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Wilhelm Busch 1832-1908
Kränzchen
In der ersten Nacht des Maien
Läßt's den Hexen keine Ruh.
Sich gesellig zu erfreuen,
Eilen sie dem Brocken zu.
Dorten haben sie ihr Kränzchen.
Man verleumdet, man verführt,
Macht ein lasterhaftes Tänzchen,
Und der Teufel präsidiert.
Friedrich Gottschalck
Die Sagen und Volksmärchen der Deutschen
Der Hexentanz auf dem Brocken.
Auf dem Harzgebirge gibt es einen hohen, hohen Berg, der über alle Berge, wohl funfzig Meilen in der Runde, weit hinwegsieht. Er heißt: der Brocken. Wenn man aber von den Zaubereien und Hexentaten, die auf und an ihm vorgehen und vorgegangen sind, spricht, so heißt er auch wohl der Blocksberg. Auf dem Scheitel dieses kahlen, unfruchtbaren Berges – der mit hunderttausend Millionen Felsstücken übersäet ist – hat der Teufel jährlich, in der Nacht vom letzten April auf den ersten Mai, der so genannten Walpurgisnacht, mit seinen Bundesgenossen, den Hexen und Zauberern der ganzen Erde, eine glänzende Zusammenkunft. So wie die Mitternachtsstunde vorüber ist, kommen von allen Seiten diese Wesen auf Ofengabeln, Besen, Mistforken, gehörnten Ziegenböcken und sonstigen Untieren, durch die Luft herbeigeritten, und der Teufel holt mehrere selbst dazu ab. Ist alles beisammen, so wird um ein hoch loderndes Feuer getanzt, gejauchzt, mit Feuerbränden die Luft durchschwenkt und bis zur Ermattung herum geras't. Von Begeisterung ergriffen, tritt alsdann der Teufel auf die »Teufelskanzel«, lästert auf Gott, seine Lehre und die lieben Engelein, und zum Beschluss gibt er, als Wirth, ein Mahl, wo nichts als Würste gegessen werden, die man auf dem »Hexenaltar« zubereitet. Die Hexe, die zuletzt ankommt, muss, wegen Vernachlässigung der herkömmlichen Etiquette, eines grausamen Todes sterben. Sie wird nämlich, nach der letzten glühenden Umarmung des Regenten der Unterwelt, in Stücken zerrissen, und ihr auf dem Hexenaltar zerhacktes Fleisch, den andern zum warnenden Beispiel, als eine der Hauptschüsseln des Schmauses vorgesetzt. Mit anbrechender Morgenröte zerstäubt die ganze saubere Sippschaft nach allen Windgegenden hin.
Quelle:
Friedrich Gottschalck: Die Sagen und Volksmährchen der Deutschen. Erstdruck: Halle: Hemmerde und Schwetschke 1814, S. 1-4. Zit. n. Deutsche Literatur von Luther bis Tucholsky. Großbibliothek (Digitale Bibliothek; 125) Berlin: Directmedia 2005, S. 181.312-181.313.
Kaspar Friedrich Gottschalck (1772-1854) war ein deutscher Sagensammler, Bibliothekar und Herausgeber.
Johannes Praetorius 1630-1680
Blockes-Berges Verrichtung
Hexenfahrt und Zauber-Sabbathe
In Thüringen ist sehr wol bekant
Ein Berg der Prockelberg genant
Welcher Berg der jetzo berührt
Vber sechszehen Meil gesehen wird
Also daß den ferne jederman
In Sachsen und Hessen anschauen kan
Dieweil er hoch und übertrifft
Mit seiner Höh wie ich bericht
All Berg in Hartz und Thüringen
Darüber er gantz hoch thut springen
Vber das ist er auch beschreit
Dieweil Nachts zu Walpurges Zeit
In grosser Zahl wie ich bericht
Die Zauberin mit ihrem Gezücht
Ingemein einen Reichstag alda halten
Die junge so wol als die Alten
Welche all der Teuffel dahin führt
In geschwinder Eil wie jetzt berührt
Auff welchem sie mit tantzen springen
Mit sauffen auch die Zeit zubringen
Mit bösen Geistern Vnzucht treiben
Wie solches offt die Gelehrten schreiben
Wenn aber komt der Hanen Gschrey
So fahren sie wieder heim ohne Scheu
Uber hohe Berg und tieffe Thal
Biß daß sie kommen allzumal
Ein jede Hex an ihren Orth
Wie man solches wol hat mehr gehort.
Treiben also ohn allen Scheu
Ihr Hexenwerck und Zauberey
Wider Gott und sein H. Wort
Auch offtermals anstifften Mord
Doch können sie wie ich bericht
Den frommen Leuten schaden nicht
Vmb welche her der Engelschaar
Ein Wagenburg thut schlagen gar.
Ihr rechter Lohn und gewisses Pfand
Ist Feur Schwerd und ewig Schand
Ja wenn sie nicht thun Buß auff Erden
Können sie auch nicht selig werden.
Fortsetzung s.u.
Johannes Praetorius Blockes-Berges Verrichtung
- Fortsetzung -
Böckereiten
Gabelfahrn
Unzucht-Tanze
Adlers-Klauen
Bärentazen
Löwenmähn
Teuffels-Larven sind zu schauen.
