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Eduard Mörike 1804-1875
Er ist's
Frühling läßt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte
Süße, wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land
Veilchen träumen schon,
Wollen balde kommen
Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja du bist's!
Dich hab ich vernommen!
Franz Hecker, Kirschbaumblüte
Franz Hecker (1870-1944) war ein deutscher Maler und Graphiker. Seine Ausbildung erhielt er von 1890 bis 1893 an der Kunstakademie Düsseldorf, an der er unter anderem Fritz Overbeck, Otto Modersohn
und Heinrich Vogeler kennenlernte und seither oft die Künstlerkolonie Worpswede besuchte.
Karl Ernst Knodt 1856-1917
Er ists!
Weisse, erwachte Kirschenbäume,
Dahinter ein Kranz frischrankender Lärchen,
Darüber ein Himmel voll blauer Träume –:
O Welt, o Herz! Ist das nicht der Frühling?
Und eine Seele, gestimmt zum Singen,
Und eine Sehnsucht, selig zum Sterben,
Und eine Liebe, reich zum Zerspringen –:
Herz, das ist der wahrhaftige Frühling!
Georg Heym 1887-1912
Printemps
Ein Feldweg, der in weißen Bäumen träumt,
in Kirschenblüten, zieht fern über Feld.
Die hellen Zweige, feierlich erhellt,
zittern im Abend, wo die Wolke säumt,
ein düstrer Berg, den Tag mit goldnem Grat,
ganz hinten, wo ein kleiner Kirchturm blinkt.
Das Glöckchen sanft im lichten Winde klingt
herüber goldnen Tons auf grüner Saat.
Ein Ackerer geht groß am Himmelsrand.
Davor, wie Riesen schwarz, der Stiere Paar,
ein Dämon vor des Himmels tiefer Glut.
Und eine Mühle faßt der Sonne Haar
und wirbelt ihren Kopf von Hand zu Hand
auf schwarze Au, der langsam sinkt, voll Blut.
Jean Paul 1763-1825
Im Frühling
Ich sage euch, 's ist alles heilig jetzt,
Und wer im Blühen einen Baum verletzt,
Der schneidet ein wie in ein Mutterherz.
Und wer nur eine Blume pflückt zum Scherz
Und sie dann von sich schleudert sorgenlos,
Der reißt ein Kind von seiner Mutter Schoß.
Und wer dem Vogel jetzt die Freiheit raubt,
Der sündiget an eines Sängers Haupt,
Und wer im Frühling bitter ist und hart,
Vergeht sich wider Gott, der sichtbar ward.
Ricarda Huch 1864-1947
Von allen Zweigen perlt der goldne Schaum,
Auf allen Bäumen flammen Blütenbrände,
Unzählbar lacht der Kuckuck durch den Raum,
Frag ich ihn bang nach meines Lebens Ende.
Es blüht und lebt bis an der Erde Saum,
Wird blühn und leben, singt er, ohne Wende –
Als wäre Frühling nicht ein kurzer Traum.
Auch du bist ewig! Spare nicht, verschwende!
Rainer Maria Rilke 1875-1926
Leise weht ein erstes Blühn
Leise weht ein erstes Blühn
Von den Lindenbäumen,
Und, in meinen Träumen kühn,
Seh ich Dich im Laubengrün
Hold im ersten Muttermühn
Kinderhemdchen säumen.
Singst ein kleines Lied dabei,
Und Dein Lied klingt in den Mai:
Blühe, blühe Blütenbaum
Tief im trauten Garten.
Blühe blühe Blütenbaum,
Meiner Sehnsucht schönsten Traum
Will ich hier erwarten.
Blühe, blühe Blütenbaum,
Sommer wird dirs zahlen.
Blühe, blühe Blütenbaum.
Schau, ich säume einen Saum
Hier mit Sonnenstrahlen.
