Der Winter, ein schlimmer Gast,
sitzt bei mir zu Hause;
blau sind meine Hände
von seiner Freundschaft Händedruck.
Friedrich Nietzsche 1844-1900
Ich habe dich so lieb!
Ich würde dir ohne Bedenken
Eine Kachel aus meinem Ofen
Schenken.
Joachim Ringelnatz 1883-1934
Im rohten Fuchs-Pältz am Kamin
siht man mich itzt mein Pfeiffgen zihn ...
Arno Holz, Dafnis, s.u.
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Johann Gabriel Seidl 1804-1875
Am Kamin
Das Feuer flackert im Kamin,
Und rötet mein Gesicht;
Es ist ein eigner, tiefer Sinn,
Der aus den Gluten spricht.
Gefühle tauchen wunderbar
Aus Flamm' und Rauch empor;
Und Manches seh' ich, wie es war,
Und wie ich es verlor.
Bezeichnen kann ich's nimmermehr,
Es gibt kein klares Bild;
Nur schwankend spielt es um mich her,
Und stimmt mich weich und mild. —
Doch horch! was braust, was summt so fein
Im lichten Funkenspiel? —
Es mag wohl eine Träne sein,
Die in das Feuer fiel!
Anna Ritter 1865-1921
Am Kamin
Die Flammen liegen träumend im Kamin ...
Ich stoße mit dem Eisen hart hinein,
Daß sie, aus träger Ruhe aufgestört,
Sich lodernd auf den gelben Sohlen recken
Und mit dem heißen, rothen Mund empört,
In wilder Gier, nach meinen Händen lecken. -
Ja, lodert ... loht!
Erwärmt die kalte Hand,
In der das Blut so müden Pulsschlag schlägt,
Die nun so still das goldne Doppelband
Der Einsamkeit seit langen Jahren trägt. -
Sie ducken sich und kriechen scheu zusammen,
Sie flackern auf und züngeln um mich her
Und werfen ihren rothen Fackelschein
In meines Aug's erloschnen Glanz hinein. -
Was sucht ihr, Flammen?
Die Schwesterseele, die vor manchem Jahr
Gluthvoll wie ihr und lebensprühend war,
Die sich vermaß, die fliehenden Gestalten
Von Glück und Jugend kraftvoll fest zu halten?
Ach, die ist todt! -
Todt, wie ihr morgen seid,
Wenn euch die Asche der Vergänglichkeit
Begraben hat. Ihr zischt mich an und droht -
Ich aber weiß um eure bittre Noth,
Weiß, daß es Qualen sind, die euren Leib,
Den blühenden, zu grauem Staub verzehren.
Denn so wie ihr, hab ich, ein junges Weib,
Verzweifelnd um mein bischen Glück gerungen,
Und so wie euch, hat mich die Zeit bezwungen!
Adolf Friedrich von Schack 1815-1894
Am Kamin
Stürme, Dezember, vor meinem Gemach,
Hänge Zapfen von Eis an das Dach;
Nichts doch weiß ich vom Froste;
Hier am wärmenden, trauten Kamin
Ist mir, als ob des Frühlings Grün
Rings um mich rankte und sproßte.
All das Gezweig, wie es flackert und flammt,
Plaudert vom Walde, dem es entstammt,
Redet von seligen Tagen,
Als es, durchfächelt von Sommerluft,
Knospen und Blüten voll Glanz und Duft,
Grünende Blätter getragen.
Fernher hallenden Waldhornklang
Glaub' ich zu hören, Drosselgesang,
Sprudelnder Quellen Schäumen,
Tropfenden Regen durchs Laubgeäst,
Der die brütenden Vögel im Nest
Weckt aus den Mittagsträumen.
Stürme denn, Winter, eisig und kalt!
An den Kamin herzaubert den Wald
Mir der Flammen Geknister,
Bis ich bei Frühlingssonnenschein
Wieder im goldgrün schimmernden Hain
Lausche dem Elfengeflüster.
Johanna Ambrosius 1854-1939
Am Kamin
Ich liebe die Dämmerstunde,
Dann sitz‘ ich am trauten Kamin
Und seh‘, wie dem Flammenmunde
Viel lus’ge Gestalten entfliehn.
Sie winden wie Blumenleiber
Sich aus dem purpurnen Schoß
Und schmücken wie lustige Weiber
Den Busen mit güldener Ros‘.
Die Locken – schillernde Schlangen –
Züngeln herüber zu mir,
Sie hauchen auf meine Wangen
Erlosch’ne Jugendzier.
