Bettet doch alte Menschen weich und warm und lasset sie recht genießen, denn weiter vermögen sie nichts mehr; und beschert ihnen gerade im Lebens-Dezember und in ihren längsten Nächten Weihnachtsfeiertage und Christbäume: sie sind ja auch Kinder, ja Zurückwachsende.
Jean Paul 1763-1825
In einer so beschaffenen Welt gleicht der, welcher viel an sich selber hat, der hellen, warmen, lustigen Weihnachtsstube, mitten im Schnee und Eise der Dezembernacht.
Arthur Schopenhauer 1788-1860
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Heinrich Hoffmann 1809-1894
Dezember
Er ist der letzte von zwölf Brüdern,
Des Jahres Pforte schließt er zu.
Was du gewonnen hast an Gütern
Und was verloren, zähle du!
Doch wäge strenger und besonnen,
Und schließ genaue Rechnung ab,
Was du an Weisheit hast gewonnen,
Und was an Torheit sich ergab.
Adolf Friedrich von Schack 1815-1894
Am Kamin
Stürme, Dezember, vor meinem Gemach,
Hänge Zapfen von Eis an das Dach;
Nichts doch weiß ich vom Froste;
Hier am wärmenden, trauten Kamin
Ist mir, als ob des Frühlings Grün
Rings um mich rankte und sprosste.
All das Gezweig, wie es flackert und flammt,
Plaudert vom Walde, dem es entstammt,
Redet von seligen Tagen,
Als es, durchfächelt von Sommerluft,
Knospen und Blüten voll Glanz und Duft,
Grünende Blätter getragen.
Fernher hallenden Waldhornklang
Glaub’ ich zu hören, Drosselgesang,
Sprudelnder Quellen Schäumen,
Tropfenden Regen durchs Laubgeäst,
Der die brütenden Vögel im Nest
Weckt aus den Mittagsträumen.
Stürme denn, Winter, eisig und kalt!
An den Kamin herzaubert den Wald
Mir der Flammen Geknister,
Bis ich bei Frühlingssonnenschein
Wieder im goldgrün schimmernden Hain
Lausche dem Elfengeflüster.
Très Riches Heures, Décembre
Très Riches Heures - Die Brüder von Limburg (Paul, Johan und Herman) waren niederländische Miniaturmaler. Das Stundenbuch des Herzogs von Berry (französisch Les Très Riches Heures du Duc de Berry
bzw. kurz Très Riches Heures) ist das berühmteste illustrierte Manuskript des 15. Jahrhunderts.
Erich Kästner 1899-1974
Dezember
Das Jahr ward alt. Hat dünnes Haar.
Ist gar nicht sehr gesund.
Kennt seinen letzten Tag, das Jahr.
Kennt gar die letzte Stund.
Ist viel geschehn. Ward viel versäumt.
Ruht beides unterm Schnee.
Weiß liegt die Welt, wie hingeträumt.
Und Wehmut tut halt weh.
Noch wächst der Mond. Noch schmilzt er hin.
Nichts bleibt. Und nichts vergeht.
Ist alles Wahn. Hat alles Sinn.
Nützt nichts, dass man’s versteht.
Und wieder stapft der Nikolaus
durch jeden Kindertraum.
Und wieder blüht in jedem Haus
der goldengrüne Baum.
Warst auch ein Kind. Hast selbst gefühlt,
wie hold Christbäume blühn.
Hast nun den Weihnachtsmann gespielt
und glaubst nicht mehr an ihn.
Bald trifft das Jahr der zwölfte Schlag.
Dann dröhnt das Erz und spricht:
„Das Jahr kennt seinen letzten Tag,
und du kennst deinen nicht.“
Dr. Owlglass* 1873-1945
Im Dezember
So kurz der Tag, das Herz so eng!
Die arme Seele packt ein Grauen.
Ich klettere ins Souterrain,
um mich nach Hilfe umzuschauen.
In einer dunklen Ecke stehn
beziehungsweise besser: liegen
der Glasgemäße zirka zehn,
in sich gekehrt, verstaubt, verschwiegen.
