<
Weihnachten ist zwar nur einmal im Jahr,
aber das ist auch genug!
Unbekannt
Weihnachten: ein besonderer Tag der Völlerei, Trunksucht, Gefühlsduselei, Annahme von Geschenken, öffentlichem Stumpfsinn und häuslichem Protzen gewidmet.
Ambrose Gwinnett Bierce
___________________________________________
Die meisten Grafiken auf dieser Website können durch Anklicken mit der linken Maustaste vergrößert dargestellt werden. Sollte dies nicht funktionieren, steht mir die entsprechende Grafik leider nicht in einer größeren Auflösung zur Verfügung.
Hinter Textstellen in blauer
Farbe verstecken sich Links, entweder zu anderen Seiten dieser Website oder zu externen Sites (z.B. Wikipedia, Youtube ...).
Unbekannter Autor
A little Weihnachtsgedicht
Sprache: Denglish
When the snow falls wunderbar,
and the children happy are.
When the Glatteis on the street,
and we all a Glühwein need.
Then you know, es ist soweit.
she is here, the Weihnachtszeit.
Every Parkhaus is besetzt,
weil die people fahren jetzt.
All to Kaufhof, Mediamarkt,
kriegen nearly Herzinfarkt.
Shopping hirnverbrannte things,
and the Christmasglocke rings.
Mother in the kitchen bakes,
Schoko-, Nuss- and Mandelkeks.
Daddy in the Nebenraum,
schmücks a Riesen-Weihnachtsbaum.
He is hanging off the balls,
then he from the Leiter falls.
Finaly the Kinderlein,
to the Zimmer kommen rein.
And it sings the family
schauerlich: "Oh, Chistmastree!"
And then jeder in the house,
is packing the Geschenke aus.
Mama finds unter the Tanne,
eine brandnew Teflon-Pfanne.
Papa gets a Schlips and Socken,
everybody does frohlocken.
President speaks in TV,
all around is Harmonie.
Bis mother in the kitchen runs,
im Ofen burns the Weihnachtsgans.
And so comes die Feuerwehr,
with Tatü, tata daher.
And they bring a long, long Schlauch,
and a long, long Leiter auch.
And they schrei - "Wasser marsch!",
Christmas now is in the Eimer.
Merry Christmas, merry Christmas,
Hear the music, see the lights,
Frohe Weihnacht, Frohe Weihnacht,
Merry Christmas allerseits!
Victor von Bülow – Loriot 1923-2011
Advent
Es blaut die Nacht, die Sternlein blinken,
Schneeflöcklein leis herniedersinken.
Auf Edeltännleins grünem Wipfel
häuft sich ein kleiner weißer Zipfel.
Und dort vom Fenster her durchbricht
den dunklen Tann ein warmes Licht.
Im Forsthaus kniet bei Kerzenschimmer
die Försterin im Herrenzimmer.
In dieser wunderschönen Nacht
hat sie den Förster umgebracht.
Er war ihr bei des Heimes Pflege
seit langer Zeit schon sehr im Wege.
So kam sie mit sich überein:
am Niklasabend muß es sein.
Und als das Rehlein ging zur Ruh‘,
das Häslein tat die Augen zu,
erlegte sie direkt von vorn
den Gatten über Kimm und Korn.
Vom Knall geweckt rümpft nur der Hase
zwei-, drei-, viermal die Schnuppernase
und ruhet weiter süß im Dunkeln,
derweil die Sternlein traulich funkeln.
Und in der guten Stube drinnen
da läuft des Försters Blut von hinnen.
Nun muß die Försterin sich eilen,
den Gatten sauber zu zerteilen.
Schnell hat sie ihn bis auf die Knochen
nach Waidmanns Sitte aufgebrochen.
Voll Sorgfalt legt sie Glied auf Glied
(was der Gemahl bisher vermied) -,
behält ein Teil Filet zurück
als festtägliches Bratenstück
und packt zum Schluß, es geht auf vier,
die Reste in Geschenkpapier.
