Der Kamin ist das Tulpenbeet
eines Wintertages.
Aus Persien
___________________________________________
Die meisten Grafiken auf dieser Website können durch Anklicken mit der linken Maustaste vergrößert dargestellt werden. Sollte dies nicht funktionieren, steht mir die entsprechende Grafik leider nicht in einer größeren Auflösung zur Verfügung.
Hinter Textstellen in blauer
Farbe verstecken sich Links, entweder zu anderen Seiten dieser Website oder zu externen Sites (z.B. Wikipedia, Youtube ...).
Johann Rist 1607-1666
Der Winter hat sich angefangen,
der Schnee bedeckt das ganze Land,
der Sommer ist hinweggegangen,
der Wald hat sich in Reif verwandt.
Die Wiesen sind vom Frost versehret,
die Felder glänzen wie Metall,
die Blumen sind in Eis verkehret,
die Flüsse stehn wie harter Stahl.
Wohlan, wir wollen wieder von uns jagen
durchs Feuer das kalte Winterleid!
Kommt, laßt uns Holz zum Herde tragen
und Kohlen dran, jetzt ist es dran.
Matthias Claudius 1740-1815
Ein Lied
hinter’m Ofen zu singen
Der Winter ist ein rechter Mann,
Kernfest und auf die Dauer;
Sein Fleisch fühlt sich wie Eisen an,
Und scheut nicht Süß noch Sauer.
War je ein Mann gesund, ist er’s;
Er krankt und kränkelt nimmer,
Weiß nichts von Nachtschweiß noch Vapeurs
Und schläft im kalten Zimmer.
Er zieht sein Hemd im Freien an,
Und läßt’s vorher nicht wärmen;
Und spottet über Fluß im Zahn
Und Kolik in Gedärmen.
Aus Blumen und aus Vogelsang
Weiß er sich nichts zu machen,
Haßt warmen Drang und warmen Klang
Und alle warme Sachen.
Doch wenn die Füchse bellen sehr,
Wenn’s Holz im Ofen knittert,
Und um den Ofen Knecht und Herr
Die Hände reibt und zittert;
Wenn Stein und Bein vor Frost zerbricht,
Und Teich’ und Seen krachen;
Das klingt ihm gut, das haßt er nicht,
Denn will er sich todt lachen. –
Sein Schloß von Eis liegt ganz hinaus
Beym Nordpol an dem Strande;
Doch hat er auch ein Sommerhaus
Im lieben Schweizerlande.
Da ist er denn bald dort bald hier,
Gut Regiment zu führen.
Und wenn er durchzieht, stehen wir
Und sehn ihn an und frieren.
Arno Holz 1863-1929
Winter
Du lieber Frühling! Wohin bist du gegangen?
Noch schlägt mein Herz, was deine Vögel sangen.
Die ganze Welt war wie ein Blumenstrauß,
Längst ist das aus!
Die ganze Welt ist jetzt, o weh,
Barfüßle im Schnee.
Die schwarzen Bäume stehn und frieren,
Im Ofen die Bratäpfel musizieren,
Das Dach hängt voll Eis.
Und doch: bald kehrst du wieder, ich weiß, ich weiß!
Bald kehrst du wieder,
O nur ein Weilchen,
Und blaue Lieder
Duften die Veilchen!
Rainer Maria Rilke 1875-1926
Ich bin zu Hause
Ich bin zu Hause zwischen Tag und Traum.
Dort wo die Kinder schläfern, heiß vom Hetzen,
dort wo die Alten sich zu Abend setzen,
und Herde glühn und hellen ihren Raum.
Ich bin zu Hause zwischen Tag und Traum.
Dort wo die Abendglocken klar verlangen
und Mädchen, vom Verhallenden befangen,
sich müde stützen auf den Brunnensaum.
Und eine Linde ist mein Lieblingsbaum;
und alle Sommer, welche in ihr schweigen,
rühren sich wieder in den tausend Zweigen
und wachen wieder zwischen Tag und Traum.
Joseph Victor von Scheffel 1826-1886
Nun liegt die Welt umfangen
Nun liegt die Welt umfangen
Von starrer Winternacht,
Was frommt's, daß am Kamin ich
Entschwundner Lieb gedacht?