Johann Klaj 1616-1656
Vorzug des Frühlings
Im Lenzen, da glänzen die blümigen Auen
Die Auen, die bauen die perlenen Tauen,
Die Nymphen in Sümpfen ihr Antlitz beschauen.
Es schmilzet der Schnee,
Man segelt zur See,
Bricht güldenen Klee.
Die Erlen den Schmerlen den Schatten versüßen,
Sie streichen, sie laichen in blaulichten Flüssen,
Die Angel aus Mangel und Reißen beküssen,
Die Lerche, die singt,
Das Haberrohr klingt,
Die Schäferin springt.
Die Hirten in Hürden begehen den Maien.
Man zieret und führet den singenden Reien,
die Reien die schreien um neues Gedeihen.
Die Herde, die schellt –
der Rüde, der bellt –
das Euter, das schwellt.
Erich Mühsam 1878-1934
Frühling
Das Fell der Erde schäumt in Wellen.
Aus Bäumen und aus Schollen quellen
des Frühlings Knospen auf wie Gischt. –
Dröhnt, Fluten, – zischt!
Schlagt an die Dünen meiner Brust!
Treibt Frühlingsgrün aus meinen dürren Hängen!
Macht Leid zu Lust
und meine Liebe zu Gesängen!
Otto Julius Bierbaum 1865-1910
Er ruft sie
Die Luft ist wie voll Geigen,
Von allen Blütenzweigen
Das weiße Wunder schneit;
Der Frühling tobt im Blute,
Zu allem Übermute
Ist jetzt die allerbeste Zeit.
Komm her und laß dich küssen!
Du wirst es dulden müssen,
Daß dich mein Arm umschlingt.
Es geht durch alles Leben
Ein Pochen und ein Beben:
Das rote Blut, es singt, es singt.
Hugo von Hofmannsthal 1874-1929
Lebensquell
Die Frühlingsfluten ziehn durch meinen Geist
Verwandte Gärung fühl ich sich ergießen
Durch tausend Knospen, die sich heut erschließen,
Und neues Leben dampft und quillt und kreist.
Das ist des ewgen Jugendbrunnens Fließen,
Der jedem Jahr die gleiche Fülle weist:
In neuer, feuchtverklärter Schönheit gleißt
Was er benetzt, und locket zum Genießen:
Gedanken, kommt und trinkt euch neues Leben:
Du scheue Hoffnung, fastverklungnes Fühlen,
Du halbverzagtes, wegemüdes Streben,
Laßt euch von lichter Lebensflut umspülen,
Ihr Träume, Bilder, die ich täglich schaue,
Daß euch auf immer dieser Glanz betaue.
Gustav Falke 1853-1916
Der Tulpenbaum
Der Tulpenbaum hat über Nacht
All seine Blumen aufgemacht,
Die weißen Sterne leuchten weit
In ihrer keuschen Herrlichkeit.
Es ist, als hätts die Nacht bedacht,
Was Liebes sie dem Tag vermacht,
Damit von ihrem Märchenglanz
Ein Schimmer leb in seinem Kranz.
Er aber, überreich an Licht,
Bedarf der fremden Sterne nicht,
Und bald entblättert, schnell und sacht,
Das liebliche Geschenk der Nacht.
Luise Büchner 1821 - 1877
Frühlingslied
Es kam der Frühling mit Herrschermacht,
Da wollt' ich ein Lied ihm singen;
Er strahlte so hold in lieblichster Pracht –
Wie sollt' es da nicht gelingen?
Ich sah mir die Blüthenbäume an,
Dran alle Knospen gesprungen,
Sie waren gleich Bräuten angethan,
Von Schleier und Myrth' umschlungen.
Es nickten Blumen an jedem Steg,
Als ob sie selber sich streuten
Den schlanken Bräuten auf ihren Weg,
Beim Maienglockenläuten.
Die grünen Blätter im Buchenhain,
Umhaucht von weißem Gefieder,
Sie flüstern in alle Welt hinein
Die süßesten, wonnigsten Lieder.
