BuchKult
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Claude Monet, The Willow, Spring on the Epte, 1885
Claude Monet (1840-1926) war ein bedeutender französischer Maler.

Heinrich Seidel 1842-1906

Frühling

 

Was rauschet, was rieselt, was rinnet so schnell?

Was blitzt in der Sonne? Was schimmert so hell?

Und als ich so fragte, da murmelt der Bach:

"Der Frühling, der Frühling, der Frühling ist wach!"

 

Was knospet, was keimet, was duftet so lind?

Was grünet so fröhlich? Was flüstert im Wind?

Und als ich so fragte, da rauscht es im Hain:

"Der Frühling, der Frühling, der Frühling zieht ein!"

 

Was klingelt, was klaget, was flötet so klar?

Was jauchzet, was jubelt so wunderbar?

Und als ich so fragte, die Nachtigall schlug:

"Der Frühling, der Frühling!" – da wußt' ich genug!

 

Stanislav Zhukovsky, Alte Herrenhäuser
Stanislav Yulianovich Zhukovsky (1873–1944) war ein polnischer Impressionist.
 

Friederike Kempner 1828-1904

 

Wenn der holde Frühling lenzt

Und man sich mit Veilchen kränzt

Wenn man sich mit frischem Mut

Schnittlauch in das Rührei tut

Wallen durch des Menschen Säfte

Neue, ungeahnte Kräfte –

Jegliche Verstopfung weicht

Alle Herzen werden leicht

Und das meine fragt sich still

Ob mich dies Jahr einer will?

 

Eugen Bracht, Der Pflüger, 1916
Eugen Felix Prosper Bracht (1842-1921) war ein deutscher Landschafts- und Historienmaler sowie Hochschullehrer.

Barthold Heinrich Brockes 1680-1747

Frühlings-Seufzer

 

Grosser Gott, in dieser Pracht

Seh' ich Deine Wunder-Macht

Aus vergnüg'ter Seelen an.

Es gereiche dir zu Ehren,

Dass ich sehen, dass ich hören,

Fühlen, schmecken, riechen kann!

 

Janus la Cour, Thorsmølle, Aarhus Rådhus
Janus Andreas Bartholin la Cour (1837-1909) war ein dänischer Landschaftsmaler in der Tradition des Goldenen Zeitalters der dänischen Malerei.

Max Dauthendey 1867-1918

Die Amseln haben Sonne getrunken

 

Die Amseln haben Sonne getrunken,

aus allen Gärten strahlen die Lieder,

in allen Herzen nisten die Amseln,

und alle Herzen werden zu Gärten

und blühen wieder.

 

Nun wachsen der Erde die großen Flügel

und allen Träumen neues Gefieder;

alle Menschen werden wie Vögel

und bauen Nester im Blauen.

 

Nun sprechen die Bäume in grünem Gedränge

und rauschen Gesänge zur hohen Sonne,

in allen Seelen badet die Sonne,

alle Wasser stehen in Flammen,

Frühling bringt Wasser und Feuer

liebend zusammen.

 

Peder Mørk Mønsted, Springtime at Lac Léman in Switzerland
Peder Mørk Mønsted (1859-1941) war ein dänischer Landschaftsmaler.

Karl Ernst Knodt 1856-1917

Frühling

 

Frühling ... Eine ganze Welt

Träumt in diesem einen Wort.

Wunder ohne Wahl enthält

Dieser brausende Akkord.

 

Frühling ... Hör ich diesen Laut,

Hallts im Herzen mir und blüht;

Ein beglänzter Himmel blaut

Über mir und im Gemüt.

 

Frühling ... Wie ein Glockenton

Klingst du über meinen Pfad,

Singst – woher dem Erdensohn

Einst der ewige Frühling naht.

 

Emile Claus, Spring on the banks of the Lys, 1897
Emile Claus (1849-1924) war ein belgischer Maler.

Fred Endrikat 1890-1942

Es werde

 

Der Fink probiert sein Osterlied

und läßt die ersten Triller steigen.

Es atmet in den kahlen Zweigen,

wie wenn ein langer Schlaf entflieht.

 

Am Wiesenhang der Krokus blüht,

der erste zarte Frühlingsbote,

wie bunte Lichtlein, rosarote,

aus welkem Gras hervorgesprüht.

 

Die Pflugschar ihre Furchen zieht.

Es weht ein Duft von frischer Erde.

Gott sprach sein schönstes Wort: »Es werde.«

Das größte Wunderwerk geschieht.

 

Iwan Choultsé, Printemps dans les Alpes, Engadines
Iwan Fedorowitsch Choultsé (1874-1939) war ein Maler des russischen Realismus.

Adelbert von Chamisso 1781-1838

Frühling

 

Der Frühling ist kommen, die Erde erwacht,

Es blühen der Blumen genung.

Ich habe schon wieder auf Lieder gedacht,

Ich fühle so frisch mich, so jung.

 

Die Sonne bescheinet die blumige Au,

Der Wind beweget das Laub.

Wie sind mir geworden die Locken so grau?

Das ist doch ein garstiger Staub.

 

Es bauen die Nester und singen sich ein

Die zierlichen Vögel so gut.

Und ist es kein Staub nicht, was sollt es denn sein?

Mir ist wie den Vögeln zu Mut.

 

Der Frühling ist kommen, die Erde erwacht,

Es blühen der Blumen genung.

Ich habe schon wieder auf Lieder gedacht,

Ich fühle so frisch mich, so jung.

