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Ach du großer Gott,
was lässt du mir für
kleine Kartoffeln wachsen.
Unbekannt
Erich Kästner 1899-1974
...
Das ist ein Abschied mit Gerüchen
aus einer fast vergessenen Welt.
Mus und Gelee kocht in den Küchen.
Kartoffelfeuer qualmt im Feld.
...
aus: September
Rainer Maria Rilke 1875-1926
Mittelböhmische Landschaft
Fern dämmert wogender Wälder
beschatteter Saum.
Dann unterbricht
nur hie und da ein Baum
die falbe Fläche hoher Ährenfelder.
Im hellsten Licht
keimt die Kartoffel; dann
ein wenig weiter Gerste, bis der Tann
das Bild begrenzt.
Hoch überm Jungwald glänzt
so goldig-rot ein Kirchturmkreuz herüber,
aus Fichten ragt der Hegerhütte Bau; -
und drüber
wölbt sich ein Himmel blank und blau.
Fred Endrikat 1890-1942
Gedanken beim Kartoffelbuddeln
Der Winzer erntet seine goldnen Trauben.
Die edle Frucht ist allerwärts begehrt.
Ich denk' bescheiden beim Kartoffelklauben:
Ein jeder erntet, was ihm Gott beschert.
Wo die Zitronen blühn im fernen Süden,
reift die Orange voller Herrlichkeit.
Ihr Dichter, lasset mich damit in Frieden,
der Bratkartoffel sei mein Lied geweiht.
Die Kokosnuß erzählt von hohen Palmen
Romanzen aus der Tropenkolonie.
Wenn hier daheim Kartoffelpuffer qualmen –
das nenn' ich Weihrauch – das ist Poesie.
Ich stütze meine Arme auf den Spaten.
Verdammt – das Bücken fällt beim Buddeln schwer.
Die Pellkartoffeln sind famos geraten.
Nun noch der Hering. Herz, was willst du mehr?
Frisch auf, ans Werk. Das Buddeln hat begonnen.
Man buddelt hier, man buddelt da und dort.
Man buddelt alles an das Licht der Sonnen –
das weiß der Bauer, und das ahnt der Lord.
Fred Endrikat 1890-1942
Sang an die Frühkartoffel
Die ersten Veilchen sind für das Gemüt,
im jungen Frühling, wenn die Finken schlagen,
doch wenn der Sommer in die Lande zieht,
der Frühkartoffel klingt mein schönstes Lied,
aus allertiefstem, dankerfülltem Magen.
Sie hat uns in der höchsten Not erfreut,
wenn alle Reste schon zu schwinden drohten.
Sie hat den Glauben wiederum erneut,
und wenn auch nur mit Körnlein Salz bestreut,
wir grüßten sie als ersten Ernteboten.
Wenn auf dem Teller vor uns, dampfend heiß,
die Frühkartoffel ruht so zart und mehlig,
im Petersilienschmuck ihr Alabasterweiß,
da lacht das Herz, der Mund spricht Lob und Preis,
der Bauch hat ausgeknurrt und lächelt selig.
Wie herrlich, wenn sie uns entgegenrollt,
frisch aus der braunen, warmen Erdenscholle.
Sie ist uns mehr als blankes, pures Gold.
Es sei ihr unser Gruß und Dank gezollt,
der lehmbeklebten Frühkartoffelknolle.
"Solanum tuberosum L., die Kartoffel, Erdäpfel, aus dem heißeren Amerika herstammend, hat als Nahrungsmittel alle Zweifel besiegt, trotz ihrer bösen Verwandtschaft. Die Gattung Solanum, Nachtschatten, ist eine der zahlreichsten des Pflanzenreiches; sie gehört vorzüglich dem heißeren Erdgürtel an. Die Pflanzen, die sie einbegreift, sind der schädlichen Eigenschaften, die wir in den vorerwähnten Giftpflanzen bezeichnet haben, teilhaftig oder verdächtig. Die Früchte etlicher werden als Gemüse gegessen. Die Knollen, welche Stärkemehlbehälter zur Ernährung der Pflanzen sind, haben bei verschiedenen Gewächsen keinen Anteil an deren giftigen Kräften; die Knollen von Solanum tuberosum und von zwei anderen verwandten Arten sind eine gesunde Nahrung, und die Kartoffel wird jetzt überall angebaut."
Adelbert von Chamisso
Kurt Tucholsky 1890-1935
Die Kartoffeln
Ich las eines dieser patriotischen Bücher, die das deutsche Heer einer genauen Betrachtung unterziehen. Da stand auch eine historische Erinnerung, die es wert ist, daß wir sie uns aus der Nähe ansehn.
Bei der Belagerung von Paris im Jahre 1870, erzählt der Autor, haben sich die feindlichen Vorposten ganz gut gestanden. Man schoß durchaus nicht immer aufeinander, o nein! Es kam zum Beispiel vor, daß man sich mit Kartoffeln aushalf. Meistens werden es ja die Deutschen gewesen sein, die den Retter in der Not gemacht haben. Aber einmal näherte sich ein französischer Trupp von ein paar Mann, die Deutschen nahmen die Gewehre hoch, da sagte jemand auf deutsch: »Nicht schießen! Wir schießen auch nicht!« und man begann sich wegen auszutauschender Getränke zu verständigen.
Man könnte da von »Landesverrat« sprechen, und tatsächlich untersagte nachher ein Armeebefehl diese Annäherungen aufs schärfste. Aber was ging hier Wichtigeres vor sich?
Doch offenbar eine Diskreditierung des Krieges. Denn es ist nicht anzunehmen, daß Pflichtvergessene beider Parteien hier böse Dinge inszenierten. Es waren sicher Familienväter, Arbeiter, Landleute, die man in einen farbigen Rock gesteckt hatte, mit der Weisung, auf andersfarbige zu schießen.
Warum schossen sie nicht? Offenbar waren doch der Nationalhaß, der Zorn, der angeblich das ganze deutsche Volk auf die Beine rief, nicht mehr so groß, wie damals Unter den Linden, als es noch nicht galt, auf seine Mitmenschen zu schießen. Damals hatte mancher mitgebrüllt, weil alle brüllten, und das verpflichtete zu nichts. Aber hier waren Leute, die einen Sommer und einen Winter lang an den eigenen Leibern erfahren hatten, was das heißt: Töten, und was das heißt: Hungern. Und da verschwand der ›tief eingewurzelte Haß‹, und man aß gemeinsam Kartoffeln . . . Dieselben Kartoffeln; dieselben Kapitalisten. Aber andere Röcke. Das ist der Krieg.
Friedrich Theodor von Vischer 1807–1887
Denke nur: auch die Kartoffel
Ist ein Kind der Erdenmutter
Und – erlaub mir, alter Stoffel –
Schmackhaft namentlich mit Butter.