Die Stillen hab’ ich stets gemocht,
so untertags wie mitternächtig.
Wer schwatzend auf sich selber pocht,
ist mir von vornherein verdächtig.
Steig’ heute drum mit mir ans Licht,
aus Erlau du im Ungarlande!
Wir reden nicht und deuten nicht.
Wir schweigen — aber mit Verstände.
Wir schließen innigen Kontakt,
ich und der alte rote Heune,
bis er und ich ins Nichts versackt...
Nun sind es leider bloß noch neune!
*dt. Eulenspiegel, eigentlich Hans Erich Blaich
Hans Sachs 1494-1576
Christmon, der 12 monat
December so nendt man mich eh.
Ich bring gar kalt wind, eiß und schnee.
Gar wol thun peltz und warme stuben.
Auff dem eyß da schleiffen die buben.
ie burger faren auff dem schlitten.
Die bawren sich der rotseck nieten,
Füllen mit würsten weib und kinder,
Stechen darnieder sew und rinder,
Die sie ein-saltzen und auff-hangen,
Darmit die erndt sie erlangen.
Hecht ißt man inn dem monat gern,
Wiewol sie dir den peutel lern.
Lucia bringt die lengsten nacht,
Da sich umbwendt die sunn mit macht.
Und wenn es legt ein newen schnee,
So gschicht füchsen und hasen wee.
Die bawren mit knechten und buben
Die machen viel tieffer wolffs-gruben.
Thome so hebt man auff die recht.
Der grossen weck freut sich manch knecht.
Die sunn geht in des stainpocks horn.
Welch kind wirt in der zeit geborn,
Ist schwartz und praun von angsicht gar,
Hat weyte augen, ein krauß har,
Ein dicken hals, ein hohe prust,
Eins grossen leibs und mager sust,
Klein schenckel, doch von sinnen gütig,
Weibisch, unstet und wanckelmütig.
Rodt und schwartz seine farben send.
So hat das zeit-register end.
Max Dauthendey 1867-1918
Dezembernacht
Die Dezembernacht geht warm ins Land,
Wetterleuchten flackt in stummer Ferne.
Und die dunkelglatte Himmelswand,
Überblinkt von Stichen starker Sterne.
Dort das gelbe Lämplein leuchtet kaum
Klein am Boden einer armen Klause.
Offen steht die Tür in Nacht und Raum.
Einer betet halblaut in dem Hause.
Manchesmal ein Menschenschatten liegt
Vor mir lang im grauen Sand der Straße.
Manchmal fällt mich an ein Duft und fliegt
Aus der Bäume hoher Kronenmasse.
Und ich ahne, dort im Dunkel lebt
Vieles, das verborgen sich geboren,
Davon Freude süß vorüberschwebt.
Und die Nacht lacht leis zu meinen Ohren.
Georg Philipp Harsdörffer 1607-1658
Lied - Von dem Christmonat
Das Aug der Welt ist dieser Zeit
entfernet weit /
und muß fast alles frieren;
das Feld ist wie ein alter Greiß
voll weisses Eiß;
die Kräfften sich verlieren.
Der weisse Schnee bedeckt den Klee;
ein hartes Dach
bebrückt den Bach /
den Winter zu vollführen.
Doch wendet sich der Sonnenschein
und tritt gleich ein
in deß Steinbockes Zeichen.
Dadurch sie wieder kehrt zurück;
mit schwachem Blick
wird sie nun zu uns weichen.
Es wächst die Kält /
das Feur erhält
die armen Leut in Winters Zeit /
den Frühling zu erreichen.
Indem die Sonne nordwärts geht
und ferne steht /
so wollen wir uns freuen:
Die Sonne der Gerechtigkeit ist nun nicht weit /
wann wir die Sünd bereuen.
Das Jesulein
wil bey uns seyn;
die heilge Nacht hat Heil gebracht!
wenn wir uns nur erneuen.
Deß Feldes Wollen-weisses
Kleid verhüllt die Weid/
das Menschen-Volck zu lehren:
daß ihnen gleiche weisse Tracht
in guter Acht
der Höchste wil bescheren.
