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Sorrent im August: Ich habe nun zwei Wochen kein deutsches Wort gehört und kein italienisches verstanden. So läßt sich's mit den Menschen leben, alles geht am Schnürchen und jedes aufreibende Mißverständnis ist ausgeschlossen.
Karl Kraus 1874-1936
Très Riches Heures, Août
Très Riches Heures - Die Brüder von Limburg (Paul, Johan und Herman) waren niederländische Miniaturmaler. Das Stundenbuch des Herzogs von Berry (französisch Les Très Riches Heures du Duc de Berry
bzw. kurz Très Riches Heures) ist das berühmteste illustrierte Manuskript des 15. Jahrhunderts. Es handelt sich um ein ausgesprochen reichhaltig verziertes Stundenbuch, das 208 Blätter mit 21,5 cm
Breite und 30 cm Höhe enthält, von denen etwa die Hälfte ganzseitig bebildert sind.
Breviarium Grimani, August
Breviarium Grimani, Stundenbuch des Domenico Grimani, Das berühmte Breviarium Grimani mit über 1600 durchgehend illuminierten Seiten gilt als eines der schönsten Zeugnisse der flämischen Buchmalerei
des frühen 16. Jahrhunderts. Um 1510-1520 in Brügge und Gent entstanden, waren zahlreiche berühmte Miniaturisten an seiner Entstehung beteiligt, darunter Gerard David, Simon Bening und Gerard
Horenbout.
Erich Kästner 1899-1974
Der August
Nun hebt das Jahr die Sense hoch
und mäht die Sommertage wie ein Bauer.
Wer sät, muß mähen.
Und wer mäht, muß säen.
Nichts bleibt, mein Herz. Und alles ist von Dauer.
Stockrosen stehen hinterm Zaun
in ihren alten, brüchigseidnen Trachten.
Die Sonnenblumen, üppig, blond und braun,
mit Schleiern vorm Gesicht, schaun aus wie Frau'n,
die eine Reise in die Hauptstadt machten.
Wann reisten sie? Bei Tage kaum.
Stets leuchteten sie golden am Stakete.
Wann reisten sie? Vielleicht im Traum?
Nachts, als der Duft vom Lindenbaum
an ihnen abschiedssüß vorüberwehte?
In Büchern liest man groß und breit,
selbst das Unendliche sei nicht unendlich.
Man dreht und wendet Raum und Zeit.
Man ist gescheiter als gescheit, -
das Unverständliche bleibt unverständlich.
Ein Erntewagen schwankt durchs Feld.
Im Garten riecht's nach Minze und Kamille.
Man sieht die Hitze. Und man hört die Stille.
Wie klein ist heut die ganze Welt!
Wie groß und grenzenlos ist die Idylle ...
Nichts bleibt, mein Herz. Bald sagt der Tag Gutnacht.
Sternschnuppen fallen dann, silbern und sacht,
ins Irgendwo, wie Tränen ohne Trauer.
Dann wünsche Deinen Wunsch, doch gib gut acht!
Nichts bleibt, mein Herz. Und alles ist von Dauer.
Robert Reinick 1805-1852
August - Erntelied
Nun ist es reif das Ährenfeld
Das ich so oft mit Freuden sah.
Der Schnitter mäht, die Ähre fällt,
Bald steht die dürre Stoppel da –
Doch, wird das Ährenfeld auch leer,
Die Scheuer füllt sich ja mit Garben,
Und Korn und Brot gibt’s um so mehr;
Nun darf der Hungrige nicht darben!
Christian Morgenstern 1871-1914
Augusttag
Herbstes Ahnung, düster gross,
während noch der Sommer waltet!
Nehmt mich auf in euren Schoss,
Wolken, schmerzlich tief gefaltet!
Nach der Schwermut jenes Kommers
in Gestürmen schreit mein Wille;
denn ich liebe nicht des Sommers
tote, sattgewordne Stille.
Gottfried Benn 1886-1956
Einsamer nie
Einsamer nie als im August:
Erfüllungsstunde – im Gelände
die roten und die goldenen Brände,
doch wo ist deiner Gärten Lust?
Die Seen hell, die Himmel weich,
die Äcker rein und glänzen leise,
doch wo sind Sieg und Siegsbeweise
aus dem von dir vertretenen Reich?
