BuchKult
BuchKult

Erich Kästner 1899-1974

Herbst auf der ganzen Linie

 

Nun gibt der Herbst dem Wind die Sporen.

Die bunten Laubgardinen wehn.

Die Straßen ähneln Korridoren,

In denen Türen offen stehn.

 

Das Jahr vergeht in Monatsraten.

Es ist schon wieder fast vorbei.

Und was man tut, sind selten Taten.

Das, was man tut, ist Tuerei.

 

Es ist, als ob die Sonne scheine,

Sie lässt uns kalt. Sie scheint zum Schein.

Man nimmt den Magen an die Leine.

Er knurrt und will gefüttert sein.

 

Das Laub verschießt, wird immer gelber,

Nimmt Abschied vom Geäst und sinkt.

Die Erde dreht sich um sich selber.

Man merkt es deutlich, wenn man trinkt.

 

Wird man denn wirklich nur geboren,

Um, wie die Jahre, zu vergehn?

Die Straßen ähneln Korridoren,

In denen Türen offen stehn.

 

Die Stunden machen ihre Runde.

Wir folgen ihnen Schritt für Schritt

Und gehen langsam vor die Hunde.

Man führt uns hin! Wir laufen mit.

 

Man grüßt die Welt mit kalten Mienen.

Das Lächeln ist nicht ernst gemeint.

Es wehen bunte Laubgardinen.

Nun regnet's gar. Der Himmel weint.

 

Man ist allein und wird es bleiben.

Ruth ist verreist, und der Verkehr

Beschränkt sich bloß aufs Briefeschreiben.

Die Liebe ist schon lange her!

 

Das Spiel ist ganz und gar verloren.

Und dennoch wird es weitergehn.

Die Straßen ähneln Korridoren,

In denen Türen offen stehn ...

 

Julian Onderdonk, Fall Landscape
Julian Onderdonk (1882-1922) war ein Maler des Texanischen Impressionismus, der oft als "Vater der texanischen Malerei" bezeichnet wurde

Die meisten Grafiken können durch anklicken mit der linken Maustaste vergrößert dargestellt werden.

Hinter Textstellen in blauer Farbe verstecken sich Links, entweder zu anderen Seiten dieser Website oder zu externen Sites (z.B. Wikipedia, Youtube ...).

 

Ferdinand von Saar 1833-1906

Herbstlese

 

Schon blicken rothe Wipfel

Aus fahlem Laub hervor,

Leis' um der Berge Gipfel

Wallt lichter Nebelflor.

 

Schon folgt dem Schnitterreigen

Des Jägers rascher Schuß –

Doch reift's noch an den Zweigen

Im letzten Sonnenkuß.

 

Bald nahen frohe Hände,

Sie schütteln Ast um Ast,

Sie brechen vom Gelände

Der Trauben süße Last.

 

Denn so ist's allerwegen:

Daß für des Sommers Fleiß

Mit köstlich reichem Segen

Der Herbst zu lohnen weiß.

 

Doch was ist dir beschieden,

Der du die Zeit verträumt,

Der du, zu sä'n hienieden,

Zu pflanzen hast versäumt?

 

Da du im Frühlingshauche

Nach Rosen nur gesucht:

So pflück' vom dorn'gen Strauche

Dir jetzt die herbe Frucht.

 

Egon Schiele, Four Trees, 1917
Egon Leo Adolf Ludwig Schiele (1890-1918) war ein österreichischer Maler des Expressionismus. Neben Gustav Klimt und Oskar Kokoschka zählt er zu den bedeutendsten bildenden Künstlern der Wiener Moderne.

Johann Klaj 1616-1656

Vorzug des Herbstes

 

 

Die Sonne mit Wonne den Tagewachs mindert,

Der Renner, der Brenner sein Strahlenheiß lindert,

Die Felder die Wälderlust nimmer verhindert.

Die Traube, die reift,

Der Winzer, der pfeift,

Zum Jagen man greift.

 

Man fället, man stellet den Vögeln der Lüfte,

Man jaget und plaget die Bürger der Klüfte,

Das helle Gebelle durchschrecket die Grüfte.

Der Wäldner, der eilt,

Sich nimmer verweilt,

Rotschwarzes Wild pfeilt.

 

Da leben und schweben in Freuden die Götter,

In Sausen und Brausen die falbigen Blätter,

Sie spielen, sich kühlen in laulichem Wetter.

Der Monde, der wacht,

Die Freude belacht

Bis mitten zur Nacht.

 

 

 

Pál Szinyei Merse,

Autumn
Pál Szinyei Merse (1845-1920), auch Paul Merse von Szinyei, war ein ungarischer Maler.
 

Ludwig Scharf 1864-1938

Wanderer im Herbst

 

Goldbraun deckt das Laub die Erde,

Lichtgelb hängt's noch in den Bäumen:

Ruft Natur dem einen zu "Verwerde",

Darf das andre noch ein Weilchen träumen.

 

Solch ein Weilchen ward auch Dir beschieden:

Viele sanken vor Dir in die Grube,

Schlummern längst in Nichtseins tiefem Frieden,

Räumten Haus und Straße Dir und Stube.

 

Träume noch ein Weilchen, alter Knabe,

Von verwelktem Laub, von Brüdern, Schwestern,

Wandre still durchs Licht an Deinem Stabe

Und dem Morgen sing Dein Lied von gestern!

