BuchKult
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Der Winter, ein schlimmer Gast,

sitzt bei mir zu Hause;

blau sind meine Hände

von seiner Freundschaft Händedruck.

Friedrich Nietzsche 1844-1900

 

Ich habe dich so lieb!

Ich würde dir ohne Bedenken

Eine Kachel aus meinem Ofen

Schenken.

Joachim Ringelnatz 1883-1934

 

Im rohten Fuchs-Pältz am Kamin

siht man mich itzt mein Pfeiffgen zihn ...

Arno Holz, Dafnis, s.u.

 

 

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Henry Henshall, Fireside Fancies
John Henry Henshall, gewöhnlich bekannt als Henry Henshall (1856-1928), war ein britischer Aquarellist und Radierer.
 

Johann Gabriel Seidl 1804-1875

Am Kamin

 

Das Feuer flackert im Kamin,

Und rötet mein Gesicht;

Es ist ein eigner, tiefer Sinn,

Der aus den Gluten spricht.

 

Gefühle tauchen wunderbar

Aus Flamm' und Rauch empor;

Und Manches seh' ich, wie es war,

Und wie ich es verlor.

 

Bezeichnen kann ich's nimmermehr,

Es gibt kein klares Bild;

Nur schwankend spielt es um mich her,

Und stimmt mich weich und mild. —

 

Doch horch! was braust, was summt so fein

Im lichten Funkenspiel? —

Es mag wohl eine Träne sein,

Die in das Feuer fiel!

 

 

Edwin Harris, By the Fireside
Edwin Harris (1855–1906) war ein englischer Landschafts-, Genre- und Porträtmaler des Spätimpressionismus

 

Jules Adolphe Goupil, By the Fireplace
Jules Adolphe Goupil (1839-1883) war ein französischer Porträt- und Genremaler.

Anna Ritter 1865-1921

Am Kamin

 

Die Flammen liegen träumend im Kamin ...

Ich stoße mit dem Eisen hart hinein,

Daß sie, aus träger Ruhe aufgestört,

Sich lodernd auf den gelben Sohlen recken

Und mit dem heißen, rothen Mund empört,

In wilder Gier, nach meinen Händen lecken. -

 

Ja, lodert ... loht!

Erwärmt die kalte Hand,

In der das Blut so müden Pulsschlag schlägt,

Die nun so still das goldne Doppelband

Der Einsamkeit seit langen Jahren trägt. -

Sie ducken sich und kriechen scheu zusammen,

Sie flackern auf und züngeln um mich her

Und werfen ihren rothen Fackelschein

In meines Aug's erloschnen Glanz hinein. -

 

Was sucht ihr, Flammen?

Die Schwesterseele, die vor manchem Jahr

Gluthvoll wie ihr und lebensprühend war,

Die sich vermaß, die fliehenden Gestalten

Von Glück und Jugend kraftvoll fest zu halten?

 

Ach, die ist todt! -

Todt, wie ihr morgen seid,

Wenn euch die Asche der Vergänglichkeit

Begraben hat. Ihr zischt mich an und droht -

 

Ich aber weiß um eure bittre Noth,

Weiß, daß es Qualen sind, die euren Leib,

Den blühenden, zu grauem Staub verzehren.

Denn so wie ihr, hab ich, ein junges Weib,

Verzweifelnd um mein bischen Glück gerungen,

Und so wie euch, hat mich die Zeit bezwungen!

 

 

Théodore Jacques Ralli, Young Girl by a Fire
Théodore Jacques Ralli (1852-1909; eigentlich Theodoros Jannis Rallis) war ein französischer Maler griechischer Herkunft.
 

Philip Alexius de László, Interior with Viscount and Vicountess Lee of Fareham, Courtauld Institute of Art, London
Philip Alexius de László (eigentlich Fülöp Elek Laub, 1869-1937) war einer der führenden britischen Porträtmaler des frühen 20. Jahrhunderts.>

Adolf Friedrich von Schack 1815-1894

Am Kamin

 

Stürme, Dezember, vor meinem Gemach,

Hänge Zapfen von Eis an das Dach;

Nichts doch weiß ich vom Froste;

Hier am wärmenden, trauten Kamin

Ist mir, als ob des Frühlings Grün

Rings um mich rankte und sproßte.

 

All das Gezweig, wie es flackert und flammt,

Plaudert vom Walde, dem es entstammt,

Redet von seligen Tagen,

Als es, durchfächelt von Sommerluft,

Knospen und Blüten voll Glanz und Duft,

Grünende Blätter getragen.

 

Fernher hallenden Waldhornklang

Glaub' ich zu hören, Drosselgesang,

Sprudelnder Quellen Schäumen,

Tropfenden Regen durchs Laubgeäst,

Der die brütenden Vögel im Nest

Weckt aus den Mittagsträumen.

