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John Lavery, Midsummer
Sir John Lavery (1856-1941) war ein irischer Porträtist und Landschaftsmaler.

Clara Müller-Jahnke 1860-1905

Sonnenwende

 

Es fiel ein Blütenregen

herab auf Wald und Feld,

ein Netz von Sonnenstrahlen

umspinnt die grüne Welt;

das flammt und blüht und duftet

und höhnt den Glockenschlag,

als ging er nie zu Ende,

der süße, goldene Tag ...

 

O Tag der Sonnenwende,

vollblühende Rosenzeit,

du hast mir ins Herz geduftet

berauschende Seligkeit!

Das pocht und glüht und zittert

und bebt im Vollgenuss,

als ging er nie zu Ende,

der süße, erste Kuss -

 

O Tag der Sonnenwende –

 

 

Harald Slott-Møller, Midsummer's Eve
Harald Slott-Møller (1864-1937) war ein dänischer Maler und Keramiker.Zusammen mit seiner Frau, der Malerin Agnes Slott-Møller, war er Gründungsmitglied von Den Frie Udstilling.

 

Harald

Slott-Møller, Sankt Hans aften ved Vejle Fjord, 1904
Harald Slott-Møller (1864-1937) war ein dänischer Maler und Keramiker.

Ludwig Uhland 1787-1862

Sommersonnenwende - Mittsommer


Nun die Sonne soll vollenden
Ihre längste, schönste Bahn,
Wie sie zögert, sich zu wenden
Nach dem stillen Ozean!
Ihrer Göttin Jugendneige
Fühlt die ahnende Natur,
Und mir dünkt, bedeutsam schweige
Rings die abendliche Flur.

Nur die Wachtel, die sonst immer
Frühe schmälend weckt den Tag,
Schlägt dem überwachten Schimmer
Jetzt noch einen Weckeschlag;
Und die Lerche steigt im Singen
Hochauf aus dem duft'gen Tal,
Einen Blick noch zu erschwingen
In den schon versunknen Strahl.

 

 

 

Albert Joseph Moore, Midsummer (1887)
Albert Joseph Moore (1841-1893) war ein englischer Maler des späten 19. Jahrhunderts und wichtiger Vertreter der Akademischen Kunst und des Ästhetizismus.

 

Edward Penfield, Harper's Bazar Midsummer Number
Edward Penfield (1866-1925) war ein amerikanischer Illustrator.

Georg Heym 1887-1912

Sonnenwendtag

 

Es war am Sommersonnwendtag,

Dein braunes Haar im Nacken lag

Wie Gold und schwere Seiden.

 

Da nahmst Du mir die feine Hand.

Und hinter Dir stob auf der Sand

Des Feldwegs an den Weiden.

 

Von allen Bäumen floß der Glanz.

Dein Ritt war lauter Elfentanz

Hin über rote Heiden.

 

Und um mich duftete der Hag,

Wie nur am Sommersonnwendtag,

Ein Dank und Sichbescheiden.

 

Ulpiano Checa, Midsummer's Eve
Ulpiano Fernández-Checa y Sanz (1860-1916), bekannt als Ulpiano Checa, war ein spanischer Maler, Bildhauer, Plakatgestalter und Illustrator.

Helga Catherine Ancher, Midsummer's Eve at Skagen, The Moon behind clouds, Skagens Museum Denmark
Helga Catherine Ancher (1883-1964) war eine dänische Malerin. Sie war die Tochter von Anna und Micharl Ancher.

Max Dauthendey 1867-1918

Johannisfeuer

 

Auf den Bergen reiten Feuer,

Werfen sich wie Ungeheuer

In die Nachtluft, in den Raum;

Flammen stehen hell als Baum,

Rote Flügel sich entfachen,

Aus den Bergen fliegen Drachen,

Nichts hält mehr den Berg im Zaum.

Flammen sich wie Lieder wiegen —

Sonne hat die Nacht erstiegen.

 

 

 

Fritz Erler, Johannisfeuer
Fritz Erler (1868-1940) war ein deutscher Maler, Grafiker und Bühnenbildner.
 