Da tönt’s von fern wie Silberschellen,
im Dorfe hört man Hunde bellen.
Wer ist’s, der in so tiefer Nacht
im Schnee noch seine Runde macht?
Knecht Ruprecht kommt mit goldnem Schlitten
auf einem Hirsch herangeritten!
He, gute Frau, habt ihr noch Sachen,
die armen Menschen Freude machen?
Des Försters Haus ist tiefverschneit,
doch seine Frau steht schon bereit:
Die sechs Pakete, heil’ger Mann,
’s ist alles, was ich geben kann.
Die Silberschellen klingen leise,
Knecht Ruprecht macht sich auf die Reise.
Im Försterhaus die Kerze brennt,
ein Sternlein blinkt – es ist Advent.
Heinz Erhardt 1909-1979
Feste
Der Karpfen kocht, der Truthahn brät,
man sitzt im engsten Kreise
und singt vereint den ersten Vers
manch wohlvertrauter Weise.
Zum Beispiel “O, du fröhliche”,
vom “Baum mit grünen Blättern” –
und aus so manchem Augenpaar
sieht man die Tränen klettern.
Die Traurigkeit am Weihnachtsbaum
ist völlig unverständlich;
man sollte lachen, fröhlich sein,
denn ER erschien doch endlich!
Zu Ostern – da wird jubiliert,
manch buntes Ei erworben!
Da lacht man gern – dabei ist er
erst vorgestern gestorben.
Kurt Tucholsky 1890-1935
Großstadt-Weihnachten
Nun senkt sich wieder auf die heim’schen Fluren
die Weihenacht! die Weihenacht!
Was die Mamas bepackt nach Hause fuhren,
wir kriegens jetzo freundlich dargebracht.
Der Asphalt glitscht. Kann Emil das gebrauchen?
Die Braut kramt schämig in dem Portemonnaie.
Sie schenkt ihm, teils zum Schmuck und teils zum Rauchen,
den Aschenbecher aus Emalch glasé.
Das Christkind kommt! Wir jungen Leute lauschen
auf einen stillen heiligen Grammophon.
Das Christkind kommt und ist bereit zu tauschen
den Schlips, die Puppe und das Lexikohn,
Und sitzt der wackre Bürger bei den Seinen,
voll Karpfen, still im Stuhl, um halber zehn,
dann ist er mit sich selbst zufrieden und im reinen:
»Ach ja, son Christfest is doch ooch janz scheen!«
Und frohgelaunt spricht er vom ›Weihnachtswetter‹,
mag es nun regnen oder mag es schnein,
Jovial und schmauchend liest er seine Morgenblätter,
die trächtig sind von süßen Plauderein.
So trifft denn nur auf eitel Glück hienieden
in dieser Residenz Christkindleins Flug?
Mein Gott, sie mimen eben Weihnachtsfrieden …
»Wir spielen alle. Wer es weiß, ist klug.«
Paul Heyse 1839-1914
Advent
Am Himmel Wolkenjagd, bleifarb'ge Helle,
In Frost erschauernd lag die Flur, die nackte;
Fern sah herüber spukhaft der Soracte,
Und lautlos schlich die gelbe Tiberwelle.
Ein junges Hirtenpaar, in Ziegenfelle
Gehüllt, schritt mit dem Dudelsack im Takte
Dem Tore zu, bis sie die Wache packte
Und unsanft sie hinwegwies von der Schwelle.
Erblichen ist in Rom, ihr guten Kinder,
Der Stern, der einst in Bethlehem erglommen.
Der Felsen Petri ward zur schroffen Klippe.
Und pochtet ihr am Vatikan, noch minder
Wär' dort die Mahnung an den Stall willkommen,
Wo einst das Heil der Welt lag in der Krippe.
Kurt Tucholsky 1890-1935
Weihnachten
Nikolaus der Gute
kommt mit einer Rute,
greift in seinen vollen Sack –
dir ein Päckchen – mir ein Pack.