Das Feuer will erlöschen,
Das letzte Scheit verglüht,
Die Flammen werden Asche,
Das ist das End vom Lied,
Das End vom alten Liede,
Mir fällt kein neues ein,
Als Schweigen und Vergessen –
Und wann vergäß' ich dein?
Bruno Wille 1860-1928
Dämmerstündchen
Dämmerstündchen im frostigen Winter,
Dämmerstündchen im traulichen Stübchen ...
Wenn da draußen über den harten
Knarrenden Schnee ein kragenvermummter
Mann mit dampfendem Atem eilt,
Ohren und Nase rotgezwickt ...
Wolkig umhüllt, mit Schnauben und Stampfen
Ziehn zwei Pferde den wuchtigen Wagen ...
Und der Schusterjunge im Schurzfell
Trabt und haucht in die klamme Hand ...
Rötlich strahlt die Straßenlaterne;
Über dem schneebelasteten Hausdach
Blinzelt der Abendstern.
Dämmerstündchen im frostigen Winter,
Dämmerstündchen im traulichen Stübchen ...
Wärme strahlt der gewaltige Ofen,
Muntre Flammen durchäugeln den Spalt;
Und ich dehne behaglich die Glieder,
Lausche dem lieblich summenden Singsang
Des melodisch sinnigen Kessels;
Hitzig brät indessen der Apfel,
Den lieb Mütterchen mir verehrte.
Fernher klingelt ein Schlitten - fernhin;
Und die ruhige Seele träumt.
Richard Dehmel 1863-1920
Rauch und Funken flüstern im Kamin
Rauch und Funken flüstern im Kamin:
Unruh ist, wo Feuergeister hausen,
Unruh, wo die kühlen Wolken ziehn –
horch, die halbentlaubten Pappeln brausen.
Horch – da legt sich das Gemurr der Flammen:
ein Weib nimmt all ihr Selbstgefühl zusammen:
Mir sagt der Geist, wir wollen Ruhe haben!
Und sperr ich dir den Weg zur Tat, nun gut:
du sollst nicht sagen, ich sei dein Wankelmut:
geh hin, sei frei! und nimm mein Hab und Gut
in deinen Dienst wie andre Freundesgaben! –
Was stehst du nun und staunst mich lächelnd an?
Lukas! – welch Rätsel bist du, Mann –
Sie will in seinen Augen lesen;
es blaut ein Glanz darin wie nie zuvor.
Die Flammen geistern hell und laut empor.
Ein Mann bekennt sein stillstes Wesen:
Ja, staun ihn an, den Mann – hier steht er, lacht,
der einst mit furchtbar heiligem Ernst gedacht:
ich bin bös gut, ich bin ein Geist,
an dem die Überlebten sterben,
verführt von ihm, sich vollends zu verderben,
damit der Weltlauf schneller kreist –
so macht sich der gebrechlichste Verbrecher
im Handumdrehn zum Richter und zum Rächer,
bis ihn die Welt in seine Schranken weist.
Das war’s; drum hatt’ich Helfershelfer von Nöten.
Drum steh ich jetzt und beichte mit Erröten:
gewichtige Mittel zu nichtigen Zwecken,
das ist die Taktik der Gaukler und Gecken –
ein einzig’ Fünkchen neue Tugend wecken
frommt mehr, als tausend alte Sünder töten.
Und bist du jetzt noch mein mit Hab und Gut,
dann, Fünkchen, hei: hell lacht die Glut!
Die Flammen murmeln eine Wunder-Erzählung:
zwei Geister feiern ihre Vermählung.
Josef Weinheber 1892-1945
Der Herd
Geisterbewohnt
urehrwürdigster Ort,
nährendes Feuer vererbst
du den Sterblichen fort;
Feuer das beste ist
uns, die erdegeborn.
Um die gehütete Glut
sippen wir unverlorn.
Wasser vom Himmel stürzt,
Sturm fährt sausend ums Haus.
Wir darin sind gefeit,
geht nur die Glut nicht aus.
Würde des Hauses, Stolz,
Ehr und Sitte dazu —
und dem Fremden, der friert,
gastlich geneigt bist du.
Hilfst kunstfertiger Hand;
um Geschmied und Geschmeid
essengewaltig zuckt
sprühend die Flamm vom Scheit.