Und höher strecken im Glanze
Die Arme sie auf in die Nacht,
Im wilden, dämonischen Tanze,
Im Busen die Lust erwacht.
Unter versengenden Küssen,
Des Tanzes wildjagendem Lauf,
Der Sehnsucht nie stillendem Grüßen –
Zehren sie selber sich auf.
Ich lege den Kopf in die Hände
Und blick‘ in den schwarzen Kamin. –
Ach, könnten die tobenden Brände
Im Herzen so schnell verglühn!
Afanassi Afanassjewitsch Fet 1820-1892
Am Kamin
Die Kohlen löschen. Schatten schlingen
Sich mit der Glut zum schwanken Ring.
So trübt mit seinen blauen Schwingen
Den roten Mohn ein Schmetterling.
Es schwebt vor mir im Zwitterlichte
Der Wahngebilde holder Häuf,
Und unenträtselte Gesichte
Schaun aus der grauen Asche auf.
Ich sehe lieb und traut erstehen
Geschwundner Stunden Leid und Lust ...
O Herz, du lügst — du kannst nicht schmähen
Das, was du heiß beweinen mußt!
Otto Julius Bierbaum 1865-1910
Am Kamin
Draussen bläst der Wind und fegt
Flocken an die Fensterscheiben,
Mürrisch patrouillirt der Mond
Hinter dicken Wolkenwällen.
Am Kamin sitz ich und stütze
Meine Füsse auf das Gitter,
Und ich starre in die Gluthen,
In das heisse, helle Sterben.
Wie die Flammenzungen zucken,
Diese rothen Schlangenzungen;
Kleine blaue Flackerflämmchen
Beben wie erschrockene Seelen,
Und gluthgoldene Flammenschwerter
Stossen unablässig blitzend
In die leere Luft.
Hinter mir auf eichenem Tische
Singt der Samovar sein leises
Seufzerlied, auf dem Gesimse
Des Kamins tickt silbertönig
Die Pendüle; wie in Aengsten
Fegt die goldene Pendelscheibe
Hin und her.
Sinkt mir auf die Brust der Kopf,
Bebt's im Herzen mir wie Traum:
"Mai und Blüthen, Mai und Blüthen,
Erster Sang der Nachtigallen,
Zwischen duftenden Syringen
Haben wir die Nacht durchküsst - -"
Haben .. wir .. die Nacht .. durchküsst..
Aus dem tiefsten Herzen tauchen
Mir die Verse wie ein Träumen, -
Aber glaub' ich diesem Traume?
War es denn, das warme Leben
Mit den heissen, nahen Lippen?
War es denn?
Eis ist in mein Herz gefrostet,
Hartes Eis, hell wie Erfahrung,
Undurchdringlich starre Kruste,
Die kein Hoffen mehr durchbricht;
Schnee ist auf mein Haupt gefallen,
Schnee, den keine Sonne schmelzen,
Den kein Lenz verjagen wird.
Kalt und leer und stumm und farblos
Ist die ganze Welt mir worden,
Seit ich ihres Herzens Wärme
Nicht an meiner Brust mehr fühle,
Seit mir ihres Herzens Fülle
Nicht mehr lebt in tiefer Liebe,
Seit ihr Mund verstummt,
Der so innig sprach,
Seit ihr blaues Auge
Stier im Tode brach.
In den Flammen nur ist Leben.
Und dies Leben ist das heisse,
Jache, ungestüme Sterben.
Felix Dörmann 1870-1928
Am Kamin
Im Ofen knistert lustig laut das Feuer,
Phantastisch zucken Lichter hin und her,
Ins Spiel der Flammen starrt' ich, weltvergessen,
Mich überflutet der Gedanken Meer.
Vorüber zogen meiner Kindheit Tage,
So freud- und freundlos, wie bei Andern kaum,
Ein stumpfergebnes Tragen und Entsagen,
Kein sorgenloser, sonnenheller Traum – – –
Und halbzerdrückt sich von den Wimpern löste
Wohl eine Träne nach der andern leis',
Weiß nicht, ob Zornes- oder Sehnsuchtstränen –
Doch bitter waren sie und brennend heiß.
Carl Bulcke 1876-1936
Am Kamin
Die Füße am Kamin, zurückgelehnt,
Nach einem lauten Tag in müdem Säumen,
Lässt sich von allem, was das Herz ersehnt,
Um diese Zeit am allerbesten träumen.