Ruth Maria kriegt ein Buch
und ein Baumwolltaschentuch,
Noske einen Ehrensäbel
und ein Buch vom alten Bebel,
sozusagen zur Erheiterung,
zur Gelehrsamkeitserweiterung ...
Marloh kriegt ein Kaiserbild
und nen blanken Ehrenschild.
Oberst Reinhard kriegt zum Hohn
die gesetzliche Pension ...
Tante Lo, die, wie ihr wisst,
immer, immer müde ist,
kriegt von mir ein dickes Kissen. –
Und auch hinter die Kulissen
kommt der gute Weihnachtsmann:
Nimmt sich mancher Leute an,
schenkt da einen ganzen Sack
guten alten Kunstgeschmack.
Schenkt der Orska alle Rollen
Wedekinder, kesse Bollen –
(Hosenrollen mag sie nicht:
dabei sieht man nur Gesicht ...).
Der kriegt eine Bauerntruhe,
Fräulein Hippel neue Schuhe,
jener hält die liebste Hand –
Und das Land? Und das Land?
Bitt ich dich, so sehr ich kann:
Schenk ihm Ruhe – lieber Weihnachtsmann!
Augusta Burchardt-Nienstein 1855-?
Weihnachtshandel
Durch die Straßen, laut und hell,
Eilt die Menge froh und schnell,
Einzuhandeln Weihnachtssachen,
Sich und andern Scherz zu machen.
... Wir stehn an der kalten Ecke
Halberfroren auf dem Flecke,
Augen trüb und Wangen blass...
„Lieben Leute, kauft doch was!..."
Ach! zu Haus die bittre Not!
Mutter krank und Vater tot!
Niemand hilft und borgt uns mehr,
Und der Hunger schmerzt so sehr!
Glücklich reiche Kinder ziehn
Scharenweis vor uns dahin,
Holen dies und tragen das...
„Lieben Kinder, kauft doch was!..."
Für den Baum die schönste Zier
Haben in dem Kästchen wir.
Lichtchen, Kugeln, Goldschaum klar,
Und Christkindleins Silberhaar.
Das blieb in den Tannen hangen,
Als es durch den Wald gegangen,
Glitzernd lags in Busch und Gras...
„Lieben Kinder, kauft doch was!..."
Ach, uns brennt kein Weihnachtsbaum,
Dunkel bleibt der Hütte Raum,
Während ihr die Fülle habt,
Kaum ein Stücklein Brot uns labt.
Schuldlos sind wir ausgeschlossen
Wo rings Gaben überflossen,
Rührt euch nicht die Seele das ?...
„Bitte, bitte, kauft doch was!..."
Erich Kästner 1899-1974
Weihnachtslied, chemisch gereinigt
Morgen, Kinder, wird's nichts geben!
Nur wer hat, kriegt noch geschenkt.
Mutter schenkte euch das Leben.
Das genügt, wenn man's bedenkt.
Einmal kommt auch Eure Zeit.
Morgen ist's noch nicht so weit.
Doch ihr dürft nicht traurig werden,
Reiche haben Armut gern.
Gänsebraten macht Beschwerden,
Puppen sind nicht mehr modern.
Morgen kommt der Weihnachtsmann.
Allerdings nur nebenan.
Lauft ein bisschen durch die Straßen!
Dort gibt's Weihnachtsfest genug.
Christentum, vom Turm geblasen,
macht die kleinsten Kinder klug.
Kopf gut schütteln vor Gebrauch!
Ohne Christbaum geht es auch.
Tannengrün mit Osrambirnen -
lernt drauf pfeifen! Werdet stolz!
Reißt die Bretter von den Stirnen,
denn im Ofen fehlt's an Holz!
Stille Nacht und heilge Nacht -
Weint, wenn's geht, nicht! Sondern lacht!
Morgen, Kinder, wird's nichts geben!