Das Erden-Land
ist Spott und Schand /
Gott wird behend
und sonder End
das Leid in Freude kehren!
Inzwischen preiset Gottes Sohn/
den Gnaden Thron /
der sich zu uns geneiget:
Es ist der Heiland jeder Seel /
Immanuel: der kan die Feinde beugen.
Steht Er uns bey /
so sind wir frey
von aller Noth. Ja!
in dem Tod
wird Er uns Gnad erzeigen!
Karl Röttger 1877-1942
Des Wunders lächelnd staunend, das geschah
Des Wunders lächelnd staunend, das geschah,
Stand ich am Morgen leise fröstelnd, sah
Die Heide blitzend, funkelnd, übersät;
Als die Dezembersonne mild und spät
Hinter den Kiefern aufstieg ... Silberblinken,
Glitzern und Blitzen aller Nähe, Weite
Im Winterlicht ... Und bronzen ein Geläute
Vom Dorf her: – Morgenglocken; – und ein Winken
Des Horizontes blauzart; fernklar, fein:
Wie hingehaucht. Und eine Stille dann
Fing durch das Strahlende zu wandern an,
Und fand auf weißen Wegen sich allein. ...
O, ganz allein.
Franz Grillparzer 1791-1872
Dezemberlied
Harter Winter, streng und rauch,
Winter, sei willkommen!
Nimmst du viel, so gibst du auch,
Das heißt nichts genommen!
Zwar am Äußern übst du Raub,
Zier scheint dir geringe,
Eis dein Schmuck, und fallend Laub
Deine Schmetterlinge,
Rabe deine Nachtigall,
Schnee dein Blütenstäuben,
Deine Blumen, traurig all
Auf gefrornen Scheiben.
Doch der Raub der Formenwelt
Kleidet das Gemüte,
Wenn die äußere zerfällt,
Treibt das Innere Blüte.
Die Gedanken, die der Mai
Locket in die Weite,
Flattern heimwärts kältescheu
Zu der Feuerseite.
Sammlung, jene Götterbraut,
Mutter alles Großen,
Steigt herab auf deinen Laut,
Segenübergossen.
Und der Busen fühlt ihr Wehn,
Hebt sich ihr entgegen,
Lässt in Keim und Knospen sehn,
Was sonst wüst gelegen.
Wer denn heißt dich Würger nur?
Du flichst Lebenskränze,
Und die Winter der Natur
Sind der Geister Lenze!
Hermann Lingg 1820-1905
Dezember
Wenn über Wege, tief verschneit,
der Schlitten lustig rennt,
im Spätjahr, in der Dämmerzeit,
die Wochen im Advent,
wenn aus dem Schnee das junge Reh
sich Kräuter sucht und Moose,
blüht unverdorrt im Frost noch fort
die weisse Weihnachtsrose.
Kein Blümchen sonst auf weiter Flur;
in ihrem Dornenkleid
nur sie, die nied're Distel nur,
trotzt allem Winterleid.
Das macht, sie will erwarten still
bis sich die Sonne wendet,
damit sie weiss, dass Schnee und Eis
auch diesmal wieder endet.
Doch ist's geschehn, nimmt fühlbar kaum
der Nächte Dunkel ab,
dann sinkt mit einem Hoffnungstraum
auch sie zurück ins Grab.
Nun schläft sie gern; sie hat von fern
des Frühlings Gruß vernommen,
und o wie bald wird glanzumwallt
er sie zu wecken kommen.
Karl Gottlieb Lappe 1773-1843
Dezember-Abend
Blut trank der Mond und taucht herauf
Aus rotem Wogenbrennen,
Den heute freudelosen Lauf,
Gejagt vom Sturm zu rennen.
Tiefblau und grau, wie Asche fahl,
Mit ausgewischten Farben,
Hängt tot und leer der Wolkensaal,
Dem alle Sterne starben.
Da flammt's empor, gespensterhaft,
Graß, wie Kometenruten.
