Es ist ein Ros entsprungen
aus einer Wurzel zart,
Wie uns die Alten sungen,
von Jesse kam die Art,
Und hat ein Blümlein bracht,
mitten im kalten Winter,
wohl zu der halben Nacht.
Das Röslein, das ich meine,
davon Jesaias sagt,
Hat uns gebracht alleine
Marie, die reine Magd.
Aus Gottes ewgem Rat
hat sie ein Kind geboren,
wohl zu der halben Nacht.
Das Röselein so kleine,
das duftet uns so süß,
Mit seinem hellen Scheine
vertreibts die Finsterniss.
Wahr Mensch und wahrer Gott;
hilft uns aus allem Leide,
rettet von Sünd und Tod.
Lob, Ehr sei Gott dem Vater,
dem Sohn und heilgen Geist!
Maria, Gottesmutter,
sei hoch gebenedeit!
Der in der Krippen lag,
der wendet Gottes Zoren,
wandelt die Nacht in Tag.
O Jesu, bis zum Scheiden
aus diesem Jamerthal
Laß dein Hilf uns geleiten
hin in der Engel Saal,
In deines Vaters Reich,
da wir dich ewig loben:
o Gott, uns das verleih!
Autor unbekannt
Gedicht aus dem Mittelalter
Die Ankündigung der Geburt Jesu: Lk 1, 26–31
26 Im sechsten Monat wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt in Galiläa namens Nazaret 27 zu einer Jungfrau gesandt. Sie war mit einem Mann namens Josef verlobt, der aus dem Haus David stammte. Der Name der Jungfrau war Maria. 28 Der Engel trat bei ihr ein und sagte: Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir. 29 Sie erschrak über die Anrede und überlegte, was dieser Gruß zu bedeuten habe. 30 Da sagte der Engel zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden. 31 Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn wirst du gebären; dem sollst du den Namen Jesus geben.
Lk 1, 32–38
32 Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben. 33 Er wird über das Haus Jakob in Ewigkeit herrschen und seine Herrschaft wird kein Ende haben. 34 Maria sagte zu dem Engel: Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne? 35 Der Engel antwortete ihr: Heiliger Geist wird über dich kommen und Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Deshalb wird auch das Kind heilig und Sohn Gottes genannt werden. 36 Siehe, auch Elisabet, deine Verwandte, hat noch in ihrem Alter einen Sohn empfangen; obwohl sie als unfruchtbar gilt, ist sie schon im sechsten Monat. 37 Denn für Gott ist nichts unmöglich. 38 Da sagte Maria: Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast.
Danach verließ sie der Engel.
Ludwig Thoma 1867-1921
Die Heilige Nacht
So ward der Herr Jesus geboren
Im Stall bei der kalten Nacht.
Die Armen, die haben gefroren,
Den Reichen war's warm gemacht.
Sein Vater ist Schreiner gewesen,
Die Mutter war eine Magd,
Sie haben kein Geld besessen,
Sie haben sich wohl geplagt.
Kein Wirt hat ins Haus sie genommen;
Sie waren von Herzen froh,
Dass sie noch in Stall sind gekommen.
Sie legten das Kind auf Stroh.
Die Engel, die haben gesungen,
Dass wohl ein Wunder geschehn.
Da kamen die Hirten gesprungen
Und haben es angesehn.
Die Hirten, die will es erbarmen,
Wie elend das Kindlein sei.
Es ist eine G'schicht für die Armen,
Kein Reicher war nicht dabei.
Klabund 1890-1928
Weihnacht
Ich bin der Tischler Josef,
Meine Frau, die heißet Marie.
Wir finden kein' Arbeit und Herberg'
Im kalten Winter allhie.
Habens der Herr Wirt vom goldnen Stern
Nicht ein Unterkunft für mein Weib?
Einen halbeten Kreuzer zahlert ich gern,
Zu betten den schwangren Leib. –
Ich hab kein Bett für Bettelleut;
Doch scherts euch nur in den Stall.
