Man muß nicht erst sterben,
um ins Paradies zu gelangen,
solange man einen Garten hat.
Aus Persien
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Auch ich war immer daheim, grub, krautete, stocherte,
handhabte die Gießkanne, besah alles, was wuchs,
tagtäglich genau und bin daher mit jeder Rose,
mit jedem Kohlkopf,
mit jeder Gurke intim bekannt geworden.
Eine etwas beschränkte Welt, so scheint's.
Und doch, wenn man's recht erwägt,
ist all das Zeugs,
von dem jedes einzelne unendlich und unergründlich ist,
nicht weniger bemerkenswerth,
als Alpen und Meer, als Japan und China.
Wilhelm Busch 1832-1908
Es gibt Rosenzüchter,
die sich mehr mit den Blattläusen beschäftigen
als mit den Rosen.
Victor Auburtin 1870-1928
Otto Julius Bierbaum 1865-1910
Aussicht in den Garten
Liegt ein Buch am Fensterbrette,
Aber keiner liest darin,
Denn es locken Blumenbeete
Frei ins Freie Blick und Sinn.
Anfangs ging ich brav und weise
Seitenzeilen hin und her,
Daß ich nach Gebot und Fleiße
Recht ein Weisheitswandrer wär,
Aber, ach, die Blumen standen
Allzu nahe nebenbei,
Und die leichten Blicke fanden,
Daß es draußen schöner sei,
Wo die weiten Wiesen wogen,
Wo die schwanken Büsche stehn,
Wo in himmelhohen Bogen
Leichte, weiße Wolken gehn,
Wo der Bäume Wipfel leise
Sich im Winde neigen. – Nein,
Heute mag ein andrer weise
Und ein Bücherleser sein.
Wenn es regnet, wenn es schauert,
Bin, o Buch, ich wieder da,
Doch solang schön Wetter dauert,
Lockt mich keine Kabbala.
Bleibe nur am Fensterbrette!
Weisheit, lüfte dich heut aus!
Ich geh in die Blumenbeete,
Hol noch einen Blumenstrauß.
Hugo Ball 1886-1927
Kind und Traum
Kind und Traum und früher Garten
Wandeln wir durch lauter Licht.
Reifer Früchte runde Schatten
Malen sich auf dein Gesicht.
Wipfel neigen grün die Zweige
Tief in den erfüllten Grund.
Wanderselig, wundertrunken
Übt ein Vogel seinen Mund.
Sieh, es hat die schöne Sonne
Sich in deinem Haar verfangen,
Deiner Augen blaue Sterne
Sind schon in mein Lied gegangen.
Heinrich Heine 1797-1856
Der Schmetterling
Der Schmetterling ist in die Rose verliebt,
umflattert sie tausendmal,
ihn selber aber, goldig zart,
umflattert der liebende Sonnenstrahl.
Jedoch, in wen ist die Rose verliebt?
Das wüßt ich gar zu gern.
Ist es die singende Nachtigall?
Ist es der schweigende Abendstern?
Ich weiß nicht, in wen die Rose verliebt;
ich aber lieb euch all:
Rose, Schmetterling, Sonnenstrahl,
Abendstern und Nachtigall.
Dumme rennen, Kluge warten,
Weise gehen durch den Garten.
Rabindranath Tagore 1861-1941
Hugo von Hofmannsthal 1874-1929
Mein Garten
Schön ist mein Garten mit den goldnen Bäumen,
Den Blättern, die mit Silbersäuseln zittern,
Dem Diamantentau, den Wappengittern,
Dem Klang des Gong, bei dem die Löwen träumen,
Die ehernen, und den Topasmäandern
Und der Volière, wo die Reiher blinken,
Die niemals aus dem Silberbrunnen trinken …
So schön, ich sehn' mich kaum nach jenem andern,
Dem andern Garten, wo ich früher war.
Ich weiß nicht wo … Ich rieche nur den Tau,
Den Tau, der früh an meinen Haaren hing,
Den Duft der Erde weiß ich, feucht und lau,
Wenn ich die weichen Beeren suchen ging …
In jenem Garten, wo ich früher war …
Paul Heyse 1830-1914
Schwüle Stunden! Flüsternd kaum
Bebt das Laub im Sommerwinde;
Vogelstimmen wie im Traum
Girren im Gezweig der Linde.