 

Henry Ward Ranger, Autumn Woodlands, um 1902
Henry Ward Ranger (1858-1916) war ein US-amerikanischer Künstler. Er war ein bekannter Landschafts- und Marinemaler, ein bedeutender Tonalist und der Anführer der Old Lyme Art Colony.

Fjodor Iwanowitsch Tjuttschew 1803-1873

Herbstabend

 

Herbstabende voll weicher Helligkeit

Mit ihrem rührend rätselhaften Zauber…

Ein böser Glanz, der Bäume buntes Kleid,

Purpurner Blätter matt und leicht Geplauder;

Die Bläue ist so neblig, still und kühl,

Worunter die verwaiste Erde trauert,

Und – wie der nahen Stürme Vorgefühl

Bisweil ein Windstoß jäh, der uns durchschauert;

Erschöpfung, Niedergang, doch überall

Das Lächeln sanft des Welkens und des Scheidens,

Das wir in des Verstandes Widerhall

Erkannt als die erhabne Scham des Leidens.

 

Iwan Choultsé, Evening in Autumn
Iwan Fedorowitsch Choultsé (1874-1939) war ein Maler des russischen Realismus.

Johann Klaj 1616-1656

Spazierlust

 

Hellglänzendes Silber, mit welchem sich gatten

Der astigen Linden weitstreifende Schatten,

  Deine sanftkühlend-geruhige Lust

    Ist jedem bewußt.

 

Wie sollten kunstahmende Pinsel bemalen

Die Blätter, die schirmen vor brennenden Strahlen?

  Keiner der Stämme, so grünlich beziert,

    Die Ordnung verführt.

 

Es lispeln und wispeln die schlüpfrigen Brunnen,

Von ihnen ist diese Begrünung gerunnen,

  Sie schauen, betrauren und fürchten bereit

    Die schneyichte Zeit.

 

Frederic Edwin Church, Autumn, 1875
Frederic Edwin Church (1826-1900) war ein bedeutender Vertreter der Hudson River School, einer Gruppierung amerikanischer Künstler, die für präzis gemalte, oft dramatische und allegorische Landschaftsbilder bekannt wurde.

Richard von Schaukal 1874-1942

Nach einem Regentage

 

Schon hat der Herbst die Wege

Mit Blättern still bestreut.

Ich geh und überlege:

Ist vieles, was mich reut.

 

Es funkelt noch die Feuchte

Im dunstig schwachen Schein.

Ein schüchternes Geleuchte

Fängt sich das Dickicht ein.

 

Mit rauschendem Gerinne

Singt sich der Bach zu Tal.

Es schimmert ein Gespinne

An einem Sonnenstrahl.

 

Da schau ich von dem Hange

Hinüber und hinauf:

Mit meinen Blicken fange

Ich einen Vogel auf.

 

Lesser Ury, Titel unbekannt
Leo Lesser Ury (1861-1931) war ein deutscher Maler und Grafiker der impressionistischen Berliner Secession. Seine Motive waren anfangs Landschaften, Großstadtbilder und Stillleben, in seiner Spätzeit schuf er auch Monumentalbilder mit biblischen Motiven.

Georg Trakl 1887-1914

Verwandlung

 

Entlang an Gärten, herbstlich, rotversengt:

Hier zeigt im Stillen sich ein tüchtig Leben.

Des Menschen Hände tragen braune Reben,

Indes der sanfte Schmerz im Blick sich senkt.

 

Am Abend: Schritte gehn durch schwarzes Land

Erscheinender in roter Buchen Schweigen.

Ein blaues Tier will sich vorm Tod verneigen

Und grauenvoll verfällt ein leer Gewand.

 

Geruhiges vor einer Schenke spielt,

Ein Antlitz ist berauscht ins Gras gesunken.

Hollunderfrüchte, Flöten weich und trunken,

Resedenduft, der Weibliches umspült.

 

Albert Bierstadt, On the Saco
Albert Bierstadt (1830-1902) war ein amerikanischer Maler deutscher Herkunft.

Luise Büchner 1821-1877

Herbstlied

 

Es liegt der Herbst auf allen Wegen,

In hundert Farben prangt sein Kleid,

Wie seine Trauer, seinen Segen

Er um sich streut zu gleicher Zeit.

 

Es rauscht der Fuß im welken Laube,

Was blüht' und grünte, ward ein Traum –

Allein am Stocke winkt die Traube

Und goldne Frucht schmückt rings den Baum.

 

So nimmt und gibt mit vollen Händen

Der Herbst, ein Dieb und eine Fee;

Erfüllung kann allein er spenden,

Doch sie umfängt ein tiefes Weh! –

 

O, Herbst der Seele! deine Früchte,

Sind auch Gewinn sie, oder Raub?

Der Wünsche Blüthe ist zunichte,

Der Hoffnung Grün ein welkes Laub.

 

Zu schwer erkauft, um zu beglücken,

O, Seelenherbst, ist deine Zier!

Der Saft der Traube kann entzücken,

Doch keine Wonne strömt aus dir.

 

Die Weisheit, wie die Frucht sie nennen,

Sie preßt mir bittre Thränen aus,

Und ihres Kernes herbem Brennen

Entkeimet nie ein Frühlingsstrauß!

