Ernst Anschütz 1780-1861
O Tannenbaum, O Tannenbaum,
Wie treu sind deine Blätter.
Du grünst nicht nur zur Sommerzeit,
Nein auch im Winter wenn es schneit.
O Tannenbaum, O Tannenbaum,
Wie grün sind deine Blätter!
O Tannenbaum, O Tannenbaum,
Du kannst mir sehr gefallen!
Wie oft hat schon zur Winterszeit
Ein Baum von dir mich hoch erfreut!
O Tannenbaum, O Tannenbaum,
Du kannst mir sehr gefallen!
O Tannenbaum, O Tannenbaum,
Dein Kleid will mich was lehren:
Die Hoffnung und Beständigkeit
Gibt Mut und Kraft zu jeder Zeit!
O Tannenbaum, O Tannenbaum,
Dein Kleid will mich was lehren.
Victor Blüthgen 1844-1920
Zu Weihnachten
Das ist der liebe Weihnachtsbaum.
Ja solch ein Baum!
Der grünt bei Schnee, der glänzt bei Nacht
wie die himmlische Pracht,
trägt alle Jahre seine Last,
Äpfel und Nüsse am selben Ast,
Zuckerwerk obendrein –
so müßten alle Bäume sein!
Nun hat ihn gebracht der Weihnachtsmann,
drei Kinder steh'n und seh'n ihn an.
Das erste spricht:
»Der ist doch Weihnacht das Schönste, nicht?«
Das andre: »Woher an Äpfeln und Nüssen
Gold und Silber wohl kommen müssen?
Ich denk mir, das Christkind faßte sie an,
gleich war Gold oder Silber dran.«
Das dritte: »Christkind müßte einmal
den ganzen Wald so putzen im Tal;
dann würde gleich aller Schnee zergeh'n,
und dann – das gäb ein Spazierengeh'n!«
Hanns von Gumppenberg 1866-1928
Christbaumnüsse
Kehrt der Weihnachtsabend wieder,
Friedvoll und verheißungshold,
Schmückt man viele tauben Nüsse
Festlich mit dem Flittergold.
Und die goldnen Nüsse leuchten
Herrlich in dem Lichtermeer,
Wundersame Märchenfrüchte –
Innen aber sind sie leer.
Und wie reich die schönen schimmern
So von außen, so von fern,
Höher wären sie zu schätzen,
Bärgen sie den süßen Kern:
Dienten sie nicht blos den Träumen
Eine Stunde oder zwei,
Gäben sie auch brav zu zehren,
Wenn das Friedensfest vorbei.
Ada Christen 1839-1901
Christbaum
Hörst auch du die leisen Stimmen
Aus den bunten Kerzlein dringen?
Die vergessenen Gebete
Aus den Tannenzweiglein singen?
Hörst du auch das schüchternfrohe,
Helle Kinderlachen klingen?
Schaust auch du den stillen Engel
Mit den reinen, weißen Schwingen?
Schaust auch du dich selber wieder
Fern und fremd nur wie im Traume?
Grüßt auch dich mit Märchenaugen
Deine Kindheit aus dem Baume? ...
Adele Schopenhauer 1797-1849
Weihnachten wird es für die Welt
Weihnachten wird es für die Welt!
Mir aber – ist mein Lenz bestellt,
Mir ging in solcher Jahresnacht
Einst leuchtend auf der Liebe Pracht!
Und an der Kindheit Weihnachtsbaum
Stand Englein gleich der erste Traum!
Und aus dem eiskrystall’nen Schooß
Rang sich die erste Blüte los –
Seitdem schau‘ ich nun jedes Jahr
Nicht was noch ist – nur was einst war!
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben 1798-1874
Der Traum
Ich lag und schlief; da träumte mir
ein wunderschöner Traum:
Es stand auf unserm Tisch vor mir
ein hoher Weihnachtsbaum.
Und bunte Lichter ohne Zahl,
die brannten ringsumher;
die Zweige waren allzumal
von goldnen Äpfeln schwer.
Und Zuckerpuppen hingen dran;
das war mal eine Pracht!
Da gab’s, was ich nur wünschen kann
und was mir Freude macht.