Wer nichts kriegt, der kriegt Geduld!
Morgen, Kinder, lernt fürs Leben!
Gott ist nicht allein dran schuld.
Gottes Güte reicht so weit . . .
Ach, du liebe Weihnachtszeit!
Richard Dehmel 1863-1920
Furchtbar schlimm
Vater, Vater, der Weihnachtsmann!
Eben hat er ganz laut geblasen,
viel lauter als der Postwagenmann.
Er ist gleich wieder weitergegangen,
und hat zwei furchtbar lange Nasen,
die waren ganz mit Eis behangen.
Und die eine war wie ein Schornstein,
die andre ganz klein wie'n Fliegenbein,
darauf ritten lauter, lauter Engelein,
die hielten eine großmächtige Leine,
und seine Stiefel waren wie Deine.
Und an der Leine, da ging ein Herr,
ja wirklich, Vater, wie'n alter Bär,
und die Engelein machten hottehott;
ich glaube, das war der liebe Gott.
Denn er brummte furchtbar mit dem Mund,
ganz furchtbar schlimm, ja wirklich; und -
"Aber Detta, du schwindelst ja,
das sind ja wieder lauter Lügen!"
Na, was schad't denn das, Papa?
Das macht mir doch soviel Vergnügen.
"So? - Na ja."
Kurt Tucholsky 1890-1935
Weihnachten
So steh ich nun vor deutschen Trümmern
und sing mir still mein Weihnachtslied.
Ich brauch mich nicht mehr drum zu kümmern,
was weit in aller Welt geschieht.
Die ist den andern. Uns die Klage.
Ich summe leis, ich merk es kaum,
die Weise meiner Jugendtage:
O Tannebaum!
Wenn ich so der Knecht Ruprecht wäre
und käm in dies Brimborium
– bei Deutschen fruchtet keine Lehre –
weiß Gott! ich kehrte wieder um.
Das letzte Brotkorn geht zur Neige.
Die Gasse gröhlt. Sie schlagen Schaum.
Ich hing sie gern in deine Zweige,
o Tannebaum!
Ich starre in die Knisterkerzen:
Wer ist an all dem Jammer schuld?
Wer warf uns so in Blut und Schmerzen?
uns Deutsche mit der Lammsgeduld?
Die leiden nicht. Die warten bieder.
Ich träume meinen alten Traum:
Schlag, Volk, den Kastendünkel nieder!
Glaub diesen Burschen nie, nie wieder!
Dann sing du frei die Weihnachtslieder:
O Tannebaum! O Tannebaum!
Die Weltbühne, 19.12.1918
Richard Dehmel 1863-1920
Durch stille Dämmerung strahlt ein Weihnachtsbaum
Durch stille Dämmerung strahlt ein Weihnachtsbaum.
Zwei Menschen sitzen Hand in Hand und schweigen.
Die Lichter züngeln auf den heiligen Zweigen.
Ein Mann erhebt sich, wie im Traum:
Ich kann zu keinem Gott mehr beten
als dem in dein-und-meiner Brust;
und an die Gottsucht der Propheten
denk ich mit Schrecken statt mit Lust.
Es war nicht Gott, womit sie nächtlich rangen:
es war das Tier in ihnen: qualbefangen
erlag’s dem ringenden Menschengeist!
O Weihnachtsbaum – oh wie sein Schimmer,
sein paradiesisches Geflimmer
gen Himmel züngelnd voller Schlänglein gleißt –
wer kann noch ernst zum Christkind beten
und hört nicht tiefauf den Propheten,
indess sein Mund die Kindlein preist,
zu sich und seiner Schlange sprechen:
du wirst mir in die Ferse stechen,
ich werde dir den Kopf zertreten!
Ein Weib erhebt sich. Ihre Haut
schillert braun von Sommersprossen;
ihr Stirngeäder schwillt und blaut.