 

Edward Cucuel, Woman at the Lake
Edward Cucuel (1875-1954) war ein US-amerikanischer Maler.

Wilhelm Müller 1812-1890

Letzte Hoffnung

 

Hier und da ist an den Bäumen
Noch ein buntes Blatt zu sehn,
Und ich bleibe vor den Bäumen
Oftmals in Gedanken stehn.

 

Schaue nach dem einen Blatte,
Hänge meine Hoffnung dran;
Spielt der Wind mit meinem Blatte,
Zittr‘ ich, was ich zittern kann.

 

Ach, und fällt das Blatt zu Boden,
Fällt mit ihm die Hoffnung ab,
Fall ich selber mit zu Boden,
Wein‘ auf meiner Hoffnung Grab.

 

von Franz Schubert 1827 vertont.

 

Victor Gilsoul, Automne
Victor Gilsoul (1867-1939) war ein belgischer Landschaftsmaler und Radierer.

Theodor Storm 1817-1888

Das ist der Herbst

 

Das ist der Herbst; die Blätter fliegen,

Durch nackte Zweige fährt der Wind;

Es schwankt das Schiff, die Segel schwellen -

Leb wohl, du reizend Schifferkind! --

 

Sie schaute mit den klaren Augen

Vom Bord des Schiffes unverwandt,

Und Grüße einer fremden Sprache

Schickte sie wieder und wieder ans Land.

 

Am Ufer standen wir und hielten

Den Segler mit den Augen fest -

Das ist der Herbst! wo alles Leben

Und alle Schönheit uns verläßt.

 

Lucien Lévy-Dhurmer, Storm
Lucien Lévy-Dhurmer (1865-1953) war ein französischer Maler, dessen Hauptwerk der Stilrichtung des Symbolismus und Jugendstils zugeordnet wird, sowie ein bekannter Töpfer.

Nikolaus Lenau 1802-1850

Herbst

 

Nun ist es Herbst, die Blätter fallen,

Den Wald durchbraust des Scheidens Weh;

Den Lenz und seine Nachtigallen

Versäumt ich auf der wüsten See.

 

Der Himmel schien so mild, so helle,

Verloren ging sein warmes Licht;

Es blühte nicht die Meereswelle,

Die rohen Winde sangen nicht.

 

Und mir verging die Jugend traurig,

Des Frühlings Wonne blieb versäumt;

Der Herbst durchweht mich trennungschaurig,

Mein Herz dem Tod entgegenträumt.

 

 

Mikhail Germashev,

Fall landscape
Mikhail Markianowich Germashev (1867-1930) war ein russischer Maler.

Heinrich Seidel 1842-1906

Regentag im Herbst

 

Still vom grauen Himmelsgrunde

Sprüht der sanfte Regenstaub –

Trüber Tag und trübe Stunde –

Thränen weint das rothe Laub;

Vom Kastanienbaum ohn' Ende

Schweben still die welken Hände.

 

Trübe Herbstesregentage:

Gerne wandr' ich dann allein,

Was ich tief im Herzen trage,

Leuchtet mir in hellem Schein;

In die grauen Nebelräume

Spinn' ich meine goldnen Träume.

 

Und so träum' ich still im Wachen,

Bis der Abend niedersinkt,

Und in all den Regenlachen

Sanft und roth sein Abglanz blinkt.

In der Nähe, in den Weiten:

Rosenschimmer bessrer Zeiten!

 

 

Hans

Meyer-Kassel, Genoa Nevada Herbst
Hans Meyer-Kassel (1872-1952) war ein deutscher Landschafts-, Marine- und Porträtmaler sowie Grafiker, Illustrator und Zeichner.
 

Joachim Ringelnatz 1883-1934

Herbstliche Wege

 

Des Sommers weiße Wolkengrüße

zieh'n stumm den Vogelschwärmen nach,

die letzte Beere gärt voll Süße,

zärtliches Wort liegt wieder brach.

 

Und Schatten folgt den langen Wegen

aus Bäumen, die das Licht verfärbt,

der Himmel wächst, in Wind und Regen

stirbt Laub, verdorrt und braun gegerbt.

 

Der Duft der Blume ist vergessen,

Frucht birgt und Sonne nun der Wein

und du trägst, was dir zugemessen,

geklärt in deinen Herbst

 

Ernst Haymann, Fürstenfeldbrucker Allee
Ernst Haymann (1873-1947) war ein deutscher Maler.

Heinrich Lersch 1889-1936

Herbst

 

Gärtner, laß die Blätter liegen,

Die jetzt über die Erde rollen

Und die müde von der Reise

Sich zur Ruhe legen wollen.

 

Wie sie gelb und braun geworden -

Und der Reif an ihrem Rande -

Ruhn sie, tote Sommervögel,

Auf dem dunkelroten Sande.

 

Sieh, sie wollen deinem rauhen

Besen sich nur ungern fügen;

Du vermagst des Winters Nahen

Doch nicht recht hinwegzulügen.

 

Maximilian Lenz, Herbstgold 1905
Maximilian Lenz (1860-1948) war ein österreichischer Maler, Graphiker und Bildhauer.

Johannes Schlaf 1892-1941

Herbst

 

Herbstsonnenschein.

Der liebe Abend lacht so still herein,

Ein Feuerlein rot

Knistert im Ofenloch und loht.

 

So! – Meinen Kopf auf deinen Knien,

So ist mir gut;

Wenn mein Auge so in deinem ruht.

