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Très Riches Heures, Octobre
Très Riches Heures - Die Brüder von Limburg (Paul, Johan und Herman) waren niederländische Miniaturmaler.Das Stundenbuch des Herzogs von Berry (französisch Les Très Riches Heures du Duc de Berry bzw.
kurz Très Riches Heures) ist das berühmteste illustrierte Manuskript des 15. Jahrhunderts. Es handelt sich um ein ausgesprochen reichhaltig verziertes Stundenbuch, das 208 Blätter mit 21,5 cm Breite
und 30 cm Höhe enthält, von denen etwa die Hälfte ganzseitig bebildert sind.
Oktober zieht sein buntes Band
als Steckbrief übers ganze Land.
Deutsches Sprichwort
Carl Zuckmayer 1896-1977
Oktobernarr
Oktoberlicht! Oktoberbrand!
Oktobermond. Oktoberland.
Oktoberdunst. Oktoberstrahl.
Oktoberhimmels Frühopal!
Oktoberabends Rauchtopas.
Oktoberlaub. Oktobergras.
Oktobrisch leis, oktobrisch hold,
Oktobrisch rot, Oktobergold.
Oktoberschnee! Oktoberblau!
Oktoberweh. Oktoberfrau.
Oktober-Ruch. Oktober-Traum.
Oktoberfrucht. Oktoberflaum.
Oktoberschrei. Oktoberblut.
Oktoberhirsch. Oktoberwut.
Oktoberrausch! Oktoberflug!
Oktobermost! Oktoberkrug!
Oktoberton — Oktoberschwan —
Oktober-Gott! Oktober-Pan!!
Oktobertod. Oktoberflut.
Oktobersaat. Oktoberbrut.
Oktoberkeim. Oktoberkern.
Glanz, Strahl und Wunsch — Oktoberstern!
Erich Kästner 1899-1974
Der Oktober
Fröstelnd geht die Zeit spazieren.
Was vorüber schien, beginnt.
Chrysanthemen blühn und frieren.
Fröstelnd geht die Zeit spazieren.
Und du folgst ihr wie ein Kind.
Geh nur weiter. Bleib nicht stehen.
Kehr nicht um, als sei's zuviel.
Bis ans Ende musst du gehen.
Hadre nicht in den Alleen.
Ist der Weg denn schuld am Ziel?
Geh nicht wie mit fremden Füßen,
und als hätt'st du dich verirrt.
Willst du nicht die Rosen grüßen?
Laß den Herbst nicht dafür büßen,
daß es Winter werden wird.
An den Wegen, in den Wiesen
leuchten, wie auf grünen Fliesen,
Bäume bunt und blumenschön.
Sind's Buketts für sanfte Riesen?
Geh nur weiter. Bleib nicht stehn.
Blätter tanzen sterbensheiter
ihre letzten Menuetts.
Folge folgsam dem Begleiter.
Bleib nicht stehen. Geh nur weiter.
Denn das Jahr ist dein Gesetz.
Nebel zaubern in der Lichtung
eine Welt des Ungefährs.
Raum wird Traum. Und Rauch wird Dichtung.
Folg der Zeit. Sie weiß die Richtung.
"Stirb und werde!" nannte er's.
Theodor Storm 1817-1888
Oktoberlied
Der Nebel steigt, es fällt das Laub;
Schenk ein den Wein, den holden!
Wir wollen uns den grauen Tag
Vergolden, ja vergolden!
Und geht es draußen noch so toll,
Unchristlich oder christlich,
Ist doch die Welt, die schöne Welt,
So gänzlich unverwüstlich!
Und wimmert auch einmal das Herz –
Stoß an und laß es klingen!
Wir wissen's doch, ein rechtes Herz
Ist gar nicht umzubringen.
Der Nebel steigt, es fällt das Laub;
Schenk ein den Wein, den holden!
Wir wollen uns den grauen Tag
Vergolden, ja vergolden!
Wohl ist es Herbst; doch warte nur,
Doch warte nur ein Weilchen!
Der Frühling kommt, der Himmel lacht,
Es steht die Welt in Veilchen.
Die blauen Tage brechen an,
Und ehe sie verfließen,
Wir wollen sie, mein wackrer Freund,
Genießen, ja genießen!
Klabund 1890-1928
Lied im Herbst
Wie Krieger in Zinnober
Stehn Bäume auf der Wacht.
Ich taumle durch Oktober
Und Nacht.
Blut klebt an meinem Rocke.
Mein Weg ist weit und lang.
Des Tales dunkle Glocke
Verklang.
Auf einem schwarzen Pferde
Reit ich von Stern zu Stern.
Die Sonne und die Erde
Sind fern.
Ich bin von vielen Winden
Zu Gott emporgereicht.
Werd ich den Frühling finden?
