In den Tiefen des Winters erfuhr ich schließlich,
dass in mir ein unbesiegbarer Sommer liegt.
Albert Camus 1913-1960
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Peter Altenberg 1859-1919
Der Kirchthurm ragt
Der Kirchthurm ragt –.
Und wie in Frost erstarrt sind die Geräusche.
Da rieselt von überladenen harten Fichtennadeln
harter Schnee in Klümpchen ab –.
Dann wieder Stille, Stille, Stille –.
Und der Dichter sagt: »Ich höre die Symphonieen der Stille!«
Winter
Aus der beinahe unendlichen Fülle von Winterbildern hab ich Bilder zu den Themen Winter-Landschaften, Menschen im Winter, Winter-Abend, -Nacht und -Morgen und Heizen ausgewählt und zusammengestellt.
Neu ist das Thema Auf dem Eis. Bilder von Eisläufern, Eisschneidern und Eisfischern illustrieren den Umgang unserer Vorfahren mit der kalten Pracht.
Weiter unten auf dieser Seite gibt es noch zwei kleine Themeneinheiten: Eisenbahnen im Winter und Vögel im Winter.
Winterlandschaften
Schnee- und Eislandschaften bilden den Inhalt dieser Seite. Mensch und Tier sind allenfalls Staffage. Die Bilder wurden meist von Künstlern aus Ost- und Nordeuropa geschaffen, bei uns bilden derartige Landschaften leider eher die Ausnahme. Hier kann man in aller Ruhe in winterlichen Feld- und Waldansichten schwelgen.
Menschen im Winter
Schneeballschlachten, Schlittenfahren und Schneemannbauen waren die Glanzlichter des winterlichen Lebens insbesondere für Kinder.
Verlangsamung des täglichen Lebens unter den winterlichen Bedingungen zeigt sich in vielen Bildern.
Wintermorgen - Winterabend - Winternacht
Sowohl die Kunst als auch die Poesie bieten zahlreiche Werke, die die Zeiten des winterlichen Zwielichts und der Winternacht thematisieren.
Auf dem Eis
Während heutzutage Eis und Schnee allenfalls bei Kindern Begeisterung hervorrufen, war das nicht immer so. Zahlreiche Bilder belegen, dass zugefrorene Kanäle, Seen, Weiher, Flüsse und Bäche für Spiel und Spaß auf Schlittschuh und im Schlitten genutzt wurden, und dies in der Hauptsache von Erwachsenen.
Diese Seite umfasst Bilder von niederländischen belgischen bzw. flämischen Künstlern, die das sportliche und gesellschaftliche Leben auf dem Eis meist in groß angelegten Landschaften darstellen.
Die hier gezeigten Bildwerke kommen aus anderen Ländern. Auffallend ist, dass häufiger Einzelpersonen oder kleinere Gruppen beim Eislauf abgebildet werden.
Aber nicht nur Freizeit wurde auf dem Eis verbracht. Für viele Menschen bedeutete Eis auch Arbeit. Eis wurde zur Handelsware, musste geschnitten, transportiert und in Eiskellern und Eishäusern gelagert, um dann im Sommer zum Kühlen genutzt zu werden. Auch andere Tätigkeiten mussten im Winter auf dem Eis verrichtet werden: man fischte in Eislöchern, wusch die Wäsche, holte und transportierte Wasser für Mensch und Tier.
Feste, Märkte und Veranstaltungen auf dem Eis bedeuteten auch, dass viele Menschen beispielsweise in Verkaufsständen, Suppen- und Garküchen tätig waren.
Zum Abschluss führt Wilhelm Busch uns mit der Geschichte vom Eispeter auf's Glatteis.
Heizen 1: Die Holzsammler
Bevor fossile Brennstoffe wie Kohle, Gas und Öl in größerem Umfang zum Heizen genutzt werden konnten, war Holz (neben Torf, der in moorreichen Gebieten genutzt wurde) das fast ausschließliche Brennmaterial zum Heizen und für die Speisezubereitung.
Vor allem Alte, Frauen und Kinder sammelten insbesondre in Winterzeiten, wo kaum sonstige Arbeiten in der Landwirtschaft anfielen, Raffholz aus dem Wald bzw. Treibholz vom Meer und Flüssen.
In der bildenden Kunst ist das Holzsammeln ein häufig dargstelltes Thema. In der Lyrik kommt es nicht vor. Deshalb hab ich die Gedichte, die Ofen, Herd oder Kamin zum Gegenstand haben, auf die beiden Seiten verteilt.
Heizen 2: Ofen - Herd - Kamin
Von der einfachen, mit ein paar Steinen gemauerten, Herdstelle über den gusseisernen Ofen bis hin zum herrschaftlichen Kamin (siehe z.B. Walter Dendy Sadler, The End of the Skein) reicht das Spektrum der Gerätschaften zur Wärmeerzeugung.