Und als ich nach dem Baume sah
und ganz verwundert stand,
nach einem Apfel griff ich da,
und alles, alles schwand.
Da wacht‘ ich auf aus meinem Traum,
und dunkel war’s um mich.
Du lieber, schöner Weihnachtsbaum,
sag an, wo find‘ ich dich?
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben 1798-1874
Der Weihnachtsbaum
Von allen den Bäumen jung und alt,
Von allen den Bäumen groß und klein,
Von allen in unserm ganzen Wald,
Was mag doch der allerschönste sein?
Der schönste von allen weit und breit
Das ist doch allein, wer zweifelt dran?
Der Baum, der da grünet allezeit,
Den heute mir bringt der Weihnachtsmann. -
Wenn Alles schon schläft in stiller Nacht,
Dann holet er ihn bei Sternenschein
Und schlüpfet, eh' einer sich's gedacht,
Gar heimlich damit ins Haus hinein.
Dann schmückt er mit Lichtern jeden Zweig,
Hängt Kuchen und Nüss' und Äpfel dran:
So macht er uns Alle freudenreich,
Der liebe, der gute Weihnachtsmann.
Friedrich Güll 1812-1879
Vor dem Christbaum
Da guck einmal, was gestern nacht
Christkindlein alles mir gebracht:
ein Räppchen,
ein Wägelein;
ein Käppchen
und ein Krägelein;
ein Tütchen
und ein Rütchen;
ein Büchlein
voller Sprüchlein;
das Tütchen, wenn ich fleißig lern,
ein Rütchen, tät ich es nicht gern,
und nun erst gar den Weihnachtsbaum,
ein schönrer steht im Walde kaum.
Ja, schau nur her und schau nur hin
und schau, wie ich so glücklich bin!
Ernst Moritz Arndt 1769-1860
Der Weihnachtsbaum
Steht er da der Weihnachtsbaum
Wie ein bunter goldner Traum,
Spiegelt Unschuldkinderglück,
All sein Paradies zurück.
Und wir schau'n und denken dann,
Wie uns heut das Heil begann,
Wie das Kindlein Jesus Christ
Heut zur Welt geboren ist;
Wie das Kind von Himmelsart
Lag auf Stroh und Halmen hart,
Wie der Menschheit Hort und Trost
Erdenelend hat erlost.
Also steh'n und schauen wir
Gottes Lust und Gnade hier:
Was uns in dem Kindlein zart
Alles heut geboren ward.
Blüh' denn, leuchte, goldner Baum,
Erdentraum und Himmelstraum,
Blüh' und leucht' in Ewigkeit
Durch die arme Zeitlichkeit!
Sei uns Bild und sei uns Schein,
Daß wir sollen fröhlich sein,
Fröhlich durch den süßen Christ,
Der des Lebens Leuchte ist.
Sei uns Bild und sei uns Schein,
Daß wir sollen tapfer sein
Auf des Lebens Pilgerbahn,
Kämpfend gegen Lug und Wahn.
Sei uns Bild und sei uns Schein,
Daß wir sollen heilig sein,
Rein wie Licht und himmelklar,
Wie das Kindlein Jesus war.
Robert Reinick 1805-1852
Christkind
Die Nacht vor dem heiligen Abend,
Da liegen die Kinder im Traum.
Sie träumen von schönen Sachen
Und von dem Weihnachtsbaum.
Und während sie schlafen und träumen,
Wird es am Himmel klar,
Und durch den Himmel fliegen
Drei Engel wunderbar.
Sie tragen ein holdes Kindlein,
Das ist der heil'ge Christ.
Es ist so fromm und freundlich,
Wie keins auf Erden ist.
Und wie es durch den Himmel
Still über die Häuser fliegt;
Schaut es in jedes Bettchen,
Wo nur ein Kindlein liegt.
Und freut sich über alle,
Die fromm und freundlich sind,
Denn solche liebt von Herzen
Das liebe Himmelskind.
Wird sie auch reich bedenken
Mit Lust auf's Allerbest',
Und wird sie schön beschenken
Zum morgenden Weihnachtsfest.
Heut' schlafen noch die Kinder
Und seh'n es nur im Traum.
Doch morgen tanzen und springen
Sie um den Weihnachtsbaum.