Auf dem blumigen Wiesenplan
Glüht und zittert Sonnenhelle;
Schlummertrunken ruht der Schwan
Auf des Weihers blanker Welle.
Ach, und mir in tiefster Brust
Brechen auf die alten Wunden.
Sehnsuchtsvoll in Qual und Lust
Denk' ich alter schwüler Stunden!
Klabund 1890-1928
Sommerbetrachtung
Hier saß ich oft. An diesem grünen Strauch.
Die Rosen blühen heute röter noch.
Die Fuchsien halten ihre Farbe auch.
Es bellt am Zaun der kahle Köter noch.
Die Espe zittert, weil es ihr Beruf.
Den roten Pilz betreut der Regenwurm.
Ein Einhorn scharrt versonnen mit dem Huf.
Die Sonne steht als Frau auf einem Turm.
Der Sommer herbstelt. Im geharkten Kies
Geht an der Krücke ein geborstner Greis.
Ein Kind spielt Mutter. Und es lächelt leis,
Als ich ihm eine offne Grube wies.
Bei jedem Schritte trifft man auf ein Grab
Von Leuten, die noch längst am Leben sind.
O liebstes Herz, dem meinen Leib ich gab:
Wie wohlig weht durch mein Skelett der Wind!.
Rainer Maria Rilke 1875-1926
Die Fenster glühten an dem stillen Haus,
der ganze Garten war voll Rosendüften.
Hoch spannte über weißen Wolkenklüften
der Abend in den unbewegten Lüften
die Schwingen aus.
Ein Glockenton ergoß sich auf die Au.
Lind wie ein Ruf aus himmlischen Bezirken,
Und heimlich über flüstervollen Birken
sah ich die Nacht die ersten Sterne wirken
ins blasse Blau.
Komm doch in den Garten!
Ich hätte gerne,
daß meine Rosen dich sehen.
Richard Brinsley Sheridan 1751-1816
Glück besteht in der Kunst,
sich nicht zu ärgern,
dass der Rosenstrauch Dornen trägt,
sondern sich zu freuen,
dass der Dornenstrauch Rosen trägt.
Unbekannt
Barthold Heinrich Brockes 1680-1747
Flammende Rose, Zierde der Erden
Flammende Rose,
Zierde der Erden,
Glänzender Gärten
bezaubernde Pracht;
Augen, die deine
Vortrefflichkeit sehen,
Müssen vor Anmut
erstaunend gestehen,
Daß dich ein göttlicher Finger
gemacht.
Ernst Stadler 1883-1914
Mittag
Der Sommermittag lastet auf den weißen
Terrassen und den schlanken Marmortreppen
die Gitter und die goldnen Kuppeln gleißen
leis knirscht der Kies. Vom müden Garten schleppen
sich Rosendüfte her wo längs der Hecken
der schlaffe Wind entschlief in roten Matten
und geisternd strahlen zwischen Laubverstecken
die Götterbilder über laue Schatten.
Die Efeulauben flimmern. Schwäne wiegen
und spiegeln sich in grundlos grünen Weihern
und große fremde Sonnenfalter fliegen
traumhaft und schillernd zwischen Düfteschleiern.
Max Dauthendey 1867-1918
Die Schmetterlinge ziehen durch den Garten
Wie Blumen, die von ihren Stengeln fliehen,
Und Rosen, wie mein Herz erhitzt und schwer,
Gaben im Duft die volle Seele her.
Sie locken süß an allen heißen Wegen,
Die Sonne aber trägt mein Feuer dir entgegen.
Otto Bierbaum 1865-1910
Wenn im Sommer der rote Mohn
wieder glüht im gelben Korn,
wenn des Finken süßer Ton
wieder lockt im Hagedorn,
wenn es wieder weit und breit
feierklar und fruchtstill ist,
dann erfüllt sich uns die Zeit,
die mit vollen Massen misst.
Dann verebbt, was uns bedroht,
dann verweht, was uns bedrückt,
über dem Schlangenkopf der Not
ist das Sonnenschwert gezückt.
Glaube nur, es wird geschehn!
Wende nicht den Blick zurück!
Wenn die Sommerwinde wehn,
werden wir in Rosen gehn,
und die Sonne lacht uns Glück!