 

 

Albert Welti, Der Tobelhof in Höngg, 1895
Albert Welti (1862-1912) war ein Schweizer Maler und Radierer.

Hugo Ball 1886-1927

Frühling

 

So hast du in Behutsamkeit

Mit Lauben und mit Ranken

Den Garten meiner Nacht umsäumt

Jetzt lächeln die Gedanken.

 

Nun singen mir im Gitterwerk

Die süßen Nachtigallen

Und wo ich immer lauschen mag

Will mir ein Lied einfallen.

 

Die Sonne strahlt in deinem Blick

Und geht in meinem unter.

So schenkst du mir den schönen Tag

Ein mildes Sternenwunder.

 

So hast du meinen dunklen Traum

Durchleuchtet aller Enden

Und wo ich immer schreiten mag,

Begegne ich deinen Händen.

 

Camille Corot, Ville d Avray, 1867, National Gallery of Art, Washington DC
Jean-Baptiste Camille Corot (1796-1875) war ein bedeutender französischer Landschaftsmaler.Er ist einer der Hauptvertreter der Schule von Barbizon.

Ida von Düringsfeld 1815-1876

Alles heilig

 

Ich sag es euch 's ist alles Heilig jetzt,

Und wer im Blühen einen Baum verletzt,

Der schneidet ein wie in ein Menschenherz;

Und wer sich eine Blume pflückt zum Scherz,

Und sie dann von sich schleudert sorgenlos,

Der reißt ein Kind von seiner Mutter Schoß;

Und wer dem Vogel jetzt die Freiheit raubt,

Der sündigt an eines Sängers Haupt;

Und wer im Frühling bitter ist und hart,

Vergeht sich gegen Gott, der sichtbar ward! –

 

Alfred Sisley, Printemps pluvieux, 1879, Nantes, Musée d'Arts
Alfred Arthur Sisley (1839-1899) war ein englischer Maler des Impressionismus, der in Frankreich lebte und wirkte.

Christian Morgenstern 1871-1914

Frühlingsregen

 

Regne, regne Frühlingsregen,

Weine durch die stille Nacht!

Schlummer liegt auf allen Wegen,

Nur dein treuer Dichter wacht ...

 

Lauscht dem leisen warmen Rinnen

Aus dem dunklen Himmelsdom,

Und es löst in ihm tiefdrinnen

Selber sich ein heisser Strom,

 

Lässt sich halten nicht und hegen

quillt heraus in sanfter Macht ...

Ahndevoll auf stillen Wegen

Geht der Frühling durch die Nacht.

 

John Arnesby Brown, Spring
Sir John Alfred Arnesby Brown (1866-1955) war ein englischer Landschaftsmaler.

Francisca Stoecklin 1894-1931

Südlicher Frühling

 

Zu rasch und farbensatt kommt er,

als daß wir seine Luft

mit zitterndem Verliebtsein spürten.

Wenn nicht die Mandelbäumchen

rosige Zartheit

wie kindliche Küsse

in den blauen Himmel hauchten,

wir würden alles schwer

wie Sommer fühlen.

Kamelien leuchten tödlich rot

aus düster glänzendem Laub,

und in Gewinden feiern

Rosen und Glycinientrauben

tausendfache Feste.

An weißer Mauer baden sich

die grünen Eidechsen

in gleißenden Strahlen.

Sie sind der Sonne zierlichste Getreue.

Und wo du gehst,

raschelt es von Getier.

– Dann in des Haines Schatten ruhend

schließen sich die sonnenmüden Lider.

Und um dich wogt

ein ewig wiederkehrendes Tönen,

von Mückensang und Blumenatmen.

Das hüllt dich ein

und trägt dich fort

auf seidigen Schwingen

in das Reich der wandellosen Schönheit.

 

Leon Jan Wyczolkowski, Frühling in Gościeradz
Leon Jan Wyczólkowski (1852-1936) war ein polnischer Maler, Grafiker und Illustrator.

Gottfried Keller 1819 - 1890

Frühlingsbotschaft

 

Zum Gerichte rief der Frühling.

Denn mit Strenge zu verfahren

Gegen ketzerisch verstockte

Übelsinnige Verzweiflung,

Haben seine Heiligkeit

Bei der Sonne Glanz geschworen.

 

Und in grünem Feuer flammen

Alle Bäume nun auf Erden,

Jeder Baum ist eine Flamme!

Und geschürt sind alle Gluten,

Angefacht glühn alle Rosen,

Während die schismatisch grauen

Aufgelösten Nebelflocken

Klagend durch die Lüfte flattern,

Gleich verbrannter Ketzer Asche;

Doch der heilig ernste Himmel

Lässt sie ohne Spur verschwinden,

Und er schaut ins grüne Feuer

Mit erbarmungsloser Bläue.

 

Habt ihr jetzo unter euch

Einen schlimmen und verschraubten

Heuchlerischen und verstockten

Und verbohrten Hypochonder,

Der da zwischen Gut und Böse

Eigensinnig schwankt und zweifelt,

Weder warm noch kalt kann werden,

Oder zu gerechtem Argwohn

Grund gibt, dass sein schwarzes Innres

Wohl ein ungeheures hohles

Aufgeblasnes Schisma berge:

Diesen legt nun auf die Folter,

Diesen lasset nun bekennen!

Bindet ihn mit jungem Efeu,

Werft ihn nieder auf die Rosen,

Giesst ihm Wein auf seine Zunge,

Tropfen flüssig heissen Goldes,

Das den Mann zum Beichten zwingt,

Glas auf Glas, bis er bekennt!

