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Fundsachen 2

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Eskimojade

 

Es lebt' in dulci jubilo

In Grönland einst ein Eskimo.

Der liebt voll Liebeslust und Leid

Die allerschönste Eskimaid,

Und nennt im Garten sie und Haus

Bald Eskimiez, bald Eskimaus.

Im wunderschönen Eskimai,

Spazieren gingen froh die Zwei,

Geschminkt die Wangen purpurroth,

Wie's mit sich bringt die Eskimod,

Und setzten sich ganz sorgenlos

In's wunderweiche Eskimoos.

Still funkelte am Horizont

Der silberklare Eskimond.

Da schlich herbei aus dichtem Rohr,

Othello, Grönlands Eskimohr.

In schwarzer Hand hielt fest den Dolch

Der eifersücht'ge Eskimolch

Und stach zwei- dreimal zu voll Wuth

In frevelhaftem Eskimuth.

Vom Dolch getroffen alle Beid' —

Sank Eskimo und Eskimaid.

Da rannt' im Sprunge des Galopps

Herbei der treue Eskimops

Und biß mit seinen Zähnen stark

Den Mörder bis in's Eskimark,

Der bald, zerfleischt vom treuen Hund,

Für immer schloß den Eskimund. —

So ward — das ist der Schlußaccord,

Gerächt der blut'ge Eskimord!

Und schau'rig klingt vom Norden her

Noch heut'gen Tag's die Eskimähr'.

 

aus: Fliegwende Blätter, Bd.90, Nr.2272 S.54f.

 

 

 

Edwin Bormann

Der alte Marabu

 

Im Schneegebirge Hindukuh

Da sitzt ein alter Marabu

Auf einem Fels von Nagelfluh

Und drückt das rechte Auge zu.

 

Weßhalb wohl, fragst du, Leser, nu,

Weßhalb wohl sitzt der Marabu

Im Schneegebirge Hindukuh

Auf einem Fels von Nagelfluh

Und drückt das rechte Auge zu?

 

Hab' Tank, o lieber Leser du,

Für dein Int'ress' am Marabu!

Allein weßhalb im Hindukuh

Er drückt das rechte Auge zu

Auf einem Fels von Nagelfluh —

Weiß ich so wenig als wie du!

 

aus: Fliegende Blätter, Bd.84, Nr.2112 S.23

 

 

Karl Valentin 1882-1948

Klapphornverse

 

Zwei Knaben suchten auf nem Baum,

Nach einer süßen reifen Pflaum,

Doch suchten sie sehr lange,

Es war ne Fahnenstange.

 

Zwei Herren taten mitsammen raufen,

Sie mußten beide heftig schnaufen;

Ich denk mir halt, die solln nicht raufen,

Dann müssens auch nicht so fest schnaufen.

 

Ein Kätzlein sagte zu dem andern,

Ich glaube schon ans Seelenwandern,

Das andre sprach, du hasts erraten,

Morgen sind wir vielleicht Hasenbraten.

 

Zwei Knaben fingen ein Eidachsel,

Der wo es gfang'n hat, der hieß Maxel,

Der andre packte es beim Schwanzel

Und dieser Knabe, der hieß ....... Gabriel.

 

 
 

Friedrich Jakob Müller

Unser Magister

 

(Ein Reimspiel)

 

Ein krasser Philister

Ist unser Magister!

Nicht Skat spielt, nicht Whist er,

Nichts Geist'ges genießt er,

Mit frommem Geflüster

Traktätchen nur liest er,

Und Thee trinkt versüßt er.

Kein Mädchen begrüßt er,

Geschweige denn küßt er.

Uns Jungen nennt wüst er!

Wenn's zieht, sogleich niest er,

Und schlägts, nicht gleich schließt er.

Zwei Meter fast mißt er.

Nur Mageres ißt er,

D'rum auch mager ist er,

Der Herr Magister.

 

aus: Fliegende Blätter, Bd.74, Nr.1867, S.149

 

Fred Endrikat 1890-1942

Steckbrief für Intellektuelle

 

An ihren Phrasen sind sie zu erkennen.

Sie schlagen Schaum aus Oberflächlichkeit.