Altarmaßen gefügt,
stehst du, helle und heil,
gibst die göttliche Kraft
noch deiner Asche zuteil:
Auf die Fluren gestreut,
neuem Wachstum zugut,
bannend Dürre und Fraß
und der Unholden Wut —
Immer ein Funke von dir
springt in das Menschenherz,
daß es Heimat erführ'
oder den Heimwehschmerz.
Georg Trakl 1887-1914
Im Winter
Der Acker leuchtet weiß und kalt.
Der Himmel ist einsam und ungeheuer.
Dohlen kreisen über dem Weiher
Und Jäger steigen nieder vom Wald.
Ein Schweigen in schwarzen Wipfeln wohnt.
Ein Feuerschein huscht aus den Hütten.
Bisweilen schellt sehr fern ein Schlitten
Und langsam steigt der graue Mond.
Ein Wild verblutet sanft am Rain
Und Raben plätschern in blutigen Gossen.
Das Rohr bebt gelb und aufgeschossen.
Frost, Rauch, ein Schritt im leeren Hain.
Joachim Ringelnatz 1883-1934
Draußen schneit's
Wir hatten ein Schaukelpferd vorher gekauft.
Aber nachher kam gar kein Kind.
Darum hatten wir damals das Pferd dann Bubi getauft. –
Weil nun die Holzpreise so unerschwinglich sind;
Und ich nun doch schon seit Donnerstag
Nicht mehr angestellt bin, weil ich nicht mehr mag;
Haben wir's eingeteilt. Und zwar:
Die Schaukel selbst für November,
Kopf und Beine Dezember,
Rumpf mit Sattel für Januar.
Ich gehe nie wieder in die Fabrik.
Ich habe das Regelmäßige dick.
Da geht das Künstlerische darüber abhanden.
Wenn die auch jede Woche bezahlen,
Aber nur immer Girlanden und wieder Girlanden
Auf Spucknäpfe malen,
Die sich die Leute doch nie begucken,
Im Gegenteil noch drauf spucken, – –
Das bringt ja ein Pferd auf den Hund.
Als freier Künstler kann ich bis mittags liegen
Bleiben. – Na und die Frau ist gesund.
Es wird sich schon was finden, um Geld beizukriegen.
Anna und ich haben vorläufig nun
Erst mal genug mit dem Bubi zu tun.
Rumpf zersägen, Beine rausdrehn,
Nägel rausreißen, Fell abschälen.
Darüber können Wochen vergehn.
Das will auch gelernt und verstanden sein,
Sonst kann man sich daran zu Tode quälen.
Solches Holz ist härter als Stein.
Dann spalten und Späne zum Anzünden schneiden
Und tausenderlei.
Aber das tut uns gut, uns beiden,
Sich mal so körperlich auszuschwitzen.
Außerdem kann man ja dabei
Ganz bequem auf dem Sofa sitzen;
Raucht seine Pfeife, trinkt seinen Tee,
Und vor allem: Man ist eben frei!
Man hat sein eigenes Atelier.
Man hat seinen eigenen Herd;
Da wird ein Feuerchen angemacht –
Mit Bubipferd –,
Daß die Esse kracht.
Und die Anna singt und die Anna lacht.
Da können wir nach Belieben
Die Arbeit auf später verschieben.
Denn wenn man das Gas uns sperren läßt
Oder kein Bier ohne Bargeld mehr gibt,
Dann kriechen wir gleich nach Mittag ins Nest
Und schlafen, solange es uns beliebt.
Freilich: Der feste Lohn fällt nun fort,
Aber die Freiheit ist auch was wert.
Und das mit dem Schaukelpferd
Ist jetzt unser Wintersport.
Johannes Trojan 1837-1915
Wintersonnenschein
Wie lieblich fällt der Wintersonnenschein
Mit hellem Glanz ins Zimmer mir herein.
Eisblumen an den Fenstern taut er fort,
Die in der Nacht der Frost gewoben dort.
Auf armer Zimmerpflanzen Blättern dann
Weilt freundlich er und blickt sie tröstend an.
Aufglänzen Bilder jetzt, von ihm berührt,
Jetzt Bücherreihn, mit Gold von ihm verziert.