Wie leise die Minuten ziehn! ...

 

 

 

Jervis McEntee, Autumn in the Catskills,1873
Jervis McEntee (1828-1981) war ein amerikanischer Maler der Hudson River School.
 

Barthold Heinrich Brockes 1680-1747

Gedanken bey dem Fall der Blätter im Herbst

 

In einem angenehmen Herbst,

bey ganz entwölktem heiterm Wetter,

Indem ich im verdünnten Schatten,

bald Blätter-loser Bäume, geh',

Und des so schön gefärbten Laubes

annoch vorhandnen Rest beseh';

Befällt mich schnell ein sanfter Regen,

von selbst herabgesunkner Blätter.

Ein reges Schweben füllt die Luft.

Es zirkelt, schwärmt' und drehte sich

Ihr bunt, sanft abwärts sinkend Heer;

doch selten im geraden Strich.

Es schien die Luft, sich zu bemühn,

den Schmuck, der sie bisher gezieret,

So lang es möglich, zu behalten,

und hindert' ihren schnellen Fall.

Hiedurch ward ihre leichte Last,

im weiten Luft-Kreis überall,

In kleinen Zirkelchen bewegt,

in sanften Wirbeln umgeführet,

Bevor ein jedes seinen Zweck,

und seiner Mutter Schooß, berühret;

Um sie, bevor sie aufgelöst,

und sich dem Sichtlichen entrücken,

Mit Decken, die weit schöner noch,

als persianische, zu schmücken.

Ich hatte diesem sanften Sinken,

der Blätter lieblichem Gewühl,

Und dem dadurch, in heitrer Luft,

erregten angenehmen Spiel,

Der bunten Tropfen schwebendem,

im lindem Fall formiertem, Drehn,

Mit offnem Aug', und ernstem Denken,

nun eine Zeitlang zugesehn;

Als ihr von dem geliebten Baum

freywilligs Scheiden (da durch Wind,

Durch Regen, durch den scharfen Nord,

sie nicht herabgestreifet sind;

Nein, willig ihren Sitz verlassen,

in ihren ungezwungnen Fällen)

Nach ernstem Denken, mich bewog,

sie mir zum Bilde vorzustellen,

Von einem wohlgeführten Alter,

und sanftem Sterben; Die hingegen,

Die, durch der Stürme strengen Hauch,

durch scharfen Frost, durch schwehren Regen

ihren Zweigen abgestreift und abgerissen,

kommen mir,

Wie Menschen, die durch Krieg und Brand

und Stahl gewaltsam fallen, für.

Wie glücklich, dacht' ich, sind die Menschen,

die den freywillgen Blättern gleichen,

Und, wenn sie ihres Lebens Ziel,

in sanfter Ruh' und Fried', erreichen;

Der Ordnung der Natur zufolge,

gelassen scheiden, und erbleichen!

 

Stepan Kolesnikov, Herbstlandschaft
Stepan Fedorovitch Kolesnikoff (1879-1955) war ein realistischer Maler, der in Russland geboren wurde und den größten Teil seines Lebens in Serbien verbrachte.

Rainer Maria Rilke 1875-1926

Jetzt reifen schon die roten Berberitzen

 

Jetzt reifen schon die roten Berberitzen,

alternde Astern atmen schwach im Beet.

Wer jetzt nicht reich ist, da der Sommer geht,

wird immer warten und sich nie besitzen.

 

Wer jetzt nicht seine Augen schließen kann,

gewiß, daß eine Fülle von Gesichten

in ihm nur wartet, bis die Nacht begann,

um sich in seinem Dunkel aufzurichten: –

der ist vergangen wie ein alter Mann.

 

Dem kommt nichts mehr, dem stößt kein Tag mehr zu,

und alles lügt ihn an, was ihm geschieht;

auch du, mein Gott. Und wie ein Stein bist du,

welcher ihn täglich in die Tiefe zieht.

 

Alexander Lawrie, Autumn in the Hudson Highlands
Alexander Lawrie (1828-1917) war ein US-amerikanischer Landschafts- und Porträtmaler der Düsseldorfer Schule und der Hudson River School.

Cornelia Kopp 19./20. Jhdt.

Vom Abend sprachen wir

 

Vom Abend sprachen wir, und daß die goldnen Streifen

Am Horizont nun schon so früh verblassen

Und daß die Dämmerungen mit den blassen

Händen so sicher nach dem Lichte greifen.

 

Daß all das Sommerblühen und das Reifen

Des bunten Ernteherbstes so gelassen

Des Sterbens harrt und daß die alten Gassen

Mit ihren hellen Fenstern und den steifen

 

Giebeln so traut ausschaun im Abenddämmern

Und rings die Welt erfüllt sei von dem Schönen.

Dies alles sagten wir – und mehr noch, um das Hämmern

 

Des heißen Herzens ja zu übertönen –

Und unsere scheuen Augen irrten weit

Ins Land und bangen vor der Dunkelheit.

 

Iwan Schischkin, Autumn Landscape
Iwan Iwanowitsch Schischkin (1832-1898) war ein russischer Maler und Grafiker.

Hans Leifhelm 1891-1947

Herbstlicher Ruf

 

Komm mit, verlaß die Tenne und die Kelter,

Es schwelt ein bittrer Duft in Herbstessüße,

Laß rauschen durch das welke Laub die Füße,

Es rinnt das Stundenglas, die Welt wird älter.