Ernst Moritz Arndt 1769-1860
Blüh denn, leuchte, goldner Baum,
Erdentraum und Himmelstraum;
blüh und leuchte in Ewigkeit
durch die arme Zeitlichkeit!
Sei uns Bild und sei uns Schein,
dass wir sollen fröhlich sein,
fröhlich durch den süßen Christ,
der des Lebens Leuchte ist.
Sei uns Bild und sei uns Schein,
dass wir sollen tapfer sein
auf des Lebens Pilgerbahn,
kämpfend gegen Lug und Wahn.
Sei uns Bild und sei uns Schein,
dass wir sollen heilig sein,
rein wie Licht und himmelsklar,
wie das Kindlein Jesus war!
Friedrich Rückert 1788-1866
O Weihnachtsbaum,
O Weihnachtstraum!
Wie erloschen ist dein Glanz,
Wie zerstoben ist der Kranz,
Der um dich den Freudentanz
Schlang zur Weihnachtsfeier.
O Weihnachtsbaum,
O Weihnachtstraum!
Der du noch an jedem Ast
Halbverbrannte Kerzen hast;
Denn wir löschten sie mit Hast
Mitten in der Feier.
O Weihnachtsbaum,
O Weihnachtstraum!
Jeder Zweig ist noch beschwert,
Und kein Naschwerk abgeleert.
Ach, daß du so unverheert
Überstandst die Feier.
O Weihnachtsbaum,
O Weihnachtstraum!
Mit den Früchten unverzehrt,
Mit den Kerzen unversehrt,
Steh, bis Weihnacht wiederkehrt,
Steh zur Todtenfeier.
O Weihnachtsbaum,
O Weihnachtstraum!
Wenn wir neu dich zünden an,
Kaufen wir kein Englein dran;
Unsre beiden Englein nahn
Drobenher zur Feier.
aus: Kindertodtenlieder
Als Kindertodtenlieder bezeichnete der Dichter Friedrich Rückert die 428 Gedichte, die er unter dem Eindruck des Todes seiner Kinder Luise und Ernst 1833/1834 schrieb.
Alle damals sechs Kinder Rückerts waren im Dezember 1833 an Scharlach erkrankt. Am 31. Dezember 1833 starb Rückerts seinerzeit einzige Tochter Luise (* 25. Juni 1830), am 16. Januar 1834 sein Sohn Ernst (* 1. Januar 1829). Die übrigen vier Kinder erholten sich von der Krankheit.
Christian Morgenstern 1871-1914
Das Weihnachtsbäumlein
Es war einmal ein Tännelein
mit braunen Kuchenherzlein
und Glitzergold und Äpflein fein
und vielen bunten Kerzlein.
Das war am Weihnachtsfest so grün,
als fing es eben an zu blüh‘n.
Doch nach nicht gar zu langer Zeit,
da stand‘s im Garten unten,
und seine ganze Herrlichkeit
war, ach, dahingeschwunden.
die grünen Nadeln war'n verdorrt,
die Herzlein und die Kerzlein fort.
Bis eines Tags der Gärtner kam,
den fror zu Haus im Dunkeln,
und es in seinen Ofen nahm -
Hei! Tat‘s da sprüh‘n und funkeln!
Und flammte jubelnd himmelwärts
in hundert Flämmlein an Gottes Herz.
Christrose
Ottilie Wildermuth 1817-1877
Die Christblum’ blüht in Wintertagen
recht auf zur heil’gen Festeszeit,
sie soll den Blumengruß dir sagen
zum lieben Weihnachtsfeste heut’.
Auf blütenhelle Frühlingsaue,
wie auf den winterlichen Schnee,
blickt uns das Himmelszelt, das blaue,
ein Trost in jedes Erdenweh.
Durch all’ der Weihnacht frohes Leben
du süße Blum’ verkünden wirst,
dass uns ein Kind, ein Sohn gegeben,
der “Wunderbar” und Friedefürst.
Johannes Trojan 1837-1915
Die Christrose
In der schweigenden Welt,
Die der Winter umfangen hält,
Hebt sie einsam ihr weißes Haupt;
Selber geht sie dahin und schwindet
Eh’ der Lenz kommt und sie findet,
Aber sie hat ihn doch verkündet,
Als noch keiner an ihn geglaubt.