 

Stürme denn, Winter, eisig und kalt!

An den Kamin herzaubert den Wald

Mir der Flammen Geknister,

Bis ich bei Frühlingssonnenschein

Wieder im goldgrün schimmernden Hain

Lausche dem Elfengeflüster.

 

Frederick Childe Hassam, Fireplace, 1912
Frederick Childe Hassam (1859-1935) war ein amerikanischer Maler des Impressionismus.

Stanislaw Kaczor-Batowski, In Front of the Fire
Stanislaw Kaczor-Batowski (1866–1946) war ein polnischer Maler.

Johanna Ambrosius 1854-1939

Am Kamin

 

Ich liebe die Dämmerstunde,

Dann sitz‘ ich am trauten Kamin

Und seh‘, wie dem Flammenmunde

Viel lus’ge Gestalten entfliehn.

 

Sie winden wie Blumenleiber

Sich aus dem purpurnen Schoß

Und schmücken wie lustige Weiber

Den Busen mit güldener Ros‘.

 

Die Locken – schillernde Schlangen –

Züngeln herüber zu mir,

Sie hauchen auf meine Wangen

Erlosch’ne Jugendzier.

 

Und höher strecken im Glanze

Die Arme sie auf in die Nacht,

Im wilden, dämonischen Tanze,

Im Busen die Lust erwacht.

 

Unter versengenden Küssen,

Des Tanzes wildjagendem Lauf,

Der Sehnsucht nie stillendem Grüßen –

Zehren sie selber sich auf.

 

Ich lege den Kopf in die Hände

Und blick‘ in den schwarzen Kamin. –

Ach, könnten die tobenden Brände

Im Herzen so schnell verglühn!

 

 

Haynes King, Polishing Spectacles by the Fireside
Haynes King (1831-1904) war ein englischer Genremaler.

Walter Dendy Sadler, The End of the Skein
Walter Dendy Sadler (1854-1923) war ein englischer Genremaler der Düsseldorfer Schule.

Afanassi Afanassjewitsch Fet 1820-1892

Am Kamin

 

Die Kohlen löschen. Schatten schlingen

Sich mit der Glut zum schwanken Ring.

So trübt mit seinen blauen Schwingen

Den roten Mohn ein Schmetterling.

 

Es schwebt vor mir im Zwitterlichte

Der Wahngebilde holder Häuf,

Und unenträtselte Gesichte

Schaun aus der grauen Asche auf.

 

Ich sehe lieb und traut erstehen

Geschwundner Stunden Leid und Lust ...

O Herz, du lügst — du kannst nicht schmähen

Das, was du heiß beweinen mußt!

 

Léon Augustin Lhermitte, Paysanne devant l'âtre
Léon Augustin Lhermitte (1844-1925) war ein französischer Künstler.

Henry Wright Kerr, A Woman Knitting by the Fireplace
Henry Wright Kerr (1857–1936) war ein britischer Maler.

Carlton Alfred Smith, Toast on the Hearth
Carlton Alfred Smith (1853-1946) war ein britischer Maler, der hauptsächlich Genreszenen in Aquarell malt. Viele seiner Gemälde sind Darstellungen des häuslichen Lebens in englischen Cottages im späten neunzehnten Jahrhundert.

Otto Julius Bierbaum 1865-1910

Am Kamin

 

Draussen bläst der Wind und fegt

Flocken an die Fensterscheiben,

Mürrisch patrouillirt der Mond

Hinter dicken Wolkenwällen.

Am Kamin sitz ich und stütze

Meine Füsse auf das Gitter,

Und ich starre in die Gluthen,

In das heisse, helle Sterben.

Wie die Flammenzungen zucken,

Diese rothen Schlangenzungen;

Kleine blaue Flackerflämmchen

Beben wie erschrockene Seelen,

Und gluthgoldene Flammenschwerter

Stossen unablässig blitzend

In die leere Luft.

Hinter mir auf eichenem Tische

Singt der Samovar sein leises

Seufzerlied, auf dem Gesimse

Des Kamins tickt silbertönig

Die Pendüle; wie in Aengsten

Fegt die goldene Pendelscheibe

Hin und her.

Sinkt mir auf die Brust der Kopf,

Bebt's im Herzen mir wie Traum:

"Mai und Blüthen, Mai und Blüthen,

Erster Sang der Nachtigallen,

Zwischen duftenden Syringen

Haben wir die Nacht durchküsst - -"

Haben .. wir .. die Nacht .. durchküsst..

Aus dem tiefsten Herzen tauchen

Mir die Verse wie ein Träumen, -

Aber glaub' ich diesem Traume?