Es lauschet den Tönen die Lerch' im Feld,
Es lauschen die Nachtigallen,
Aus Blüthensträuchern, vom Himmelszelt
Klingt wieder das fröhliche Schallen.
O, Frühling! Frühling! so hold und licht!
Fast will mir das Herz zerspringen!
Du – selbst der Schöpfung höchstes Gedicht,
Wer könnte dich würdig besingen?
Theobald Kerner 1817-1907
Frühlingswünsche
Im Frühling, wenn sich Baum und Strauch
Hat bräutlich angezogen,
Da kommen mir die Wünsche auch
Gleich Lerchen angeflogen.
Ich möchte sein ein stolzer Baum,
Hoch in den Himmel ragen;
Ich möcht' des Waldes grünen Raum
Als flinkes Reh durchjagen.
Ein starker Adler möcht' ich sein,
Aufwärts zur Sonne streben;
Ich möcht' der Blumen bunte Reih'n
Als Schmetterling durchschweben.
Ich möcht' als Sturm durch Meere hin
Wild tanzen meinen Reigen –
Ich blieb am liebsten wer ich bin,
Wenn du nur wär'st mein eigen.
Karl Ernst Knodt 1856-1917
Junger Lenz
Über eines Winters Sehnsucht
Schüttet der Lenz die Blüten aus.
Erfüllung leuchtet von allen Bäumen,
Wieder pflückst du Veilchen zum Strauss.
Wieder hörst du die Wälder erwachen,
Auf weicher Weide flötet der Chor
Der Kinder, und goldene Schlüsselblumen
Schliessen dir auf des Lebens Tor.
Christian Morgenstern 1871-1914
Butterblumengelbe Wiesen
Butterblumengelbe Wiesen,
sauerampferrot getönt, –
o du überreiches Sprießen,
wie das Aug dich nie gewöhnt!
Wohlgesangdurchschwellte Bäume,
wunderblütenschneebereift –
ja, fürwahr, ihr zeigt uns Träume,
wie die Brust sie kaum begreift
Hoffmann von Fallersleben 1798-1874
Die Bäume blühen überall,
die Blumen blühen wieder,
und wieder singt die Nachtigall
nun ihre alten Lieder.
O glücklich, wer doch singt und lacht,
daß auch der Frühling sein gedacht.
Anna Ritter 1865-1921
Frühlingssegen
Der Schlehbusch am Wege
Schimmert in Blüthen,
An den Geländen
Des Thales entlang
Schreitet der Frühling
Mit segnenden Händen.
Über den Wiesen
Hängt Glockenklang,
Früsternde Stimmchen
Erwachen im Dorn,
Und auf den Feldern,
Aus Schollen und Ritzen,
Lugt es hervor
Mit grünlichen Spitzen,
Das heilige Korn.
Else Lasker-Schüler 1865-1945
Frühling
Wir wollen wie der Mondenschein
Die stille Frühlingsnacht durchwachen,
Wir wollen wie zwei Kinder sein.
Du hüllst mich in dein Leben ein
Und lehrst mich so wie du zu lachen.
Ich sehnte mich nach Mutterlieb
Und Vaterwort und Frühlingsspielen,
Den Fluch, der mich durchs Leben trieb,
Begann ich, da er bei mir blieb,
Wie einen treuen Feind zu lieben.
Nun blühn die Bäume seidenfein
Und Liebe duftet von den Zweigen.
Du mußt mir Mutter und Vater sein
Und Frühlingsspiel und Schätzelein
Und ganz mein eigen.
Barthold Heinrich Brockes 1680-1747
Kirschblüte bei der Nacht
Ich sahe mit betrachtendem Gemüte
Jüngst einen Kirschbaum, welcher blühte,
In kühler Nacht beim Mondenschein;
Ich glaubt', es könne nichts von größrer Weiße sein.
Es schien, ob wär ein Schnee gefallen.