Außer bei der Oberschicht, die sich Kamine in Wohnzimmern leisten konnte, wurde meist nur ein Raum im Haus oder der Wohnung beheizt - die Küche - und das Feuer diente sowohl der Wärmeerzeugung als auch der Nahrungszubereitung. In diesem Raum hielt sich dann die ganze Familie auf.
Schlechte bis kaum vorhandene Wärmeisolierung, undichte Fenster und Türen und die Knappheit an Brennmaterial machten für viele Menschen den Winter zur Tortur, von mollig warm konnte kaum einmal die Rede sein.
Eisenbahn im Winter
Georg Heym 1887-1912
Die Züge
Rauchwolken, rosa, wie ein Frühlingstag,
Die schnell der Züge schwarze Lunge stößt,
Ziehn auf dem Strom hinab, der riesig flößt
Eisschollen breit mit Stoß und lautem Schlag.
Der weite Wintertag der Niederung
Glänzt fern wie Feuer rot und Gold-Kristall
Auf Schnee und Ebenen, wo der Feuerball
Der Sonne sinkt auf Wald und Dämmerung.
Die Züge donnern auf dem Meilendamme,
Der in die Wälder rennt, des Tages Schweif.
Ihr Rauch steigt auf wie eine Feuerflamme,
Die hoch im Licht des Ostwinds Schnabel zaust,
Der, goldgefiedert, wie ein starker Greif,
Mit breiter Brust hinab gen Abend braust.
Franz Diederich 1865-1921
Winterfahrt
Mein Bahnzug rasselt. Dampfwolken treiben.
Schneeäcker drehn sich vorüber den Scheiben ...
Scheu überschleiert die Wintersaat,
Dünngrün die Spitzen, den weißen Schnee.
In Wolken frierend auf grauem Pfad
Schleppt die Sonne bleich ihr Weh.
An Birkenruten blaßbraun verzettelt
Fröstelt totes vergessenes Laub, -
Vorüber treibt eisiger Nebelstaub, -
Den haben sie um ein Grab angebettelt ...
Mein Bahnzug rasselt. Schneeäcker treiben.
Eisblumen wachsen an den Scheiben.
Luise von Plönnies 1803-1872
Auf der Eisenbahn
Rascher Blitz, der mich trägt
Pfeilschnell, von der Gluth bewegt,
Sausend durch des Tages Pracht,
Brausend durch die dunkle Nacht,
Donnernd über Stromesschäumen,
Blitzend an des Abgrunds Säumen,
Durch der Berge mächt'ge Grüfte,
Durch der Thäler nächt'ge Klüfte,
Durch der Saaten goldne Wogen,
Ueber stolze Brückenbogen,
Durch der Dörfer munter Leben,
Durch der Städte bunter Weben. -
Könnt', wie du, das freie Wort
Sausend zieh'n von Ort zu Ort!
Alle Herzen, die ihm schlagen,
Stürmisch so von dannen tragen,
So aus einem Land zum andern
Siegend die Gedanken wandern! -
Freies Wort, wer gründet Schienen,
Deinem Bahnzug stark zu dienen? -
In diesem Gedicht fehlt ein Bezug zum Hauptthema Winter, es hat mir jedoch so gut gefallen, dass ich es trotzdem hier veröfentlichen wollte. FD
Jakob van Hoddis 1887-1942
Weltende
Dem Bürger fliegt vom spitzen Kopf der Hut,
In allen Lüften hallt es wie Geschrei,
Dachdecker stürzen ab und gehn entzwei
Und an den Küsten – liest man – steigt die Flut.
Der Sturm ist da, die wilden Meere hupfen
An Land, um dicke Dämme zu zerdrücken.
Die meisten Menschen haben einen Schnupfen.
Die Eisenbahnen fallen von den Brücken.
Vögel im Winter
Peter Altenberg 1859-1919
Ich habe zu meinen zahlreichen unglücklichen Lieben noch eine neue hinzubekommen – den Schnee! Er erfüllt mich mit Enthusiasmus, mit Melancholie. Ich will ihn zu nichts Praktischem benützen, wie Schneegleiten, Rodeln, Bobfahren; ich will ihn betrachten, betrachten, betrachten, ihn mit meinen Augen stundenlang in meine Seele hineintrinken, mich durch ihn und vermittelst seiner aus der dummen, realen Welt hinwegflüchten in das so genannte "weiße und enttäuschungslose Zauberreich"! Jeder Baum, jeder Strauch wird durch ihn zu einer selbstständigen Persönlichkeit, während im Sommer ein allgemeines Grün entsteht, das die Persönlichkeit der Bäume und Sträucher verwischt. Ich liebe den Schnee auf den Spitzen der hölzernen Gartenzäune, auf den eisernen Straßengeländern, auf den Rauchfangen, kurz überall da am meisten, wo er für die Menschen unbrauchbar und gleichgültig ist. Ich liebe ihn, wenn die Bäume ihn abschütteln wie eine unerträglich gewordene Last, ich liebe ihn, wenn der graue Sturm ihn nur ins Gesicht nadelt und staubt und spritzt. Ich liebe ihn, wenn er in sonnigen Waldlachen zerrinnt, ich liebe ihn, wenn er pulverig wird vor Kälte wie Streuzucker. Er befriedigt mich nicht, ich will ihn nicht benützen zu Zwecken der süßen Ermüdung und Erlösung, ich will nicht kreischen und jauchzen durch ihn, ich will ihn anstarren in ewiger Liebe, in Melancholie und Begeisterung. Er ist also eine neue letzte »unglückliche Liebe« meiner Seele!