Sein Licht jetzt flimmernd um den Ofen spielt,
Als fragt' es scherzend, ob er es wohl fühlt.
Jetzt fällt ein Strahl auf ein geschliffnes Glas,
Und — o, seht her! — wie wunderbar ist das!
Aufleuchtet plötzlich an des Zimmers Wand
Ein Farbenbild, das zauberhaft entstand.
Dieselben bunten Farben sind es, die
Der Himmel einst den Fluren draußen lieh,
Die in den Blumenkelchen ohne Zahl
Einst wachgeküßt der Sommersonne Strahl;
Die, ach, verschwanden, als der grimme Gast,
Der Winter, kam. Wie schnell sind sie verblaßt!
Doch nicht für immer schwanden sie, es streut
Der Lenz sie wieder, wenn er sich erneut.
In Wald und Feld, auf Wiesen und am Rain
Schafft sie aufs neu der Frühlingssonnenschein.
Und jetzt im Winter schon zeigt sie mir all
Der Sonnenstrahl, gebrochen vom Kristall,
Vergänglicher noch als die bunte Pracht
Der Blumen, einem Traumbild gleich der Nacht.
Nicht an den Körpern haftend, nur ein Schein,
Und doch so schön, so leuchtend und so rein.
So glänzen sie am Wintertage mir,
Zukünft'ger Frühling, wie ein Gruß v on dir!
Johann Klaj 1616-1656
Vorzug des Winters
Ich stehe, kaum gehe, verfroren vom Eise,
nur schleiche, nicht weiche nach Altertums weise,
ich lebe und gebe gesundeste Speise,
am Ofen ohn Frost
da schmecket der Most
zu Federwildskost.
Lasst blasen, lasst rasen der Jägerfrau Hörner,
den wacker im Acker zerstochen die Dörner
sich nähret, verzehret jetzt körnichte Körner,
man schlachtet das Schwein
und salzet es ein,
daß lange muß sein.
Der Lenzen zu Kränzen die Sommerblüh pflocke,
zum Leben der Reben der Freudenherbst locke,
du drehe, du wehe mein Winter und flocke,
da ruhet das Feld,
da schläfet die Welt
im fedrigen Zelt.
Friedrich Halm 1806-1871
Schneegestöber
Schneegestöber wirbelt hin
Um die eisbelegten Scheiben,
Und behaglich vom Kamin
Schauen wir der Flocken Treiben.
Freuen uns, daß weich und lind
Wärme rings uns hält umwoben,
Während draußen Schnee und Wind
Kämpfend durcheinander toben.
Laß denn auch, wenn draußen wild
Alte Zeit und neue ringen,
Laß dieselbe Ruhe mild
Uns der Seele Mark durchdringen!
Laß uns froh der innern Glut,
Will uns Wintersturm umnachten,
Flüchten in der Liebe Hut
Und des Lebens Frost verachten.
Mag dann wirr wie Flockenschwarm
Tag für Tag vorübertreiben,
Bleiben uns die Herzen warm,
Wird die Zeit auch hell uns bleiben.
Mag dann fliehen Jahr für Jahr,
Wenn wir wie vor Jahren lieben,
Dann ergraut uns wohl das Haar,
Doch wir selbst sind jung geblieben.
Ludwig Hölty 1748-1776
Trinklied im Winter
Das Glas gefüllt!
Der Nordwind brüllt,
Die Sonn' ist niedergesunken!
Der kalte Bär
Blinkt Frost daher,
Getrunken, Brüder, getrunken!
Die Tannen glühn
Hell im Kamin,
Verstreuen knatternd die Funken!
Der edle Rhein
Gab uns den Wein,
Getrunken, Brüder, getrunken!
Der edle Most
Verscheucht den Frost,
Und zaubert Frühling hernieder;
Der Trinker sieht
Den Hain entblüht
Und Büsche wirbeln ihm Lieder!
Er hört Gesang,
Und Harfenklang,
Und schwankt durch blühende Lauben;
Ein Mädchenchor
Rauscht schnell hervor,
Und bringt ihm goldene Trauben!
Sauf' immerfort,
O Winternord,
Im schneebelasteten Haine;
Nur streu dein Eis,
O lieber Greis,
In keine Flaschen mit Weine!