Doch wehe, wenn sie sich noch weiblich nennen,

dann wendet man sich schnell zum Gehn – und speit.

 

Sie sind ganz Kopf – vom Knöchel bis zum Kragen.

Ihr Horizont ist eng – der Mund sehr weit.

Sie sind stets negativ und sozusagen

der Blinddarm in dem Bauche unsrer Zeit.

 

Sie sind von vornherein schon allem überlegen,

so himmelhoch- und abgrundtiefgescheit.

Ihr »Nie-Dahinterkommen«, doch ihr »Stets-Dagegen«

ist das Geheimnis ihrer Überlegenheit.

 

Oh, wenn sie wüßten, wie sie komisch wirken!

In ihrem Dünkel spreizen sie sich groß und breit

wie stolze Eichen zwischen Krüppelbirken –

und sind Kakteen nur in Wirklichkeit.

 

 

Stunden, wo der Unsinn waltet,

sind so selten, stört sie nie!

Schöner Unsinn, glaubt mir, Kinder,

Er gehört zur Poesie.

 

aus: Deutschlands Wehmutsschachtel

 

 

 

Fred Endrikat 1890-1942

Rücksprache mit der Hose

 

Ich habe mit meiner Hose Rücksprache genommen,

ob wir beide wohl gut durch den Winter kommen.

Sie legte ihr Antlitz in noch mehr Falten

und meinte: "Ich habe die Absicht, eisern durchzuhalten.

Mein Boden dehnt sich zwar schon bis ins Uferlose,

bin sonst aber eine innerlich geschlossene Hose.

Der Glanz und Wolle aus früheren Tagen

sind stets weggebürstet und teils abgetragen,

die Nähte und Falten sind leidlich durchgestoßen,

sonst bin ich noch rüstig im ganzen und großen.

Der Charakter bildet sich im Laufe der Zeiten

und überschattet alle die Äußerlichkeiten.

Eine ehrwürdige Hose mit Flicken und Narben

kann Bände erzählen in den buntesten Farben.

Die härtesten Kämpfe und Stürme im Leben

haben mir die richtige Haltung gegeben.

Ich habe mir fest und eisern vorgenommen,

wir beide müssen gut durch den Winter kommen."

So sprach meine Hose, die an Jahren so reiche,

vor mir stehend wie eine knorrige Eiche.

Oh, ihr kleingläubigen Zweifler solltet euch schämen

und einmal mit eurer Hose Rücksprache nehmen.

Man soll es kaum glauben, wieviel Kraft und Lebensmut

in solch einer welterfahrenen Hose ruht.

 

 

Karl Valentin 1882-1948

Ich bin erst kurz beim Fußballkampf gewesen

 

Ich bin erst kurz beim Fußballkampf gewesen,

dort war es schön und int’ressant,

den Platz hab ich schon irgendwo gesehen,

die Fußball-Mannschaft hab ich nicht gekannt.

Und als sie Abschied nahmen von den Toren,

das Spiel war aus, sie reichten sich die Hand,

ich hab mein Herz in Heidelberg verloren,

mein Herz, das wohnt am Isarstrand.

 

 

 

Vorigen Handschuh verlor ich in meinem Herbst

da ging ich drei Tage finden, eh´ ich ihn suchte

Da kam ich an eine Guck und lochte hinein

da saßen drei Stühle auf drei Herren

die aßen Kaffee und tranken Kuchen

Da nahm ich meinen Tag ab und sagte:

„Guten Hut, meine Herren!“

Und da bauchten sie

daß ihnen der Lach platzte

 

Da gab ich ihnen drei Lagen Strümpfe

und sagte, sie sollten mir Garn stricken

Da ging ich weiter und kam an einen See

Da standen drei funkelnagelneue Schiffe

 

Das erste war durchlöchert

das zweite hatte keinen Boden

und das dritte war gar nicht da

Da stieg ich in das, was gar nicht da war

und fuhr ans jenseitige Ufer

Da kam ich an eine steinerne Kirche

die aus Holz erbaut war

Drin predigte ein blaupapierner Pfarrer folgendermaßen:

 