Ein jeder, auch der kleinste Ast
Trug gleichsam eine rechte Last
von zierlich-weißen runden Ballen.
Es ist kein Schwan so weiß, da nämlich jedes Blatt,
Indem daselbst des Mondes sanftes Licht
Selbst durch die zarten Blätter bricht,
Sogar den Schatten weiß und sonder Schwärzer hat.
Unmöglich, dacht ich, kann auf Erden
Was Weißers aufgefunden werden.
Indem ich nun bald hin, bald her
Im Schatten dieses Baumes gehe,
Sah ich von ungefähr
Durch alle Blumen in die Höhe
Und ward noch einen weißern Schein,
Der tausendmal so weiß, der tausendmal so klar,
Fast halb darob erstaunt, gewahr.
Der Blüte Schnee schien schwarz zu sein
Bei diesem weißen Glanz. Es fiel mir ins Gesicht
Von einem hellen Stern ein weißes Licht,
Das mir recht in die Seele strahlte.
Wie sehr ich mich an Gott im Irdischen ergetzte,
Dacht ich, hat Er dennoch weit größere Schätze.
Die größte Schönheit dieser Erden
Kann mit der himmlischen doch nicht verglichen werden.
Ernst Stadler 1883-1914
Frühlingsnacht
Die Kirschbaumblüten im lichtdurchschwemmten Garten
Sind wie Kandelaber von Millionen Kerzen,
Die das Vollmondfeuer angesteckt. Die zarten Kissen
Grüngesprengten Rasens zwischen Krokusbeeten
Sind besteckt mit weißen Perlensäumen,
Und die kühle spiegelhelle Luft
Ist ein feiner Schleier von gewebtem Silber,
Den die Lenznacht heimlich glühend um die
Weiße warme Nacktheit ihrer Glieder hängt.
Christian Wagner 1835-1918
Blühender Kirschbaum
Ungezählte frohe Hochzeitsgäste.
Groß und kleine, einfach und betresste:
Herrn und Frauen, Edelfräulein, Ritter,
Ungezählte Väter wohl und Mütter;
Ungezählte Kinder, Großmatronen,
Jägerinnen viel und Amazonen,
Freche Dirnen wohl mit Ernsten, Frommen
Auf dem Edelhof zusammenkommen.
Ungezählte bräutlich schöne Zimmer,
Da und dort wohl mädchenhafter Flimmer,
Ungezählte rosge Hochzeitsbetten
Und daneben heimlich traute Stätten;
rosenfarbig ausgeschlagne Stübchen
Für die Harfnerinnen und Schönliebchen;
Ungezählte Schalen mit Getränken,
Ungezählte Köche wohl und Schänken,
Ungemessner Raum zu freiem Walten
In dem Hochzeitshause ist enthalten.
Ungezähltes Kommen oder Gehen,
Abschiednehmen, Kehren, Wiedersehen,
Essen, Trinken, Tanzen, Liebesgrüßen,
Liebgewordnes wohl umarmen müssen;
Ungezähltes inniges Umfassen,
Götterfreies wohl gewähren lassen;
Ungezähltes Leid und Selbstvergessen
In dem luftgen Saale, – währenddessen
Ungezählte selige Minuten
An dem Freudenheim vorüberfluten.
Emanuel Geibel 1815-1884
Frühlingslied
Mit geheimnisvollen Düften
Grüßt vom Hang der Wald mich schon,
Über mir in hohen Lüften
Schwebt der erste Lerchenton.
In den süßen Laut versunken
Wall' ich hin durchs Saatgefild,
Das noch halb vom Schlummer trunken
Sanft dem Licht entgegenschwillt.
Welch ein Sehnen! welch ein Träumen!
Ach, du möchtest vorm Verglühn
Mit den Blumen, mit den Bäumen,
Altes Herz, noch einmal blühn.
Martin Greif 1839-1911
Frühlingswunsch
O Sonnenstrahl in blauer Luft,
Was schaffest du für Leben!