Gevatter Ochs und Base Kuh
Werden empfangen euch wohl. –
Wir danken dem Herrn Wirt für seine Gnad
Und für die warme Stub.
Der Himmel lohns euch und unser Kind,
Seis Madel oder Bub.
Marie, Marie, was schreist du so sehr? –
Ach Josef, es sein die Wehn.
Bald wirst du den elfenbeinernen Turm,
Das süßeste Wunder sehn. –
Der Josef Hebamme und Bader war
Und hob den lieben Sohn
Aus seiner Mutter dunklem Reich
Auf seinen strohernen Thron.
Da lag er im Stroh. Die Mutter so froh
Sagt Vater Unserm den Dank.
Und Ochs und Esel und Pferd und Hund
Standen fromm dabei.
Aber die Katze sprang auf die Streu
Und wärmte zur Nacht das Kind. –
Davon die Katzen noch heutigen Tags
Maria die liebsten Tiere sind.
Conrad Ferdinand Meyer 1825-1898
Friede auf Erden
Da die Hirten ihre Herde
ließen und des Engels Worte
trugen durch die enge Pforte
zu der Mutter und dem Kind
fuhr das himmlische Gesind
fort, im Sternenraum zu singen,
fuhr der Himmel fort zu klingen:
»Friede, Friede! auf der Erde!«
Seit die Engel so geraten,
o wie viele blutge Taten
hat der Streit auf wildem Pferde,
der geharnischte, vollbracht!
In wie mancher heilgen Nacht
sang der Chor der Geister zagend
dringlich flehend, leis verklagend:
»Friede, Friede! auf der Erde!«
Doch es ist ein ewger Glaube,
dass der Schwache nicht zum Raube
jeder frechen Mordgebärde
werde fallen allezeit:
Etwas wie Gerechtigkeit
webt und wirkt in Mord und Grauen,
und ein Reich will sich erbauen,
das den Frieden sucht der Erde.
Mählich wird es sich gestalten,
seines heilgen Amtes walten,
Waffen schmieden ohne Fährde,
Flammenschwerter für das Recht,
und ein königlich Geschlecht
wird erblühn mit starken Söhnen,
dessen helle Tuben dröhnen:
Friede, Friede auf der Erde!
Lena Christ 1881-1920
Was Wunder ist gschehen zu dieser Nacht,
Da uns die Jungfrau den Christ hat bracht!
Ein Jauchzen dringet vom Himmel her;
Englein tun singen: Gott sei die Ehr!
Es knieet Maria wohl auf dem Stroh
Und ist der erfülleten Botschaft froh,
Hälts Kindlein voll Lieb wohl in dem Arm
Und singet: Nun schlafe, mein Söhnelein, warm!
Ich wiege dich sanft und ich wiege dich fein,
Schlafe, mein herzliebes Kindelein, ein! –
Ihr Manne, der Joseph, das Bettlein aufmacht
In der Krippen, darein er ein Strohbund hat bracht;
Maria die legt ihren Schleier dazu
Und bettet ihr Söhnlein zur gueten Ruh.
Ein Ochs und ein Eslein, die wehren der Kält
Und halten fein warm den Erlöser der Welt.
Viel Engelein fliegen durchs nächtliche Tal,
Besingen das Kindlein in Bethlehems Stall,
Frohlockend des Wunders der heiligen Nacht,
Da Jerichos Rose das Blümlein hat bracht.
Angelus Silesius 1624-1677
An der Krippe
Kleiner Knabe, großer Gott,
schönste Blume, weiß und rot,
von Maria neugeboren,
unter tausend auserkoren,
allerliebstes Jesulein,
lasse mich dein Diener sein!
Nimm mich an, geliebtes Kind,
und befiel mir nur geschwind,
rege deine süßen Lippen,
rufe mich zu deiner Krippen:
tu mir durch deinen holden Mund
deinen liebsten Willen kund.
Ich verlasse nun die Welt
Und was mir an ihr gefällt.