Doch rasch von Wirbeln fortgerafft,
Erblassen Licht und Gluten.
Frostkönig übt Despotenmacht,
Will seinen Thron nicht teilen. --
Lass dich die herbe Winternacht
Im Freien nicht ereilen.
Fleuch an der Hütte trauten Herd,
Wo lust'ge Lohen prasseln,
Wann's draußen wie mit Rädern fährt,
Und alle Scheiben rasseln. --
Wer weiß ein Märchen, schaurigschön,
Dass sich die Haare sträuben?
Den Fensterlärm, das Dachgedröhn'
Erwünscht zu übertäuben.
Georg Bötticher 1849-1918
Dezember
Der schönste Monat doch im Jahr
Bleibt der Dezember, das ist klar.
Was gibt es, das uns mehr erfreut,
als die geliebte Weihnachtszeit?
Die Klingel tönt: es glänzt der Baum,
die Kinder stehen wie im Traum . . .
O schöne Nacht, o sel`ge Nacht,
die uns den heiligen Christ gebracht!
Josef Weinheber 1892-1945
Dezember
Im Stall bei Esel, Ochs und Rind
zur Nacht geboren ward das Kind.
Und wieder still wie ehedem
der Stern leucht' über Bethlehem.
Gott in der Höh sei Preis und Ehr,
und Fried den Menschen weit umher.
Gevatter, schlachte du ein Schwein,
back Honigbrot, fahr auf den Wein
und heiz die Stuben nach Gebühr,
daß uns das Kindlein ja nicht frier!
Wir feierns mit bei Trunk und Schmaus:
Die Glock schlägt zwölf — Das Jahr ist aus.
Ernst Blass 1890-1939
Dezembermarsch
Die Gartengänge hauchen dunkle Schatten.
Feucht und beklemmend ist die Abendluft.
Man räuspert sich und schlägt den Kragen hoch.
Schon vor drei Jahren kamst du in die Gruft
Von denen fort, die dich gekannt noch hatten.
Wir kannten uns als kleine Sekundaner.
Der Duft des Winters ätzt und ist ein Mahner.
Im Blick den Widerglanz des Sonnenstrahls
Sprachst du vom Tode, ... längs des Spreekanals.
Und schwatztest angstlos schwere Träumerein
Und dumpf und immer gütig im Gewähren ...
Ein Fahrrad führten oft die Hände dein.
Mein Leben kann noch viele Stunden währen.
Rudolf G. Binding 1867-1938
Dezember
In kurzen Tagen sacht,
durch langer Nächte Macht
wird still zum End gebracht
jährliche Bahn.
Doch Liebe endet nicht.
Noch in der Dunkelschicht
sucht sie das neue Licht –
hebt neu sie an.
Josef Weinheber 1892-1945
Dezember
Es riecht nach Sterben. In den schwarzen Baum
fällt stumm, unheimlich stumm, ein Krähenflug.
Der Himmel ist ein müder alter Mann
mit einer Stirn, darauf der bleiche Traum
von drüben steht.
Tief geht durch allen Raum
ein Beben wie ein letzter Atemzug -
Dann hebt die große Ruhe an.
1917
Anna Ritter 1865-1921
Rauhreif vor Weihnachten
Das Christkind ist durch den Wald gegangen,
Sein Schleier blieb an den Zweigen hangen,
Da fror er fest in der Winterluft
Und glänzt heut' Morgen wie lauter Duft.
Ich gehe still durch des Christkind's Garten,
Im Herzen regt sich ein süß Erwarten:
Ist schon die Erde so reich bedacht,
Was hat es mir da erst mitgebracht!
Johanna Baltz 1849-1918
Wintersonnenwende
Nun geht das alte Jahr zu Ende;
Die Zeit der Wintersonnenwende
Hüllt Feld und Wald in lichtes Weiß.
Die Tannen frühlingsgrün nur ragen,
Doch ihre stolzen Häupter tragen
Ein flimmernd Diadem von Eis.