Sie spricht, von goldnem Glanz umflossen:
Ich denk nicht nach um die Legenden,
die unsern Geist vieldeutig blenden,
ich freu mich nur, wie schön sie sind.
»Uns ist geboren heut ein Kind«
das klingt mir so durch meine dunkelsten Gründe,
durch die zum Glück, dank einer Ahnensünde,
auch etwas Blut vom König David rinnt,
dass ich mich kaum vor Stolz und Wonne fasse
und deine Schlangenfabeln beinah hasse!
Er lächelt eigen; sie sieht es nicht.
Ein Lied erhebt sich, fern, aus dunkler Gasse.
Erich Mühsam 1878-1934
Weihnachten
Nun ist das Fest der Weihenacht,
das Fest, das alle glücklich macht,
wo sich mit reichen Festgeschenken
Mann, Weib und Greis und Kind bedenken,
wo aller Hader wird vergessen
beim Christbaum und beim Karpfenessen; --
und Groß und Klein und Arm und Reich, --
an diesem Tag ist alles gleich.
So steht's in vielerlei Varianten
in deutschen Blättern. Alten Tanten
und Wickelkindern rollt die Zähre
ins Taschentuch ob dieser Mähre.
Papa liest's der Familie vor,
und alle lauschen und sind Ohr...
Ich sah, wie so ein Zeitungsblatt
ein armer Kerl gelesen hat.
Er hob es auf aus einer Pfütze,
dass es ihm hinterm Zaune nütze.
Klabund 1890-1928
Die heiligen drei Könige
Wir sind die drei Weisen aus dem Morgenland,
Die Sonne, die hat uns so schwarz gebrannt.
Unsere Haut ist schwarz, unsere Seel ist klar,
Doch unser Hemd ist besch... ganz und gar.
Kyrieeleis.
Der erste, der trägt eine lederne Hos',
Der zweite ist gar am A... bloß,
Der dritte hat einen spitzigen Hut,
Auf dem ein Stern sich drehen tut.
Kyrieeleis.
Der erste, der hat den Kopf voll Grind,
Der zweite ist ein unehlich' Kind.
Der dritte nicht Vater, nicht Mutter preist,
Ihn zeugte höchstselbst der heilige Geist.
Kyrieeleis.
Der erste hat einen Pfennig gespart,
Der zweite hat Läuse in seinem Bart,
Der dritte hat noch weniger als nichts,
Er steht im Strahl des göttlichen Lichts.
Kyrieeleis.
Wir sind die heiligen drei Könige,
Wir haben Wünsche nicht wenige.
Den ersten hungert, den zweiten dürst',
Der dritte wünscht sich gebratene Würst.
Kyrieeleis.
Ach, schenkt den armen drei Königen was.
Ein Schöpflöffel aus dem Heringsfass -
Verschimmelt Brot, verfaulter Fisch,
Da setzen sie sich noch fröhlich zu Tisch.
Kyrieeleis.
Wir singen einen süßen Gesang
Den Weibern auf der Ofenbank.
Wir lassen an einem jeglichen Ort
Einen kleinen heiligen König zum Andenken dort.
Kyrieeleis.
Wir geben euch unseren Segen drein,
Gemischt aus Kuhdreck und Rosmarein.
Wir danken für Schnaps, wir danken für Bier.
Anders Jahr um die Zeit sind wir wieder hier.
Kyrieeleis.
Johann Wolfgang von Goethe 1749-1832
Epiphaniasfest
Die heiligen drei König' mit ihrem Stern,
sie essen, sie trinken, und bezahlen nicht gern;
sie essen gern, sie trinken gern,
sie essen, trinken und bezahlen nicht gern.
Die heilgen drei König' sind gekommen allhier,
es sind ihrer drei und sind nicht ihrer vier;
und wenn zu dreien der vierte wär,
so wär ein heilger drei König mehr.
Ich erster bin der weiß' und auch der schön',
bei Tage solltet ihr mich erst sehn!
Doch ach, mit allen Spezerein
werd ich sein Tag kein Mädchen mir erfreun.