War es denn, das warme Leben

Mit den heissen, nahen Lippen?

War es denn?

Eis ist in mein Herz gefrostet,

Hartes Eis, hell wie Erfahrung,

Undurchdringlich starre Kruste,

Die kein Hoffen mehr durchbricht;

Schnee ist auf mein Haupt gefallen,

Schnee, den keine Sonne schmelzen,

Den kein Lenz verjagen wird.

Kalt und leer und stumm und farblos

Ist die ganze Welt mir worden,

Seit ich ihres Herzens Wärme

Nicht an meiner Brust mehr fühle,

Seit mir ihres Herzens Fülle

Nicht mehr lebt in tiefer Liebe,

Seit ihr Mund verstummt,

Der so innig sprach,

Seit ihr blaues Auge

Stier im Tode brach.

 

In den Flammen nur ist Leben.

Und dies Leben ist das heisse,

Jache, ungestüme Sterben.

 

 

Guy Rose,

By the fireside, 1910
Guy Orlando Rose (1867-1925) war ein US-amerikanischer Maler und gilt als einer der Hauptvertreter des kalifornischen Impressionismus des späten 19. und angehenden 20. Jahrhunderts.
 

Talbot Hughes, Attending the Fire
Talbot Hughes (1869–1942) war ein britischer Genre-, Geschichts- und Landschaftsmaler-

Felix Dörmann 1870-1928

Am Kamin

 

Im Ofen knistert lustig laut das Feuer,

Phantastisch zucken Lichter hin und her,

Ins Spiel der Flammen starrt' ich, weltvergessen,

Mich überflutet der Gedanken Meer.

 

Vorüber zogen meiner Kindheit Tage,

So freud- und freundlos, wie bei Andern kaum,

Ein stumpfergebnes Tragen und Entsagen,

Kein sorgenloser, sonnenheller Traum – – –

 

Und halbzerdrückt sich von den Wimpern löste

Wohl eine Träne nach der andern leis',

Weiß nicht, ob Zornes- oder Sehnsuchtstränen –

Doch bitter waren sie und brennend heiß.

 

 

George Sheridan Knowles, The Home Fire
George Sheridan Knowles (1863-1931) war ein englischer Maler.
 

Peder Severin Krøyer, By the Fireside
Peder Severin Krøyer (1851-1909), war ein norwegisch-dänischer Maler der Künstlerkolonie Skagen.

Carl Bulcke 1876-1936

Am Kamin

 

Die Füße am Kamin, zurückgelehnt,

Nach einem lauten Tag in müdem Säumen,

Lässt sich von allem, was das Herz ersehnt,

Um diese Zeit am allerbesten träumen.

Die Flamme sprüht in Ungewissem Licht;

Jäh loht sie auf und wie in blassem Rahmen

Steigt vor mir auf ein süßes Angesicht

Und meine Lippen nennen einen Namen,

 

Ein Sommertag. Im Garten stehn wir zwei.

Es ist Nachmittag. Alles liegt im Schweigen,

Sie pflückt sich Himbeern und sie lacht dabei

Und ihr Gesichtchen glüht aus grünen Zweigen.

Da ritzt die Hand ein Dorn. Ein Tröpfchen rann.

Sie küsst die Wunde und sie lacht verwegen:

„Die dumme Ranke.“ Und sie sieht mich an,

Und sieht mich an... und wird dann so verlegen, —

 

Und nun: Ich halt’ sie an den Schultern fest,

Sie wehrt sich lachend, sie wird rot, wir ringen:

„Wenn du dich jetzt nicht von mir küssen lässt,

Wart’ nur, Elisabeth, ich will dich zwingen!“

Ich halte sie im Arm, sie windet sich.. entweicht.

Küsst’ ich dich wirklich —? Ich vergaß es wieder.

Die kleine Flamme leuchtet, knistert leicht,

Und sinkt als weiße Asche langsam nieder.

 

Daniel Maclise, A Winter Night's Tale
Daniel Maclise (1806-1870) war ein irischer Historienmaler , Literatur- und Porträtmaler und Illustrator, der die meiste Zeit seines Lebens in London, England, arbeitete.

Cornelis Wouter Bouter, Reading by the Fireplace
Cornelis Wouter Bouter (1888-1966) war ein niederländischer Maler.

Ludwig Seeger 1810-1864

Am Ofen

 

Mein Ofen summt und knurrt und zischt,

Die Gesellschaft ist heut sehr gemischt,

Die bei dem Alten zusammengetroffen,

Bald werden sie warm, sie werden offen.