Dir alleine will ich leben,
Dir mich gründlich untergeben.
Du alleine, Jesulein,
Sollst mein Herr und Obrer sein.
Dir soll meine Seel' allzeit
samt den Kräften sein bereit,
und mein Leib mit allen Sinnen
soll nichts ohne dich beginnen;
mein Gemüte soll an dich
denken jetzt und ewiglich.
Nimm mich an, o Jesu mein,
denn ich wünsche dein zu sein!
Dein verbleib' ich, weil ich lebe,
dein, wenn ich den Geist aufgebe.
Wer dir dient, du starker Held,
der beherrscht die ganze Welt.
Christoph von Schmid 1768-1854
Das Licht in Bethlehem
Es wird so hell dort in der Luft
Und mitten in der Nacht;
Es strömt ein himmlisch süßer Duft
Herab zur Hirtenwacht.
Ein unbeschreiblich schönes Lied
Ertönt von oben her;
Der Hirten Aug, wies aufwärts sieht,
Erblickt der Engel Heer.
Da bliebe keiner wohl zurück
Bei diesem Festbesuch;
Ein Kindlein locket ihren Blick,
Gehüllt in leinen Tuch.
In einer Krippe liegt es da,
Ein neugebornes Kind.
Die Engel singen: Gloria!
Sing auch, du liebes Kind!
Das Kindlein hat dir Gott geschenkt,
Es ist sein eigner Sohn!
Ei, wer hat ihm das Herz gelenkt
Auf seinem hohen Thron?
Du glaubst es nicht, wie er dich liebt,
Mein Kind, o freu dich doch!
Wenn er sein Kostbarstes dir gibt,
Was fehlet dir dann noch?
Matthias Claudius 1740-1815
Weihnachts-Kantilene
Maria war zu Bethlehem,
Wo sie sich schätzen lassen wollte;
Da kam die Zeit, daß sie gebären sollte;
Und sie gebar ihn –
Und als sie ihn geboren hatte
und sah den Knaben nackt und bloß;
Fühlt sie sich selig, fühlt sich groß,
und nahm voll Demut ihn auf ihren Schoß
Und freuet sich in ihrem Herzen fein,
berührt den Knaben zart und klein
Mit Zittern und mit Benedei'n,
und wickelt ihn in Windeln ein…
Und bettete ihn sanft in eine Krippe hin.
Sonst war kein Raum für ihn.
Vor Gott gehts göttlich her,
und nicht nach Stand und Würden.
Herodem läßt er leer,
mit seinem ganzen Heer;
Und Hirten auf dem Felde bei den Hürden
Erwählet er.
Sie saßen da und hüteten im Dunkeln ihre Herde,
mit unbefangnen, frommen Sinn;
Da stand vor ihnen an der Erde,
Ein Engel Gottes… und trat zu ihnen hin,
und sie umleuchtete des Herren Klarheit,
und er sagte ihnen die Wahrheit.
Fortsetzung unten
Fortsetzung: Cladius, Wieihnachts-Kantilene
Und eilend auf sie standen,
Gen Bethlehem zu gehn,
und kamen hin und fanden,
Ohn' weiteres zu verstehn.
Maria und Joseph beide.
Und in der Krippe lag zu ihrer großen Freude,
in seinem Windelkleide,
auf Grummet von der Weide,
der Knabe wunderschön.
Die Väter hoffeten auf ihn mit Tränen
und mit Flehn,
und sehnten sich, den Tag des Herrn zu sehn,
und sahn ihn nicht.
Was Gott bereitete,
und von der Welt her heimlich und verborgen war,
ward in der Zeiten Fülle offenbar.
Die Weisen fielen vor ihm nieder,
und gaben ihre Schätze gern,
Und gaben Weihrauch, Gold und Myrrhen.
Sie sahen seinen Stern,
und kannten ihren Heiland, ihren Herrn,
und ließen sich das Heu und Stroh nicht irren.