Vielleicht ...
Friedrich Rückert 1788-1866
Herbst Lebensabend
Du, dieses Jahres Abend, Herbst,
Sei meines Lebensabends Bild!
Wie langsam du den Hain entfärbst,
Und deine Sonn' ist frühlingsmild:
Es lacht das grünende Gefild'
Tief im Oktober ohne Frost,
Und in der Traube schwillt der Most,
Wie in der Brust Begeist'rung schwillt.
Heinrich Hoffmann 1809-1894
Zwölf Monatsverse für Herz und Haus
Oktober
Die Trauben blühn und reifen sonder Eile,
Es klärt der Most sich langsam mit der Zeit.
Gut Ding will eben seine gute Weile;
Ein Narr ist, wer darüber tobt und schreit.
Rudolf Georg Binding 1867-1938
Oktober
Großes Jahr! In jedem Fass
schwillt der Wein zu süßer Schwere.
Herbst berauscht ohn Unterlass
wo ich liebe und begehre.
Weiß ich noch von Lieb und Hass
wenn ich herbstlich so sie büße?
Licht! Oh, Licht wird niemals blass
wo ich liebe, wo ich grüße.
Richard von Schaukal 1874-1942
Herbst
Oktoberwind liegt auf dem Bauche
und wirbelt frech mit kaltem Hauche
die welken Blätter in die Welt.
Die blassen Fensterscheiben zittern,
die Bäche sind erschreckt und flittern,
die Hasen ducken sich ins Feld.
Du, hohe Sonne, kämpfst vergebens
mit schwachem Strahle kranken Lebens:
der Winter wartet auf dem Berg.
Die Verse sind ganz steif gefroren,
sie haben allen Schwung verloren
und humpeln wie ein alter Zwerg.
Dr. Owlglaß 1873-1945
Oktober
Der Weiher ruht im Abendschein.
Viel Bäume spiegeln sich darein.
Wie still sie aus dem Wasser schau’n,
gründunkel oder herbstlich braun!
Die Wolk’ im himmlischen Gefild’
senkt sanft herab ihr flüchtig Bild.
Kennt kein Verweilen, keine Ruh,
entgleitet fernen Ufern zu.
Max Dauthendey
Oktober
Zaudernde Nebel gehen ums Haus,
Der Herbsttag kleidet die Bäume aus.
Werde nicht bang, Geliebte mein,
Die Liebe schläft nicht mit den Bäumen ein.
Verlöschen im Garten die Blumen wie Funken,
Sind die Gärten wie Spuk versunken,
Werden die Tage dunkel und scheuer,
Dir wächst in meiner Kammer unersättliches Feuer.
In langen Nächten küßt es sich gut,
Verliebte haben den Sommer im Blut.
Trug manch Lied auf meiner Zung,
Hob den Kopf mit Flügelschwung;
Grünverliebt war rings der Wald
Und mein Herz nur Tage alt.
Konnt die Wurzeln nicht begreifen
Die nur schwer vom Flecke gehn,
Und die Bäume all die steifen
Die schon hundert Jahr dastehn.
Blumen machten mich erstaunen,
Wuchsen auf wie bunte Launen;
Lachten ein Paar Wochen hin
Und verrieten nie den Sinn.
Nahm manch Mädchen in den Arm,
Mädchen sind so bang und warm;
Habe ich auch reich geküßt,
Wußt doch nie was Liebe ist.
Liebe ist der eine Kuß,
Dran Dein Herze seufzen muß;
Stiller wird Dein Atem gehn,
Ist Dir dieser Kuß geschehn.
Abends tut's in den Gassen spuken,
Weingeruch kommt aus den Kellerluken.
Der kluge Wein, der Alles weiß,
Er macht die kalten Keller heiß,
Er lehrt den Leuten sein bestes Lachen;
Mich kann er nicht mehr heißer machen,
Ich kehrte bei der Liebe ein,
Ihr Keller liegt unterm Herzgrundstein.
Dort sitzt mein Schatz mit jungem Mund,
Die Lippe ist des Herzens Spund;
Augen durchsichtig wie die Weinbeeren
Machen mich toller als Rebensaft gähren.
Jeder Bluttropfen will seinen Rausch,
Daß ich leicht Leben und Tod vertausch.
Josef Weinheber 1892-1945
Oktober
Gilb tanzt das Laub am dürren Schaft.
Die Kelter preßt den holden Saft.
Sankt Gall heimst, was er nicht gebaut,
Simon und Juda schneidt das Kraut.
Die Krähen hocken schwarz und dicht.
Der Knecht das Holz zum Herd hin schlicht'.
Der Brunfthirsch röhrt im Graben drin,
und Regen regnet grau dabin.
Jäh heult der Hund. Im Stubeneck
die Kinder sitzen stumm vor Schreck.