Gleich vorn im Ofen, da lärmt für Zehne

Ein schmales Bündel Reisig und Späne,

Die prasseln und lodern hellauf wie Stroh

Und knistern und flackern lichterloh,

So dünn sie sind, so mager auch,

Sie brennen auf den ersten Hauch.

Verachtet mir nicht die kleinen Gesellen,

Die wussten sich unter den Wind zu stellen,

Sie haben zuerst den zündenden Funken

Herangelockt und gierig getrunken.

War kurz auch ihre Herrlichkeit,

Das starte Tannen-und Buchen-Scheit,

Der eichene Knorren, der dicke Patron,

Sie werden doch endlich warm davon.

Und als das Reisig in Staub zerfiel,

Da wurde nur schöner das Flammenspiel.

So ein altes, derbes, solides Scheit,

Das besinnt sich gemächlich, es nimmt, sich Zeit,

Hat seine Bedenken, das widersteht

Und sträubt sich, eh es ins Feuer gerät.

Erst, wenn die Kleinen sich ausgelärmt,

Wenn um und um die Luft durchwärmt,

Dann stehn auch die Alten im Flammenschein,

Und reden ein feuriges Wort darein

In ruhig ernstem, moralischem Ton,

Wer würde nicht erbaut davon?

Doch kommt noch mancher Zwischenfall,

Von Zeit zu Zeit ein tüchtiger Knall

Zeigt, dass die Romantik nicht ganz verendet

Und immer noch Knalleffekte spendet.

Zwar gehen sie nur von der Rinde aus,

Allein sie bringen doch Leben ins Haus.

Dann knistern und summen gesprächig weiter

Die halbverkohlten, würdigen Scheiter.

Man hört sie nicht schnarren und fluchen und schwören,

Man glaubt eine Kammerrede zu hören,

Ein Plädoyer für Altar und Thron

Voll loyaler Erudition,

Einen salbungsvollen Kanzelsermon.

Nun aber würde das Beste fehlen,

Die Gemütlichkeit, die zarte Seelen

Aushauchen in leisem, lyrischem Wimmern,

So wie man's hört in Kinderzimmern,

Wenn nicht die grünen Ästchen wären,

Die feuchten, ach, so reich an Zähren,

Herzbrechend tönt ihr Schluchzen ans Ohr,

Nun bricht ein Strom von Tränen hervor,

Das Ächzen und Stöhnen, halbverschluckt,

O könnten wir‘s nur lesen gedruckt!

So muss es in Rauch und Dampf verwehn,

Und willst du nach all' dem Jammer fehn,

Gefühlvoll öffnen die Ofentür,

Dringt gleißend und beißend nur Rauch herfür,

Der, wenn du davon dich räuchern lässt,

Dir Tränen aus den Augen presst.

Nun tut's noch einen dumpfen Knall,

Dann ist die Unterhaltung all,

Es flötet, es lispelt, es seufzt nur noch

Hinsterbend leis im Ofenloch,

Es ist ein rührend elegisches Flennen: —

Das Feuer aber will nicht mehr brennen.

 

Frank Holl, By the Fireside
Frank Holl, eigentlich Francis Montague Holl (1845-1888) war ein englischer Maler und Illustrator.

Frederick Daniel Hardy, Winter Fuel, 1891
Frederick Daniel Hardy (1827-1911) war ein englischer Genremaler.

Robert Gemmell Hutchison, Spider on the Hearth
Robert Gemmell Hutchison (1855–1936) war ein schottischer Landschaftsmaler.

Isabelle Kaiser 1866-1925

Am Herd

 

Am Herd, im stillen Winkel,

Da wacht Genügsamkeit

Und hält im irdnen Topfe

Das Vespermahl bereit.

 

Am Webstuhl in der Kammer,

Da sitzt im Dämmerschein

Die stinke Schar der Träume

Und webt mein Leben ein.

 

Erinnerung spinnt am Rocken

Und singt ein Lied dabei,

Und die Gedanken huschen

Aus Ecken scheu herbei.

 

Am Ofen spult die Ratze,

Es strickt mein Mütterlein,

Und draußen hüllen Flocken

Die Welt in Unschuld ein.

 

So gehen emsige Geister

Verstohlen ein und aus,

Und doch herrscht heil'ge Stille,

Als ging' der Herr durchs Haus.

 

 

Albert Anker, Farmer's Wife on the Stove Bench
Albert Samuel Anker (1831-1910) war ein Schweizer Maler, Grafiker und Genremaler des schweizerischen Volkslebens.
 

Johanne Mathilde Dietrichson, Two Women by the Fireplace
Johanne Mathilde Dietrichson, geborene Bonnevie (1837-1921), war eine norwegische Porträt- und Genremalerin der Düsseldorfer Schule.