Die stolze Frau
Färb braun und blau,
Die Ahnenschwindel erfüllet;
Nur mußt du fliehn
Den Hermelin,
Der junge Busen verhüllet!
Rainer Maria Rilke 1875-1926
Die hohen Tannen atmen heiser
im Winterschnee, und bauschiger
schmiegt sich sein Glanz um alle Reiser.
Die weißen Wege werden leiser,
die trauten Stuben lauschiger.
Da singt die Uhr, die Kinder zittern:
Im grünen Ofen kracht ein Scheit
und stürzt in lichten Lohgewittern, –
und draußen wächst im Flockenflittern
der weiße Tag zur Ewigkeit.
Ludwig Eichrodt 1827-1892
Winterfreuden
Nicht nur der Sommer, sondern auch
Der Winter hat sein Schönes,
Wiewohl man friert bei seinem Hauch,
So ist doch dies und jenes
Im Winter wirklich angenehm,
Besonders daß man sich bequem
Kann vor dem Frost bewahren,
Und auch im Schlitten fahren.
Das weite Feld ist kreidenweiß,
Wem machte das nicht Freuden?
Die Knaben purzeln auf dem Eis,
Wenn sie zu hurtig gleiten,
Und ist nicht die Bemerkung schön,
Bei Leuten, die zu Fuße geh'n,
Daß sie schier alle springen
Und mit den Händen ringen?
Und wenn man sich versehen hat,
Mit Holz, um einzuheizen,
So muß die Wärme früh und spat
Uns zum Vergnügen reizen,
Man richtet mit zufried'nem Sinn
Den Rücken an den Ofen hin,
Und wärmet sich nach Kräften
Für Haus- und Hofgeschäften.
Ein altes Buch zur Abendzeit
Muß ich zumeist doch lieben,
Wenn man da liest die Albernheit
Der Vorzeit schön beschrieben,
Man sitzt und liest und freuet sich
Und danket Gott herzinniglich
Genügsam und bescheidten
Für uns're jetzgen Zeiten.
Leon Vandersee* ?-1907
Winterabend
Das Feuer knistert im Ofen,
Hell lodert die rote Glut –
Wir rücken dicht an die Flammen,
So plaudert und träumt sich's gut.
Hier innen trauliche Wärme
Und süßer Maiblumenduft –
Dort draußen das Flockengeriesel
Und eisige Winterluft.
Leg noch ein Scheit zu den andern
Und schüre die Flammenglut,
Dann gib mir, Lieb, deine Hände –
So plaudert und träumt sich's gut.
*eigentlich Helene von Tiedemann
Conrad Ferdinand Meyer 1825-1898
Die Füße im Feuer
Wild zuckt der Blitz. In fahlem Lichte steht ein Turm
Der Donner rollt. Ein Reiter kämpft mit seinem Roß
Springt ab und pocht ans Tor und lärmt. Sein Mantel saust
Im Wind. Er hält den scheuen Fuchs am Zügel fest.
Ein schmales Gitterfenster schimmert goldenhell
Und knarrend öffnet jetzt das Tor ein Edelmann ...
"Ich bin ein Knecht des Königs, als Kurier geschickt
Nach Nîmes. Herbergt mich! Ihr kennt des Königs Rock!"
"Es stürmt. Mein Gast bist du. Dein Kleid, was kümmerts mich?
Tritt ein und wärme dich! Ich sorge für dein Tier!"
Der Reiter tritt in einen dunkeln Ahnensaal,
Von eines weiten Herdes Feuer schwach erhellt,
Und je nach seines Flackerns launenhaftem Licht
Droht hier ein Hugenott im Harnisch, dort ein Weib,
Ein stolzes Edelweib aus braunem Ahnenbild ...
Der Reiter wirft sich in den Sessel vor dem Herd
Und starrt in den lebendgen Brand. Er brütet, gafft ...
Leis sträubt sich ihm das Haar. Er kennt den Herd, den Saal ...
Die Flamme zischt. Zwei Füße zucken in der Glut.
Den Abendtisch bestellt die greise Schaffnerin
Mit Linnen blendend weiß. Das Edelmägdlein hilft.
Ein Knabe trug den Krug mit Wein. Der Kinder Blick
Hangt schreckensstarr am Gast und hangt am Herd entsetzt ...