 

Zeiget sich ein Hoffnungsfunke,

Nur ein Fünklein heitern Glaubens,

Nur ein Strahl des guten Geistes,

O so stellt ihn auf zur Linken,

Zur Belehrung und zur Bessrung!

O so stellt ihn, wo das Herz schlägt,

Auf der Menschheit frohe Linke,

Auf des Frühlings grosse Seite!

Sollt' es sich jedoch ereignen,

Dass das peinliche Verfahren

Nichts enthüllte, nichts ergäbe,

Was da nur der Rede wert,

Das Delirium des Rausches

Selbst nur eine dunkle Leere

Vor den Richtern offenbarte:

Schleunig lasst den Sünder laufen,

Jagt ihn stracks zur schnöden Rechten,

Wo Geheul und Zähneklappern,

Dummheit und Verdammnis wohnen.

 

Albert Bierstadt, California Spring
Albert Bierstadt (1830-1902) war ein amerikanischer Maler deutscher Herkunft.

Heinrich Seidel 1842-1906

Frühlingslied

 

(In der Biedermeier-Weise.)

 

Frühling ist's, wie höchst erfreulich

Wirket dieser Tatbestand!

Dieses dacht' ich, als ich neulich

Ging spazieren auf das Land.

Lerchen singen wie zur Feier,

Blumen blühen roth und weiss,

Billiger sind schon die Eier,

Und die Butter sinkt im Preis!

 

Und bei all dem reichen Prangen

Wird das Herz so froh gesinnt,

Da so herrlich aufgegangen

Rüben und Kartoffeln sind

Ringsum wogen Saatenfelder

Und der Raps in Blüthe steht,

Der dem Landmann reiche Gelder

Bringet, wenn er wohl geräth.

 

Herrlich ist's im Wald zu gehen,

Wenn das Wachsthum in ihn fährt!

Ja, dann kann man förmlich sehen,

Wie sich sein Bestand vermehrt.

Und die schöne grüne Wiese!

Prächt'ges Futter wächst darin!

Sicher wohl gewährt auch diese

Einen hohen Reingewinn!

 

Schafe dort in woll'ger Hülle

Folgen still des Hirten Spur,

Mehrend ihres Fliesses Fülle

Für den grossen Tag der Schur.

Bunte, wohlgenährte Kühe.

Wandeln an dem grünen Hag,

Lohnend ihres Pflegers Mühe

Durch vermehrten Milchertrag.

 

Und so angenehm im Garten

Ist die holde Frühlingszeit,

Wo Gemüse aller Arten

Uns zum Wohlgeschmack gedeiht:

Wo die zarten Spargel schiessen,

Und Radieschen man gewinnt,

Welche köstlich zu geniessen

Und so leicht verdaulich sind.

 

Wahrlich, nicht genug zu preisen

Ist des holden Frühlings Macht!

Solches klärlich zu beweisen,

Hab' ich dieses Lied erdacht,

Das in süssen Melodeien

Mir aus meinem Busen sank,

Als zum ersten Mal im Freien

Heut ich wieder Kaffee trank!

 

Joseph Delattre, Mon jardin au printemps, 1902, Rouen, Musée des Beaux Arts
Joseph Delattre (1858-1912) war ein französischer Maler der Rouen School.

Hermann von Gilm zu Rosenegg 1812-1864

Himmel oder Frühling?

 

Habt ihr mich hinausgetragen,

in den Wald, den morgenfrischen,

wo die Nachtigallen schlagen

in den jungen Rosenbüschen?

 

Mutter, hilf mir aus dem Bette!

Auf den Rasen möcht ich springen

wie das Reh, und um die Wette

möcht ich mit der Lerche singen.

 

Und von Blumen welch Gewimmel!

Ach, so schön war's nie auf Erden!

Mutter, sag, ist das der Himmel,

oder will es Frühling werden?

 

Caspar David Friedrich, Hügel und Bruchacker bei Dresden
Caspar David Friedrich (1774-1840) war ein deutscher Maler, Grafiker und Zeichner. Er gilt heute als der bedeutendste Künstler der deutschen Frühromantik.

Fred Endrikat 1890-1942

Der textilisierte Frühling

 

Die Erde prangt in buntgewirktem Kleide,

gleich einem Teppich liegt der Wiesenhang.

Ein Lüftchen weht, so weich wie Samt und Seide,

der Nordwind webt etwas Kattun mit mang.

Der Frühling schenkt der Welt die schönsten Sachen,

es wächst der Stoff, wohin der Frühling haucht.

Ja, ja, der gute Frühling, der kann lachen,

dieweil er keine Kleiderkarte braucht.

 

Robert Lewis Reid, Spring
Robert Lewis Reid (1862-1929) war ein US-amerikanischer Figuren- und Wandmaler, der sich ab 1905 als Porträtmaler vornehmlich Motiven mit weichen impressionistischen Pastellen zuwandte.

Max Dauthendey 1867-1918

 

Die Nacht macht alle Bäume gleich,

Sie stehen wie die dunklen Mauern

Von einem unterirdischen Reich

Und wie Gestalten, die am Wege kauern.

 

Doch ihre Frühlingsgeister halten mit dir Schritt.

Sie senden Blütenrauch im Dunkeln her

Und gehen abwechselnd am Wege mit,

Und sie verlassen dich nur schwer.

Nie sind der Frühlingsnacht die Wege leer.