Dem Menschen dünkt es wunderbar,
und mag es nicht verstehn;
doch ist's wahrhaftig wahr!
und selig sind die Augen die ihn sehn.
Otto Julius Bierbaum (1865-1910)
Weihnachtslied
Maria lag in großer Not,
Mit Lumpen angetan,
In einem Stall zu Bethlehem
Und sah die Stunde nahn,
Da sie ein Kindlein haben sollt.
Der Himmel stand in lauter Gold;
Da hub ein Singen an:
"Süße Maria, sei getrost;
Das um dich ist kein Stall.
Blick um dich, allerholdste Frau,
Und sieh die Gäste all,
Die von weither gekommen sind,
Dich zu begrüßen und dein Kind
Mit Flöt- und Geigenschall."
Und wie Marie ihr Haupt erhob,
Oh Wunder, was sie sah:
Es knieten auf der schlechten Streu
Drei goldne Könige da,
Und, wie wenns ihr Gefolge wär,
Ein Heer von Engeln stand umher
Und sang Hallelujah.
Es war ein Licht und war ein Glanz,
Wie sie es nie gesehn,
Und vor den Türn und Fenstern war
Ein Auf- und Niedergehn,
Als ging die ganze Welt vorbei;
Da hört sie einen leisen Schrei:
Da war das Glück geschehn.
Fortsetzung unten
Fortsetzung: Bierbaum, Weihnachtslied
Maria strahlte wie ein Stern
Und hob das Kind empor;
Das war so hold und engelschön,
Wie nie ein Kind zuvor.
Die Wände sanken, und die Welt,
Die weite Welt war rings erhellt,
Und alles sang im Chor:
"O seht die Blume, die da blüht,
Die Blume weiß und rot!
Der Kelch ist von der Lilie,
Ein Herz darinnen loht.
Nun ist die ganze Erde licht,
Wir fürchten Schmerz und Trauern nicht
Und fürchten nicht den Tod.
Die Blüte leuchtet uns den Tag,
Und es versank die Nacht,
Und aus der Blüte wird die Frucht,
Die Alle fröhlich macht;
Die Frucht, die Allen Nahrung gibt,
Der Mensch, der alle Menschen liebt:
Die Liebe ist erwacht."
Der Chor verklang. Es sank der Stall
In braune Dunkelheit.
Maria gab dem Kind die Brust.
Still ward es weit und breit.
Da ward Marien im Herzen bang,
Sie küsst ihr liebes Kindlein lang,
Ihr tat ihr Kindlein leid.
Die Geburt Jesu Lukas 2, 1-7
1 Es geschah aber in jenen Tagen, dass Kaiser Augustus den Befehl erließ, den ganzen Erdkreis in Steuerlisten einzutragen. 2 Diese Aufzeichnung war die erste; damals war Quirinius Statthalter von Syrien. 3 Da ging jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen. 4 So zog auch Josef von der Stadt Nazaret in Galiläa hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Betlehem heißt; denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids. 5 Er wollte sich eintragen lassen mit Maria, seiner Verlobten, die ein Kind erwartete. 6 Es geschah, als sie dort waren, da erfüllten sich die Tage, dass sie gebären sollte, 7 und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war.
Peter Cornelius 1824-1874
Die Hirten
Hirten wachen im Feld;
Nacht ist rings auf der Welt;
Wach sind die Hirten alleine
Im Haine.
Und ein Engel so licht
Grüßet die Hirten und spricht:
»Christ, das Heil aller Frommen,
Ist kommen!«
Engel singen umher:
»Gott im Himmel sei Ehr!
Und den Menschen hienieden
Sei Frieden!«
Eilen die Hirten fort,
Eilen zum heiligen Ort,
Beten an in den Windlein
Das Kindlein.
Andreas Gryphius 1616-1664
Über die Geburt Jesu
Nacht, mehr denn lichte Nacht! Nacht, Lichter als der Tag!