Zur Wiege wandelst du die Gruft
In deinem Wunderweben.
Die abgestorbnen Sträucher blühn,
Verzagte Knospen springen –
O, könnte mit dem ersten Grün
Sich auch das Herz verjüngen!
Nikolaus Lenau 1802-1850
Lenz
Die Bäume blühn,
Die Vöglein singen,
Die Wiesen bringen
Ihr erstes Grün.
Schier tut's mir leid,
Zu treten die Erden
Und ihr zu gefährden
Ihr neues Kleid.
Sie hat nicht acht,
Ob Knospenspringen
Und Frühlingssingen
Mich traurig macht.
Ludwig Heinrich Christoph Hölty 1748-1776
Frühlingslied
Es ist ein halbes Himmelreich,
Wenn, Paradiesesblumen gleich,
Aus Klee die Blumen dringen;
Und wenn die Vögel silberhell
Im Garten hier, und dort am Quell,
Auf Blütenbäumen singen.
Doch holder blüht ein edles Weib,
Von Seele gut und schön von Leib,
In frischer Jugendblüte.
Wir lassen alle Blumen stehn,
Das liebe Weibchen anzusehn
Und freun uns ihrer Güte.
A. de Nora 1864-1936
Blütenzeit
Durch die Nacht, die monderglühte,
flog der Schelm, der Frühling, heut
Mit der großen Zuckertüte
Und nun ist mit weißer Blüte
Baum und Strauch und Flur bestreut.
Zucker! Zucker! Nichts als Zucker!
Alles Bittre süß gemacht!
Schnuppernd streich ich armer Schlucker,
Büchergucker, Versedrucker,
Durch die neue Blütenpracht.
Soll ich schönre Schenken suchen?
Lieblich duftet um die Nas
Mir der frische Frühlingskuchen –
Unter Linden, unter Buchen
Leg ich mich ins grüne Gras.
Und ich strample mit den Füßen
Und bis in des Magens Grund
Laß ich mir den goldnen süßen
Honigseim der Sonne fließen
Durch den offnen Schleckermund.
Otto Julius Bierbaum 1865-1910
Flieder
(Erinnerungsblatt an M.M.)
Stille, träumende Frühlingsnacht ...
Die Sterne am Himmel blinzelten mild,
Breit stand der Mond wie ein silberner Schild,
In den Zweigen rauschte es sacht.
Arm in Arm und wie in Träumen
Unter duftenden Blütenbäumen
Gingen wir durch die Frühlingsnacht.
Der Flieder duftet berauschend weich;
Ich küsse den Mund dir liebeheiß,
Dicht überhäupten uns blau und weiß
Schimmern die Blüten reich.
Blüten brachst du uns zum Strauße,
Langsam gingen wir nach Hause,
Der Flieder duftete liebeweich ..
Hermann Lingg 1820-1905
Frühlingslied
Der Frühling verschleiert nun wieder
Die Erde ganz
Mir zartem Laubgefieder,
Mit Blütenglanz;
Nun eilet zum Tanz
Hier unter dem blühenden Flieder!
Von schwellenden Zweigen hernieder
Singt sehnlich bang
Die Drossel so liebliche Lieder;
Ertöne noch lang
Du süßer Gesang
Hier unter dem blühenden Flieder!
Schwermütige Liebe, komm wieder,
Du schönstes Glück!
Vom Dunkel der Sterne schweb nieder
Zur Erde zurück,
Du schönstes Glück,
Hier unter dem blühenden Flieder!
August von Platen-Hallermünde 1796-1835
Den Geruch berauscht der Flieder
Den Geruch berauscht der Flieder,
Und Jasmine duften wieder;
Und der Ost, der kecke Freier,
Löst den Knospen ihre Mieder:
Du allein verhüllst dich ewig,
Schlägst vor mir die Augen nieder!