 

In Herbstessüße schwelt ein bittrer Duft,

Der Sommer geht, das Alte muß verderben,

Sieh wie die Ähren und die Wipfel sterben,

Versehrend haucht die Kühle durch die Luft.

 

Die Füße rauschen durch das welke Laub —

0 Herz, entreiße dich den Herbstgesängen,

Sieh wie die Kätzchen an den Haseln drängen,

Sie bergen schon der neuen Zeugung Staub.

 

Es rinnt das Stundenglas, komm mit und schau,

Es reift der Same rings in jeder Frucht,

Die Wolken harren trächtig in der Bucht,

Auf weißem Zelter* kommt die Winterfrau.

 

Komm mit, verlaß die Kelter und die Tenne,

Es schwelt ein neuer Duft in Herbstessüße,

Laß rauschen durch das welke Laub die Füße,

Befiehl dem Herzen, daß es neu entbrenne.

 

*im Paßgang geübtes Pferd

 

 

 

Jacek Malczewski, Portrait in the Autumn Sun
Jacek Malczewski (1854-1929) war ein polnischer Maler des Modernismus und Symbolismus.

Theodor Renaud 1844-1910

Der Tanz der Blätter

 

Der Herbstwind kommt und ruft,

Sie mit sich führend bald,

Die Vögel in der Luft,

Die Blätter in dem Wald.

Die Tage, warm und weich,

Verscheucht er lang; - so tanzt,

Ihr Blätter, Narren gleich,

Tanzt, arme Blätter, tanzt.

 

An aller Straßen Rand

Seht, wie von Süd und Nord

Den Totentanz durchs Land

Sie tanzen immerfort!

Es lädt der Wind sie ein,

Hat nie sich müd getanzt!

Schnell, schneller dreht den Reih'n,

Tanzt, arme Blätter, tanzt.

 

Ach, jedes Blatt fällt ab

Von jedem Baum und Reis,

Und jeder muss zu Grab,

Kind, Jüngling, Mann und Greis!

Wir sind im Traum nur da

Und schnell dahin! - So tanzt

Im Wirbel weiter, ja

Tanzt, arme Blätter, tanzt.

 

 

Evgenij Stolica, Autumn
Evgenij Ivanovic Stolica (1870-1929) war ein ukrainischer Maler.
 

Heinrich Leuthold 1827-1879

Blätterfall

 

Leise, windverwehte Lieder,

mögt ihr fallen in den Sand!

Blätter seid ihr eines Baumes,

welcher nie in Blüte stand.

 

Welke, windverwehte Blätter,

Boten, naher Winterruh,

fallet sacht!… ihr deckt die Gräber

mancher toten Hoffnung zu.

 

Henri Le Sidaner, Kanaal te Delft
Henri Le Sidaner (1862-1939) war ein französischer Maler.

Christian Morgenstern 1871-1914

Herbst

 

Zu Golde ward die Welt;

                             zu lange traf

                   der Sonne süsser Strahl

                            das Blatt, den Zweig.

                Nun neig

        dich, Welt, hinab

        in Winterschlaf.

 

Bald sinkt's von droben dir

    in flockigen Geweben

        verschleiernd zu -

        und bringt dir Ruh,

                o Welt,

o dir, zu Gold geliebtes Leben,

                Ruh.

 

Tom Thomson, The Pool
Tom (Thomas John) Thomson (1877-1917) war ein kanadischer Künstler.

Otto Julius Bierbaum 1865-1910

An den Herbst

 

Mit dankbarem Gemüte

Hier nehm ich deine Güte,

Herbsttag, du milder Gast,

Der du mich reich beschenktest,

Den Sinn ins Klare lenktest

Und mich zum Abend fröhlich ausgerüstet hast.

 

Nun ist in mir kein Drängen

Und bin doch nicht im Engen,

Bin ruhevoll bewegt.

Was gilt es, mehr zu wollen,

Als so im Friedevollen

Teilhaftig sein des Ganzen, das mütterlich uns hegt.

 

Félix Vallotton, The Lake in the Bois de Boulogne
Félix Vallotton (1865-1925) war ein Schweizer, später französischer Maler, Grafiker, Holzstecher und Schriftsteller.

Oskar Loerke 1884-1941

Leise Herbsttage

 

Die silberne Allee der Weiden

Dreht sich schon tagelang im Wind nach Ost.

Die Blumen rollen ihre Seiden,

Im Sonnenscheine zittert fern ein Frost.

 

Die Seele fährt auf leisen Achsen,

Und alles, was ein großes Glück heißt, stört,

Denn unsichtbare Wurzeln wachsen

Zu größer'm Glücke, heiß und unerhört.

 

Und über allem, was man vornimmt,

Liegt ein Verschweigen wartender Geduld,

Und hinter alles, was ins Ohr klingt,

Lauschst du auf eine unverhoffte Huld.

 

 

George Inness, Autumn,

Rhode Island School of Design Museum
George Inness (1825-1894) war ein amerikanischer tonalistischer Maler.

Arthur von Wallpach 1866-1946

Herb ist der Herbst

 

Herb ist der Herbst. Schon ist geschart

Das Schwalbenvolk zur Südlandfahrt.