Georg Trakl 1887-1914
In einem alten Garten
Resedaduft entschwebt im braunen Grün,
Geflimmer schauert auf den schönen Weiher,
Die Weiden stehn gehüllt in weiße Schleier
Darinnen Falter irre Kreise ziehn.
Verlassen sonnt sich die Terrasse dort,
Goldfische glitzern tief im Wasserspiegel,
Bisweilen schwimmen Wolken übern Hügel,
Und langsam gehn die Fremden wieder fort.
Die Lauben scheinen hell, da junge Frau'n
Am frühen Morgen hier vorbeigegangen,
Ihr Lachen blieb an kleinen Blättern hangen,
In goldenen Dünsten tanzt ein trunkener Faun.
Georg Rodolf Weckherlin 1584-1653
Schönheit nicht wehrhaft
Laßt uns in den Garten gehen,
Schönes Lieb, damit wir sehen,
Ob der Blumen Ehr, die Ros,
So eure Farb gezeiget,
Da sie heut der Tau aufschloß,
Ihre Pracht noch nicht abneiget.
Sieh doch, von wie wenig Stunden
Ihre Schönheit überwunden,
Wie zu Grund liegt all ihr Ruhm!
Wie sollt man, Natur, dich ehren,
Da du ein solch Blum
Einen Tag kaum lasset wehren?
Was ist es dann, daß ihr fliehet,
Indem euer Alter blühet,
Von meinet Lieb Süßigkeit?
Ach, genießet eurer Jahren!
Die Zeit wird eure Schönheit
Nicht mehr, dann die Rosen sparen.
Joseph Freiherr von Eichendorff 1788-1857
Der alte Garten
Kaiserkron und Päonien rot,
Die müssen verzaubert sein,
Denn Vater und Mutter sind lange tot,
Was blühn sie hier so allein?
Der Springbrunn plaudert noch immerfort
Von der alten schönen Zeit,
Eine Frau sitzt eingeschlafen dort,
Ihre Locken bedecken ihr Kleid.
Sie hat eine Laute in der Hand,
Als ob sie im Schlafe spricht,
Mir ist, als hätt ich sie sonst gekannt –
Still, geh vorbei und weck sie nicht!
Und wenn es dunkelt das Tal entlang,
Streift sie die Saiten sacht,
Da gibts einen wunderbaren Klang
Durch den Garten die ganze Nacht.
Kurt Tucholsky 1890-1935
Feldfrüchte
Sinnend geh ich durch den Garten,
still gedeiht er hinterm Haus;
Suppenkräuter, hundert Arten,
Bauernblumen, bunter Strauß.
Petersilie und Tomaten,
eine Bohnengalerie,
ganz besonders ist geraten
der beliebte Sellerie.
Ja, und hier –? Ein kleines Wieschen?
Da wächst in der Erde leis
das bescheidene Radieschen:
außen, rot und innen weiß.
Sinnend geh ich durch den Garten
unsrer deutschen Politik;
Suppenkohl in allen Arten
im Kompost der Republik.
Bonzen, Brillen, Gehberockte,
Parlamentsroutinendreh . . .
Ja, und hier –? Die ganz verbockte
liebe gute SPD.
Hermann Müller, Hilferlieschen
blühn so harmlos, doof und leis
wie bescheidene Radieschen:
außen rot und innen weiß.
Elisabeth Kulmann 1808-1825
Meine Lebensart
In der ganzen Stadt ist keine
Hütte kleiner als die meine;
Für mich ist sie groß genug.
Noch viel kleiner ist mein Gärtchen,
Ich nur gehe durch sein Pförtchen;
Doch auch so ist's groß genug.
Zweimal setz' ich mich zu Tische,
Etwas Fleisch, Kohl, Grütze, Fische;
Hungrig ging ich nie zur Ruh.
Ja, im Sommer, eß' ich Beeren:
Him- und Erd- und Heidelbeeren,
Oft kommt eine Birn dazu.
Bisher hatt' ich stets zwei Kleider;
Viele Menschen haben, leider!
Eines nur, und das noch schwach.
Klagen wäre eine Sünde!
Arm ist nur der Lahme, Blinde,
Und die Waise ohne Dach.