Wo alles sich durch Glück beweist
und tauscht den Blick und tauscht die Ringe
im Weingeruch, im Rausch der Dinge -:
dienst du dem Gegenglück, dem Geist.
Max Dauthendey 1867-1918
Atemloser August
Sommermonde machen Stroh aus Erde,
Die Kastanienblätter wurden ungeheuer von Gebärde,
Und die kühnen Bäume stehen nicht mehr auf dem Boden,
Drehen sich in Lüften her gleich den grünen Drachen.
Blumen nahen sich mit großen Köpfen und scharlachen,
Blau und grün und gelb ist das Gartenbeet, hell zum Greifen,
Als ob grell mit Pfauenschweifen ein Komet vorüberweht.
Und mein Blut, das atemlos bei den sieben Farbenstreifen stille steht,
Fragt sich: wenn die Blum', Baum und Felder sich verschieben,
Ob zwei Menschen, wenn die Welt vergeht,
Zweie, die sich lieben, nicht von allen Wundern übrig blieben.
Rudolf Georg Binding 1867-1938
August
Ernster August! Versengst du
mit dörrenden Stürmen die Liebe?
Brechen Wellen des Meeres
ein in die Müde der Augen?
Zittert das Licht aus zu hoher
Wölbung des Äthers?
oder wehrt sich das Herz
übermächtiger Glut?
Nun sind die Felder geleert.
Die Wälder verdunkeln.
Lichter süßer und liebender
hat uns der Mai einst umarmt.
Wehre dich, Herz!
Sammle das Süße in dir.
Sammle es heimlich zum Süßesten.
Jetzt reift die Süßeste blutend –
reift die Brombeere
unter dem Dornengerank.
Heinrich Hoffmann 1809-1894
August
Jenen Baum, in dessen Schatten
Du so ruhig schlummern kannst,
Den hat wohl dein Ältervater
Einst in frommem Sinn gepflanzt.
Sorge, daß dir's auch begegne
Wenn dein Name längst entschwand
Daß ein später Enkel segne
Dankbar deine Vaterhand.
Hermann von Gilm zu Rosenegg 1812-1864
August
Wenn du dies liest – nicht wahr, du wirst es lesen? –
So ist ein Sommertag dahin; du sahst die Pracht
Desselben, als ein überirdisch Wesen,
Du auf dem Söller standst. Gabst du nicht acht
Wie zugewinkt dir hat in stiller Wonne
Der Baum, die Blume und die junge Frucht?
Gewiß, gäb's Neid im Himmel, hätt' die Sonne
Verdüstert sich voll Eifersucht.
Die Blumen beten sonst, wenn rings die Schatten
Der Berge dunkeln und die Wälder ruh'n;
Doch heut' vergaßen sie's, denn ach sie hatten
Zu viel mit deinem Bildnisse zu thun.
Und erst wenn sie dem Stern – ich seh' ihn glühen –
Von dir erzählen, der wird schnell sein Licht
Neugierig stellen an die Jalousien
Und küssen dich in's Angesicht.
Hörst du den Donner wohl? warum er rollte,
Du weißt es nicht? Es war ein Wölkchen klein
Und milchweiß, und das sah dich und es sollte
Entfernen sich; da gab der Sehnsucht Pein
Ihm jene wilde Sprache, daß die Kehle
Der Nachtigall verstummt, du glaubst es nicht?
So sieh' jetzt wie sein Schmerz um deine Seele
In tausend Tropfen niederbricht!
Ludwig Thoma 1867-1921
August
So hat man nichts als immer Regen,
Es plätschert laut, es rieselt still,
Es sammelt Dreck auf allen Wegen,
Wie Gott es will.
Man fühlt sich gänzlich auf dem Hunde
Und kommt so weit, wenn’s immer gießt,
Dass man in einer solchen Stunde
Die Zeitung liest.
Auf Seite zwei die Redeflüsse
In Bayerns Sommerparlament –
Das ist der schönste der Genüsse!
Kreuzsakrament!
Man hört den Regen, liest die Seiche
Und hat so das Gefühl dabei,
Man trete in das Windelweiche,
In lauter Brei.
Heinrich Seidel 1842-1906
Im August
Nun, geschmückt mit bunten Kränzen
Bei der Abendsonne Glänzen,
Unter Jauchzen und Gesang
Schwankt der letzte Erntewagen,
Drauf die goldnen Garben ragen,
Seinen Weg zum Dorf entlang.