Ich aber bin der braun' und bin der lang',
bekannt bei Weibern wohl und bei Gesang.
Ich bringe Gold statt Spezerein,
da werd ich überall willkommen sein.
Ich endlich bin der schwarz' und bin der klein',
und mag auch wohl einmal recht lustig sein.
Ich esse gern ich trinke gern,
ich esse, trinke und bedank mich gern.
Die heilgen drei König' sind wohlgesinnt,
sie suchen die Mutter und das Kind;
der Joseph fromm sitzt auch dabei,
der Ochs und Esel liegen auf der Streu.
Wir bringen Myrrhen, wir bringen Gold,
dem Weihrauch sind die Damen hold;
und haben wir Wein von gutem Gewächs,
so trinken wir drei so gut als ihrer sechs.
Da wir nun hier schöne Herrn und Fraun,
aber keine Ochsen und Esel schaun;
so sind wir nicht am rechten Ort
und ziehen unseres Weges weiter fort.
Erich Mühsam 1878-1934
Weihnachtslied
O Tannenbaum, o Tannenbaum -
sechs Zweiglein sind dein Alles.
So klein und dürr - man sieht dich kaum;
du hast in einem Stiefel Raum.
O Tannenbaum, o Tannenbaum, du Sinnbild unsres Dalles!
O Weihnachtsmann, o Weihnachtsmann -
du gehst vorbei ins Weite.
Hast ein zerfetztes Röcklein an,
bringst nichts, was Kinder freuen kann.
OWeihnächtsmann, o Weihnachtsmann,
auch dein Geschäft ist pleite.
O stille Nacht, o heilige Nacht -
in ungeheizter Stube!
Das Christkind hat sich fortgemacht.
Es schläft das Recht, die Feme wacht.
O stille Nacht, o heilige Nacht,
o Wulle und o Kube! *
O Friedensfest, o Liebesfest -
in Not und Angst Millionen! '
Und wer sich's nicht gefallen lässt,
den setzt die Republike fest.
O Friedensfest, o Liebesfest -
meim Rumfutsch oder Bohnen.
O Weihnachtszeit, o selige Zeit -
es hungern selbst die Flöhe. -
Doch ob nach Milch der Säugling schreit,
der Stahlhelmbund steht putschbereit. -
O Weihnachtszeit, o selige Zeit -
Hosianna in der Höhe!
* geschrieben 1925; Wulle und Kube waren Deutschnationale.
Ludwig Thoma 1867-1921
Anbetung der Hirten
Um Bethlehem ging ein kalter Wind,
Im Stall war das arme Christuskind.
Es lag auf zwei Büschel Grummetheu,
Ein Ochs und ein Esel standen dabei.
Die Hirten haben es schon gewisst,
Dass selbiges Kindlein der Heiland ist.
Denn auf dem Felde und bei der Nacht
Hat 's ihnen ein Engel zugebracht.
Sie haben gebetet und sich gefreut,
Und einer sagte: Ihr lieben Leut',
Ich glaub's wohl, dass er bei Armen steht,
Schon weil's ihm selber so schlecht ergeht.
Joachim Ringelnatz 1883-1934
Einsiedlers Heiliger Abend
Ich hab’ in den Weihnachtstagen –
Ich weiß auch, warum –
Mir selbst einen Christbaum geschlagen,
Der ist ganz verkrüppelt und krumm.
Ich bohrte ein Loch in die Diele
Und steckte ihn da hinein
Und stellte rings um ihn viele
Flaschen Burgunderwein.
Und zierte, um Baumschmuck und Lichter
Zu sparen, ihn abend noch spät
Mit Löffeln, Gabeln und Trichter
Und anderem blanken Gerät.
Ich kochte zur heiligen Stunde
Mir Erbsenuppe und Speck
Und gab meinem fröhlichen Hunde
Gulasch und litt seinen Dreck.