 

William Gilbert Foster, Whispering Eve
William Gilbert Foster (1855–1906) war ein britischer Maler.

Richard Dehmel 1863-1920

Zwischen Ostern und Pfingsten

 

Und jeden Abend kannst du so aufatmen:

du horchst ins Dorf hin, was die Glocken wollen,

du gehst ins Freie,

der Rauch der Hütten umarmt die Eichenkronen:

auf, Seele, auf!

 

Heut aber weht noch heimlich ein Echohauch

unter den knospenvollen Wipfeln nach:

ins Freie auf – so frei ins Freie,

wie dort der Vater mit seinem Kindchen Ball spielt.

 

Und über dir, lichtgrün im Blauen,

spielt eine Birke

mit einem strahlend blühenden Ahorn Braut.

 

Willard Leroy Metcalf, Poppy Garden
Willard Leroy Metcalf (1858-1925) war ein amerikanischer Maler.

Ernst Wilhelm Lotz 1890-1914

Frühlingsatem

 

Eine Liebesfrohheit hat meine Wangen rot gepudert.

Mein Atem mischt sich weich dem Tagwind.

 

Wo ich die Straßen betrete, sind sie zum Festzug bereitet.

Ein blumiges Schauvolk festschreitet und gleitet.

 

Menschen erwartungs-groß haben sich aufgestellt,

Aus allen Fenstern kommen Blicke zu mir Sonntag-erhellt.

 

Mit bloßem Kopfe und mit vor Jungkraft federnden Zehen

Muß ich immer und immer durch Sonnenstraßen gehen.

 

Ich habe ein fernblaues Mädchen am Ende der Straße erschaut,

Das liebruhelos Säulen von Sonnenstaub vor mir baut.

 

Und während ich gehe, geht in meiner Herzbrust jemand mit viel schnelleren Füßen

Und ruft: Wir werden heut küssen! küssen!

 

Weichluft-umschlungen verzittert mein Jubelschrei hinab in die Brust,

Und mein Atem strömt ab in den Wind. Von Dächern weht ein Gelächter.

 

Peder Severin Kroyer, Marie Kroyer in the Garden at Skagen
Peder Severin Krøyer (1851-1909), war ein norwegisch-dänischer Maler der Künstlerkolonie Skagen. Seine Werke sind überwiegend der impressionistischen Freilichtmalerei zuzuordnen.

Gustav Schüler 1868-1938

Frühling

 

Die Sonne jauchzt in Siegen,

wie blitzt ihr goldnes Kleid!

Tauschwere Wiesen liegen

in stiller Herrlichkeit.

 

Die Wälder und Felder schließen

all ihre Schätze auf,

heilige Geister gießen

Wunder von Schönheit drauf.

 

Heilige Geister schützen

mit treuer Hand das Licht;

sie müssen den Himmel stützen,

der sonst von Fülle bricht.

 

Olga Wisinger-Florian, Blühender Mohn, um 1895-1900, Österreichische Galerie Belvedere
Olga Wisinger-Florian (1844-1926) war eine österreichische Malerin des Impressionismus.>

Georg Philipp Harsdörffer 1607-1658

Der Frühling

 

Der frohe Frühling kömmt heran,

Der Schnee dem Klee entweichet;

Der Lenz, der bunte Blumenmann,

Mit linden Winden häuchet.

Die Erd' eröffnet ihre Brust,

Mit Saft und Kraft erfüllet;

Der zarte West, der Felder Lust,

Hat nun den Nord gestillet.

 

Es hat der silberklare Bach

Den Harnisch ausgezogen,

Es jagt die Fluth der Fluthe nach,

Durch bunten Kies gesogen.

Das Thauen nun die Auen frischt,

Die weiße Wollenheerde

Auf neubegrüntem Teppich tischt

Und tanzet auf der Erde.

 

Man hört die heisre Turteltaub',

Die Schwalb' und Nachtigallen.

Das grünlichweiße Blüthenlaub

Muß aus den Knospen fallen

Und bauen diesen Schattenthron

Den Luft- und Feldergästen.

Die Rose hebt die Dornenkron'

Auf schwachen Stachelästen.

 

Die Sonne wieder stärker scheint

Und machet früher wachen.

Allein die dürre Rebe weint,

Wann Feld und Wälder lachen.

Die hochgeschätzte Tulipan,

Das Sinnbild auf dem Beete,

Zieht ihre fremden Kleider an

Und pranget in die Wette.

 

Ach Gott, der du mit so viel Gut

Bekrönst des Jahres Zeiten,

Laß uns auch mit erfreutem Muth

Zum Paradies bereiten,

Da wir dich werden für und für,

Die höchste Schönheit, finden,

Dagegen diese schnöde Zier

Ist eitler Staub der Sünden.

 

Giovanni Segantini, Frühlingsweide, 1896
Giovanni Segantini (1858-1899) war ein in Welschtirol als österreichischer Staatsbürger geborener Maler des realistischen Symbolismus.Er galt als Meister der Hochgebirgslandschaft und begann früh mit der Freilichtmalerei.

A. de Nora 1864-1936

Föhn

 

Laß deinen Atem wehen,

Frühling, du Held!

Mag auch zugrunde gehen,

Was morsch auf der Welt!

 

Die Erde will keinen Freier,

Der lahm und lack,

Solch eine Hochzeitsfeier

Feiert im Frack.

 

Nein! einen wilden tollen

Nackten Geselln,

und in die Küsse sollen

Todschreie gelln!