Es sinkt die Nacht; die Stunden rinnen,
Die ihren dunkeln Mantel spinnen;
Kein Stern hält heute treue Wacht;
Die Eichenwipfel weh’n im Sturme,
Und durch den Wald vom nahen Thurme
Dröhnt laut es zwölfmal: – Mitternacht!
Da legt es sich, da raunt’s, da flüstert’s!
Da schleicht’s, da springt es und da knistert’s!
Die Sonnenwende übt ihr Recht.
Lebendig werden Busch und Hecken,
Es schlüpft aus mancherlei Verstecken
Der Zwerge winziges Geschlecht.
Die Grubenlämpchen glühn und flimmern;
Den Wald, o Wunder! hat ihr Schimmern
verwandelt in ein Feenreich.
Wo eben mitternächtig Dunkel,
Herrscht zauberhaftes Glanzgefunkel,
Sich spiegelnd im beeisten Teich.
Hier spielt’s in feinen Birkenzweigen,
Die zierlich erdenwärts sich neigen,
Wie farbenbunter Demantglanz.
Dort sprüht es bläulich aus dem Moose,
Roth, wie der Kelch der wilden Rose
Flammt in dem Gras ein Purpurkranz.
Wo zack’gen Eises nur ein Glöckchen,
Wo weißen Schnees nur ein Flöckchen,
Bricht tausendfacher Glanz hervor.
Und horch! der Wundernacht zum Preise
Tönt durch den Wald die frohe Weise
Des Zwergenvölkchens muntrer Chor:
„Hei, längste Nacht! Hei, Sonnenwende!
Gesellen, rührt Euch, seid behende,
Weihnachten naht, der Liebe Fest!
Ihm tönet Preis von allen Zungen,
Zu uns auch ist herabgedrungen
Der Jubelgruß aus Ost und West!
Schafft Tannen her zu Weihnachtsbäumen,
Davon die jungen Herzen träumen,
Und Beeren roth vom Stacheldorn!
Auch Moos fürs Kripplein bringt zur Stelle;
Bald tönt Knecht Ruprechts Silberschelle,
Die Säumigen bedroht sein Zorn!
Christkindlein setzt ihn uns zum Meister,
Alljährlich ruft die kleinen Geister
Er aus verborgnem Felsennest.
Hei, längste Nacht! Hei, Sonnenwende!
Gesellen, rührt Euch, seid behende –
Weihnachten naht, der Liebe Fest!“ –
Das ist ein Bücken, Klettern, Biegen!
Es klingt die Axt, die Späne fliegen;
Sie gönnen sich nicht Rast, noch Ruh.
Und bei der Arbeit, welch Frohlocken!
Rothkehlchen schauen unerschrocken
Dem Liebeswerk der Zwerge zu.
Und wißt, die haben’s ausgeplaudert!
Ich aber habe nicht gezaudert
Und schildert’s Euch in Bild und Lied.
Das biet’, Ihr lieben guten Leute,
Ich Euch als Weihnachtsgabe heute –
Doch sagt nicht, daß ich’s Euch verrieth!
aus: Die Gartenlaube 1888/49
Jakob Schiff 1852-1901
Winter-Sonnwend-Fest
Nun bedeckt der Schnee die Fluren weit und breit;
Der Wald, das Feld, der Garten sind verschneit,
Ein Leichentuch liegt auf der Erde.
Doch wissen wir, darunter formt sich still
Die Pflanze, die zum Lichte dringen will,
Und hofft, dass holder Frühling kommen werde.
Ringsum herrscht Friede. Froher Festestraum
Weht durch die Welt. Den trauten Tannenbaum
Ziert Lichterschmuck und Liebesspende.
Horch – Glockenklang! Ein würdiger Choral
Schwebt sanft verhallend über Berg und Tal –
Das ist die Zeit der Wintersonnenwende!
Du müdes Menschenherz, vom Leid erfasst,
Aufstöhnend unter bittrer Sorgen Last,
Du sollst dich nicht verloren wähnen!
Schon keimt der Trost, der künftig dich beglückt,
Die Liebe waltet, die den Lenz dir schmückt:
Ein Freudensonnenstrahl trinkt deine Tränen.