Nacht, heller als die Sonn, in der das Licht geboren,
Das Gott, der Licht, in Licht wohnhaftig, ihm erkoren!
O Nacht, die alle Nächt und Tage trotzen mag!
O freudenreiche Nacht, in welcher Ach und Klag
Und Finsternis und, was sich auf die Welt verschworen,
Und Furcht und Höllen-Angst und Schrecken ward verloren!
Der Himmel bricht, doch fällt nunmehr kein Donnerschlag.
Der Zeit und Nächte schuf, ist diese Nacht ankommen
Und hat das Recht der Zeit und Fleisch an sich genommen
Und unser Fleisch und Zeit der Ewigkeit vermacht.
Der Jammer trübe Nacht, die schwarze Nacht der Sünden,
Des Grabes Dunkelheit muß durch die Nacht verschwinden.
Nacht, Lichter als der Tag! Nacht, mehr denn lichte Nacht!
Lukas 2, 8-14
8 In dieser Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde. 9 Da trat ein Engel des Herrn zu ihnen und die Herrlichkeit des Herrn umstrahlte sie und sie fürchteten sich sehr. 10 Der Engel sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht, denn siehe, ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteilwerden soll: 11 Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Christus, der Herr. 12 Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt. 13 Und plötzlich war bei dem Engel ein großes himmlisches Heer, das Gott lobte und sprach: 14 Ehre sei Gott in der Höhe / und Friede auf Erden / den Menschen seines Wohlgefallens.
Ludwig Thoma 1867-1921
Anbetung der Hirten
Um Bethlehem ging ein kalter Wind,
Im Stall war das arme Christuskind.
Es lag auf zwei Büschel Grummetheu,
Ein Ochs und ein Esel standen dabei.
Die Hirten haben es schon gewisst,
Dass selbiges Kindlein der Heiland ist.
Denn auf dem Felde und bei der Nacht
Hat 's ihnen ein Engel zugebracht.
Sie haben gebetet und sich gefreut,
Und einer sagte: Ihr lieben Leut',
Ich glaub's wohl, dass er bei Armen steht,
Schon weil's ihm selber so schlecht ergeht.
Lukas 2, 15-21
15 Und es geschah, als die Engel von ihnen in den Himmel zurückgekehrt waren, sagten die Hirten zueinander: Lasst uns nach Betlehem gehen, um das Ereignis zu sehen, das uns der Herr kundgetan hat! 16 So eilten sie hin und fanden Maria und Josef und das Kind, das in der Krippe lag. 17 Als sie es sahen, erzählten sie von dem Wort, das ihnen über dieses Kind gesagt worden war. 18 Und alle, die es hörten, staunten über das, was ihnen von den Hirten erzählt wurde. 19 Maria aber bewahrte alle diese Worte und erwog sie in ihrem Herzen. 20 Die Hirten kehrten zurück, rühmten Gott und priesen ihn für alles, was sie gehört und gesehen hatten, so wie es ihnen gesagt worden war. 21 Als acht Tage vorüber waren und das Kind beschnitten werden sollte, gab man ihm den Namen Jesus, den der Engel genannt hatte, bevor das Kind im Mutterleib empfangen war.
Conrad Ferdinand Meyer 1825-1898
Heiligste Nacht
O heiligste der Nächte,
in der Gott niederstieg,
in der er hat beendigt
jedweden Streit und Krieg, –
am Himmel stehen Sterne
und zeigten auf ein Haus,
da gingen zu der Stunde
die Engel ein und aus.
Und in geringer Krippe
lag da das edle Kind,
durch welches gläub'ge Menschen
vom Tod errettet sind.
Es freut sich an dem Knaben
der Hirten Lustgeschrei,
wir kennen unsern Heiland
und beten an dabei!
Horch, hörest du die Lieder?
Das sind die Engelchöre,
die ich in Weihnachtslüften
aus Himmelstiefen höre.
Ich hör' es silbertönig
mit Kinderstimmen schallen:
»Friede« ertönts, »auf Erden
und an den Menschen Wohlgefallen.«
O lichte, warme Strahlen
in kalter Winternacht!