 

Anders Zorn, Midsommar-dans, 1897
Anders Leonard Zorn (1860-1920) war ein schwedischer Maler, Grafiker und Bildhauer.

Carl Weitbrecht 1847-1904

Sonnenwende

 

Das ist die allerklarste Nacht,

Die sich am schnellsten endet,

Schenk voll das Glas, doch mit Bedacht!

Noch einmal sei die Nacht durchwacht,

Eh’ sich die Sonne wendet!

 

Bei Edelwein und Lindenduft

Streu Rosen in die Winde!

Hörst du die stimmen in der Lust?

Hörst du, was aus der Ferne ruft:

Geschwinde, nur geschwinde!

 

Trink aus, schenk ein! Halt fest das Glas,

Verschütte keinen Tropfen!

Schon trieft der Tau von Blatt und Gras,

Dein Aug ist nass — um was, um was?

Die schnellen Pulse klopfen.

 

Dort trabt ein Ross — vernahmst du’s nicht?

Wer mag dort drüben reiten?

Press nicht das Glas! Gib Acht, es bricht!

Am Walde huscht ein Dämmerlicht

Und blasse Schatten schreiten.

 

Summst du die alte Melodei

Der Wonnen und des Leides? —

Mehr Leid als tust? — Es sei, es sei:

Die schönste Zeit ist doch vorbei,

Und einmal endet beides.

 

Schenk nochmals ein! Der Tag erwacht —

Was weißt du, wie er endet?

Schlürf aus die Neige mit Bedacht!

Das ist die allerklarste Nacht,

Drin sich die Sonne wendet.

 

Laurits Tuxen, Sct. Hans bål, Skagen strand
Laurits Regner Tuxen (1853-1927) war ein dänischer Bildhauer, Porträt-, Historien- und Landschaftsmaler.Er war ein Vertreter der Skagen-Maler.

Laurits Tuxen, Summer Solstice
Laurits Regner Tuxen (1853-1927) war ein dänischer Bildhauer, Porträt-, Historien- und Landschaftsmaler.Er war ein Vertreter der Skagen-Maler.

Ferdinande von Brackel 1835-1905

 

Es kann ja nicht immer möglich sein,

Daß alles sich glücklich ende –

Und wenn die Sonne am höchsten steht,

Kommt immer die Sonnenwende.

 

 

Jules Breton, Johannisfest, 1875
Jules Adolphe Aimé Louis Breton (1827-1906) war ein französischer Maler.

 

Johannisfest in der Bretagne (Le Petit Journal 1-07-1893)

Otto Ernst 1862-1926

Johannisnacht

 

Leuchtkäfer schwammen in der schweren Nacht,

Auf bleichem Rasen schliefen die Syringen;

Nur der Jasmin blieb wach und horchte still

Mit mondverklärten Augen einem Klingen.

 

Aus blauen Wipfeln sang die Nachtigall,

Ein Jauchzen war’s und jugendwildes Weinen.

Sie sang das Lied der jungen Sinnenkraft,

Das Lied, in dem sich Tod und Leben einen.

 

Und rückgesunk’nen Blicks, geschloss’nen Auges,

Fühlt’ ich der Erde Schuld und Angst verwehn,

Und alle, alle hab’ ich sie verstanden,

Die frommen Sünden, die wir rein begehn.

 

In bangen Schauern hab’ ich sie verstanden,

Die süßen Sünden trunk’ner Lässigkeit,

Die einst mit grassem Blick vor uns erstehen

Als spätes, als erbarmungsloses Leid.

 

Eaux-Bonnes - Fête de la St.Jean 

Robert Wilhelm Ekman, Midsummer Dance Småland and Blekinge in the Border Districts
Robert Wilhelm Ekman (1808-1873) war ein finnischer Maler.

Georg Heym 1887-1912

Johannisnacht

 

Tief drin im alten Walde

Am Fuß der blumigen Halde

Schläft ein alter Tempel der Heiden,

Über ihn weg die Herden weiden.

 

Um den alten Steinaltar

Der geweiht dir, Gott Paltar,

Winden sich Efeuranken

Und auch meine Gedanken

Schlangen sich um ihn herum,

So saß ich lang und träumte stumm.

