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Max Dauthendey 1867-1918
Ein Augenblick hat da geglüht
In einer blauen Hügelwelt
Bei einer Amsel Sehnsuchtton
Ein großes, grünes Roggenfeld,
Und drinnen feuerroter Mohn.
Wie ein Laternlein jede Blüt,
Und brennen röter als der Tag.
Ein Augenblick hat da geglüht,
Der lang noch nicht erlöschen mag.
Paul Fleming 1609-1640
An den Mohn
Du / die du standhafft bist in deinem Unbestande /
Steig’ / Hekate / herab; Ich singe dir ein Lied /
ein Lied von meiner Zier / die itzt auch nach dir sieht /
ob ich schon bin sehr weit von ihr und ihrem Lande.
Komm / Berezynthie / zu dieses Strohmes Rande /
an dem ich geh’ herüm / da meine Hoffnung blüht /
du weist es / Delie / was itzt mit ihr geschicht:
Du weist es / wie es steht ümm meine Salibande.
Komm / Föbe / Tag der Nacht / Diane / Borge-liecht /
Warsägrinn / Lieder-Freund; Komm / Lune / säume nicht;
Die gantze Welt die schläfft. Ich wache dich zu loben.
Strohm-Fürstinn / Jäger-Frau / Nacht-Auge / Horn-Gesicht’ /
Herab; Itzt fang’ ich an / das süße Lob-Gedicht’.
Und kömst du nicht herab / so hör es nur dort oben.
Karl Henckell 1864-1929
Heut brennt der rote Mohn mir auf dem Tische
Heut brennt der rote Mohn mir auf dem Tische
Und mahnt an manche feurig schöne Nacht,
Voll königlicher Lust und Urweltfrische
Im Arm der schlanken Freundin zugebracht.
O wenn ich Freud und Leid erinnernd mische,
Welch Glück für welchen Gram mir zugedacht,
Statt Schemen solch ein Weib ans Herz zu drücken,
Braust mir durchs Mark ein schauerndes Entzücken.
Wie sich zum Kelche schmiegend weich zusammen
Die Blätter legen, los am spröden Stiel,
Wie neigen hingegeben sich die Flammen
Der Sommerküsse schmeichlerischem Spiel!
Den holden Schlafgott kann ich nicht verdammen,
Der einst mit Mohn zu schmücken sich gefiel –
Wie dehnen dankbar die gelösten Glieder
Sich selig rauscherschlafft zur Ruhe nieder!
Morpheus verzeiht, wenn ich ihn zärtlich deute,
Vermeinend, Amor sei mit ihm im Bund,
Weil Schlummer Balsam ist für Liebesleute,
Die von der Venus süßen Pfeilen wund.
Ich bin der reizendsten Erregung Beute –
Da stopft die Muse schleunigst mir den Mund;
Sie sagt: nicht aus konventionellen Gründen,
Doch weil kaum drei der Unschuld Wort verstünden.
Antonie Jüngst 1843-1918
Roter Mohn im Heiligtum
Rotflammender Mohn im Kerzenglanz
Am heiligen Schrein,
Rotflammender Mohn im Blütenkranz
Des wonnigen Main,
Wer hat in den Dienst des Herrn dich gestellt,
Getragen dich zu des Höchsten Gezelt?
Wo unter Brotesgestalten verhüllt
Der Ewige ruht,
Wo friedvoll Gnade um Gnade nur quillt,
Berührt mich die Glut
Der feurigen Kelche seltsam und fremd,
Als würde der Strom des Segens gehemmt.
Und dennoch, o Mohn, auf weltferner Flur
Der Freiheit entstammt,
Am heißeren Strahle der Sonne nur
Noch heller entflammt,
Du dünkst viel holder und lieblicher mir
Im Kranze von Rosen und Lilien hier.
Was immer an brennender Leidenschaft
Durchglühet dich auch,
Des erdhaften Gebens drängende Kraft
Verweht in dem Hauch,
Dem seligen Todeshauche am Thron
Der ewigen Liebe, rotflammender Mohn.