Es wird uns aus dem Himmel
das Himmelskind gebracht.
Es freuen sich die Hirten
am himmlischen Geschenk
und bleiben seiner Ankunft
im Herzen eingedenk.
Eduard Mörike 1804-1875
Die Heilige Nacht
Gesegnet sei die Heilige Nacht,
Die uns das Licht der Welt gebracht! –
Wohl unterm lieben Himmelszelt
Die Hirten lagen auf dem Feld.
Ein Engel Gottes, licht und klar,
Mit seinem Gruß tritt auf sie dar.
Vor Angst sie decken ihr Angesicht,
Da spricht der Engel: »Fürcht't euch nicht!
Ich verkünd' euch große Freud:
Der Heiland ist euch geboren heut.«
Da gehn die Hirten hin in Eil,
Zu schaun mit Augen das ewig Heil;
Zu singen dem süßen Gast Willkomm,
Zu bringen ihm ein Lämmlein fromm. –
Bald kommen auch gezogen fern
Die Heil'gen Drei König' mit ihrem Stern.
Sie knien vor dem Kindlein hold,
Schenken ihm Myrrhen, Weihrauch, Gold.
Vom Himmel hoch der Engel Heer
Frohlocket: »Gott in der Höh sei
Über die Geburt Jesu: Mt 1, 18–25
18 Mit der Geburt Jesu Christi war es so: Maria, seine Mutter, war mit Josef verlobt; noch bevor sie zusammengekommen waren, zeigte sich, dass sie ein Kind erwartete - durch das Wirken des Heiligen Geistes. 19 Josef, ihr Mann, der gerecht war und sie nicht bloßstellen wollte, beschloss, sich in aller Stille von ihr zu trennen. 20 Während er noch darüber nachdachte, siehe, da erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sagte: Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist. 21 Sie wird einen Sohn gebären; ihm sollst du den Namen Jesus geben; denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen. 22 Dies alles ist geschehen, damit sich erfüllte, was der Herr durch den Propheten gesagt hat: 23 Siehe: Die Jungfrau wird empfangen / und einen Sohn gebären / und sie werden ihm den Namen Immanuel geben, / das heißt übersetzt: Gott mit uns. 24 Als Josef erwachte, tat er, was der Engel des Herrn ihm befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich. 25 Er erkannte sie aber nicht, bis sie ihren Sohn gebar. Und er gab ihm den Namen Jesus.
August Wilhelm Schlegel 1767-1845
Die heiligen drei Könige
Aus fernen Landen kommen wir gezogen;
Nach Weisheit strebten wir seit langen Jahren,
Doch wandern wir in unsern Silberhaaren.
Ein schöner Stern ist vor uns hergeflogen.
Nun steht er winkend still am Himmelsbogen:
Den Fürsten Juda's muss dies Haus bewahren.
Was hast du, kleines Bethlehem, erfahren?
Dir ist der Herr vor allen hochgewogen.
Holdselig Kind, lass auf den Knie'n dich grüßen!
Womit die Sonne unsre Heimat segnet,
Das bringen wir, obschon geringe Gaben.
Gold, Weihrauch, Myrrhen, liegen dir zu Füßen;
Die Weisheit ist uns sichtbarlich begegnet,
Willst du uns nur mit Einem Blicke laben.
Die Huldigung der Sterndeuter: Matthäus 2, 1-7
1 Als Jesus zur Zeit des Königs Herodes in Betlehem in Judäa geboren worden war, siehe, da kamen Sterndeuter aus dem Osten nach Jerusalem 2 und fragten: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen. 3 Als König Herodes das hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem. 4 Er ließ alle Hohepriester und Schriftgelehrten des Volkes zusammenkommen und erkundigte sich bei ihnen, wo der Christus geboren werden solle. 5 Sie antworteten ihm: in Betlehem in Judäa; denn so steht es geschrieben bei dem Propheten: 6 Du, Betlehem im Gebiet von Juda, / bist keineswegs die unbedeutendste / unter den führenden Städten von Juda; / denn aus dir wird ein Fürst hervorgehen, / der Hirt meines Volkes Israel. 7 Danach rief Herodes die Sterndeuter heimlich zu sich und ließ sich von ihnen genau sagen, wann der Stern erschienen war.