 

Da über den alten Tann

Kam der Vollmond heran

Und alles tauchte in seinen Glanz,

Der Gott erschien mir aus Silber ganz.

 

Aus dem feuchten Moor

Springen Irrwische vor,

Tanzen in alten Weisen

Und mit Sängen mit leisen.

 

Und es woget hervor in buntem Gedränge

Edle Helden alter Tage

Von denen meldet Mütterchen-Sage.

 

Sie ziehen hin zu dem Altar

Und bringen dem Gotte ein Opfer dar,

Dann setzen sie sich zum Festesschmaus

Von ihren Reden erdröhnet das Haus.

 

So haben sie die Johannisnacht

Mit fröhlichem Trinken zugebracht,

Da kam des Morgenwindes Zug

Verschwunden war der fröhliche Spuk.

Und der Morgensonne Schein

Vergoldet am Wege das Kreuzelein.

 

Hans Fredrik Gude, Midsummer Eve at the Oslofjord, National Museum of Art, Architecture and Design
Hans Fredrik Gude (1825-1903) war ein norwegischer Landschafts- und Marinemaler der Düsseldorfer Schule.

Nikolai Astrup, Midsummer eve bonfire
Nikolai Astrup (1880-1928) war ein norwegischer Maler und Grafiker.>

Nikolai Astrup, St. Hansbål ved Jølstervatnet
Nikolai Astrup (1880-1928) war ein norwegischer Maler und Grafiker.

Ernst Goll 1887-1912

Sonnenwende

 

Loht ein roter Feuerschein

Vor dem ruhenden Gelände,

Fern verhallt die Wacht am Rhein. –

Sonnenwende, Sonnenwende!

Lachend trink’ ich meinen Wein:

Geht der Frühling auch zu Ende,

Wird der Sommer selig sein!

Sonnenwende, Sonnenwende!

 

 

Nikolai Astrup, Jonsokbål
Nikolai Astrup (1880-1928) war ein norwegischer Maler und Grafiker.

Knud Bergslien, St. Johns Evening
Knud Larsen Bergslien (1827-1908) war ein norwegischer Maler der Nationalromantik.

 

Edward Robert Hughes, Midsummer Eve, ca.1908
Edward Robert Hughes (1851-1914) war ein englischer Maler.

Rudolf Dietz 1863-1942

Johannisnacht im Walde

 

Lebendige Funken

Umtanzen den Baum;

Die bräutliche Erde

Träumt wonnigen Traum.

 

Leis plaudern die Quellen.

Sonst störet kein Laut

Die blumenbedeckte,

Sanft schlummernde Braut.

 

Das Mondlicht durchflutet

Die würzige Luft;

Den Brautschleier webt es

Aus Strahlen und Duft.

 

Im Osten erglüht es

In rosiger Pracht:

Johannistag grüßet

Die liebliche Nacht.

 

Peder Severin Krøyer, In front of Christoffer's house A midsommer evening, 1885, Skagens Museum Denmark
Peder Severin Krøyer (1851-1909), war ein norwegisch-dänischer Maler der Künstlerkolonie Skagen. Seine Werke sind überwiegend der impressionistischen Freilichtmalerei zuzuordnen.

Peder Severin Krøyer, Sankthansbaal paa Skagen strand, 1903
Peder Severin Krøyer (1851-1909), war ein norwegisch-dänischer Maler der Künstlerkolonie Skagen. Seine Werke sind überwiegend der impressionistischen Freilichtmalerei zuzuordnen.

Adelheid von Stolterfoth 1800-1875

Sonnenwende

 

O Nachtigall!

Geweckt hat mich dein Klagen;

Was willst du noch dem Wiederhall

In mitternächt'ger Stunde sagen?

 

Die Menschen sind

All' in den Schlaf gesunken,

Leis' durch die Blumen streift der Wind -

Bist du vielleicht vom Dufte trunken?

 

Stört dich der Bach

Mit seinem leisen Rauschen?

Will deinem süßen Ach

Nicht mehr das Ohr der Liebe lauschen?