Jetzt bläst der Wind im Sterbehaus
dem Ahn die Totenkerze aus.
Ernst Ziel 1841-1921
Herbstlied
Der Herbstwind weht; die dürren Blätter fallen
Ins Wintergrab;
Der Raben dumpfen Klaglaut hör' ich schallen
Vom Thurm herab.
Verwelkt und dürr hängt noch an Gartenmauern
Der Blumen Rest;
Und flugesmüde Vögel bange kauern
Im engen Nest.
Denn wo geschwebt auf maienhaften Bahnen
Der Rose Duft,
Weht traurig wie ein unheimliches Ahnen
Oktoberluft.
Und wenn der Sturm die grauen Nebel dränget
Das Meer entlang,
Und wenn mit Weheruf die Möve hänget
Am Felsenhang:
Dann denk' ich deiner, mit betrübten Sinnen,
Vergänglichkeit,
Dann scheint so klein mir in der Brust tiefinnen
So Freud', wie Leid.
Der Herbstwind weht; die dürren Blätter fallen:
Was weinest du?
Getrost! Auch dir wird einst nach kurzem Wallen
Die lange Ruh'.
Rudolf Löwenstein 1819-1891
Oktober
Oktober schüttelt das Laub vom Baum
und gibt es den Winden zu eigen.
Die führen es fort im weiten Raum,
weit fort von den trauernden Zweigen.
Die stehen jetzt da mit kahlem Haupt:
Wer hat uns beraubt, wer hat uns entlaubt?
Wo sind die Blätter, die lieben, geblieben?
Doch die, vom wirbelnden Winde getrieben,
haben längst vergessen, wo sie gesessen.
Rudolf Presber 1868-1935
Oktober
Ernsten Buchen, schlanken Erlen
Kämmt der Wind die Äste aus,
Und des Regens Schimmerperlen
Wirft er pfeifend mir ans Haus.
Rot zu schwanker Flatterflamme
Glüht der wilde Wein gebauscht,
Der vom sturmgekappten Stamme
Meiner Fichten niederrauscht.
Und es ziehn in dunklen Heeren
Über Felder kahl und leer,
Krähen mit den schwarzen schweren
Flügeln von den Wäldern her.
Alle, so die Sonne preisen,
Südwärts längst gezogen sind;
Meiner Stare, meiner Meisen
Häuschen hängen leer im Wind.
Und es klingt vom Sturm und Regen
Durch die Welt der alte Ton -
Meine lyrischen Kollegen
Wissen schon ein Lied davon.
Und zu ihrem letzten Ruhen
Geben sie der Welt Geleit,
Und auf neuen Gummischuhen
Singen sie Vergänglichkeit.
Mich in Wehmut zu verstricken,
Ist die Zeit nicht gut gewählt,
Weil in meiner Liebsten Blicken
Alles Leid des Abschieds fehlt.
Weil dem herbstlichen Befehle
Nicht mein Blut gehorchen kann;
Und es sagt sich meine Seele
Ihren eignen Frühling an.
Ja, doch, ja, die Fichten biegen
Still ihr düst'res Fahnenband,
Und die bunten Sänger fliegen
In ein südlich Sonnenland.
Mögen andre weinend werben
Um der Erde großen Schmerz,
Sieh, in all dem bunten Sterben
Blüht mein Herz!
Christian Morgenstern 1871-1914
Oktobersturm
Schwankende Bäume
im Abendrot -
Lebenssturmträume
vor purpurnem Tod -
Blättergeplauder -
wirbelnder Hauf -
nachtkalte Schauder
rauschen herauf.
Fritz Lemmermayer 1857-1932
Oktober - November
Das Mondlicht irrt gespenstig
Um den kahlen Stein
Und spielt mit einer Lampe
Karfunkelrotem Schein.
Die späten Astern blühen
Und welken im Trauerkranz,
Die grauen Nebel brauen
Und wallen in schwebendem Tanz.
Das ist für Allerseelen
Das rechte Abendbild,
Wann sich die Herzen neigen
Zu einem Grabe mild.
Wann in den Herzen klinget
Der Trauer schwerer Sang,
Herzieht aus weiten Fernen
Ein längst verwehter Klang.
Die Sehnsucht hebet leise
Den schwarz gewebten Flor
Und steigt als wie beim Beten
Aus Nacht zum Licht empor.
Und möcht' einmal noch liegen
An gleich gestimmter Brust,
Noch einmal singen und jubeln
In früh entwöhnter Lust.
Und möchte sich vereinen,
Wär's auch zu Tode bleich,
Mit den geliebten Toten
In einem Geisterreich ...
Verlorne Lichter irren
In nächtlich feuchter Luft,
Die Nebel ziehen und geisten,
Und einsam liegt die Gruft.