Wilhelm Busch 1832-1908
Der Stern
Hätt einer auch fast mehr Verstand
als wie die drei Weisen aus Morgenland
und ließe sich dünken, er wär wohl nie
dem Sternlein nachgereist wie sie;
dennoch, wenn nun das Weihnachtsfest
seine Lichtlein wonniglich scheinen lässt,
fällt auch auf sein verständig Gesicht,
er mag es merken oder nicht,
ein freundlicher Strahl
des Wundersterns von dazumal.
Peter Cornelius 1824-1874
Die Könige
Drei Könige wandern aus Morgenland,
ein Sternlein führt sie zum Jordanstrand,
in Juda fragen und forschen die drei,
wo der neugeborne König sei.
Sie wollen Weihrauch, Myrrhen und Gold
zum Opfer weihen dem Kindlein hold.
Und hell erglänzet des Sternes Schein,
zum Stalle gehen die Könige ein,
das Knäblein schauen sie wonniglich,
anbetend neigen die Könige sich,
sie bringen Weihrauch, Myrrhen und Gold
zum Opfer dar dem Knäbelein hold.
O Menschenkind, halte treulich Schritt,
die Könige wandern, o wandere mit!
Der Stern des Friedens, der Gnade Stern
erhelle dein Ziel, wenn du suchest den Herrn;
und fehlen dir Weihrauch, Myrrhen und Gold,
schenke dein Herz dem Knäblein hold!
Albrecht Dürer, Die Anbetung der Könige, 1504, Uffizien, Florenz
Albrecht Dürer (1471-1528) der Jüngere (auch Duerer) war ein deutscher Maler, Grafiker, Mathematiker und Kunsttheoretiker. Mit seinen Gemälden, Zeichnungen, Kupferstichen und Holzschnitten zählt er
zu den herausragenden Vertretern der Renaissance.
Matthäus 2, 8-12
8 Dann schickte er sie nach Betlehem und sagte: Geht und forscht sorgfältig nach dem Kind; und wenn ihr es gefunden habt, berichtet mir, damit auch ich hingehe und ihm huldige! 9 Nach diesen Worten des Königs machten sie sich auf den Weg. Und siehe, der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, zog vor ihnen her bis zu dem Ort, wo das Kind war; dort blieb er stehen. 10 Als sie den Stern sahen, wurden sie von sehr großer Freude erfüllt. 11 Sie gingen in das Haus und sahen das Kind und Maria, seine Mutter; da fielen sie nieder und huldigten ihm. Dann holten sie ihre Schätze hervor und brachten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe als Gaben dar. 12 Weil ihnen aber im Traum geboten wurde, nicht zu Herodes zurückzukehren, zogen sie auf einem anderen Weg heim in ihr Land.
Heinrich Heine 1797-1856
Die Heiligen drei Könige
Die heilgen drei Könige aus Morgenland,
Sie fragten in jedem Städtchen:
»Wo geht der Weg nach Bethlehem,
ihr lieben Buben und Mädchen?«
Die Jungen und Alten, sie wussten es nicht,
Die Könige zogen weiter;
Sie folgten einem goldenen Stern,
Der leuchtete lieblich und heiter.
Der Stern blieb stehn über Josephs Haus,
Da sind sie hineingegangen;
Das Öchslein brüllte, das Kindlein schrie,
Die heilgen drei Könige sangen.
Rainer Maria Rilke 1875-1926
Geburt Christi
Hättest du der Einfalt nicht, wie sollte
dir geschehn, was jetzt die Nacht erhellt?