 

O schweige nicht ---

Du klagst vielleicht mir heute,

Daß auf dein Nest im Abendlicht

Der Lenz schon seine letzten Rosen streute!

 

Carl Locher, Sankt Hans aften på Skagen Havn, 1887
Carl Ludvig Thilson Locher, auch: Carl Ludvig Locher und Carl Locher, (1851-1915) war ein dänischer Marinemaler, Radierer und Grafiker.

Jørgen Sonne, Midsummer's Eve, sick people asleep upon the grave of St Helena at Tisvilde, 1847, Copenhagen Statens Museum for Kunst
Jørgen Valentin Sonne oder Jørgen Sonne (1801-1890) war ein dänischer Schlachten-, Tier- und Genremaler.

Max Haushofer Jr. 1840-1907

Sonnwendfeuer am See

 

Gespensterwolken hangen

Hoch über die Berge herein

Einsame Sterne bangen

Am Himmel mit fahlem Schein;

 

Es streckt sich der See ohn' Ende

In stiller unheimlicher Pracht

Und spült um Felsenwände

Wie die leibhaftige Nacht.

 

Wir standen an der Lände

Und hieben Baum und Strauch

Und schürten Feuerbrände

Nach uralt heiligem Brauch.

 

Heut sollen die Wellen tragen

Eine wilde mächtige Gluth;

Hoch soll die Flamme schlagen

In Wolken roth wie Blut.

 

Vergessene Geister tauchen

Aus tiefstem Grunde dann

Und seh'n die Lohe rauchen

Und fachen sie freudig an!

 

Christian Skredsvig, Midsummer's  Eve in Norway, Statens Museum for Kunst
Christian Eriksen Skredsvig (1854- 1924) war ein norwegischer Maler.

Max Dauthendey 1867-1918

Johanni

 

Himmel, Erde schaffenstrunken.

Noch die Nächte schlürfen lechzend

Des erschöpften Tages Helle,

Bleiches Dunkel atmet Funken,

Und das Spätlicht schleppt sich ächzend

Durch die Mittnacht,

Zu des jungen Tages Schwelle.

Sonnenfeuer kochen Säfte.

Blütenzarte dort versengt.

Aus dem weichen Maienkosen

Drangen willenstarke Kräfte,

Und die Sommerreife senkt

Sinnend ihre ernsten Rosen.

Satt zerrann das Frühlingsgirren,

Grimme Sensenhiebe klirren,

Halme seufzen, in der Luft,

von Vergänglichkeit umwittert,

Wanket schwermutweher Duft,

– und das stolze Leben zittert.

 

Henryk Siemiradzki, Night on the Eve of Ivan Kupala
Henryk Siemiradzki (1843-1902) war ein polnischer Maler.

Johann Georg Fischer 1816-1897

Sonnenwende

 

Es hat die Sonne im Glutenkranz

Den höchsten Himmel erstiegen,

Die Auen im Tausendfarbenglanz

Und grünend die Berge liegen.

 

Hoch quillt die trunkene Erde jetzt

Von schaffendem Leben über;

War' ihrem Blühen kein Ziel gesetzt,

Sie thäte noch Vieles drüber.

 

Es rühret der Wald so voll, so weich

Wie eine Jungfrau, die Glieder,

Die Welt durchtönet ein ganzes Reich

Unsagbar mächtiger Lieder;

 

Und höher immer die Sänger reißt

Des eigenen Liedes Klingen,

Als wollten sie, voll vom tiefsten Geist,

Ihr Herz in die Lüfte singen.

 

Aufwogen in hoher Mittagsflut

Die glüh'nden, sprühenden Rosen;

Wer dächte zurück bei solcher Glut

An der Veilchen schüchternes Kosen?

 

Es streckt, was heute auf Erden lebt,

Zum Lichte die höchsten Ranken,

Und zwischm Erde und Himmel schwebt

Der Mensch mit den hohen Gedanken:

 

Dem ist, o Seele, dieß Wonnemeer

Und all die unendlichen Räume!