 

Wogen sollen brüllen

Gepeitscht an den Strand,

Brechende Wälder füllen

Mit Stöhnen das Land,

 

Lawinen sollen dröhnen

Ins zitternde Tal,

Um das Brautbett tönen

Soll Sturmchoral!

 

So empfangen und zeugen

Riesen ihr Kind. –

– Uns ziemt es zu schweigen,

Zwerge, die wir sind …

 

Jean-François Millet, Dandelions, 1867-68
Jean-François Millet (1814-1875) war ein französischer Maler des Realismus.

Joseph von Eichendorff 1788-1857

Frühlingsdämmerung

 

In der stillen Pracht,

in allen frischen Büschen und Bäumen

flüstert's wie Träumen

die ganze Nacht.

 

Denn über den mondbeglänzten Ländern

mit langen weißen Gewändern

ziehen die schlanken

Wolkenfrau'n wie geheime Gedanken,

senden von den Felsenwänden

hinab die behenden

Frühlingsgesellen, die hellen Waldquellen,

die's unten bestellen

an die duftgen Tiefen,

die gerne noch schliefen.

 

Nun wiegen und neigen in ahnendem Schweigen

sich alle so eigen

mit Ähren und Zweigen,

erzählens' den Winden,

die durch die blühenden Linden

vorüber den grasenden Rehen

säuselnd über die Seen gehen,

daß die Nixen verschlafen auftauchen

und fragen,

was sie so lieblich hauchen –

wer mag es wohl sagen?

 

 

Edgar Bundy, The Primrose Girl
Edgar Bundy (1862-1922) war ein englischer Maler.
 

Nikolaus Lenau 1802-1850

Primula veris

 

1

 

Liebliche Blume,

Bist du so früh schon

Wiedergekommen?

Sei mir gegrüßet,

Primula veris!

 

Leiser denn alle

Blumen der Wiese

Hast du geschlummert,

Liebliche Blume,

Primula veris!

 

Dir nur vernehmbar

Lockte das erste

Sanfte Geflüster

Weckenden Frühlings,

Primula veris!

 

Mir auch im Herzen

Blühte vor Zeiten,

Schöner denn alle

Blumen der Liebe,

Primula veris!

 

2

 

Liebliche Blume,

Primula veris!

Holde, dich nenn ich

Blume des Glaubens.

 

Gläubig dem ersten

Winke des Himmels

Eilst du entgegen,

Öffnest die Brust ihm.

 

Frühling ist kommen.

Mögen ihn Fröste,

Trübende Nebel

Wieder verhüllen;

 

Blume, du glaubst es,

Daß der ersehnte

Göttliche Frühling

Endlich gekommen,

 

Öffnest die Brust ihm;

Aber es dringen

Lauernde Fröste

Tödlich ins Herz dir.

 

Mag es verwelken!

Ging doch der Blume

Gläubige Seele

Nimmer verloren.

 

 

George Dunlop Leslie, Cowslips
George Dunlop Leslie (1835-1921) war ein englischer Maler und Illustrator.

Ferdinand von Saar 1833–1906

Die Primeln

 

So seh' ich auch euch jetzt,

Ihr sonnigen Blumenaugen des Lenzes,

In zierliche Töpfe verpflanzt

Und in japanischen Vasen;

Seh' euch mit leisem Schmerz

Kunstvoll zum Strauße gereiht,

Und als schimmernden Brust- und Lockenschmuck

Erhöhen buhlender Schönheit Reiz.

 

Mehr stets liebt' ich euch

Als die ersten Veilchen

Und die thaufrischen Hagerosen.

Denn jene, ob auch verborgen dem Aug',

Locken dringenden Duft's Pflücker heran –

Und diese, fesselnd mit scharfem Dorn,

Drängen berückend am Strauch sich entgegen.

Ihr aber,

Keusch und unentweiht,

Selig des eig'nen Lichts,

Blühtet

Und verblühtet ihr,

An der Erde heilige Mutterbrust

Dicht geschmiegt.

 

Höchstens, daß fröhlich euch

Ein ländliches Kind dem braunen Haar gesellt,

Oder der sinnende Dichter

Andächtig euch losgelös't

Von der wurzelumhüllenden Scholle,

Damit ihr, im schlichten Glase getränkt,

Erhelltet seiner düsteren Stube Einsamkeit.

 

Und doch! Wo immer

Euer sanfter Glanz auch leuchtet –

Selbst in menschenvoller Gassen Kehricht noch:

Wehen um euch,

Unschuldvoll,

Die ersten,

Die reinsten Hauche der Schöpfung!

 

 

 

Edward Atkinson Hornel,

Young Girl with Primroses
Edward Atkinson Hornel (1864-1933) war ein schottischer Maler des Spätimpressionismus und wichtiger Vertreter der Glasgow Boys, einer Künstlergruppe aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert.
 

Josef Weinheber 1892-1945

Primel

 

Woher, du süße Erstlingin im März,

nimmst du die unbeirrbare Gewalt

und nennst die Schuld, von der die Erde hallt,

und weckst das wirre Herz?

 

Und während es noch leise weiterweint,

wer lehrte dich den sanften Sturm, der stet

am Schmerze rührt und wie ein Reigen scheint,

der von den Sternen weht -

 

Wer führte dich, daß du zur rechten Zeit

uns kamst (wir hatten kaum mehr, kaum gelebt)

und blühst die Erde wieder gut und weit,

indes das Herz noch leise weiterbebt?

 

 

Gerda Roosval-Kallstenius, En blå hyacint i Paris
Gerda Roosval-Kallstenius (1864-1939) war eine schwedische Malerin.
 