Wie sommertagwerkmüde hält

Schläfrige Ruhe nun die Welt,

Und dreist vom Joche, schneeumweht,

Der Winterriese niederspäht.

 

 

 

Matthew Doubleday, A Path through the Wood, Autumn
Matthew Doubleday (ca.1828-1900) war ein britischer Maler.
 

Richard Dehmel 1863-1920

Mein Wald

 

Der Herbst stürmt seine Tänze.

Durch dürre Blätter muß ich gehn;

in meinen Wald.

 

In meinem lieben Wald,

wo nicht ein Baum mein eigen ist,

gehn fremde Leute durch den Wind

und sagen: es ist kalt.

 

Und da steht auch mein Stein,

auf dem ich manchmal sitze,

wenn mein Herz stürmt.

 

Bruno Liljefors, Autumn landscape with fox, 1918
Bruno Andreas Liljefors (1860-1939) war ein schwedischer Maler, der hauptsächlich durch seine realistischen Tierdarstellungen bekannt wurde.

Selma Meerbaum-Eisinger 1924-1942

Kastanien

 

Auf dem glatten hellen Wege

liegen sie, verstreut und müde,

braun und lächelnd wie ein weicher Mund,

voll und glänzend, lieb und rund,

hör' ich sie wie perlende Etüde.

 

Wie ich eine nehme und in meine Hand sie lege,

sanft und zärtelnd wie ein kleines Kind,

denk' ich an den Baum und an den Wind,

wie er leise durch die Blätter sang,

und wie den Kastanien dieses weiche Lied

sein muß wie der Sommer, der unmerklich schied,

nur als letzten Abschied lassend diesen Klang.

 

Und die eine hier in meiner Hand

ist nicht braun und glänzend wie die andern,

sie ist matt und schläfrig wie der Sand,

der mit ihr durch meine Finger rollt.

Langsam, Schritt für Schritt, wie ungewollt

laß ich meine Füße weiter wandern.

 

 

Will Hutchins, Autumn Landscape, 1905
Will Hutchins (1878-1948) war ein amerikanischer Maler.

Ferdinand Avenarius 1856-1923

Herbstgold

 

Wie war's im Walde

heut wunderhold -

die Wipfel alle

von rotem Gold!

 

Goldender Boden,

golden der Duft,

fallende Blätter

von Gold aus der Luft.

 

Und es leuchtet

aus Tod und Vergeh'n

golden die Hoffnung

aufs Aufersteh'n.

 

Ferdinand du Puigaudeau, Voilier sur le marais de la grande Brière
Ferdinand du Puigaudeau (1864-1930) war ein französischer Maler.

Joseph von Eichendorff 1788-1857

Es ist nun der Herbst gekommen

 

Es ist nun der Herbst gekommen,

Hat das schöne Sommerkleid

Von den Feldern weggenommen

Und die Blätter ausgestreut,

Vor dem bösen Winterwinde

Deckt er warm und sachte zu

Mit dem bunten Laub die Gründe,

Die schon müde gehn zur Ruh.

 

Durch die Felder sieht man fahren

Eine wunderschöne Frau, -

Und von ihren langen Haaren

Goldne Fäden auf der Au

Spinnet sie und singt im Gehen:

Eia, meine Blümelein,

Nicht nach andern immer sehen,

Eia, schlafet, schlafet ein.

 

Und die Vöglein hoch in Lüften

Über blaue Berg und Seen

Ziehn zur Ferne nach den Klüften,

Wo die hohen Zedern stehn,

Wo mit ihren goldnen Schwingen

Auf des Benedeiten Gruft

Engel Hosianna singen

Nächtens durch die stille Luft.

 

Wassili Polenov, Golden Autumn
Wassili Dmitrijewitsch Polenow (1844-1927T) war ein russischer Maler und Pädagoge.

Jakob Bosshart 1862-1924

Blätter im Wind

 

Treibende Blätter im Wind,

Spielzeug der Lüfte wir sind.

Wo wir einst liegen in Orten und Zeiten,

Wo wir verwesen, hat nichts zu bedeuten;

Da wo wir saßen am Lebensbaum,

Hofft eine Knospe im Frühlingstraum.

 

Friedrich Kallmorgen, Herbstsonne, 1882
Friedrich Kallmorgen (1856-1924) war ein deutscher Maler.

Franz Eichert 1857-1926

Maler Herbst

 

Ein köstlicher Maler

Ist der Herbst;

Er malt auf Seide,

Auf milde, glänzende Seide.

Mit bläulichem Schimmer

Malt er alles.

Erdnebel steigen,

Gelbe Blätter schwanken,

Silberfäden spinnen.

Versinkende Ferne,

Träumende Nähe!

Schwankende Strahlen,

Leise zitternd,

Entzünden die ruhenden

Purpurfackeln

Sterbender Bäume.

Die Glut zu dämpfen,

In flüssiges Silber

Taucht er den Pinsel

Und malt auf glänzende

Lichtgraue Seide:

Ein köstlicher Maler

Ist der Herbst!

 

Heinrich Böhmer, Sonnendurchflutetes Waldstück
Heinrich Böhmer, auch Heinrich Böhmer der Ältere (1852-1930), war ein deutscher Landschaftsmaler der Düsseldorfer Schule.

Jürgen Brand 1869-1950

Herbst

 

Welkes Laub zu meinen Füßen,

Streif ich einsam durch den Wald.