Dein ist der Frühling, so blüthenschwer,

Und die irdisch-himmlischen Träume;

 

Und ewiges Grün und unendliches Blau

Wird Erde und Himmel dir färben,

Und irdische Blüche und himmlischer Thau

Läßt nie deine Jugend sterben! —

 

Stärk', heilige Sonne, mir diesen Traum,

Eh' du dem Abend begegnest,

Und eh' du anderer Lande Saum,

Rückwandelnde, wieder segnest!

 

Wlodzimierz Przerwa-Tetmajer, Noc Swietojanska, Mittsommernacht
Wlodzimierz Przerwa-Tetmajer (1861-1923) war ein polnischer Maler. 

Ricarda Huch 1864-1947

Sonnenwende

 

Wie war die Frühlingssonne voll Liebesglut!

Wie schwärmte die Erde berauscht vom Sternenwein!

Nun stürzt der geleerte Pokal in graue Flut.

Licht tropft wie Blut vom verödeten Opferstein.

 

Wie rollte der Donner Marsch zur Heroenschlacht!

Wie jagte durch Wolken verwegener Blitze Sprung!

Der Held ist tot. Sein Holzstoß flammt in die Nacht.

O Lust, mit ihm zu verglühen, noch reich! noch jung!

 

 

Klavdy Lebedev, The Night of Ivan-Kupalu
Klavdy Vasiliyevich Lebedev (1852-1916) war ein russischer Maler, Mitglied der realistischen Künstlergruppe The Wanderers.
 

Clara Müller-Jahnke 1860-1905

Johannisnacht

 

Umwogt von weißen Nebelschleiern

von blühenden Rispen überdacht -

komm mit ins Korn! Wir wollen feiern

die heilige Johannisnacht.

 

Da treibt aus taugetränktem Grunde

in alle Halme hoch der Saft,

da wirkt in klarer Vollmondstunde

uralter Gottheit Wunderkraft.

 

Wir fühlen tief das heilige Reifen

und - eins im andern fromm bereit -

stillsegnend unsre Stirnen streifen

den Blütenhauch der Ewigkeit.

 

Ivan Sokolov, Kupala Night, 1856
Ivan Sokolov (1823–1918) war ein russischer Maler.

Max Haushofer Jr. 1840-1907

Sonnenwende

 

Die Abendsonne geht zu Rüste,

Mein Auge hat es oft geseh'n,

Wie sie die Bergesjoche küßte

In wundersel'gem Untergeh'n.

 

Doch an dem heil'gen Sonnwendtage

Sinkt sie, als kam' sie nimmermehr,

Da weht's wie leise Todtenklage

Von rothen Bergesgipfeln her.

 

Sie sank — und über Wald und Haide

Zieht sich ein duftig goldner Flor;

Die Schöpfung schweigt in tiefem Leide,

Als wüßte sie, was sie verlor!

 

Franciszek Kostrzewski, Sobótka, 1869
Franciszek Kostrzewski (1826-1911) war ein polnischer Illustrator, Karikaturist und Maler.

Mathilde von Bayern 1877-1906

Johannisfeuer

 

Es kam in Gluten gezogen

der Abend, und zwitschernd umflogen

die Schwalben das ragende Haus.

Rot blickten die uralten Türme,

gefestet im Brausen der Stürme,

auf dämmernde Hügel hinaus.

 

Wir Kinder, im sinkenden Dunkel,

wir trieben ein heitres Gemunkel —

"Es brennt!" Da tollten wir los!

Die Damen schwatzten und lachten,

und höfliche Herren, sie brachten viel

Scheite zum lodernden Stoß.

 

Die Flammen rauschten und dampften,

die Pferde, die scheuenden, stampften,

Held Cäsar kroch feig in das Stroh.

Wir Kinder, wie trunkene Rangen,

wir tanzten, sangen und sprangen,

glückselig und wunschlos froh.

 

Die Gluten erloschen im Winde —

da legte der Vater mir linde

aufs Haar die zärtliche Hand:

 

"Blick auf! Es sollen die Sterne,

glüht einst dir ein Glück in der Ferne,

die mahnen ans Heimatland!"

 

Die Jahre kamen und schwanden.

Ich ziehe nach fremden Landen -

sie sagen: dort blühe mein Glück.

Viel fröhliche Feuer versanken —

mein Vater, ich will dir danken

mit tränenumschleiertem Blick!