Eduard Mörike 1804-1875
Auf eine Christblume
I
Tochter des Waldes, du Lilienverwandte,
So lang von mir gesuchte, unbekannte,
Im fremden Kirchhof, öd und winterlich,
Zum erstenmal, o schöne, find ich dich!
Von welcher Hand gepflegt du hier erblühtest,
Ich weiß es nicht, noch weßen Grab du hütest;
Ist es ein Jüngling, so geschah ihm Heil,
Ist’s eine Jungfrau, lieblich fiel ihr Teil.
Im nächtgen Hain, von Schneelicht überbreitet,
Wo fromm das Reh an dir vorüberweidet,
Bei der Kapelle, am kristallnen Teich,
Dort sucht ich deiner Heimat Zauberreich.
Schön bist du, Kind des Mondes, nicht der Sonne;
Dir wäre tödlich andrer Blumen Wonne,
Dich nährt, den keuschen Leib voll Reif und Duft,
Himmlischer Kälte balsamsüße Luft.
In deines Busens goldner Fülle gründet
Ein Wohlgeruch, der sich nur kaum verkündet;
So duftete, berührt von Engelshand,
Der benedeiten Mutter Brautgewand.
Dich würden, mahnend an das heilge Leiden,
Fünf Purpurtropfen schön und einzig kleiden:
Doch kindlich zierst du, um die Weihnachtszeit,
Lichtgrün mit einem Hauch dein weißes Kleid.
Der Elfe, der in mitternächtger Stunde
Zum Tanze geht im lichterhellen Grunde,
Vor deiner mystischen Glorie steht er scheu
Neugierig still von fern und huscht vorbei.
II
Im Winterboden schläft, ein Blumenkeim,
Der Schmetterling, der einst um Busch und Hügel
In Frühlingsnächten wiegt den samtnen Flügel;
Nie soll er kosten deinen Honigseim.
Wer aber weiß, ob nicht sein zarter Geist,
Wenn jede Zier des Sommers hingesunken,
Dereinst, von deinem leisen Dufte trunken,
Mir unsichtbar, dich blühende umkreist?
Stechpalme
Die Stechpalmen (Ilex) auch Hülsen (Hülsdorn, Stechhülsen), Hulst, Winterbeeren, Christdorn oder (in Österreich) auch Schradler genannt, sind die einzige Gattung der Pflanzenfamilie der Stechpalmengewächse (Aquifoliaceae) innerhalb der Bedecktsamigen Pflanzen (Magnoliopsida). Einige Arten und Sorten sind Zierpflanzen für Parks und Gärten. Die Zweige mit den roten Früchten werden in Großbritannien, in Frankreich und Nordamerika als Weihnachtsdekoration verwendet und werden zunehmend auch in Mitteleuropa populär.
Misteln
Mary Delany, Mistletoe
Mary Delany, verw. Mary Pendarves, geb. Mary Granville (1700-1788) war eine englische Malerin, Gartenkünstlerin und Briefschreiberin.
Die Mistel wächst als Halbschmarotzer auf Bäumen. Über Ihre Wurzeln zapft sie die Leitungsbahnen der Bäume an, auf denen sie siedelt. Das Küssen unter in Wohnungen aufgehängten Mistelzweigen gehört zu den Weihnachtsbräuchen in den USA und England. Der Ursprung des Brauchs ist nicht bekannt.
Weihnachtskaktus
Schlumbergera ist eine Pflanzengattung aus der Familie der Kakteengewächse (Cactaceae). Der botanische Name der Gattung ehrt den französischen Kakteensammler und -züchter Frédéric Schlumberger (1823–1893). Der deutsche Trivialname Weihnachtskakteen einiger Arten verweist auf die übliche Blütezeit der Pflanzen in Mitteleuropa.
Leider hat der Weihnachtskaktus (wie auch Mistel und Stechpalme) bislang noch nicht den Weg in die deutschsprachige Lyrik gefunden, sieht man einmal von einem Gedicht von Irmgard Adomeit aus dem Jahr 2009 ab, das jedoch aus urheberrechtlichen Gründen hier nicht gezeigt werden kann.