Barthold Heinrich Brockes 1680-1747

Die Traubenhyazinthe

 

Angenehmes Frühlingskindchen,

Kleines Traubenhyazinthchen,

Deiner Farb und Bildung Zier

Zeiget mit Verwunderung mir

Von der bildenden Natur

eine neue Schönheitsspur.

An des Stengels blauer Spitzen

Sieht man, wenn man billig sieht,

Deiner sonderbaren Blüt

Kleine blaue Kugeln sitzen,

Dran, so lange sich ihr Blatt

Noch nicht aufgeschlossen hat,

Wie ein Purpurstern sie schmücket,

Man nicht sonder Lust erblicket.

Aber wie von ungefähr

Meine Blicke hin und her

Auf die offnen Blumen liefen,

Konnt ich in den blauen Tiefen

Wie aus himmelblauen Höhen

Silberweiße Sternchen sehen,

Die in einer blauen Nacht,

So sie rings bedeckt, im Dunkeln

Mit dadurch erhöhter Pracht

Noch um desto heller funkeln.

Ihr so zierliches Gepränge,

Ihre Nettigkeit und Menge,

Die die blauen Tiefen füllt,

Schiene mir des Himmels Bild,

Welches meine Seele rührte

Und durch dieser Sternen Schein,

Die so zierlich, rein und klein,

Mich zum Herrn der Sterne führte,

Dessen unumschränkte Macht

aller Himmel tiefe Meere,

Aller Welt- und Sonnen Heere

Durch ein Wort hervorgebracht;

Dem es ja so leicht, die Pracht

In den himmlischen Gefilden

Als die Sternchen hier zu bilden.

Durch dein sternenförmig Wesen

Gibst du mir, beliebte Blume,

ein' Erinnerung zu lesen,

Dass wir seiner nicht vergessen,

Sondern in den schönen Werken

Seine Gegenwart bemerken,

Seine weise Macht ermessen

Und sie wie in jenen Höhen

So auf Erden auch zu sehen.

 

 

 

George Hitchcock, Woman in a Field of Hyacinths
George Hitchcock (1850-1913) war ein US-amerikanischer Maler.
 

Hermann Harry Schmitz 1880-1913

Anemonen

 

Ein Strauß von Anemonen stand auf meinem Tisch.

Mit bunten Farben, fast zu laut,

sangen die Boten neuen Lebens

ihr jubelnd Lied vom Frühling,

von blauen Himmeln und von Sonnensiegen –

Das war der Morgen.

 

Der Mittag kam.

Und stürmischer und gellend wie Fanfarenklänge

umtost der Anemonen jauchzend Lied

von neuem Glück, von ewigen Seligkeiten

meine Seele.

Ich griff berauscht nach diesem Glück,

Das Glück – das größte Glück!

Und meine Seele sank ins Wunderbare.

 

Ein Strauß von Anemonen stand auf meinem Tisch.

 

Harold Harvey, Anemones
Harold Harvey (1874–1941) war ein britischer Künstler.

Ludwig Eichrodt 1827 - 1892

Frühling

 

Frühling, bist du wiedergekommen?

Lieblicher Lenz, du lachendes Kind!

Kommst du auf dem Fluß geschwommen?

Oder kommst du mit dem Wind?

 

Unter den weichen singenden Wellen,

Aus den Wassern melodisch klar,

Über die Hügel, die waldig schwellen,

Luget dein kluges Augenpaar.

 

Schaue ich nur in dein sonniges Auge,

Küsse ich nur deinen wonnigen Mund,

Trink ich von deinem blühenden Hauche,

Wird auch mein winterlich Herze gesund!

 

Peder Mørk Mønsted, Springtime in the Forest
Peder Mørk Mønsted (1859-1941) war ein dänischer Landschaftsmaler.

Heinrich Heine 1797-1856

 

Es drängt die Not, es läuten die Glocken,

Und ach! ich hab den Kopf verloren!

Der Frühling und zwei schöne Augen,

Sie haben sich wider mein Herz verschworen.

 

Der Frühling und zwei schöne Augen

Verlocken mein Herz in neue Betörung!

Ich glaube die Rosen und Nachtigallen

Sind tief verwickelt in dieser Verschwörung.

 

 

 

Walter Moras, Waldlichtung im Frühling
Walter Moras (1856-1925) war ein deutscher Maler.
 

Ludwig Uhland 1787-1847

Lob des Frühlings

 

Saatengrün, Veilchenduft,

Lerchenwirbel, Amselschlag,

Sonnenregen, linde Luft!

 

Wenn ich solche Worte singe,

braucht es dann noch großer Dinge,

Dich zu preisen, Frühlingstag?

 

 

 

Lesser Ury, Birkenwald im Frühling
Leo Lesser Ury (1861-1931) war ein deutscher Maler und Grafiker der impressionistischen Berliner Secession.

Wilhelm Busch 1832-1908

Vertraut

 

Wie liegt die Welt so frisch und tauig

Vor mir im Morgensonnenschein.

Entzückt vom hohen Hügel schau ich

Ins frühlingsgrüne Tal hinein.

 

Mit allen Kreaturen bin ich

In schönster Seelenharmonie.

Wir sind verwandt, ich fühl es innig,

Und eben darum lieb ich sie.

 

Und wird auch mal der Himmel grauer;

Wer voll Vertraun die Welt besieht,

Den freut es, wenn ein Regenschauer

Mit Sturm und Blitz vorüberzieht.