 

Adolphe-Félix Cals,

Paysan assis devant un âtre, Cherbourg, Musée des Beaux Arts Thomas Henri
Adolphe-Félix Cals (1810-1880) war ein französischer Maler und Kupferstecher.
 

Arno Holz 1863-1929

Dafnis*

Er freut sich/

daß es Winter ist

 

Ode Jambo-Dactylica.

 

Der Ofen singt/ es schneyt.

Du lihbe Weihnachts-Zeit!

Rükk her/ du Traute;

bey Frost und Feuer-Schein/

zu Moßkateller Wein/

klingt süß die Laute.

 

Herr Febus wird gantz fett.

Er trukkt sein Himmel-Bett

itzt vihl zu lange.

Mars lihß sein Mord-Geschrey/

Bachus/ dein Straussen-Ey

macht ihm itzt bange!

 

Rund ümb den Disch herum

ein Conventiculum

siht man ihn halten.

Wer sich ihm nicht gleich fügt/

dem würd er still-vergnügt

den Scheddel spalten.

 

Die lihbe lange Nacht/

daß fast die Schwarte kracht/

hört man ihn brahlen.

Volcan brännt Mann for Mann

jedem das Pfeiffgen an/

horcht/ wie sie krahlen:

 

Hannß Thumm regirt die Welt/

for Ulmer Silber-Geldt

kan man sie kauffen.

Daß bleibt ihr bäster Charme/

ein rundes Kind im Arm

und Broihan sauffen! –

 

Itzt will ich frölig seyn/

bakkt mir ein Ringel-Schwein/

darzu Saulaten.

Stopfft es gantz voll Confäkkt/

daß es noch bässer schmäkkt/

hihr drey Dukahten!

 

Sind denn nicht Mägdgens da?

Ich bün der Padischa.

Bon soir/ Grittgen!

Daß sich dein Hertz erbarm/

gleich drümb so lihgt mein Arm

qwer ümb dein Mittgen.

 

Du nakkte Cyprie/

dein runder Feuer-Schnee

hat mich entzündet;

du Milch-gemischtes Bluht/

du göldne Rohsen-Gluht/

dreyn Alles mündet!

 

Spüzz deinen Purpur-Mund/

dein Duppel Kugel-Rund

füll mir die Finger!

Verstrikk/ verfässle mich/

du kleiner Wütherich/

du Hertz-Betzwinger!

 

Für einer Marmol-Haut

hat mir noch nie gegraut/

ich kans nicht lassen/

fühl ich wo rund ein Knie/

dihses voll Cortesie

fäst zu ümbfassen!

 

Flinck/ lösch die Lichter auß/

weil sich lengst bundt ümbs Hauß

die Sterne drehen!

Noch wenn der Morgen scheint/

soll er uns froh-vereint

bey sammen sehen!

 

* aus: Des Schäfers Dafnis Fress-, Sauf- & Venuslieder

 

Vincent van Gogh, Peasant sitting by the fireplace, 1881
Vincent Willem van Gogh (1853-1890) war ein niederländischer Maler und Zeichner; er gilt als einer der Begründer der modernen Malerei.

Tom Edwin Mostyn, By the Watchman's Fire
Tom Edwin Mostyn (1864-1930) war ein britischer Maler.

Arno Holz 1863-1929

Dafnis*

Es fegt so grimm kalt/

daß er mehr nur noch für seinen Ofen hokkt

 

Ode Trochaica.

 

Itzo/ da der Winter meist

nichts wie Schnee und Hagel schmeißt/

draut man sich auß seinem Hauß

kaum mit halber Nase rauß;

denn es sind uns sonst die Ohren

gleich gantz dikk mit Eyß befroren.

 

Drümb so sezzt man seinen Sinn

auff ein volles Wämbstrichin.

Eyer-Muhß mit Amber dreyn

schlingert man in sich hinein/

und wie süß zum Koffe schmäkken

morgens itzt die Botter-Wäkken!

 

Karpen/ Stintckens/ Plötzckens/ Hächt/

alles kömbt uns itzo rächt/

Schüncken/ Wörste/ Sauer-Kraut

und waß man noch sonst verdaut.

Ingwergens und Citronaten

sind itzt gleichfalls wohl-gerathen.

 

Hat man dan genug gebappt/

fühlt man/ daß man kaum mehr jappt/

zihmbt ein Schlückgen Aqwa vit/

weil man nicht den Kirch-Thurm siht.

Doch man weiß/ es ragt derselbe

noch ins obre Blau-Gewelbe.

 

Drauff so drukkt man Dorime

zährtlig auff das Canape/

butzt ihr Schnuhtzgen und enthüllt

waß ihr brall das Mihder füllt;

denn man muß nach solchen Sachen

sich ein Mouvementgen machen.