Heinrich Wilhelm Kämpchen 1847-1912
Eifel-Mohn
Oben auf den kahlen Eifelhöh’n
Sah ich Mohn in voller Blüte steh’n,
Seine Grüße auf mich niederweh’n –
Roten Mohn – wie eine Feuergarbe. –
Sind die Täler auch noch nicht durchloht
Von dem schönen, farbenprächt’gen Rot
(Elend herrscht darin und Menschennot),
Auf den Bergen weht schon uns’re Fahne. –
Auch die Eifellande werden wach,
Wenn auch langsam erst und allgemach,
Auch die Armen wollen dort ein Dach,
Das sie schützet vor den Daseinsstürmen. –
Roter Mohn, wie hast du mich beglückt!
Eine Blume hab’ ich mir gepflückt,
Mit dem Purpur meine Brust geschmückt,
Zur Erinnerung für spät’re Tage. –
Bist du doch das leuchtende Symbol
Für den Völkerbund von Pol zu Pol,
Für der Menschheit Glück und aller Wohl,
Auch hoch oben auf den Eifelbergen. –
Adolf Pichler 1819-1900
Der Mohn
Spielend wiegst du auf dem Schafte
Blüthen hell und roth,
Aber in dem dunklen Safte
Lauert schon der Tod.
An des Jahres Sonnenwende
Mahnst du schlicht und frei:
Daß des schönsten Daseins Ende
Nah' dem Anfang sei.
Rainer Maria Rilke 1875-1926
Schlaf-Mohn
Abseits im Garten blüht der böse Schlaf,
in welchem die, die heimlich eingedrungen,
die Liebe fanden junger Spiegelungen,
die willig waren, offen und konkav,
und Träume, die mit aufgeregten Masken
auftraten, riesiger durch die Kothurne -:
das alles stockt in diesen oben flasken
weichlichen Stengeln, die die Samenurne
(nachdem sie lang, die Knospe abwärts tragend,
zu welken meinten) festverschlossen heben:
gefranste Kelche auseinanderschlagend,
die fieberhaft das Mohngefäß umgeben.
E. Marlitt* 1825-1887
Die Träume
Wenn uns der Schlaf berührt die Augenlider,
Dann eilt mit seinen Wundern allsogleich
Der Träume wild-phantastisch Nebelreich
Zur dämmernden Gedankenwelt hernieder.
Da sprossen auf des Mohnes bunte Blüten,
Aus jedem Kelche steigt ein wirrer Traum,
Der hüllet sich in leichten Wolkenschaum
Und senkt sich auf das Aug' der Schlummermüden.
Erinn'rung leitet stets der Träume Reigen,
Er zeigt uns längstverscholl'nes Glück und Leid,
Wie nach der Sage alter, grauer Zeit
Versunk'ne Schlösser aus dem Meere steigen,
*Pseudonym für Friederieke Henriette Christiane
Eugenie John, deutsche Schriftstellerin
Anna Ritter 1865-1921
Mein Traum
Liegt nun so still die weite Welt,
Die Nacht geht schwebend durch das Feld,
Der Mond lugt durch die Bäume.
Da steigts herauf aus tiefem Grund
Da flüsterts rings mit süßem Mund,
Die Träume sind's, die Träume.
Sie tragen Mohn im gold'nen Haar,
Und singend dreht sich Paar um Paar
In wundersamen Reigen –
Nur einer steht so ernst bei Seit',
In seinen Augen wohnt das Leid,
Auf seiner Stirn das Schweigen.
O Traum, der meine Nächte füllt,
Der meinen Tag mit Thränen hüllt,
Willkommen doch, willkommen!
Du bist's allein, der Treue hält,
Da alles And're mir die Welt
Genommen hat, genommen.
Gustav Schüler 1868-1938
Roter Mohn
Vögelchen Schwermut flog über die Nacht,
hat einen Schnabel voll Leide gebracht -
Und wie es flog ins Feld hinein,
stieß es die Brust am Dorngezäun’,
davon das Blut herniederging
und zaubrisch an zu treiben fing’,
und wo es hingeflogen war,
hatten die Felder Mohn im Haar.
Francisca Stoecklin 1894-1931
Schlaf
Schwebe, sinke in die besternte
Tiefe der Nacht.
Neige dich gläubig
dem Geheimnis des Schlafes.
So leise naht er,
der ewig Junge, ewig Verhüllte.
Berührt die Lider der Wachenden
zärtlich mit Mohn.
Breitet Schleier der Vergessenheit
über Wünschen und Leid.