 

Und was ich auch mag erleben -

Gott hat mir ein Glück schon gegeben:

der beste der Vater ist mein!

Und zwitschern die Schwalben der Ferne,

und brennen Feuer und Sterne,

Herzvater, so denk" ich dein!

 

 

Oskar Laske, Sonnwendfeuer in der Wachau, 1945
Oskar Laske (1874-1951) war ein österreichischer Architekt und Maler.

A. de Nora 1864-1936

Johannisfeuer

 

Johannisbrände, Sommersonnenwende.

All meine Träume reichen sich die Hände

Und tanzen jubelnd um ein Feuermal,

Um eine hohe, helle Liebeslohe,

Die ich empor der Nacht der Zukunft sende,

Ein letztes Glück verkündendes Fanal!

 

Niemals empfand ich, wie ich nun empfunden!

Die Eine fand ich, die ich nie gefunden,

Die Beste, die Erfüllung meines Seins!

Du? durch die Flammen fliegen wir zusammen?

Ins Ungewisse springen wir verbunden?

Sind wir nicht eins?

 

- Die Erde liegt tief unter uns verschwommen,

Hoch über uns der Himmel, sternumglommen,

Doch unnahbar -

Wir sind am Scheidewege alle beide,

Wir sind auf einem Gipfel angekommen -

Nun wird das einsamst Eigne in uns klar!

 

Ich lege meine Hand in deine Hände:

Wenn dieses höchste Feuer ging zu Ende,

Wird nur mehr Nacht sein und Verlassenheit -

- Johannisbrände - Lebenssonnenwende!

Wir beide wissen, was wir fortan müssen!

Spring! Ich und du! - Für alle Ewigkeit!

 

Gudmund Stenersen, Midsummer Night
Gudmund Stenersen (1863-1934) war ein norwegischer Maler und Illustrator.

Julius Rodenberg 1831-1914

Johannisnacht

 

(Auf dem Heidelberger Schlosse)

 

Die Luft geht mild und weich,

Der Himmel liegt in Mondenpracht;

Verirrten Sternen gleich

Ziehn Funken durch die Sommernacht.

Ein kühler Brunnen springt,

Es duften Flieder und Jasminen,

Und wie ein Lied der Liebe klingt

Der Abendwind in den Ruinen.

 

Tief unten rauscht der Strom,

Am mondbeglänzten Rebenhang;

Herüber aus dem Dom

Weht ein verirrter Glockenklang.

Schweigend, wie zum Gebet,

Hüllt sich in Dämm‘rung ein die Ferne;

Und feiernd rings am Himmel steht

Der stille Chor der Nacht, die Sterne.

 

All mein Verlangen ruht,

Was jemals mich betrübte, schweigt;

Und in des Friedens Fluth

Voll Andacht meine Seele steigt.

O Trost der Einsamkeit,

O Stromesrauschen, Sternesblitzen:

Mir ist, als stünde still die Zeit.

Als könnt' ich ewig also sitzen.

 

Eva Bonnier, Midsommar
Eva Frederika Bonnier (1857-1909) war eine schwedische Malerin, Bildhauerin und Mäzenin.

Adolf Friedrich von Schack 1815-1894

Johannisnacht

 

Der sel'ge Abend, als inmitten

Bekränzter Nachen wir im Kahn

Hin an Sevillas Gärten glitten

Auf sanft bewegter Wellen Bahn!

 

Hell leuchteten die Ufer alle

Von der Johannisfeuer Glanz,

Es schwang beim Kastagnettenschalle

Die Menge sich im muntern Tanz.

 

Auf stiegen flatternde Raketen,

Rückstrahlend in des Stromes Flut,

Und schossen durch den sternbesäten

Lichthimmel hin mit dunkler Glut.

 

Doch süßer war's, als fern dem Feste

Ans Ufer uns die Barke trug,

Und über uns der grünen Aeste

Geheime Nacht zusammenschlug.

 

Erst dort, wo dämmernd aus den Zweigen

Der Schimmer der Limonen quoll,

Erschloß in Dunkel und in Schweigen

Sich unsre Wonne ganz und voll.