Die Flamme sprüht in Ungewissem Licht;
Jäh loht sie auf und wie in blassem Rahmen
Steigt vor mir auf ein süßes Angesicht
Und meine Lippen nennen einen Namen,
Ein Sommertag. Im Garten stehn wir zwei.
Es ist Nachmittag. Alles liegt im Schweigen,
Sie pflückt sich Himbeern und sie lacht dabei
Und ihr Gesichtchen glüht aus grünen Zweigen.
Da ritzt die Hand ein Dorn. Ein Tröpfchen rann.
Sie küsst die Wunde und sie lacht verwegen:
„Die dumme Ranke.“ Und sie sieht mich an,
Und sieht mich an... und wird dann so verlegen, —
Und nun: Ich halt’ sie an den Schultern fest,
Sie wehrt sich lachend, sie wird rot, wir ringen:
„Wenn du dich jetzt nicht von mir küssen lässt,
Wart’ nur, Elisabeth, ich will dich zwingen!“
Ich halte sie im Arm, sie windet sich.. entweicht.
Küsst’ ich dich wirklich —? Ich vergaß es wieder.
Die kleine Flamme leuchtet, knistert leicht,
Und sinkt als weiße Asche langsam nieder.
Ludwig Seeger 1810-1864
Am Ofen
Mein Ofen summt und knurrt und zischt,
Die Gesellschaft ist heut sehr gemischt,
Die bei dem Alten zusammengetroffen,
Bald werden sie warm, sie werden offen.
Gleich vorn im Ofen, da lärmt für Zehne
Ein schmales Bündel Reisig und Späne,
Die prasseln und lodern hellauf wie Stroh
Und knistern und flackern lichterloh,
So dünn sie sind, so mager auch,
Sie brennen auf den ersten Hauch.
Verachtet mir nicht die kleinen Gesellen,
Die wussten sich unter den Wind zu stellen,
Sie haben zuerst den zündenden Funken
Herangelockt und gierig getrunken.
War kurz auch ihre Herrlichkeit,
Das starte Tannen-und Buchen-Scheit,
Der eichene Knorren, der dicke Patron,
Sie werden doch endlich warm davon.
Und als das Reisig in Staub zerfiel,
Da wurde nur schöner das Flammenspiel.
So ein altes, derbes, solides Scheit,
Das besinnt sich gemächlich, es nimmt, sich Zeit,
Hat seine Bedenken, das widersteht
Und sträubt sich, eh es ins Feuer gerät.
Erst, wenn die Kleinen sich ausgelärmt,
Wenn um und um die Luft durchwärmt,
Dann stehn auch die Alten im Flammenschein,
Und reden ein feuriges Wort darein
In ruhig ernstem, moralischem Ton,
Wer würde nicht erbaut davon?
Doch kommt noch mancher Zwischenfall,
Von Zeit zu Zeit ein tüchtiger Knall
Zeigt, dass die Romantik nicht ganz verendet
Und immer noch Knalleffekte spendet.
Zwar gehen sie nur von der Rinde aus,
Allein sie bringen doch Leben ins Haus.
Dann knistern und summen gesprächig weiter
Die halbverkohlten, würdigen Scheiter.
Man hört sie nicht schnarren und fluchen und schwören,
Man glaubt eine Kammerrede zu hören,
Ein Plädoyer für Altar und Thron
Voll loyaler Erudition,
Einen salbungsvollen Kanzelsermon.
Nun aber würde das Beste fehlen,
Die Gemütlichkeit, die zarte Seelen
Aushauchen in leisem, lyrischem Wimmern,
So wie man's hört in Kinderzimmern,
Wenn nicht die grünen Ästchen wären,
Die feuchten, ach, so reich an Zähren,
Herzbrechend tönt ihr Schluchzen ans Ohr,
Nun bricht ein Strom von Tränen hervor,
Das Ächzen und Stöhnen, halbverschluckt,
O könnten wir‘s nur lesen gedruckt!
So muss es in Rauch und Dampf verwehn,
Und willst du nach all' dem Jammer fehn,
Gefühlvoll öffnen die Ofentür,
Dringt gleißend und beißend nur Rauch herfür,
Der, wenn du davon dich räuchern lässt,
Dir Tränen aus den Augen presst.
Nun tut's noch einen dumpfen Knall,
Dann ist die Unterhaltung all,
Es flötet, es lispelt, es seufzt nur noch
Hinsterbend leis im Ofenloch,
Es ist ein rührend elegisches Flennen: —
Das Feuer aber will nicht mehr brennen.