Nimmt dich ganz sanft
in seine unentrinnbaren Arme.
Entführt die Liebste dem Geliebten
in sein unenträtselt Reich.
Wo du vielleicht in ungeahnten
Welten wandelst.
Auf ferner Insel
einer Traumgeliebten lächelst.
Beim stillen Mahle
mit geliebten Toten weilst.
Oder aus langem, dumpfem Nichtssein,
beschenkt mit neuen Kräften,
in den Tag erwachst.
Jakob Loewenberg 1856-1929
Morgen
Lichter und Schatten im Wechseltanz
gaukeln über die goldenen Ähren.
Roter Mohn in leuchtendem Glanz
träumt von wundersamen Mären.
Blühendes Leben in weiter Rund'.
Aber tief im Halmengrund
klingt wie Sensenschlag ein Ton:
Morgen schon,
morgen!
Julius Sturm 1816-1896
Der Bauer und sein Sohn
Der Bauer steht vor seinem Feld
und zieht die Stirne kraus in Falten.
"Ich hab den Acker wohlbestellt,
auf reine Aussaat streng gehalten;
nun seh mir eins das Unkraut an!
Das hat der böse Feind getan!"
Da kommt sein Knabe hochbeglückt,
mit bunten Blüten reich beladen;
im Felde hat er sie gepflückt,
Kornblumen sind es, Mohn und Raden.
Er jauchzt: "Sieh, Vater, nur die Pracht!
Die hat der liebe Gott gemacht!"
Iwan Turgenjew 1818-1883
Alles schlummerte.
Die Luft, warm und duftgeschwängert, war regungslos;
ab und zu durchflog sie ein Zittern,
wie das Zittern des Wassers,
das vom Fall eines Zweiges berührt wird.
Man fühlte ein Sehnen,
eine Art Durst in dieser warmen Luft.
Ich beugte mich über den Zaun:
vor mir streckte ein wilder roter Mohn aus dichtem Gras
seinen schlanken Stengel hervor:
ein großer runder Tropfen nächtlichen Taus glänzte
in dunklem Schimmer auf dem Grund der geöffneten Krone.
Alles umher war wie in sich selbst versunken;
alles schien hingestreckt,
unbeweglich und erwartungsvoll
den Blick nach oben gerichtet zu haben.
Worauf harrte diese blaue, träumende Nacht?...
Anna Kraus 1867-1919
Flechte mir Mohn in´s Haar
Flechte mir Mohn ins Haar,
Glühenden Mohn,
Wie er im Sommerwind
Zwischen den Ähren
Leuchtend sich wiegt!
Singe das Schlummerlied,
Das mir die Mutter sang,
Von jenem Bäumelein
Mit seinen Träumelein
Und dem verschwundenen Grafen,
Vielleicht kann ich schlafen -
Streue mir Mohn aufs Herz,
Duftenden Mohn,
Wie er im Sonnenlicht
Zwischen den Ähren
Glutrot erblüht!
Singe das Liebeslied,
Das der Geliebte sang
Von jenem Königskind,
Das sich die Augen blind
Weinte vor Trauern und Sehnen,
Vielleicht find´ich Tränen -
Hans Demetrius Hopfen 1835-1904
Derweil du mich verlassen hast
Derweil du mich verlassen hast,
Verließ mich auch der Schlummer;
Unrast war mein beständ'ger Gast,
Mein Bettgenoß der Kummer.
Ich glaub' auch du hast viel geweint,
Dein Auge sah ich glänzen;
Nun bist du ruhig wie es scheint,
Und fährst zu Spiel und Tänzen.
Da stellt' ich mich ans Treppenhaus
Ins gaffende Gedränge;
Ein Wagen hielt, du stiegst heraus,
Und Lob ging durch die Menge.
Wie schien dein Putz zum Hohn mir gar!
Anstatt der Myrtenkrone,
Die einst ich träumt', umfing dein Haar
Ein Kranz von rotem Mohne.
Die Blumen der Vergessenheit
Trugst du mit Lachen und Scherzen,
Da dacht' ich der vergangenen Zeit
Und sprach zum klopfenden Herzen:
Heut' macht sie Glück, denn leicht und laut
Trägt sie im Haargeflechte
Als Schmuck für eine lust'ge Stund'
Den Schlummer meiner Nächte.