Sehet wie die Königin
gelben Gifft zum Fest muß kochen
Und das alte Hexen-Volck
zeiget kleiner Kinder Knochen.
Schrecket nicht den Bauersmann
Paucken-Brummen
Mordgetümmel
Eulen-Augen
Krötenzucht
Schlangen-Zischen
Wurm-Gewimmel?
Pfuy ihr tollen Sterblichen! lasset euch nicht so bethören
Wer einmahl kombt in die Höl der kan nimmer wiederkehren.
Johann Wolfgang von Goethe 1749-1832
Die Hexen zu dem Brocken ziehn,
die Stoppel ist gelb, die Saat ist grün.
Dort sammelt sich der große Hauf,
Herr Urian sitzt oben auf.
So geht es über Stein und Stock,
es farzt die Hexe, es stinkt der Bock.
aus: Faust 1
Willibald Alexis (1798-1871)
Walpurgisnacht
Liebe Mutter, heut' Nacht heulte Regen und Wind.
"Ist heute der erste Mai, liebes Kind."
Liebe Mutter, es donnerte auf dem Brocken droben.
"Liebes Kind, es waren die Hexen oben."
Liebe Mutter, ich möcht keine Hexen sehn.
"Liebes Kind, es ist wohl schon oft geschehn."
Liebe Mutter, ob wohl im Dorf Hexen sind?
"Sie sind dir wohl näher, mein liebes Kind."
Liebe Mutter, worauf fliegen die Hexen zum Berg?
"Liebes Kind, auf dem Rauche von heißem Werg."
Liebe Mutter, worauf reiten die Hexen zum Spiel?
"Liebes Kind, sie reiten auf 'nem Besenstiel."
Liebe Mutter, ich sah gestern im Dorf viel Besen.
"Es sind auch viel Hexen auf'm Brocken gewesen."
Liebe Mutter, 's hat gestern im Schornstein geraucht.
"Liebes Kind, es hat Einer das Werg gebraucht."
Liebe Mutter, in der Nacht war dein Besen nicht zu Haus.
"Liebes Kind, so war er zum Blocksberg hinaus."
Liebe Mutter, dein Bett war leer in der Nacht.
"Deine Mutter hat oben auf dem Blocksberg gewacht."
Theodor Storm 1817-1888
Walpurgisnacht
Am Kreuzweg weint die verlassene Maid,
Sie weint um verlassene Liebe.
Die klagt den fliegenden Wolken ihr Leid,
Ruft Himmel und Hölle zu Hülfe.-
Da stürmt es heran durch die finstere Nacht,
Die Eiche zittert, die Fichte kracht,
Es flattern so krächzend die Raben.
Am Kreuzweg feiert der Böse sein Fest,
Mit Sang und Klang und Reigen:
Die Eule rafft sich vom heimlichen Nest
Und lädt viel luftige Gäste.
Die stürzen sich jach durch die Lüfte heran,
Geschmückt mit Distel und Drachenzahn,
Und grüßen den harrenden Meister.
Und über die Heide weit und breit
Erschallt es im wilden Getümmel.
"Wer bist du, du schöne, du lustige Maid?
Juchheisa, Walpurgis ist kommen!
Was zauderst du, Hexchen, komm, springe mit ein,
Sollst heute des Meisters Liebste sein,
Du schöne, du lustige Dirne!"
Der Nachtwind peitscht die tolle Schar
Im Kreis um die weinende Dirne,
Da packt sie der Meister am goldenen Haar
Und schwingt sie im sausenden Reigen,
Und wie im Zwielicht der Auerhahn schreit,
Da hat der Teufel die Dirne gefreit
Und hat sie nimmer gelassen.
Ludwig Christoph Heinrich Hölty 1748-1776
Hexenlied
Die Schwalbe fliegt,
Der Frühling siegt,
Und spendet uns Blumen zum Kranze!
Bald huschen wir
Leis' aus der Thür,
Und fliegen zum prächtigen Tanze!
Ein schwarzer Bock,
Ein Besenstock,
Die Ofengabel, der Wocken,
Reißt uns geschwind,
Wie Bliz und Wind,
Durch sausende Lüfte zum Brocken!
Um Belzebub
Tanzt unser Trupp,
Und küßt ihm die dampfenden Hände;
Ein Geisterschwarm
Faßt uns beym Arm,
Und schwinget im Tanzen die Brände!
Und Belzebub
Verheißt dem Trupp
Der Tanzenden Gaben auf Gaben;
Sie sollen schön
In Seide gehn,
Und Töpfe voll Goldes sich graben.
Die Schwalbe fliegt,
Der Frühling siegt,
Und Blumen entblühn um die Wette!
Bald huschen wir
Leis' aus der Thür,
Und laßen die Männer im Bette!
Johann Wolfgang von Goethe 1749-1832
Hexen-Ein-Mal-Eins
Du mußt verstehn!
Aus Eins mach’ Zehn,
Und Zwei laß gehn,
Und Drei mach’ gleich,
So bist Du reich.
Verlier’ die Vier!
Aus Fünf und Sechs,
So sagt die Hex’,
Mach’ Sieben und Acht,
So ist’s vollbracht:
Und Neun ist Eins,
Und Zehn ist keins.
Das ist das Hexen-Einmal-Eins!“
(Faust, Vers 2540 bis 2552)