Isabelle Kaiser 1866-1925
Am Herd
Am Herd, im stillen Winkel,
Da wacht Genügsamkeit
Und hält im irdnen Topfe
Das Vespermahl bereit.
Am Webstuhl in der Kammer,
Da sitzt im Dämmerschein
Die stinke Schar der Träume
Und webt mein Leben ein.
Erinnerung spinnt am Rocken
Und singt ein Lied dabei,
Und die Gedanken huschen
Aus Ecken scheu herbei.
Am Ofen spult die Ratze,
Es strickt mein Mütterlein,
Und draußen hüllen Flocken
Die Welt in Unschuld ein.
So gehen emsige Geister
Verstohlen ein und aus,
Und doch herrscht heil'ge Stille,
Als ging' der Herr durchs Haus.
Arno Holz 1863-1929
Dafnis*
Er freut sich/
daß es Winter ist
Ode Jambo-Dactylica.
Der Ofen singt/ es schneyt.
Du lihbe Weihnachts-Zeit!
Rükk her/ du Traute;
bey Frost und Feuer-Schein/
zu Moßkateller Wein/
klingt süß die Laute.
Herr Febus wird gantz fett.
Er trukkt sein Himmel-Bett
itzt vihl zu lange.
Mars lihß sein Mord-Geschrey/
Bachus/ dein Straussen-Ey
macht ihm itzt bange!
Rund ümb den Disch herum
ein Conventiculum
siht man ihn halten.
Wer sich ihm nicht gleich fügt/
dem würd er still-vergnügt
den Scheddel spalten.
Die lihbe lange Nacht/
daß fast die Schwarte kracht/
hört man ihn brahlen.
Volcan brännt Mann for Mann
jedem das Pfeiffgen an/
horcht/ wie sie krahlen:
Hannß Thumm regirt die Welt/
for Ulmer Silber-Geldt
kan man sie kauffen.
Daß bleibt ihr bäster Charme/
ein rundes Kind im Arm
und Broihan sauffen! –
Itzt will ich frölig seyn/
bakkt mir ein Ringel-Schwein/
darzu Saulaten.
Stopfft es gantz voll Confäkkt/
daß es noch bässer schmäkkt/
hihr drey Dukahten!
Sind denn nicht Mägdgens da?
Ich bün der Padischa.
Bon soir/ Grittgen!
Daß sich dein Hertz erbarm/
gleich drümb so lihgt mein Arm
qwer ümb dein Mittgen.
Du nakkte Cyprie/
dein runder Feuer-Schnee
hat mich entzündet;
du Milch-gemischtes Bluht/
du göldne Rohsen-Gluht/
dreyn Alles mündet!
Spüzz deinen Purpur-Mund/
dein Duppel Kugel-Rund
füll mir die Finger!
Verstrikk/ verfässle mich/
du kleiner Wütherich/
du Hertz-Betzwinger!
Für einer Marmol-Haut
hat mir noch nie gegraut/
ich kans nicht lassen/
fühl ich wo rund ein Knie/
dihses voll Cortesie
fäst zu ümbfassen!
Flinck/ lösch die Lichter auß/
weil sich lengst bundt ümbs Hauß
die Sterne drehen!
Noch wenn der Morgen scheint/
soll er uns froh-vereint
bey sammen sehen!
* aus: Des Schäfers Dafnis Fress-, Sauf- & Venuslieder
Arno Holz 1863-1929
Dafnis*
Es fegt so grimm kalt/
daß er mehr nur noch für seinen Ofen hokkt
Ode Trochaica.
Itzo/ da der Winter meist
nichts wie Schnee und Hagel schmeißt/
draut man sich auß seinem Hauß
kaum mit halber Nase rauß;
denn es sind uns sonst die Ohren
gleich gantz dikk mit Eyß befroren.
Drümb so sezzt man seinen Sinn
auff ein volles Wämbstrichin.
Eyer-Muhß mit Amber dreyn
schlingert man in sich hinein/
und wie süß zum Koffe schmäkken
morgens itzt die Botter-Wäkken!
Karpen/ Stintckens/ Plötzckens/ Hächt/
alles kömbt uns itzo rächt/
Schüncken/ Wörste/ Sauer-Kraut
und waß man noch sonst verdaut.
Ingwergens und Citronaten
sind itzt gleichfalls wohl-gerathen.
Hat man dan genug gebappt/
fühlt man/ daß man kaum mehr jappt/
zihmbt ein Schlückgen Aqwa vit/
weil man nicht den Kirch-Thurm siht.