Von den Feldern ist geschwunden,
In den Scheuern liegt gebunden
Nun des Sommers Goldgewinn,
Und ein Hauch von Herbstesahnung
Weht wie eine leise Mahnung
Ueber leere Stoppeln hin.
Aber heimlich reift die Traube,
Und versteckt im grünen Laube
Goldner Früchte süsse Last.
Bald nun, nach des Frühlings Blühen
Und der Sommersonne Glühen,
Ladet uns der Herbst zu Gast.
Josef Weinheber 1892-1945
August
Im Garten vor dem Pfarrhaus blühn Veil,
Sonnenblum und Rosmarin.
Vincula Petri* geht alsdann
den Weizen mit der Sense an.
Die Traube kocht, es gilbt der Mais,
die Störche sammeln sich zur Reis',
und bleibn sie noch nach Barthelmä**,
ein Winter kommt, der tut nicht weh.
Brachüber grast das Weidevieh,
und auf den Tennen schlagen sie
den Flegeltakt durchs ganze Land.
So geht das Ackerjahr zu Rand.
* St. Peter ad Vincula oder Catena Petri (deutsch St. Peter in Ketten oder Petri Kettenfeier) ist ein liturgisches Fest am 1. August. Das Fest des „Hl. Petrus in Ketten“ war im Mittelalter und in der frühen Neuzeit in ganz Mittel- und Südeuropa einer der wichtigsten Festtage im kirchlichen Jahreszyklus. Im Jahr 1960 wurde es jedoch aus dem Calendarium Romanum Generale gestrichen.
** 24. August St. Bartholomäus
Carl Zuckmayer 1896-1977
Fülle der Zeit
Des Sommers Mitte, halb schon überschritten,
Umspannt das Land mit Bögen seiner Pracht,
Durch die Augustus donnernd eingeritten –
Sternschnuppenschwärme folgten ihm zur Nacht –
Und all die frühen Früchte sind geerntet,
Das Korn geschnitten und das Gras gemäht.
Die Blumen, die ihr frühlings nennen lerntet,
Sind längst verweht und welkend ausgesät.
Hat je ein Duft wie Abendphlox geduftet?
Blaut´ je ein Tag so tief wie Eisenhut?
Sind nun die Sinne wurzelhaft entgruftet
Und trinken, vollmondgleich, aus reifster Flut?
Erfüllte Zeit! Wir opfern deiner Fülle,
Die uns mit Nächten ohne Stern umschwarzt.
Doch bald macht uns des Herbstes große Stille
Um so viel reicher, als du ärmer wardst.
Carl Hermann Busse 1872-1918
Im August
Moorblüthe leuchtet im Purpurkleid,
Singende Bienen weit und breit.
Badende Kinder, sonnenbetaut,
Plätschern im Flusse mit jubelndem Laut.
All die Lerchen aus Rand und Band,
Wanderlieder durchklingen das Land.
Und vom Himmel das leuchtendste Stück
Blieb in den Blicken der Menschen zurück.
Joachim Ringelnatz 1883-1934
Schwebende Zukunft
Habt ihr einen Kummer in der Brust
Anfang August,
Seht euch einmal bewusst
An, was wir als Kinder übersahn.
Da schickt der Löwenzahn
Seinen Samen fort in die Luft.
Der ist so leicht wie Duft
Und sinnreich rund umgeben
Von Faserstrahlen, zart wie Spinneweben.
Und er reist hoch über euer Dach,
Von Winden, schon vom Hauch gepustet.
Wenn einer von euch hustet,
Wirkt das auf ihn wie Krach,
Und er entweicht.
Luftglücklich leicht.
Wird sich sanft wo in Erde betten.
Und im Nächstjahr stehn
Dort die fetten, goldigen Rosetten,
Kuhblumen, die wir als Kind übersehn.
Zartheit und Freimut lenken
Wieder später deren Samen Fahrt.
Flöge doch unser aller Zukunftsdenken
So frei aus und so zart.
Sophie Hoechstetter 1873-1943
Später August
Schon werden die Tage so seltsam still
Und die Nächte schicken den Sternenregen
Zur dunkelnden Erde – wieder will
Der Sommer seinem Herbst entgegen.
Über dem Städtlein liegt Mondenlicht
Und die Menschen wandeln zu zweien
Im Schatten von Giebeln verschlungen dicht
Den Liebesreihen.