Die Flamme zischt. Zwei Füße zucken in der Glut.
"Verdammt! Dasselbe Wappen! Dieser selbe Saal!
Drei Jahre sinds ... Auf einer Hugenottenjagd ...
Ein fein, halsstarrig Weib ... 'Wo steckt der Junker? Sprich!'
Sie schweigt. 'Bekenn!' Sie schweigt. 'Gib ihn heraus!' Sie schweigt.
Ich werde wild. Der Stolz! Ich zerre das Geschöpf ...
Die nackten Füße pack ich ihr und strecke sie
Tief mitten in die Glut ... 'Gib ihn heraus!' ... Sie schweigt ...
Sie windet sich ... Sahst du das Wappen nicht am Tor?
Wer hieß dich hier zu Gaste gehen, dummer Narr?
Hat er nur einen Tropfen Bluts, erwürgt er dich." -
Eintritt der Edelmann. "Du träumst! Zu Tische, Gast ..."
Fortsetzung unten
Fortsetzung C.F. Meyer, Die Füße im Feuer
Da sitzen sie. Die drei in ihrer schwarzen Tracht
Und er. Doch keins der Kinder spricht das Tischgebet.
Ihn starren sie mit aufgerißnen Augen an -
Den Becher füllt und übergießt er, stürzt den Trunk,
Springt auf: "Herr, gebet jetzt mir meine Lagerstatt!
Müd bin ich wie ein Hund!" Ein Diener leuchtet ihm,
Doch auf der Schwelle wirft er einen Blick zurück
Und sieht den Knaben flüstern in des Vaters Ohr ...
Dem Diener folgt er taumelnd in das Turmgemach.
Fest riegelt er die Tür. Er prüft Pistol und Schwert.
Gell pfeift der Sturm. Die Diele bebt. Die Decke stöhnt.
Die Treppe kracht ... Dröhnt hier ein Tritt? Schleicht dort ein Schritt? ...
Ihn täuscht das Ohr. Vorüberwandelt Mitternacht.
Auf seinen Lidern lastet Blei, und schlummernd sinkt
Er auf das Lager. Draußen plätschert Regenflut.
Er träumt. "Gesteh!" Sie schweigt. "Gib ihn heraus!" Sie schweigt.
Er zerrt das Weib. Zwei Füße zucken in der Glut.
Aufsprüht und zischt ein Feuermeer, das ihn verschlingt ...
"Erwach! Du solltest längst von hinnen sein! Es tagt!"
Durch die Tapetentür in das Gemach gelangt,
Vor seinem Lager steht des Schlosses Herr - ergraut,
Dem gestern dunkelbraun sich noch gekraust das Haar.
Sie reiten durch den Wald. Kein Lüftchen regt sich heut.
Zersplittert liegen Ästetrümmer quer im Pfad,
Die frühsten Vöglein zwitschern, halb im Traume noch.
Friedselge Wolken schwimmen durch die klare Luft,
Als kehrten Engel heim von einer nächtgen Wacht.
Die dunkeln Schollen atmen kräftgen Erdgeruch,
Die Ebne öffnet sich. Im Felde geht ein Pflug,
Der Reiter lauert aus den Augenwinkeln: "Herr,
Ihr seid ein kluger Mann und voll Besonnenheit
Und wißt, daß ich dem größten König eigen bin.
Lebt wohl! Auf Nimmerwiedersehn!" Der andre spricht:
"Du sagsts! Dem größten König eigen! Heute ward
Sein Dienst mir schwer ... Gemordet hast du teuflisch mir
Mein Weib! Und lebst ... Mein ist die Rache, redet Gott."
Ich bin der Wald
Ich bin uralt
Ich hege den Hirsch
Ich hege das Reh
Ich schütz Euch vor Sturm
Ich schütz Euch vor Schnee
Ich wehre dem Frost
Ich wahre die Quelle
Ich hüte die Scholle
Bin immer zur Stelle
Ich bau Euch das Haus
Ich heiz Euch den Herd
Drum ihr Menschen
Haltet mich wert!
Autor unbekannt
Quelle: Inschrift an einem
niedersächsischen Forsthaus aus dem 17. Jhdt.