Doch man weiß/ es ragt derselbe
noch ins obre Blau-Gewelbe.
Drauff so drukkt man Dorime
zährtlig auff das Canape/
butzt ihr Schnuhtzgen und enthüllt
waß ihr brall das Mihder füllt;
denn man muß nach solchen Sachen
sich ein Mouvementgen machen.
Ihrer Äuglein flincker Lauff
fordert uns zum Spihlen auff/
und sie kikkert und sie lacht/
biß ihr pumps/ das Bältzgen kracht.
So nur kan man mit Behagen
Boreas ein Knüppgen schlagen!
* aus: Des Schäfers Dafnis Fress-, Sauf- & Venuslieder
Arno Holz 1863-1929
Dafnis*
Er freut sich/
daß es wihder Winter wird
Qwodlibet.
Wihder ob der Flüssgens Rükken
baut der Winter blancke Brükken/
rund ümb den Marieen-Thurm
wettert schon sein Schlossen-Sturm.
Ümb die dikk verschneyte Bohlen
zancken krächtzend sich die Dohlen
und man hört für allen Dingen/
wie die Schlitten-Glökkgens klingen.
Im rohten Fuchs-Pältz am Kamin
siht man mich itzt mein Pfeiffgen zihn/
weil man/ wenn es draussen flokkt/
gern auff seinem Stübgen hokkt.
Ceres nöthigt mich zum Essen/
Bachus schänckt mir dapffer eyn/
gantz und gar bleibt ohnvergessen
Sauer-Schwartz und Hasen-Klein.
Kraußgebakknes/ Mandel-Krehm
munden mir drauff angenehm;
sälbst ein Reb-Huhn/ prikk und zahrt/
hat man mir letzt auffgespahrt.
Gern nach solchem fätten Schmauß
spühl ich mir die Gurgel auß/
denn man muß/ trutz all däm Prassen/
auch auff sein Gesund-seyn passen!
Ein Gläßgen Marziminer
hat mich noch stäts erqwikkt/
gleich heissts ergebner Diener/
sorbald man sich erblikkt!
Süß ists/ wenn zur Veßper-Zeit/
es dan graupelt/ stihmt und schneyt/
abens spihlt man Blinde Kuh
und hört dem Öpffel-Brahten zu.
Dorillgen/ gäntzlich ohngeschnührt/
sorgt for mir/ wie sichs gebührt;
gleich so lässt sie ihren Mann/
wenn sie mir waß helffen kan.
Ümb den Haltz ein Pärlen-Kettgen/
zihrt sie mir mein Kabinettgen/
daß ich hindter ihrer Schürtze
gleichsahm mir die Zeit verkürtze.
Ihre Augen/ ihre Brust/
alles lacht an ihr für Lust/
Lökkgens kikkern ihr im Nakken/
Grübgens auff den Hindter-Bakken!
Schon mit ihren blohßen Blikken
kan sie gleichsahm mich erqwikken/
sie ist for ihren alten Knoll
zu Lilien-weiß und Rohsen-voll!
Mit Knall-Konfäkkt und Bommerantzen
bestopfft er sich den dikken Pantzen;
ich gläub/ so war noch niemahls feister
kein Amsterdammer Burgermeister!
Ihn ab und zu so rächt bedrügen/
ist uns ein schaudrigtes Vergnügen.
Bundt auß Primuln und Aurikkeln
werden wir ihm Kräntzgens wikkeln/
wenn in wihder blauen Lüfften
wihder erst die Veilgens düfften.
Itzt verschnarcht er seinen Neid
in bedrogner Wachsamkeit!
Bayerisches Volksgut
Der Bratapfel
Kinder, kommt und ratet,
was im Ofen bratet!
Hört, wie’s knallt und zischt.
Bald wird er aufgetischt,
der Zipfel, der Zapfel,
der Kipfel, der Kapfel,
der gelbrote Apfel.
Kinder, lauft schneller,
holt einen Teller,
holt eine Gabel!
Sperrt auf den Schnabel
für den Zipfel, den Zapfel,
den Kipfel, den Kapfel,
den goldbraunen Apfel!
Sie pusten und prusten,
sie gucken und schlucken,
sie schnalzen und schmecken,
sie lecken und schlecken
den Zipfel, den Zapfel,
den Kipfel, den Kapfel,
den knusprigen Apfel.
Fred Endrikat 1890-1942
Lied vom alten Ofen
Ein Ofen steht einsam und abgehärmt
auf dem Hof in der Sonne, wo er sich wärmt.