Verzage nicht! Sei stark und fasse Mut!
Gewiss, es wird noch alles, alles gut,
Und jeder Kummer hat ein Ende!
Die Hoffnung gießt, das wahre Weihnachtskind,
In alle Seelenwunden Balsam lind
zur Wonnezeit der Wintersonnenwende!
Christian Morgenstern 1871-1914
Ein Weihnachtslied
Wintersonnenwende!
Nacht ist nun zu Ende!
Schenkest, göttliches Gestirn,
neu dein Herz an Tal und Firn!
O der teuren Brände!
Hebet hoch die Hände!
Lasset uns die Gute loben!
Liebe, Liebe, Dir da droben!
Wintersonnenwende!
Nacht hat nun ein Ende!
Tag hebt an, goldgoldner Tag,
Blühn und Glühn und Lerchenschlag!
O du Schlummers Wende!
O du Kummers Ende!
Ernst Lissauer 1882-1927
Nach der Wintersonnenwende
Dann kommt ein Tag, du bist wie aufgewacht,
Vorüber ist die längste Nacht,
Du fühlst wie Frühling an die Augen wehen,
Von neuem hebst du an zu sehen,
Es ist noch nichts geschehen,
Und doch ist dir, du habest viel vollbracht.
Richard von Schaukal 1874-1942
Am letzten Tage des Jahres
Gehst zu Ende, trübes Jahr,
schwindest zu den grauen Müttern,
deren scharrendes Erschüttern
dich zu karger Frist gebar.
Und auf den gelähmten Schwingen
lastet dir gehäuftes Leid,
dauernde Vergangenheit,
der wir nimmer uns entringen.
Aber schon ein schwacher Schein
hinter dem gebückten Rücken
nimmt uns, nie genug zu drücken,
gern betörte Hoffer ein.
Georg Heym 1887-1912
Mitte des Winters
Das Jahr geht zornig aus. Und kleine Tage
Sind viel verstreut wie Hütten in den Winter.
Und Nächte ohne Leuchten, ohne Stunden,
Und grauer Morgen ungewisser Bilder.
Sommerzeit, Herbstzeit, alles geht vorüber,
Und brauner Tod hat jede Frucht ergriffen.
Und andre kalte Sterne sind im Dunkel,
Die wir zuvor nicht sahn vom Dach der Schiffe.
Weglos ist jedes Leben. Und verworren
Ein jeder Pfad. Und keiner weiß das Ende,
Und wer da suchet, daß er Einen fände,
Der sieht ihn stumm und schüttelnd leere Hände.
Else Lasker-Schüler 1869-1945
Letzter Abend im Jahr
Es ist so dunkel heut,
Man kann kaum in den Abend sehen.
Ein Lichtchen loht,
Verspieltes Himmelchen spielt Abendrot
Und weigert sich, in seine Seligkeit zu gehen.
- So alt wird jedes Jahr die Zeit.
Und die vorangegangene verwandelte der Tod.
Mein Herz blieb ganz für sich
Und fand auf Erden keinen Trost.
Und bin ich auch des Mondes Ebenich,
Geleitetest auch du im vorigen Leben mich,
Und sah ich auch den blausten Himmel im Gottost.
O Gott, wie kann der Mensch verstehen
- Das Weltall spaltet sich doch nicht -,
Warum der Mensch haltlos vom Menschtum bricht,
Sich wieder sammeln muß im höheren Geschehen.
Erich Kästner 1899-1974
Spruch für die Silvesternacht
Man soll das Jahr nicht mit Programmen
beladen wie ein krankes Pferd.
Wenn man es allzu sehr beschwert,
bricht es zu guter Letzt zusammen.
Je üppiger die Pläne blühen,
umso verzwickter wird die Tat.
Man nimmt sich vor, sich zu bemühen,
und schließlich hat man den Salat!
Es nützt nicht viel, sich rot zu schämen
Es nützt nichts, und es schadet bloß,
sich tausend Dinge vorzunehmen.
Lasst das Programm! Und bessert euch drauflos!