 

Ihrer Äuglein flincker Lauff

fordert uns zum Spihlen auff/

und sie kikkert und sie lacht/

biß ihr pumps/ das Bältzgen kracht.

So nur kan man mit Behagen

Boreas ein Knüppgen schlagen!

 

* aus: Des Schäfers Dafnis Fress-, Sauf- & Venuslieder

 

Pieter Aertsen, Peasants hearth, 1560
Pieter Aertsen (um 1509-1575) war ein niederländischer Maler.

Akseli Gallen-Kallela, Rustic Life, 1887
Akseli Gallen-Kallela (1865-1931) war ein finnischer Maler, Architekt und Designer.

Ivan Rashevsky, Peasant Interior
Ivan Rashevsky (1849-1921) war ein ukrainischer Maler.

Frederick Daniel Hardy, Cottage Fireside, 1850
Frederick Daniel Hardy (1827-1911) war ein englischer Genremaler.

Arno Holz 1863-1929

Dafnis*

Er freut sich/

daß es wihder Winter wird

 

Qwodlibet.

 

Wihder ob der Flüssgens Rükken

baut der Winter blancke Brükken/

rund ümb den Marieen-Thurm

wettert schon sein Schlossen-Sturm.

Ümb die dikk verschneyte Bohlen

zancken krächtzend sich die Dohlen

und man hört für allen Dingen/

wie die Schlitten-Glökkgens klingen.

 

Im rohten Fuchs-Pältz am Kamin

siht man mich itzt mein Pfeiffgen zihn/

weil man/ wenn es draussen flokkt/

gern auff seinem Stübgen hokkt.

Ceres nöthigt mich zum Essen/

Bachus schänckt mir dapffer eyn/

gantz und gar bleibt ohnvergessen

Sauer-Schwartz und Hasen-Klein.

Kraußgebakknes/ Mandel-Krehm

munden mir drauff angenehm;

sälbst ein Reb-Huhn/ prikk und zahrt/

hat man mir letzt auffgespahrt.

Gern nach solchem fätten Schmauß

spühl ich mir die Gurgel auß/

denn man muß/ trutz all däm Prassen/

auch auff sein Gesund-seyn passen!

Ein Gläßgen Marziminer

hat mich noch stäts erqwikkt/

gleich heissts ergebner Diener/

sorbald man sich erblikkt!

Süß ists/ wenn zur Veßper-Zeit/

es dan graupelt/ stihmt und schneyt/

abens spihlt man Blinde Kuh

und hört dem Öpffel-Brahten zu.

 

Dorillgen/ gäntzlich ohngeschnührt/

sorgt for mir/ wie sichs gebührt;

gleich so lässt sie ihren Mann/

wenn sie mir waß helffen kan.

Ümb den Haltz ein Pärlen-Kettgen/

zihrt sie mir mein Kabinettgen/

daß ich hindter ihrer Schürtze

gleichsahm mir die Zeit verkürtze.

Ihre Augen/ ihre Brust/

alles lacht an ihr für Lust/

Lökkgens kikkern ihr im Nakken/

Grübgens auff den Hindter-Bakken!

Schon mit ihren blohßen Blikken

kan sie gleichsahm mich erqwikken/

sie ist for ihren alten Knoll

zu Lilien-weiß und Rohsen-voll!

Mit Knall-Konfäkkt und Bommerantzen

bestopfft er sich den dikken Pantzen;

ich gläub/ so war noch niemahls feister

kein Amsterdammer Burgermeister!

Ihn ab und zu so rächt bedrügen/

ist uns ein schaudrigtes Vergnügen.

 

Bundt auß Primuln und Aurikkeln

werden wir ihm Kräntzgens wikkeln/

wenn in wihder blauen Lüfften

wihder erst die Veilgens düfften.

Itzt verschnarcht er seinen Neid

in bedrogner Wachsamkeit!

* aus: Des Schäfers Dafnis Fress-, Sauf- & Venuslieder

 

Ivan Gorokhov, Peasant Girl by the Fireplace
Ivan Lavrentievich Gorokhov (1863-1934) war ein russischer Genre- und Landschaftsmaler.

Thomas Benjamin Kennington, The Warmth of the Fire
Thomas Benjamin Kennington (1856-1916) war ein englische Genremaler, sozialer Realist und Porträtmaler.

Bayerisches Volksgut

Der Bratapfel

 

Kinder, kommt und ratet,

was im Ofen bratet!

Hört, wie’s knallt und zischt.

Bald wird er aufgetischt,

der Zipfel, der Zapfel,

der Kipfel, der Kapfel,

der gelbrote Apfel.