Keine Blumen, die mich grüßen;

Keines Vogels Sang erschallt.

 

Ach, in diesen späten Tagen

Wandert stumm die Wehmut mit;

Und des Waldes Sterbeklagen

Hemmt den rüst’gen Wanderschritt.

 

Fort damit! Noch keine Klage

Rief Vergangenes zurück.

Seid gegrüßt, ihr goldnen Tage:

Schaffend werb ich um das Glück.

 

Lasst am Tage mich zur Seite

Meiner Freunde kämpfend stehn,

Und am Abend im Geleite

Froher Menschen müßig gehn.

 

Schaffend und genießend raube

Ich der Zeit den Tropfen Glück.

Sieh: Auf herbstlich gelbem Laube

Glänzt ein goldner Sonnenblick!

 

Arnold Marc Gorter, An Autumn Landscape with Cows Near a Stream
Arnold Marc Gorter (1866-1933) war ein niederländischer Landschaftsmaler und Zeichner.

Friedrich Wilhelm Nietzsche 1844-1900

Der Herbst

 

Dies ist der Herbst: der – bricht dir noch das Herz!

Fliege fort! fliege fort!

Die Sonne schleicht zum Berg

Und steigt und steigt

Und ruht bei jedem Schritt.

 

Was ward die Welt so welk!

Auf müd gespannten Fäden spielt

Der Wind sein Lied.

Die Hoffnung floh –

Er klagt ihr nach.

 

Dies ist der Herbst: der – bricht dir noch das Herz!

Fliege fort! fliege fort!

O Frucht des Baums,

Du zitterst, fällst?

Welch ein Geheimnis lehrte dich

Die Nacht,

Daß eisiger Schauder deine Wange,

Die Purpur-Wange deckt? –

 

Du schweigst, antwortest nicht?

Wer redet noch? – –

 

Dies ist der Herbst: der – bricht dir noch das Herz!

Fliege fort! fliege fort!

Ich bin nicht schön

– so spricht die Sternenblume –,

Doch Menschen lieb ich

Und Menschen tröst ich –

 

Sie sollen jetzt noch Blumen sehn,

Nach mir sich bücken

Ach! und mich brechen –

In ihrem Auge glänzet dann

Erinnerung auf,

"Erinnerung an Schöneres als ich: –

– ich seh's – und sterbe so." –

 

Dies ist der Herbst: der – bricht dir noch das Herz!

Fliege fort! fliege fort!

 

 

 

Edward Wilkins Waite,

Autumn Colouring, When Yellow Leaves, or None, or Few, Do Hang upon These Boughs
Edward Wilkins Waite (1854-1924) war ein englischer Landschaftsmaler.

Christian Morgenstern 1871-1914

Dies ist der Herbst, der bricht dir noch das Herz

 

Dies ist der Herbst, der bricht dir noch das Herz.

Das Jahr enttönt ...

O Seligkeit! O Schmerz!

die es verschönt –

so ließet ihr mich doch!

 

Ich möchte wandern, wandern ohne Ruh ...

nur nicht mehr heim, zum kalten Herd zurück!

Der Liebe Tür fiel zu –

was hält mich noch!

Nun liegt es wieder vor mir weit,

das Glück –

das Glück –? –

der Einsamkeit ...

 

Wie über den Schnee der Schatten des Vogels webt,

den sonnenfunkigen, weich sich wölbenden Plan

der lautlos ziehende, blauhindämmernde Dust,

regt ruhlos schweifender Erinnerung Schatten

der Seele winterlich kristallnes Schweigen auf

und überdämmert ihren gleichen Frieden

ohn' Ende mit den Bildern ihrer Flucht.

 

Arthur Melville, Autumn Loch Lomond, 1893
Arthur Melville (1855-1904) war ein schottischer Maler. Er gilt als einer der besten Aquarellisten seiner Zeit.

Ludwig Scharf 1864-1938

Der Herbsthund

 

Der Herbsthund, der im Walde lebt

– Aus lauter dürrem Laub sein Fell –

Er füllt, wenn Blatt um Blatt verschwebt,

Die Luft mit heiserem Gebell.

 

Er sitzt und kläfft die Bäume an,

Bis jeder ihm sein Laub beläßt,

Und springt in seinem irren Wahn

Von Nord nach Süd, von Ost nach West.

 

Der Herbsthund, der im Walde wohnt,

Er heult oft fort die ganze Nacht,

Indeß sein bleicher Freund, der Mond,

Durch immer kahlres Astwerk lacht.

 

Und wer den Herbsthund je gesehn,

Dem wird nicht wohl mehr auf der Welt:

Er muß durch welke Blätter gehn,

Bis ihm der Hund des Todes bellt.

 

Eugen Bracht, Herbstmorgen im Kranichsteiner Park
Eugen Felix Prosper Bracht (1842-1921) war ein deutscher Landschafts- und Historienmaler sowie Hochschullehrer.

Dr. Owlglas

Spätjahr

 

Ja ... nun geht’s dem Winter zu,

Und die Dämmerwochen

Kommen auf befilztem Schuh

Heimlich angekrochen.

 

Erst bringt Sankt Martinus her

Leib - und Seelenfutter:

Jener schätzt die Gänse mehr,

Dieser mehr den Luther.