Und sang aus burgundernder Kehle
Das Pfannenflickerlied.
Und pries mit bewundernder Seele
Alles das, was ich mied.
Es glimmte petroleumbetrunken
Später der Lampendocht.
Ich saß in Gedanken versunken.
Da hat’s an der Tür gepocht.
Und pochte wieder und wieder.
Es konnte das Christkind sein.
Und klang’s nicht wie Weihnachtslieder?
Ich aber rief nicht: “Herein!”
Ich zog mich aus und ging leise
Zu Bett, ohne Angst, ohne Spott,
Und dankte auf krumme Weise
Lallend dem lieben Gott.
Erich Kästner 1899-1974
Dem Revolutionär Jesus zum Geburtstag
Zweitausend Jahre sind es fast,
seit du die Welt verlassen hast,
du Opferlamm des Lebens!
Du gabst den Armen ihren Gott.
Du littest durch der Reichen Spott.
Du tatest es vergebens!
Du sahst Gewalt und Polizei.
Du wolltest alle Menschen frei
und Frieden auf der Erde.
Du wusstest, wie das Elend tut
und wolltest allen Menschen gut,
damit es schöner werde!
Du warst ein Revolutionär
und machtest dir das Leben schwer
mit Schiebern und Gelehrten.
Du hast die Freiheit stets beschützt
und doch den Menschen nichts genützt.
Du kamst an die Verkehrten!
Du kämpftest tapfer gegen sie
und gegen Staat und Industrie
und die gesamte Meute.
Bis man an dir, weil nichts verfing,
Justizmord, kurzerhand, beging.
Es war genau wie heute.
Die Menschen wurden nicht gescheit.
Am wenigsten die Christenheit,
trotz allem Händefalten.
Du hattest sie vergeblich lieb.
Du starbst umsonst.
Und alles blieb
beim alten.
Klabund 1890-1928
Bürgerliches Weihnachtsidyll
Was bringt der Weihnachtsmann Emilien?
Ein Strauß von Rosmarin und Lilien.
Sie geht so fleißig auf den Strich.
O Tochter Zions, freue dich!
Doch sieh, was wird sie bleich wie Flieder?
Vom Himmel hoch, da komm ich nieder.
Die Mutter wandelt wie im Traum.
O Tannebaum! O Tannebaum!
O Kind, was hast du da gemacht?
Stille Nacht, heilige Nacht.
Leis hat sie ihr ins Ohr gesungen:
Mama, es ist ein Reis entsprungen!
Papa haut ihr die Fresse breit.
O du selige Weihnachtszeit!
Klabund 1890-1928
Berliner Weihnacht 1918
Am Kurfürstendamm da hocken zusamm
Die Leute von heute mit großem Tamtam.
Brillanten mit Tanten, ein Frack mit was drin,
Ein Nerzpelz, ein Steinherz, ein Doppelkinn.
Perlen perlen, es perlt der Champagner.
Kokotten spotten: Wer will, der kann ja
Fünf Braune für mich auf das Tischtuch zählen ...
Na, Schieber, mein Lieber? - Nee, uns kanns nich fehlen,
Und wenn Millionen vor Hunger krepieren:
Wir wolln uns mal wieder amüsieren.
Am Wedding ists totenstill und dunkel.
Keines Baumes Gefunkel, keines Traumes Gefunkel.
Keine Kohle, kein Licht ... im Zimmereck
Liegt der Mann besoffen im Dreck.
Kein Geld - keine Welt, kein Held zum lieben ...
Von sieben Kindern sind zwei geblieben,
Ohne Hemd auf der Streu, rachitisch und böse.
Sie hungern - und fressen ihr eignes Gekröse.
Zwei magre Nutten im Haustor frieren:
Wir wolln uns mal wieder amüsieren.
Es schneit, es stürmt. Eine Stimme schreit: Halt ...
Über die Dächer türmt eine dunkle Gestalt ...