 

Théodore Rousseau, Le Printemps, Louvre
Etienne Pierre Théodore Rousseau (1812-1867) war ein französischer Landschaftsmaler.

Otto Prechtler 1813-1881

Wer keinen Frühling hat

 

Wer keinen Frühling hat, dem blüht er nicht!

Wer schweigt, dem tönt kein Echo hier auf Erden!

Weß Herz nicht dichtet, der faßt kein Gedicht,

Und wer nicht liebt, dem wird nicht Liebe werden.

 

Was ist der Geist, der nie zum Geiste spricht,

Der selbstgefällig will in sich verwesen?

Was ist ein Gemüt, das nie die Rinde bricht?

Was eine Schrift, die nicht und nie zu lesen?

 

Es findet jeder Geist verwandte Geister!

Kein Herz, das einsam ohne Liebe bricht!

Nur wer sich selbst verlor, ist ein Verwaister!

Wer keinen Frühling hat, dem blüht er nicht!

 

Stanislaw Witkiewicz, Spring Mist, 1893
Stanislaw Witkiewicz (1851-1915) war ein polnischer Maler, Architekt, Schriftsteller und Kunsttheoretiker.

Albin Zollinger 1895-1941

Genesung im Frühling

 

Hyazinthblütne Verzückungen

Glimmen, Explosionen

Süßer, süßer Luft!

Zauber blasen

Aus Kelchen kristallenen Winds, orangene

Düfte

Meerblauer Glut.

Es schneit

Wonnig Gefunkel, das Herz

Phosphoresziert

Überschwenglich

Verheißung von gleißendem Sommer!

 

Henri Le Sidaner, Eglise Gerberoy
Henri Le Sidaner (1862-1939) war ein französischer Maler.

Dr. Owlglaß 1873-1945

Ernste Mahnworte an die Lenzlyriker

 

Der Krokus blüht, die Amsel schlägt.

Du fühlst dich gleichfalls angeregt.

Und weil das denn so Sitte ist,

reimst du den innerlichen Mist.

 

In Gottes Namen! ­ Aber, gelt,

verschweig's der überigen Welt

und pack es nicht in ein Kuwähr

und schick es keinem Redakteur.

 

Du ahnst nicht, wieviel Seelenzimt

der Ärmste täglich zu sich nimmt!

Er klappert mit dem Backenzahn

und schlottert wie im Fieberwahn!

 

Und scheint's dir trotzdem, daß du mußt,

und sprengt es dir die Hemdenbrust,

und wirst du anderswie nicht froh,

dann wenigstens mit Rückporto!

 

Fritz Overbeck, In den Wiesen, 1904
Fritz Overbeck (1869-1909) war ein deutscher Maler und Radierer.

Nikolaus Lenau 1802-1850

Liebesfeier

 

An ihren bunten Liedern klettert

Die Lerche selig in die Luft;

Ein Jubelchor von Sängern schmettert

Im Walde, voller Blüt und Duft.

 

Da sind, so weit die Blicke gleiten,

Altäre festlich aufgebaut,

Und all die tausend Herzen läuten

Zur Liebesfeier dringend laut.

 

Der Lenz hat Rosen angezündet

An Leuchtern von Smaragd im Dom;

Und jede Seele schwillt und mündet

Hinüber in den Opferstrom.

 

Anshelm Leonard Schultzberg, Varmotiv från Graversfors
Anshelm Leonard Schultzberg (1862-1945) war ein schwedischer Maler.

Rainer Maria Rilke 1875-1926

Sonett an Orpheus I/21

 

Frühling ist wiedergekommen. Die Erde

ist wie ein Kind, das Gedichte weiß;

viele, o viele.... Für die Beschwerde

langen Lernens bekommt sie den Preis.

 

Streng war ihr Lehrer. Wir mochten das Weiße

an dem Barte des alten Manns.

Nun, wie das Grüne, das Blaue heiße,

dürfen wir fragen: sie kanns, sie kanns!

 

Erde, die frei hat, du glückliche, spiele

nun mit den Kindern. Wir wollen dich fangen,

fröhliche Erde. Dem Frohsten gelingts.

 

O, was der Lehrer sie lehrte, das Viele,

und was gedruckt steht in Wurzeln und langen

schwierigen Stämmen: sie singts, sie singts!

 

Abram Manewitsch, Spring Symphony
Abram Anschelowitsch Manewitsch (1881-1942) war ein weißrussisch-ukrainisch-amerikanischer Maler.

Richard Zoozmann 1863-1934

Frühlingslied

 

    Es tat der Reif den kleinen Vögeln weh,

Da schwiegen sie im Leide;

    Jetzt wieder hör ich sie so hold wie eh

Auf neuergrünter Heide.

    Die Blumen stritten mit dem grünen Klee:

Wer länger wäre?

Ich sagte meiner Herrin diese Märe.

 

    Uns hat des Winters Frost und andre Not

Gar viel getan zu Leide.

    Ich glaubte schon, nie wieder Blumen rot

Zu sehn auf grüner Heide.

    Es schmerzte gute Herzen, wär ich tot,

Die Lust verlangen

Und sonst auch gerne sangen oder sprangen.

 

    Versäumt ich solchen wonniglichen Tag,

Mit Recht ich Tadel leide,

    Denn für die Lustbarkeit wär hart solch Schlag –

O weh, daß ich nun meide

    Die Freuden alle, deren einst ich pflag.

