nur schöner das Flammenspiel.

So ein altes, derbes, solides Scheit,

Das besinnt sich gemächlich, es nimmt, sich Zeit,

Hat seine Bedenken, das widersteht

Und sträubt sich, eh es ins Feuer gerät.

Erst, wenn die Kleinen sich ausgelärmt,

Wenn um und um die Luft durchwärmt,

Dann stehn auch die Alten im Flammenschein,

Und reden ein feuriges Wort darein

In ruhig ernstem, moralischem Ton,

Wer würde nicht erbaut davon?

Doch kommt noch mancher Zwischenfall,

Von Zeit zu Zeit ein tüchtiger Knall

Zeigt, dass die Romantik nicht ganz verendet

Und immer noch Knalleffekte spendet.

Zwar gehen sie nur von der Rinde aus,

Allein sie bringen doch Leben ins Haus.

Dann knistern und summen gesprächig weiter

Die halbverkohlten, würdigen Scheiter.

Man hört sie nicht schnarren und fluchen und schwören,

Man glaubt eine Kammerrede zu hören,

Ein Plädoyer für Altar und Thron

Voll loyaler Erudition,

Einen salbungsvollen Kanzelsermon.

Nun aber würde das Beste fehlen,

Die Gemütlichkeit, die zarte Seelen

Aushauchen in leisem, lyrischem Wimmern,

So wie man's hört in Kinderzimmern,

Wenn nicht die grünen Ästchen wären,

Die feuchten, ach, so reich an Zähren,

Herzbrechend tönt ihr Schluchzen ans Ohr,

Nun bricht ein Strom von Tränen hervor,

Das Ächzen und Stöhnen, halbverschluckt,

O könnten wir‘s nur lesen gedruckt!

So muss es in Rauch und Dampf verwehn,

Und willst du nach all' dem Jammer fehn,

Gefühlvoll öffnen die Ofentür,

Dringt gleißend und beißend nur Rauch herfür,

Der, wenn du davon dich räuchern lässt,

Dir Tränen aus den Augen presst.

Nun tut's noch einen dumpfen Knall,

Dann ist die Unterhaltung all,

Es flötet, es lispelt, es seufzt nur noch

Hinsterbend leis im Ofenloch,

Es ist ein rührend elegisches Flennen: —

Das Feuer aber will nicht mehr brennen.

 

Vincent van Gogh, Dormitory in the Hospital in Arles 1889
Vincent Willem van Gogh (1853-1890) war ein niederländischer Maler und Zeichner; er gilt als einer der Begründer der modernen Malerei.

Gustav Falke 1853-1916

Die Sorglichen

 

Im Frühling, als der Märzwind ging,

als jeder Zweig voll Knospen hing,

da fragten sie mit Zagen:

Was wird der Sommer sagen?

 

Und als das Korn in Fülle stand,

in lauter Sonne briet das Land,

da seufzten sie und schwiegen:

Bald wird der Herbstwind fliegen.

 

Der Herbstwind blies die Bäume an

und ließ auch nicht ein Blatt daran.

Sie sahn sich an: Dahinter

kommt nun der böse Winter.

 

Das war nicht eben falsch gedacht,

der Winter kam auch über Nacht.

Die armen, armen Leute,

was sorgen sie nur heute?

 

Sie sitzen hinterm Ofen still

und warten, ob's nicht tauen will,

und bangen sich und sorgen

um morgen.

 

 

 

Vilhelm Hammershoi, Interior with a Marble Niche
Vilhelm Hammershøi (1864-1916) war ein dänischer Maler und gilt als Vertreter des Symbolismus.

 

Max Dauthendey 1867-1918

Alleingelassen bei Erinnerungen

 

Jetzt sitzt der weiße Schlaf vor allen Wintertüren,

Die Fenster sind gleich blassen Eierschalen,

Dahinter leben Straßen voll Gespenster

Und Stimmen, die uns ferne Menschen malen.

 

Man kann die Welt nicht sehen und nur spüren.

Wie Blinde ahnt man dunkel das Geschehen,

Alleingelassen bei Erinnerungen,

Die an den Türen wie die Bettler stehen,

 

Die bei den Ofenflammen warm sich rühren,

Erregt mit nimmersatten Hungerzungen.

Sie können uns an magern Händen führen

Und haben in der Asche noch nicht ausgesungen.

 

 

Eastman Johnson,

Ruth,

Albright-Knox Art Gallery
Jonathan Eastman Johnson (1824-1906) war ein amerikanischer Maler.
 

Richard Dehmel 1863-1920

 

Komm an mein Feuer, mein Weib,

es ist kalt in der Welt.

Komm an mein Feuer und lege

dein Ohr an mein Herz.

Komm an mein Feuer und mache aus meinen Händen

eine leuchtende Schale für die Wärme

die wir – o wir, mein Weib – verschwenden

an die Welt…

 

George Copeland Ault, Studio Interior, 1938, Smithsonian American Art Museum
George Copeland Ault (1891-1948) war ein amerikanischer Maler.

James Ensor, Sich wärmende Skelette - Skeletons warming themselves
James Sidney Ensor (1860-1949) war ein belgischer Maler und Zeichner, der neben Gemälden auch eine Vielzahl von Radierungen und Kaltnadelarbeiten schuf.
 

 

 

„... ich fror vor mich hin,

denn nicht nur meine Mutter,

auch der Ofen war ausgegangen.“

Heinz Erhardt, aus: Wieso ich Dichter wurde

Das gefährlichste

Möbelstück ist die

›Lange Bank‹,
das gefährlichste

Instrument die

›Alte Leier‹.
Abraham a Sancta Clara

Wer Trinken, Rauchen und Sex aufgibt,

lebt auch nicht länger.

Es kommt ihm nur so vor.
Sigmund Freud

Tradition ist die Weitergabe des Feuers und nicht die Anbetung der Asche.
Gustav Mahler

Was wir brauchen,

sind ein paar verrückte Leute;

seht euch an,

wohin uns die Normalen gebracht haben.
George Bernard Shaw

Der Kluge lernt aus allem
und von jedem,
der Normale aus
seinen Erfahrungen und
der Dumme
weiß alles besser.
Sokrates
Es ist schon alles gesagt,
nur noch nicht von allen.
Karl Valentin

Um ernst zu sein,

genügt Dummheit,

während zur Heiterkeit

ein großer Verstand unerläßlich ist.
William Shakespeare

Blüte edelsten Gemütes
ist die Rücksicht;
doch zuzeiten
sind erfrischend

wie Gewitter
goldne Rücksichtslosigkeiten.

Theodor Storm

BuchKult

Franz Dewes

fjdewes@buchkult-dewes.de

 

Druckversion | Sitemap
© BuchKult