in "Semmering 1912", Berlin 1913
Martin Greif 1839-1911
Winterlied einer Meise
Wo auf winterlicher Flur
Noch kein Hälmchen zu erschauen,
Mahnt vom Walde her die Meise,
Auf die Sonne zu vertrauen,
Die für eine Weile nur
Uns entwandert auf der Reise.
Heinrich Seidel 1842-1906
Winter
Baumläuferchen, das feine,
Mit seinem Stimmchen hell,
Zaunkönig auch, der kleine,
Der niedliche Gesell,
Die zierlich zarten Meisen,
Goldhähnchen, winz'ges Ding –
Mag auch die Welt vereisen,
Sie schätzen es gering!
Sie zieh'n durch Waldesräume
Mit leisem »Sit, sit, sit,«
Durchsuchen Busch und Bäume
Und nehmen stets was mit.
Zaunkönig gar, der kecke,
Hebt jubelnden Gesang,
Ob auch des Seees Decke
Vom Hauch der Kälte sprang:
»Bald wird die Sonne scheinen,
Du Winter musst hinaus!
Wir Kleinen und wir Feinen,
Wir lachen froh Dich aus!«
Christian Morgenstern 1871-1914
Die drei Spatzen
In einem leeren Haselstrauch,
da sitzen drei Spatzen, Bauch an Bauch.
Der Erich rechts und links der Franz
und mittendrin der freche Hans.
Sie haben die Augen zu, ganz zu,
und obendrüber, da schneit es, hu!
Sie rücken zusammen dicht an dicht,
so warm wie Hans hat's niemand nicht.
Sie hör'n alle drei ihrer Herzlein Gepoch.
Und wenn sie nicht weg sind, so sitzen sie noch.
Richard Schmidt-Cabanis 1838-1903
Winterliche Spatzen-Bitte
Insbesonders, hochverehrter Mensch,
du siehst, die Zeit ist wetterwend'sch,
der Schnee liegt hoch, kalt weht der Wind,
das Vöglein darbt mit Weib und Kind.
D'rum bitt' ich auch in diesem Jahr,
Du wolltest uns'rer nehmen wahr
und spenden, was an Korn und Spelt
von deinem reichen Tische fällt.
Jed' Krümchen nehmen wir voll Dank,
und sind an Zwitschern und Gesang
dereinst in holder Sommerzeit
zu jedem Gegendienst bereit.
Beauftragt vom beschwingten Chor,
trug ich dir dies geziemend vor;
nun öffne deines Mitleids Schatz!
Ergebenst: Dein getreuer Spatz!
zum Ende ein paar Haikus
Vom alten Bergpaß,
dem völlig eingeschneiten,
der Schrei des Hirsches.
Shiki 1867-1912
Am Neujahrstage
verdorrte Astern frieren
im Garten vorne.
Shiki 1867-1912
Die Winteröde:
Als ich durchs kleine Dorf ging,
Die Hunde heulten.
Shiki 1867-1912
Obwohl doch Schnee liegt
Die Berge so purpurrot
Im Abendlichte.
Shiki 1867-1912
Giovanni Segantini, Das Alpentriptychon 3 - La Morte, Segantini Museum, St. Moritz
Giovanni Segantini (1858-1899) war ein in Welschtirol als österreichischer Staatsbürger geborener Maler des realistischen Symbolismus.Er galt als Meister der Hochgebirgslandschaft und begann früh mit
der Freilichtmalerei.
Der Wintersturm
gegen die Tempelglocke,
er kleine Steine bläst.
Yosa Buson 1715-1783
Komm, laß uns gehen
Schnee schauen, Sake trinken
Taumeln wie Flocken
Bashô 1643-1694
Ob der Wintersturm
noch so wütend bläst -
es sind keine Blätter da.
Natsume Sôseki 1867-1916
P.S.
Den kältesten Winter,
den ich je erlebt habe,
war ein Sommer in San Francisco.
Mark Twain 1835-1910