Vom Rost verschandelt, mit Ruß beklebt,
so hat er den letzten Frühling erlebt.
Er hat zum Zimmer hinausgemußt,
dieweil er im Winter zu sehr gerußt.
Jetzt geht er bald ein zur ewigen Ruh.
Warte nur, balde rußest auch du!
Johann Wolfgang von Goethe 1749-1832
Ich komme bald, ihr goldnen Kinder,
Vergebens sperret uns der Winter
In unsre warmen Stuben ein.
Wir wollen uns zum Feuer setzen
Und tausendfältig uns ergötzen,
Uns lieben wie die Engelein.
Wir wollen kleine Kränzchen winden,
Wir wollen kleine Sträußchen binden
Und wie die kleinen Kinder sein.
Hanns von Gumppenberg 1866-1928
Der gute Ofen
Durchschnittsleute sind wie Ofenkacheln,
Die, wenn wir′ mal selbst nicht glühn und schwärmen,
Uns die Stube doch behaglich wärmen,
Kalten Stunden nehmen ihre Stacheln.
Darum schmäht den Ofen nicht, den braven!
Eine Wohltat ist er unsern Häuten:
Und auf seinen Bänken, die wir scheuten,
Läßt sich immer noch am besten schlafen.
Heinrich Heine 1797-1856
Altes Kaminstück
Draußen ziehen weiße Flocken
Durch die Nacht, der Sturm ist laut;
Hier im Stübchen ist es trocken,
Warm und einsam, stillvertraut.
Sinnend sitz ich auf dem Sessel,
An dem knisternden Kamin,
Kochend summt der Wasserkessel
Längst verklungne Melodien.
Und ein Kätzchen sitzt daneben,
Wärmt die Pfötchen an der Glut;
Und die Flammen schweben, weben,
Wundersam wird mir zumut'.
Dämmernd kommt heraufgestiegen
Manche längst vergeßne Zeit,
Wie mit bunten Maskenzügen
Und verblichner Herrlichkeit.
Schöne Fraun, mit kluger Miene,
Winken süßgeheimnisvoll,
Und dazwischen Harlekine
Springen, lachen, lustigtoll.
Ferne grüßen Marmorgötter,
Traumhaft neben ihnen stehn
Märchenblumen, deren Blätter
In dem Mondenlichte wehn.
Wackelnd kommt herbeigeschwommen
Manches alte Zauberschloß;
Hintendrein geritten kommen
Blanke Ritter, Knappentroß.
Und das alles zieht vorüber,
Schattenhastig übereilt –
Ach! da kocht der Kessel über,
Und das nasse Kätzchen heult.
Fridolin Hofer 1861-1940
Träumerei am Kamin
Warum der Winterwind die kahlen Reiser
heut heftiger schüttelt
und wie von vielem, vielem Rufen heiser
an Türen und Fenstern rüttelt?
Das macht, er kommt auf seiner Weihnachtsreise
von Hütten der Armen.
Dort wartet und weint noch die Not in sich ganz leise,
vergessen vom Erbarmen.
Eugen Roth 1895-1976
Der Ofen
Ein Mensch, der einen Ofen hat,
Zerknüllt ein altes Zeitungsblatt,
Steckt es hinein und schichtet stolz
Und kunstgerecht darauf das Holz
Und glaubt, indem er das entzündet,
Die Hoffnung sein nicht unbegründet,
Daß nun mit prasselndem Gelärme
Das Holz verbrenne und ihn wärme.
Er denkt mit Kohlen nicht zu geizen,
Kurzum, sich gründlich einzuheizen.
Jedoch, aus seines Ofens Bauch
Quillt nichts als beizend kalter Rauch.
Der Mensch, von Wesensart geduldig,
Hält sich allein für daran schuldig
Und macht es nun noch kunstgerechter.
Der Ofen zieht nur um so schlechter,
Speit Rauch und Funken wild wie Fafner.
Nun holt der Mensch sich einen Hafner.
Der Hafner redet lang und klug
Von Politik und falschem Zug,
Vom Wetter und vom rechten Rosten
Und sagt, daß es fünf Reichsmark koste.
Der Mensch ist nun ganz überzeugt,
Dem Ofen, fachgemäß beäugt
Und durchaus einwandfrei befunden,
Sei jetzt die Bosheit unterbunden.
Um zu verstehn des Menschen Zorn,
Lies dies Gedicht nochmal von vorn.