Kinder, lauft schneller,

holt einen Teller,

holt eine Gabel!

Sperrt auf den Schnabel

für den Zipfel, den Zapfel,

den Kipfel, den Kapfel,

den goldbraunen Apfel!

Sie pusten und prusten,

sie gucken und schlucken,

sie schnalzen und schmecken,

sie lecken und schlecken

den Zipfel, den Zapfel,

den Kipfel, den Kapfel,

den knusprigen Apfel.

 

 

 

Elin Danielson-Gambogi,

A Girl by the Oven
Elin Kleopatra Danielson-Gambogi (1861-1919) war eine finnlandschwedische Malerin, die vornehmlich für realistische Porträts bekannt wurde.
 

Fred Endrikat 1890-1942

Lied vom alten Ofen

 

Ein Ofen steht einsam und abgehärmt

auf dem Hof in der Sonne, wo er sich wärmt.

Vom Rost verschandelt, mit Ruß beklebt,

so hat er den letzten Frühling erlebt.

Er hat zum Zimmer hinausgemußt,

dieweil er im Winter zu sehr gerußt.

Jetzt geht er bald ein zur ewigen Ruh.

Warte nur, balde rußest auch du!

 

 

Helene Schjerfbeck, At the Hearth
Helene Schjerfbeck (1862-1946) war eine finnlandschwedische Malerin.

Charles Frederic Ulrich, An Old Fireplace
Charles Frederic Ulrich (1858-1908) war ein amerikanisch-deutscher Maler.

Walter Langley, Fishwife beside the Hearth
Walter Langley (1852-1922) war ein englischer Maler des Spätimpressionismus und Mitbegründer der Newlyn School, einer Künstlerkolonie des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts.
 

Johann Wolfgang von Goethe 1749-1832

 

Ich komme bald, ihr goldnen Kinder,

Vergebens sperret uns der Winter

In unsre warmen Stuben ein.

 

Wir wollen uns zum Feuer setzen

Und tausendfältig uns ergötzen,

Uns lieben wie die Engelein.

 

Wir wollen kleine Kränzchen winden,

Wir wollen kleine Sträußchen binden

Und wie die kleinen Kinder sein.

 

 

Unbekannter Künstler, Frau am Kamin, Rijksmuseum Amsterdam

 

Jacobus Vrel,

An Old Woman by the Fireplace, 1650
Jacobus Vrel (auch Frel, Frell, Vrel, Frelle, Vrelle, Vreele, Vreelle, Vriel) (tätig um 1654–1662) gilt als niederländischer Maler von Interieurs und Straßenszenen.

Hanns von Gumppenberg 1866-1928

Der gute Ofen

 

Durchschnittsleute sind wie Ofenkacheln,

Die, wenn wir′ mal selbst nicht glühn und schwärmen,

Uns die Stube doch behaglich wärmen,

Kalten Stunden nehmen ihre Stacheln.

 

Darum schmäht den Ofen nicht, den braven!

Eine Wohltat ist er unsern Häuten:

Und auf seinen Bänken, die wir scheuten,

Läßt sich immer noch am besten schlafen.

 

Johan Michaël Schmidt Crans, Braving the Winter Cold
Johan Michaël Schmidt Crans (1830-1907) war ein niederländischer Historien- und Genremaler, Radierer und Lithograf.

Henry Edward Spernon Tozer, Minding the Fire
Henry Edward Spernon Tozer (1864-1955) war ein britischer Maler.

Henry John Dobson, Her ain fireside
Henry John Dobson (1858-1928) war ein schottischer Künstler.

Heinrich Heine 1797-1856

Altes Kaminstück

 

Draußen ziehen weiße Flocken

Durch die Nacht, der Sturm ist laut;

Hier im Stübchen ist es trocken,

Warm und einsam, stillvertraut.

 

Sinnend sitz ich auf dem Sessel,

An dem knisternden Kamin,

Kochend summt der Wasserkessel

Längst verklungne Melodien.

 

Und ein Kätzchen sitzt daneben,

Wärmt die Pfötchen an der Glut;

Und die Flammen schweben, weben,

Wundersam wird mir zumut'.

 

Dämmernd kommt heraufgestiegen

Manche längst vergeßne Zeit,

Wie mit bunten Maskenzügen

Und verblichner Herrlichkeit.

 

Schöne Fraun, mit kluger Miene,

Winken süßgeheimnisvoll,

Und dazwischen Harlekine

Springen, lachen, lustigtoll.

 

Ferne grüßen Marmorgötter,

Traumhaft neben ihnen stehn

Märchenblumen, deren Blätter

In dem Mondenlichte wehn.