Sieh, der Gott, der über Völkern grollte,
macht sich mild und kommt in dir zur Welt.
Hast du dir ihn größer vorgestellt?
Was ist Größe? Quer durch alle Maße,
die er durchstreicht, geht sein grades Los.
Selbst ein Stern hat keine solche Straße.
Siehst du, diese Könige sind groß,
und sie schleppen dir vor deinen Schoß
Schätze, die sie für die größten halten,
und du staunst vielleicht bei dieser Gift -:
aber schau in deines Tuches Falten,
wie er jetzt schon alles übertrifft.
Aller Amber, den man weit verschifft,
jeder Goldschmuck und das Luftgewürze,
das sich trübend in die Sinne streut:
alles dieses war von rascher Kürze,
und am Ende hat man es bereut.
Aber (du wirst sehen): Er erfreut.
Meister des Aachener Altars, Anbetung der Könige
Als Meister des Aachener Altars wird ein anonymer Kölner Maler der Spätgotik bezeichnet, der zwischen ca. 1495 und 1520 tätig war, nach anderer Meinung zwischen ca. 1480 und 1520. Er ist benannt nach
seinem Hauptwerk, dem Aachener Altar, ausgestellt in der Aachener Domschatzkammer.
Philipp Nicolai 1556-1608
Wachet auf, ruft uns die Stimme
Der Wächter sehr hoch auf der Zinne,
Wach auf du Stadt Jerusalem!
Mitternacht heißt diese Stunde!
Sie rufen uns mit hellem Munde:
Wo seid ihr klugen Jungfrauen?
Wohlauf, der Bräut'gam kommt,
Steht auf, die Lampen nehmt!
Halleluja!
Macht euch bereit zu der Hochzeit;
Ihr müsset ihm entgegengehn!
Zion hört die Wächter singen,
Das Herz tut ihr vor Freude springen,
Sie wachet und steht eilend auf.
Ihr Freund kommt vom Himmel prächtig,
Von Gnaden stark, von Wahrheit mächtig;
Ihr Licht wird hell, ihr Stern geht auf.
Nun komm, du werte Kron,
Herr Jesu, Gottes Sohn!
Hosianna!
Wir folgen all zum Freudensaal
Und halten mit das Abendmahl.
Gloria sei dir gesungen
Mit Menschen- und mit Engelzungen,
Mit Harfen und mit Zimbeln schön.
Von zwölf Perlen sind die Tore,
An deiner Stadt; wir stehn im Chore
Der Engel hoch um deinen Thron.
Kein Aug hat je gespürt,
Kein Ohr hat mehr gehört
Solche Freude.
Deß sind wir froh! jo! jo! jo!
Ewig in dulci jubilo!
Die Flucht nach Ägypten: Mt 2,13–15
13 Als die Sterndeuter wieder gegangen waren, siehe, da erschien dem Josef im Traum ein Engel des Herrn und sagte: Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter und flieh nach Ägypten; dort bleibe, bis ich dir etwas anderes auftrage; denn Herodes wird das Kind suchen, um es zu töten. 14 Da stand Josef auf und floh in der Nacht mit dem Kind und dessen Mutter nach Ägypten. 15 Dort blieb er bis zum Tod des Herodes. Denn es sollte sich erfüllen, was der Herr durch den Propheten gesagt hat: Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen.
Der Kindermord in Betlehem: Mt 2,16–18
16 Als Herodes merkte, dass ihn die Sterndeuter getäuscht hatten, wurde er sehr zornig und er sandte aus und ließ in Betlehem und der ganzen Umgebung alle Knaben bis zum Alter von zwei Jahren töten, genau der Zeit entsprechend, die er von den Sterndeutern erfahren hatte. 17 Damals erfüllte sich, was durch den Propheten Jeremia gesagt worden ist: 18 Ein Geschrei war in Rama zu hören, / lautes Weinen und Klagen: / Rahel weinte um ihre Kinder / und wollte sich nicht trösten lassen, / denn sie waren nicht mehr.