Die Blicke brennen, mit letzter Kraft
Umspannt die Hand einen Fahnenschaft.
Die Fahne vom neunten November, bedreckt,
Er ist der letzte, der sie noch reckt ...
Zivilisten ... Soldaten ... tach tach tach ...
Salvenfeuer ... ein Fall vom Dach ...
Die deutsche Revolution ist tot ...
Der weiße Schnee färbt sich blutrot ...
Die Gaslaternen flackern und stieren ...
Wir wolln uns mal wieder amüsieren ...
Kurt Tucholsky 1890-1935
Friedens-Weihnachten
Der Weihnachtsengel schwebt ins Zimmer,
Leise, ganz leis,
Es strahlt um ihn ein heller Schimmer
In Nacht und Eis.
Er weht um die Kerzen. Er weht um den Baum.
Es träumen die Kinder den Weihnachtstraum.
Der Weihnachtsengel prüft die Gaben
Kinderlein seht!
Und wer soll diesen Helm da haben,
der blinkend steht?
Er ist für den jüngsten Knaben im Haus
Der Himmlische zieht seine Stirne kraus
Der Weihnachtsengel probt zum Scherze
eben den Helm.
Der blitzt noch kurz in Glanz der Kerze
Dann lacht der Schelm
und spricht: "Von allen diesen Gaben
den Helm soll Michel nie mehr haben!"
Erich Mühsam 1878-1934
Heilige Nacht
Geboren ward zu Bethlehem
ein Kindlein aus dem Stamme Sem.
Und ist es auch schon lange her,
seit's in der Krippe lag,
so freun sich doch die Menschen sehr
bis auf den heutigen Tag.
Minister und Agrarier
Bourgeois und Proletarier –
es feiert jeder Arier
zu gleicher Zeit und überall
die Christgeburt im Rindviehstall.
(Das Volk allein, dem es geschah,
das feiert lieber Chanukka.)
Friedrich Rückert 1788-1866
O Weihnachtsbaum
O Weihnachtsbaum,
O Weihnachtstraum!
Wie erloschen ist dein Glanz,
Wie zerstoben ist der Kranz,
Der um dich den Freudentanz
Schlang zur Weihnachtsfeier.
O Weihnachtsbaum,
O Weihnachtstraum!
Der du noch an jedem Ast
Halbverbrannte Kerzen hast;
Denn wir löschten sie mit Hast
Mitten in der Feier.
O Weihnachtsbaum,
O Weihnachtstraum!
Jeder Zweig ist noch beschwert,
Und kein Naschwerk abgeleert.
Ach, daß du so unverheert
Ueberstandst die Feier.
O Weihnachtsbaum,
O Weihnachtstraum!
Mit den Früchten unverzehrt,
Mit den Kerzen unversehrt,
Steh, bis Weihnacht wiederkehrt,
Steh zur Todtenfeier.
O Weihnachtsbaum,
O Weihnachtstraum!
Wenn wir neu dich zünden an,
Kaufen wir kein Englein dran;
Unsre beiden Englein nahn
Drobenher zur Feier.
Das Gedicht gehört zu dem Kindertodtenlieder Rückerts. Als Kindertodtenlieder bezeichnete der Dichter Friedrich Rückert die 428 Gedichte, die er unter dem Eindruck des Todes seiner Kinder Luise und Ernst 1833/1834 schrieb.
Fünf dieser Gedichte wurden von Gustav Mahler vertont und erlangten weltweite Berühmtheit. Der Historiker und Schriftsteller Hans Wollschläger nannte die Kindertodtenlieder „die größte Totenklage der Weltliteratur“.
Alle damals sechs Kinder Rückerts waren im Dezember 1833 an Scharlach erkrankt. Am 31. Dezember 1833 starb Rückerts seinerzeit einzige Tochter Luise (* 25. Juni 1830), am 16. Januar 1834 sein Sohn Ernst (* 1. Januar 1829). Die übrigen vier Kinder erholten sich von der Krankheit.