Einst gingen wir auch durch die stille Stadt
Und hörten fern das Posthorn klingen
Und den Fluß, der leise ans Ufer trat –
Unser Leben war Singen –
Unsre Schritte hallten durch schlafende Nacht,
Wenn der Mond erblich und die Sterne sanken
Als hätten sie schmerzlichen Weg vollbracht –
Unser Leben war Danken.
Wo bist du, mein einsamer Herzgenoß?
Nun seh ich Fremde den Liebesweg schreiten –
Die Turmuhr schlägt – so riesengroß
Faßt mich das Sehnen alter Zeiten.
Oh Jugendglück – oh Jugendlust,
Heut’ gehst du in fremden Gestalten.
Wie die Sterne vom Himmel im späten August
Sind wir gestürzt – die Lieder verhallten.
Thomas Hardy 1840-1928
Mitternachts im August
1.
Eine Schatten werfende Lampe und ein wehender Vorhang,
Und der Schlag der Uhr in einem fernen Stock:
Dazu treten - geflügelt, gehörnt und gestachelt - :
Eine Spinne, eine Hummel und eine Mott‘;
Und in der Mitte meines Blattes steht wie gebannt
Eine verschlafene Fliege und reibt sich die Hand.
2.
So begegnen wir Fünf uns an diesem Platz unweit,
An dieser Stelle im Raum, an diesem Punkt der Zeit.
- Meine Gäste stolzieren zum Federtintentrinken
Oder schlagen ans Glas der Lampe, wirbeln und versinken.
„Gottes niedere Wesen, sie!“ Ich sinniere. Doch wozu fragen?
Sie kennen der Erde Geheimnisse, die sie voraus mir haben.
Christian Morgenstern 1871-1914
Ein einunddreißigster August
Das war der letzte leuchtende August:
Der Sommer gipfelte in diesem Tage.
Und Glück erklang wie eine Seegrundsage
in den Vinetatiefen unsrer Brust.
Ein leises fernes Läuten kam gegangen -
und welche wollten selbst die Türme sehn,
in denen unsres Glückes Glocken schwangen:
so klar ließ Flut und Himmel sie verstehn.
Der Tag versank. Mit ihm Vinetas Stunde.
Septembrisch ward die Welt, das Herz, das Glück.
Ein Rausch nur wie von Tönen blieb zurück
und schwärmt noch über dem verschwiegnen Grunde.
Vineta (Betonung auf der zweiten Silbe) ist der Name einer sagenhaften Stadt an der vorpommerschen Ostseeküste. Der historische Kern der Sage geht wahrscheinlich auf die Überlieferung zu der hochmittelalterlichen Frühstadt zurück, die auch unter den Namen Jumne, Jomsburg, Julin o. ä. bekannt ist.
Der Sage nach ging Vineta bei einem Sturmhochwasser unter. Grund sei der moralische Verfall der Stadt, der „Hochmut und die Verschwendung der Bewohner“ gewesen. In einer der zahlreichen Varianten der Sage gab es eine Warnung: Drei Monate, drei Wochen und drei Tage vor dem Untergang der Stadt erschien sie über dem Meer mit allen Häusern, Türmen und Mauern als farbiges Lichtgebilde. Die Ältesten rieten allen Leuten daraufhin, die Stadt zu verlassen, denn sehe man Städte, Schiffe oder Menschen doppelt, so bedeute das immer den Untergang. Doch die Bewohner Vinetas kümmerten sich in ihrem Mangel an Demut nicht darum. Niemand beachtete auch die allerletzte Warnung: Einige Wochen später tauchte eine Wasserfrau dicht vor der Stadt aus dem Meer und rief dreimal mit hoher, schauerlicher Stimme:
„Vineta, Vineta, du rieke Stadt, Vineta sall unnergahn, wieldeß se het väl Böses dahn“
„Vineta, Vineta, du reiche Stadt, Vineta soll untergehen, weil sie viel Böses getan hat.“
Noch heute sollen Glocken aus den Tiefen des Meeres zu hören sein.
William Heath Robinson, It was a typical Greenland summer night
William Heath Robinson (1872-1944) war ein britischer Karikaturist, Illustrator, Schriftsteller und Bühnenbildner. Bekannt wurde er durch seine komischen Zeichnungen von Maschinen, deren
Kompliziertheit in keinem Verhältnis zu ihrem banalen Nutzen steht.