Bliese doch ein Wind und legte
Das Gewand an deine Glieder!
Nähm er meiner Seufzer einen
Auf sein rauschendes Gefieder!
O belohne deinen Sklaven,
Der so treu dir ist und bieder!
Doch du sprichst: Beglück ich jenen,
So verstummen seine Lieder!
Ricarda Huch 1864-1947
Heimweh
Daß ich einmal doch zu Haus
Läg im Grase wieder!
Bienenschwarm beim Honigschmaus
Summt am blauen Flieder,
Zwitscherton vorüber mir
Aus der Amsel Kehle,
Leichte Wölkchen über mir,
Hoffnung in der Seele!
Arno Holz 1863-1929
Frühlingszauber
Nun muß sich wieder alles wenden,
Ich fühl's an meines Herzens Schlag,
Und schöner wird's an allen Enden
Und lieblicher mit jedem Tag.
Die Liebe schnürt ihr rothes Mieder,
Der Armuth schmeckt ihr trocknes Brod
Und süß klingt's nächtlich aus dem Flieder:
Im Frühling lächelt selbst der Tod!
Karl Ernst Knodt 1856-1917
An den Flieder
Flieder, blütenfroher Flieder,
schlägst du bald die Augen auf,
deine leuchtenden blauen Augen?
Sehnsucht nach dir durchblüht das Land,
Veilchen sind fort. Noch reden nicht Rosen.
Aber die leisen Glöckchen des Maien
läuten. Sie lockten dich immer herbei.
Heiß brennt die Sonne,
heißer die heimliche Sehnsucht nach dir.
Flieder, blühst du,
stillt sich die Sehnsucht, –
lösest ganz leise die Flügel der Seele,
lähmst durch ein wonnig-weiches Ermüden
die vor Erwartung erregten Gedanken,
wandelnd Lust und Leid in lauter
blühendes, liebendes All-Empfinden.
Karl Kraus 1874-1936
Flieder
Nun weiß ich doch, 's ist Frühling wieder.
Ich sah es nicht vor so viel Nacht
und lange hatt' ich's nicht gedacht.
Nun merk' ich erst, schon blüht der Flieder.
Wie fand ich das Geheimnis wieder?
Man hatte mich darum gebracht.
Was hat die Welt aus uns gemacht!
Ich dreh' mich um, da blüht der Flieder.
Und danke Gott, er schuf mich wieder,
indem er wiederschuf die Pracht.
Sie anzuschauen aufgewacht,
so bleib' ich stehn. Noch blüht der Flieder.
Anna Ritter 1865-1921
Und um die Holzbank duftete der Flieder
Weißt du den Abend noch? Die Ulme hing
Die dichten Zweige schützend um uns nieder,
Der Bach schoß glucksend unterm Zaun vorbei
Und um die Holzbank duftete der Flieder.
So süß, so süß! Die laue Nachtluft floß
In weichen Wogen schmeichelnd um die Glieder.
Die Grille zirpte leis im hohen Gras,
Und um die Holzbank duftete der Flieder.
Vom Himmel sank ein Stern in jähem Zug,
Lichtscheue Falter huschten hin und wieder,
Dein Arm umfaßte mich, wir waren jung...
Und um die Holzbank duftete der Flieder.
Börries Freiherr von Münchhausen 1874-1945
Weißer Flieder
Naß war der Tag – die schwarzen Schnecken krochen,
Doch als die Nacht schlich durch die Gärten her,
Da war der weiße Flieder aufgebrochen,
Und über alle Mauern hing er schwer.
Und über alle Mauern tropften leise
Von bleichen Trauben Perlen groß und klar,
Und war ein Duften rings, durch das die Weise
Der Nachtigall wie Gold geflochten war.
Nikolaus Lenau 1802-1850
Frühlingsgedränge
Frühlingskinder im bunten Gedränge,
Flatternde Blüten, duftende Hauche,
Schmachtende, jubelnde Liebesgesänge
Stürzen ans Herz mir aus jedem Strauche.