 

Freilich schon nach kurzer Zeit

Leert der brave Christe

Schwarz umwogt vom Büßerkleid,

Seine Sündenkiste.

 

Aber dann begeht er froh

Anderweite Data:

Niklas und  Conceptio

– hm – immaculata.

 

Nach Legenden riecht die Luft

Und nach Pfefferkuchen….

Und wir sollen diesen Duft

Kritisch untersuchen?“

 

Armand Guillaumin, Die Ufer der Orge in Epiney, Ile de France
Armand Guillaumin (1841-1927) war ein französischer Maler und Grafiker.

Franz Werfel 1890-1945

Kleines verlassenes Kurtheater im Herbst

 

Der Platz ist leer. Die kurzen Winde schnappen

Nach letztem Laub und spielen mit den Türen.

Ich schlüpf ins Finstere. Umschwankt von Schnüren,

Stoß ich an Pappgesimse, Leuchter, Lappen.

 

Mein Schritt verstört ein mattes Zauber-Schlappen.

Die Bühne stellt sich tot. Doch kann ich spüren

Den Bodensatz verschollener Ouvertüren

Und sauren Weinrest von Gesang ertappen.

 

Wie Kindheit ist's, in die ich heim mich schleiche.

Es ist wie Angst, den Rückweg zu verlieren

Aus Staub und Schatten mir verbotner Reiche.

 

Kranzhaftes raschelt, wie ich lichtwärts weiche.

Im Winkel fault, bewohnt von Totentieren,

Ein Kontrabaß als saitenlose Leiche.

 

 

Ernest Biéler, Paysage automnal - les hauts de Savièse
Ernest Biéler (1863-1948) war ein Schweizer Maler und Illustrator. Er war durch den Impressionismus beeinflusst und wandte sich später dem Jugendstil zu.

Otto Julius Bierbaum 1865-1910

Des Narren Herbstlied

 

Bunt wie mein Mantel und Kleid

Wird nun die Welt, oh weh.

Lacht mir das Herz im Leib,

Wie ich das seh.

 

Einst war ich jung und frisch,

Eija, da war ich grün,

Grün wie die Weide, daran

Maikätzchen blühn.

 

Dann kam die Zeit, die schnitt

Falten ums Maul mir schief.

Grinsen lernte ich da

Und weinte tief.

 

Trug bald ein bunt Gewand,

Schuppen und Schellen daran,

Wehe, es klirrt, wenn ich spring,

Ich alter Mann.

 

Holla, ein bunter Narr!

Holla, ein Klimperkleid!

Holla, die Welt wird bunt,

Und ich gescheit.

 

Lasst mich nun schlafen geh'n,

Legt mich ins Grab hinein!

Über ein Kleines, ach,

Wird Frühling sein.

 

Isaak Lewitan, Der goldene Herbst, 1895
Isaak Iljitsch Lewitan (1860-1900) war einer der bedeutendsten russischen Maler des Realismus.

Fred Endrikat 1890-1942

Nörgler hinterm Ofen

 

Der Herbst ist da. Ach ja, man konnt' es ahnen.

Rings grau in grau. Verschwunden ist das letzte Grün.

Die Bäume stehn wie Masten ohne Fahnen,

die welken Blumen schon ans Sterben mahnen.

Wer weiß, wer weiß, ob sie noch jemals wieder blühn.

 

Der Herbst ist da. Ach ja, nun muß man frieren.

Der letzte Brocken Kohle wird zum Teufel gehn.

Die Zeit ist schlecht. Man muß den Mut verlieren.

Sogar die kleinen Vögel emigrieren.

Wer weiß, wer weiß, ob wir sie jemals wiedersehn.

 

Der Herbst ist da. Ach ja, in großen Scharen

ziehn düstre Wolken über diese trübe Welt.

Bald fällt der Schnee. Ich bin mir nicht im klaren,

ob dieser Schnee so echt ist wie vor Jahren.

Wer weiß – vielleicht wird er synthetisch hergestellt.

 

Franz Guillery, München, Englischer Garten
Franz Paul Maria Guillery (1862-1933) war ein deutscher Maler.

Das gefährlichste

Möbelstück ist die

›Lange Bank‹,
das gefährlichste

Instrument die

›Alte Leier‹.
Abraham a Sancta Clara

Wer Trinken, Rauchen und Sex aufgibt,

lebt auch nicht länger.

Es kommt ihm nur so vor.
Sigmund Freud

Tradition ist die Weitergabe des Feuers und nicht die Anbetung der Asche.
Gustav Mahler

Was wir brauchen,

sind ein paar verrückte Leute;

seht euch an,

wohin uns die Normalen gebracht haben.
George Bernard Shaw

Der Kluge lernt aus allem
und von jedem,
der Normale aus
seinen Erfahrungen und
der Dumme
weiß alles besser.
Sokrates
Es ist schon alles gesagt,
nur noch nicht von allen.
Karl Valentin

Um ernst zu sein,

genügt Dummheit,

während zur Heiterkeit

ein großer Verstand unerläßlich ist.
William Shakespeare

Blüte edelsten Gemütes
ist die Rücksicht;
doch zuzeiten
sind erfrischend

wie Gewitter
goldne Rücksichtslosigkeiten.

Theodor Storm

BuchKult

Franz Dewes

fjdewes@buchkult-dewes.de

 

Druckversion | Sitemap
© BuchKult