 

Wackelnd kommt herbeigeschwommen

Manches alte Zauberschloß;

Hintendrein geritten kommen

Blanke Ritter, Knappentroß.

 

Und das alles zieht vorüber,

Schattenhastig übereilt –

Ach! da kocht der Kessel über,

Und das nasse Kätzchen heult.

 

 

 

Vincent van Gogh,

Der Mann ist auf See
Vincent Willem van Gogh (1853-1890) war ein niederländischer Maler und Zeichner; er gilt als einer der Begründer der modernen Malerei.
 

 

Lesser Ury, Frau am Kaminfeuer - Träumerei am Kamin, um 1890, Pastell auf Pappe, Privat-sammlung
Leo Lesser Ury (1861-1931) war ein deutscher Maler und Grafiker der impressionisti-schen Berliner Secession.
 

Fridolin Hofer 1861-1940

Träumerei am Kamin

 

Warum der Winterwind die kahlen Reiser

heut heftiger schüttelt

und wie von vielem, vielem Rufen heiser

an Türen und Fenstern rüttelt?

 

Das macht, er kommt auf seiner Weihnachtsreise

von Hütten der Armen.

Dort wartet und weint noch die Not in sich ganz leise,

vergessen vom Erbarmen.

 

 

 

Arthur Elsley,

In from the Cold
Arthur John Elsley (1860-1952) war ein englischer Maler der späten viktorianischen und edwardianischen Zeit.
 

Allan Österlind, Rollinat devant son âtre
Erik Allan August Österlind (1855-1938) war ein schwedischer Maler und Kupferstecher, der den größten Teil seines Lebens in Frankreich verbrachte.
 

Paul Hoecker, Abendstimmung
Paul Hoecker, auch Paul Höcker, (1854-1910) war ein deutscher Maler der Münchner Schule und Gründungsmitglied der Münchner Secession.

Eugen Roth 1895-1976

Der Ofen

 

Ein Mensch, der einen Ofen hat,

Zerknüllt ein altes Zeitungsblatt,

Steckt es hinein und schichtet stolz

Und kunstgerecht darauf das Holz

Und glaubt, indem er das entzündet,

Die Hoffnung sein nicht unbegründet,

Daß nun mit prasselndem Gelärme

Das Holz verbrenne und ihn wärme.

Er denkt mit Kohlen nicht zu geizen,

Kurzum, sich gründlich einzuheizen.

Jedoch, aus seines Ofens Bauch

Quillt nichts als beizend kalter Rauch.

Der Mensch, von Wesensart geduldig,

Hält sich allein für daran schuldig

Und macht es nun noch kunstgerechter.

Der Ofen zieht nur um so schlechter,

Speit Rauch und Funken wild wie Fafner.

Nun holt der Mensch sich einen Hafner.

Der Hafner redet lang und klug

Von Politik und falschem Zug,

Vom Wetter und vom rechten Rosten

Und sagt, daß es fünf Reichsmark koste.

Der Mensch ist nun ganz überzeugt,

Dem Ofen, fachgemäß beäugt

Und durchaus einwandfrei befunden,

Sei jetzt die Bosheit unterbunden.

Um zu verstehn des Menschen Zorn,

Lies dies Gedicht nochmal von vorn.

 

 

James Ensor, Sich wärmende Skelette - Skeletons warming themselves
James Sidney Ensor (1860-1949) war ein belgischer Maler und Zeichner, der neben Gemälden auch eine Vielzahl von Radierungen und Kaltnadelarbeiten schuf.
 

Das gefährlichste

Möbelstück ist die

›Lange Bank‹,
das gefährlichste

Instrument die

›Alte Leier‹.
Abraham a Sancta Clara

Wer Trinken, Rauchen und Sex aufgibt,

lebt auch nicht länger.

Es kommt ihm nur so vor.
Sigmund Freud

Tradition ist die Weitergabe des Feuers und nicht die Anbetung der Asche.
Gustav Mahler

Was wir brauchen,

sind ein paar verrückte Leute;

seht euch an,

wohin uns die Normalen gebracht haben.
George Bernard Shaw

Der Kluge lernt aus allem
und von jedem,
der Normale aus
seinen Erfahrungen und
der Dumme
weiß alles besser.
Sokrates
Es ist schon alles gesagt,
nur noch nicht von allen.
Karl Valentin

Um ernst zu sein,

genügt Dummheit,

während zur Heiterkeit

ein großer Verstand unerläßlich ist.
William Shakespeare

Blüte edelsten Gemütes
ist die Rücksicht;
doch zuzeiten
sind erfrischend

wie Gewitter
goldne Rücksichtslosigkeiten.

Theodor Storm

BuchKult

Franz Dewes

fjdewes@buchkult-dewes.de

 

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