Daß Gott euch segne:

O wünschet doch, daß mir auch Heil begegne!

 

Nachdichtung des Gedichts Der rîfe tet den kleinen vogellîn wê ... von Walter von der Vogelweide

 

Mihály von Munkácsy, Tájkép fasorral
Mihály von Munkácsy, eigentlich Michael Lieb (1844-1900), war ein ungarischer Maler des Realismus und Freskant.

Arno Holz 1863-1929

Er klagt, dass der Frühling so kurz blüht

 

Kleine Blumen wie aus Glas

seh ich gar zu gerne,

durch das dunkel-grüne Gras

kucken sie wie Sterne.

 

Gelb und rosa, rot und blau

schön sind auch die weißen;

Trittmadam und Himmelstau

wie sie alle heißen.

 

Komm und gib mir mittendrin

Küssgens ohnbemessen.

Morgen sind sie längst dahin

und wir selbst – vergessen!

 

Max Slevogt, Trifels im Frühling, 1921, Saarbrücken, Moderne Galerie
Franz Theodor Max Slevogt (1868-1932) war ein deutscher Maler, Grafiker, Illustrator und Bühnenbildner des deutschen Impressionismus.

Frank Wedekind 1864-1918

Frühling

 

Willkommen, schöne Schäferin

In deinem leichten Kleide,

Mit deinem leichten frohen Sinn,

Willkommen auf der Weide.

Sieh, wie so klar mein Bächlein fließt,

Zu tränken deine Herde!

Komm setz dich, wenn du müde bist,

Zu mir auf die grüne Erde.

Und trübt sich der Sonne goldiger Schein,

Und fällt ein kühlender Regen,

Dann ist mein Mantel nicht zu klein,

Wollen beide darunter uns legen.

 

Robert Thorne Waite, Spring on the Sussex Downs near Rottingdean
Robert Thorne Waite (1842-1935) war ein englischer Landschaftsmaler.

Friedrich Rückert 1788-1866

 

Eingeschlafen im Abendhauch

War der knospende Rosenstrauch,

Und staunend, als er früh erwacht,

Stand er in voller Blütenpracht,

Was tut nicht eine Frühlingsnacht

An Menschenblumenknospen auch!

 

Camille Corot, Landscape of La Ferte Milon
Jean-Baptiste Camille Corot (1796-1875) war ein bedeutender französischer Landschaftsmaler. Er ist einer der Hauptvertreter der Schule von Barbizon.

Josef Weinheber 1892-1945

Frühling

 

Frühling läßt sein blaues Band

munter weh'n ums graue Haus.

Wieder flattern durch die Lüfte

Raben keck zum Leichenschmaus.

Süße, wohlbekannte Düfte

 

her vom Herd des Humbugs dringen,

und des Krisenvogels Schwingen

streifen ahnungsvoll das Land.

Veilchen träumen schon

 

von der Hochsaison:

ob die Fremden, ach, die frommen,

wollen balde kommen.

Keine Spur!

 

- Horch von fern ein leiser Harfenton -

Konjunktur!

Frühling, ja, du bist's!

Dich hab' ich vernommen!

 

Camille Pissarro, Le Boulevard de Montmartre, Matinée de Printemps, 1897
Jacob Abraham Camille Pissarro (1830-1903) war einer der bedeutendsten und produktivsten Maler des Impressionismus.

Kurt Tucholsky 1890-1935

Frühling

 

Lenz! Dich hätten wir beinah vergessen!

Frisch und kühn

sprießt inmitten dem Randal indessen

junges Grün.

 

Blätter stecken ihre zarten Spitzen

hastend aus.

wie sie schmuck auf ihren Ästen sitzen!

Feucht und kraus!

 

Und sie sehen: Bunte Tumultanten!

Militär!

Sehen wildgewordene Adjutanten –

Welch ein Heer!

 

Und sie sehen: Grad die falschen Leute

packts Gericht.

Doch die großen Diebe ... Heute?

Heute nicht.

 

Und die jungen Blätter blitzen

Und sie denken sich: Was mag das sein?

Könnten sie, sie zögen ihre Spitzen

schleunigst wieder ein –!

 

Frederick Childe Hassam, Washington Arch Spring
Frederick Childe Hassam (1859-1935) war ein amerikanischer Maler des Impressionismus.

 

 

 

Das gefährlichste

Möbelstück ist die

›Lange Bank‹,
das gefährlichste

Instrument die

›Alte Leier‹.
Abraham a Sancta Clara

Wer Trinken, Rauchen und Sex aufgibt,

lebt auch nicht länger.

Es kommt ihm nur so vor.
Sigmund Freud

Tradition ist die Weitergabe des Feuers und nicht die Anbetung der Asche.
Gustav Mahler

Was wir brauchen,

sind ein paar verrückte Leute;

seht euch an,

wohin uns die Normalen gebracht haben.
George Bernard Shaw

Der Kluge lernt aus allem
und von jedem,
der Normale aus
seinen Erfahrungen und
der Dumme
weiß alles besser.
Sokrates
Es ist schon alles gesagt,
nur noch nicht von allen.
Karl Valentin

Um ernst zu sein,

genügt Dummheit,

während zur Heiterkeit

ein großer Verstand unerläßlich ist.
William Shakespeare

Blüte edelsten Gemütes
ist die Rücksicht;
doch zuzeiten
sind erfrischend

wie Gewitter
goldne Rücksichtslosigkeiten.

Theodor Storm

BuchKult

Franz Dewes

fjdewes@buchkult-dewes.de

 

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