 

O, daß es oft noch so uns nachte!

Doch jetzt auch laß uns dankbar sein

Und, weil er uns so treu bewachte,

Dem Täufer eine Kerze weihn.

 

 

Akseli

Gallen-Kallela, Peasant Women Dancing by a Lake
Akseli Gallen-Kallela (1865-1931) war ein finnischer Maler, Architekt und Designer.

Edvard Munch, The dance of life, ca. 1899-1900
Edvard Munch (1863-1944) war ein norwegischer Maler und Grafiker des Symbolismus.

Werner Holmberg, Midsummer night in Tornio
Gustaf Werner Holmberg (1830-1860) war ein finnischer Maler der Düsseldorfer Schule.

Harald Sohlberg, Midsummer Night, Nordic Theme
Harald Oskar Sohlberg (1869-1935) war ein norwegischer Maler und Grafiker.

Otto Baisch 1840-1892

In der Johannisnacht

 

Wie weht ihr weich, ihr sanften Lüfte

Der heiligen Johannisnacht,

Die ich im Reich der Totengrüfte

Andächtig still herangewacht;

Wie strahlt ihr, bleiche Sternenheere,

Mit wunderbar verklärtem Schein

Aus dunkelblauem Äthermeere

In diese Friedenswelt herein!

 

Und du, o Mond, der hinter Bergen

Ins Grab der Mitternacht versinkt,

Du hast den Kreuzen hier und Särgen

Ein schönes Lebewohl gewinkt!

Sie sahn dich zwischen Wolken sprühen

In einem nie gekannten Rot —

Gedachtest du durch Zauberglühen

Zu wecken den verschlafenen Tod?

 

Nun blüht der Duft der Nachtviolen

Berauschender zu mir empor;

Es ist, als raunten mir verstohlen

Gespenster ihren Gruß ins Ohr.

O alle die gebrochenen Herzen,

Die sich an diesem Ort geschart,

Erstehn vor mir wie Leichenkerzen,

Die nur der leisere Sinn gewahrt.

 

Denn was mit niegelöschten Gluten

Die Seelen fieberhaft durchdrang,

Mit unerschöpften Liebesfluten

Sich an die schöne Erde schlang,

Das mochte jählings wohl zerspringen

In Einem schrillenden Akkord,

Nachhallend aber muss es klingen

Durchs All der Räume fort und fort.

 

Und wo in mitternächt'gem Trauern

Ein Mensch an Totenhügeln kniet,

Da wird ihn dieser Geist durchschauern,

Der um die trauten Stätten zieht:

Da wird sein eigner Schmerz zerstießen

In jenes tausendfache Leid

Und über ihn sich voll ergießen

Die Weihe der Unsterblichkeit.

 

 

Georg Johann Köhler, Sonnwende
Georg Johann Köhler (1890-1944) 

war ein deutscher Maler, Grafiker und Plakatkünstler. 

 

 

Das gefährlichste

Möbelstück ist die

›Lange Bank‹,
das gefährlichste

Instrument die

›Alte Leier‹.
Abraham a Sancta Clara

Wer Trinken, Rauchen und Sex aufgibt,

lebt auch nicht länger.

Es kommt ihm nur so vor.
Sigmund Freud

Tradition ist die Weitergabe des Feuers und nicht die Anbetung der Asche.
Gustav Mahler

Was wir brauchen,

sind ein paar verrückte Leute;

seht euch an,

wohin uns die Normalen gebracht haben.
George Bernard Shaw

Der Kluge lernt aus allem
und von jedem,
der Normale aus
seinen Erfahrungen und
der Dumme
weiß alles besser.
Sokrates
Es ist schon alles gesagt,
nur noch nicht von allen.
Karl Valentin

Um ernst zu sein,

genügt Dummheit,

während zur Heiterkeit

ein großer Verstand unerläßlich ist.
William Shakespeare

Blüte edelsten Gemütes
ist die Rücksicht;
doch zuzeiten
sind erfrischend

wie Gewitter
goldne Rücksichtslosigkeiten.

Theodor Storm

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Franz Dewes

fjdewes@buchkult-dewes.de

 

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