Frühlingskinder mein Herz umschwärmen,
Flüstern hinein mit schmeichelnden Worten,
Rufen hinein mit trunkenem Lärmen,
Rütteln an längst verschlossenen Pforten.
Frühlingskinder, mein Herz umringend,
Was doch sucht ihr darin so dringend?
Hab ichs verraten euch jüngst im Traume,
Schlummernd unter dem Blütenbaume?
Brachten euch Morgenwinde die Sage,
Daß ich im Herzen eingeschlossen
Euren lieblichen Spielgenossen,
Heimlich und selig – ihr Bildnis trage?
Ludwig Scharf 1864-1938
Frühlings-Hymne
Dieser blaue Frühlingsmorgen-Himmel
Und dies junge frische Blattgewimmel,
Drin der Wind von Ast zu Aste springt –
Bis sich Blatt mit Blatt im Tanze schwingt –
Diese Flitterwochenzeit der Bäume,
Ihre ersten Sonnen-Blütenträume
Unterm blauen Hochzeitsbaldachin –
Dieses golddurchwirkte Farbenglühn …
O, dies unaussprechlich zarte Beben,
Leib-inLeib- und Seel-in-Seel-Verweben,
Dies Beseeltsein stummster Kreatur,
Offenbarend ihre Gottnatur! …
Bad dich nun, mein Herz, von Staub und Asche!
Wind und Sonne deine Pulse wasche!
Tauche ganz ins golden-grüne Meer!
Wirf im goldnen Blau
Deiner Sehnsucht Arme hin und her! …
Otto Julius Bierbaum 1865-1910
Komm her und laß dich küssen!
Die Luft ist wie voll Geigen,
Von allen Blütenzweigen
Das weiße Wunder schneit;
Der Frühling tobt im Blute,
Zu allem Übermute
Ist jetzt die allerbeste Zeit.
Komm her und laß dich küssen!
Du wirst es dulden müssen,
Daß dich mein Arm umschlingt.
Es geht durch alles Leben
Ein Pochen und ein Beben:
Das rote Blut, es singt, es singt.
Anna Ritter 1865-1921
Der Frühling blüht!
Der Frühling blüht! Herz – war er je so schön?
Lag je ein solcher Schimmer auf den Höhn
Und in den Thälern solch ein lieber Glanz?
Ein jeder Baum trägt seinen Blüthenkranz –
Auch du, mein Haupt, willst unter grünen Zweigen
Dich ahnungsvoll dem Glück entgegen neigen.
Die beiden Hände drück' ich auf die Brust –
Ist's Schmerz, der drinnen lodert, ist es Lust?
Ach, wunderlich verwoben und verwebt
Ist Beides mir, und meine Sehnsucht schwebt
Darüber hin, aus dieses Frühlings Zagen
In der Erfüllung Frieden mich zu tragen.
Hugo von Hofmannsthal 1874-1929
Blühende Bäume
Was singt in mir zu dieser Stund
Und öffnet singend mir den Mund,
Wo alle Äste schweigen
Und sich zur Erde neigen?
Was drängt aus Herzensgrunde
Wie Hörnerschall zutag
Zu dieser stillen Stunde,
Wo alles träumen mag
Und träumend schweigen mag?
An Ästen, die sich neigen,
Und braun und dunkel schweigen,
Springt auf die weiße Blütenpracht
Und lacht und leuchtet durch die Nacht
Und bricht der Bäume Schweigen,
Dass sie sich rauschend neigen
Und rauschend ihre Blütenpracht
Dem dunklen Grase zeigen!
So dringt zu dieser stillen Stund
Aus dunklem, tiefem Erdengrund
Ein Leuchten und ein Leben
Und öffnet singend mir den Mund.
Und macht die Bäum erbeben,
Dass sie in lichter Blütenpracht
Sich rauschend wiegen in der Nacht!