Als einst die Weser brannte

und die tollen Hunde kein Stroh zum Löschen fanden

Kam eine Bauersfrau auf einem ungesalzenen Faß Butter dahergeritten

und stieg auf einen Maulbeerbaum

und pflückte sich die Taschen voll Äpfel

und als sie sich die Taschen voll Birnen gepflückt hatte

stieg sie von dem Zwetschgenbaum

 

Da rief ihr der Bauer des nächsten Dorfes zu

dem der Flachs gehörte:

„Hennes, gehst aus meinen Schoten!“

Da packte sie eiligst ihre Borstäpfel zusammen

und lief von dannen

 

aus: Lewalter, Johann und Georg Schläger, Deutsches Kinderlied und Kinderspiel in Kassel aus Kindermund in Wort und Weise gesammelt.

 

 

 

Jakob van Hoddis 1887-1942

 

Postskriptum des Magiers:

 

Galgenlied

 

Das Ur-Ich und die Ich-Idee

Gingen selbander im grünen Klee:

Die Ichidee fiel hin ins Gras,

Das Ur-Ich wurde vor Schreck ganz blaß.

Da sprach das Ur- zur Ichidee:

»Was wandelst du im grünen Klee?«

Da sprach die Ichidee zum Ur-:

»Ich wandle nur auf deiner Spur.« –

Da, Freunde, hub sich große Not:

Ich schlug mich gegenseitig tot.

 

 

Karl Schimper 1808-1880

Windwehe

 

Von einem W-Gestöber

 

Wäre wirklich was man wünschte,

Würd' es wohl oft wenig wert sein;

Wieder, weil zu wenig wirklich

Will es wenig Wert gewinnen,

Während Wünsche wachsend wuchern:

Welch ein Wahn- und Wehe-Wechsel!

Wünsche, Wünsche, werdet wirklich!

Wirkliches, werde wirklich wertvoll,

Werde wirklich wie der Wunsch will!

Wehe, werde wenig, winzig!

Wehe, wüstes! werd' erwürget,

Wehe weiter, wie der Wind weht!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

HIER GESCHAH

AM 17 APRIL 1891

REIN GAR

NICHTS

Der Spaziergang im Walde

 

Zwei Löwen gingen einst selband

In einem Wald spazoren,

Und haben da von Wuth entbrannt

Einander aufgezoren.

 

Da kamen eines Tags daher

Des Wegs zwei Leute, edel,

Die fanden von dem Kampf nichts mehr,

Als beider Löwen Wedel.

 

Daraus geht nun für Groß und Klein

Die weise Lehr' hervor:

„Selbst mit dem besten Freunde dein

Im Walde nie spazor!"

 

aus: Musenklänge aus Deutschlands Leierkasten

 

 

Fred Endrikat 1890-1942

 

Die Lerche schwingt sich zum Zenit.

Der See glänzt morgendlich gerötet.

Vor einem Gänseblümchen kniet

im Gras ein Elefant – und betet.

 

 

Das gefährlichste

Möbelstück ist die

›Lange Bank‹,
das gefährlichste

Instrument die

›Alte Leier‹.
Abraham a Sancta Clara

Wer Trinken, Rauchen und Sex aufgibt,

lebt auch nicht länger.

Es kommt ihm nur so vor.
Sigmund Freud

Tradition ist die Weitergabe des Feuers und nicht die Anbetung der Asche.
Gustav Mahler

Was wir brauchen,

sind ein paar verrückte Leute;

seht euch an,

wohin uns die Normalen gebracht haben.
George Bernard Shaw

Der Kluge lernt aus allem
und von jedem,
der Normale aus
seinen Erfahrungen und
der Dumme
weiß alles besser.
Sokrates
Es ist schon alles gesagt,
nur noch nicht von allen.
Karl Valentin

Um ernst zu sein,

genügt Dummheit,

während zur Heiterkeit

ein großer Verstand unerläßlich ist.
William Shakespeare

Blüte edelsten Gemütes
ist die Rücksicht;
doch zuzeiten
sind erfrischend

wie Gewitter
goldne Rücksichtslosigkeiten.

Theodor Storm

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Franz Dewes

fjdewes@buchkult-dewes.de

 

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