___________________________________________
Die meisten Grafiken auf dieser Website können durch Anklicken mit der linken Maustaste vergrößert dargestellt werden. Sollte dies nicht funktionieren, steht mir die entsprechende Grafik leider nicht in einer größeren Auflösung zur Verfügung.
Hinter Textstellen in blauer
Farbe verstecken sich Links, entweder zu anderen Seiten dieser Website oder zu externen Sites (z.B. Wikipedia, Youtube ...).
Kurt Tucholsky 1890–1935
Dreißig Grad
Das ist die Zeit der dicken Sommerhitze.
Das Thermometer kocht. Die Sonne strahlt.
Die gnädige Frau hats warm; ich Plebs, ich schwitze -
in blauen Badehöschen, eindrucksvoll bemalt.
Am hellen Strand läuft eine leichte Brise
und legt sich wieder - nein, das wird kein Wind.
Jetzt ist August, da hatten wir die Krise,
wie so die deutschen Sommerkrisen sind.
Da hinten badet eine fette Dame.
Es steigt das Meer, wenn sie ins selbe tritt.
Sag an, Sylphide, ist vielleicht dein Name
Germania? Nehm ich dich als Sinnbild mit?
Es rinnt der Sand. Da schleicht sich ein Vehikel -
wohl gar mit Butter? - übern Dünendamm.
Bei mir langts nur noch für den Leitartikel -
was Kluges bring ich heut nicht mehr zusamm.
Wie lang ists her - da war in diesen Wochen
an angenehmer Weise gar nichts los.
Man hat nur faul den faulen Tag gerochen...
Heut kommen Kunz und Hintze angekrochen -
Du liebe Zeit, wie bist du heiß und groß!
Rainer Maria Rilke 1875-1926
Die Sonnenuhr
Selten reicht ein Schauer feuchter Fäule
aus dem Gartenschatten, wo einander
Tropfen fallen hören und ein Wander-
vogel lautet, zu der Säule,
die in Majoran und Koriander
steht und Sommerstunden zeigt;
Nur sobald die Dame (der ein Diener
nachfolgt) in dem hellen Florentiner
über ihren Rand sich neigt,
Wird sie schattig und verschweigt.
Oder wenn ein sommerlicher Regen
aufkommt aus dem wogenden Bewegen
hoher Kronen, hat sie eine Pause;
Denn sie weiß die Zeit nicht auszudrücken,
Die dann in den Frucht- und Blumenstücken
Plötzlich glüht im weißen Gartenhause.
Max Dauthendey 1867-1918
Vorm Springbrunnenstrahl
Der Sommer brennt nicht mehr auf meine Haut,
Ich habe viel zu lang in die Ferne geschaut,
Daß mich das nächste Gartenbeet nicht mehr kennt,
Und mich der alte Buchsbaum schon Fremdling nennt.
Wie der Strahl des Springbrunnens sprang ich einmal
Hinein in den luftblauen Sommersaal.
Und fiel zurück und sprang von neuem auf gut Glück,
Wie ein springender Baum in der Bäume Zahl,
Und sprang doch nur täglich dasselbe Stück,
Wie der Springbrunnenstrahl, immer hoch und zurück.
Ich stehe noch immer am selben Teich,
Ringsum sommert dunkel das Blätterreich.
Viele Sommer streiften ab ihre grünen Häute,
Doch der Springbrunnen tanzt noch für die gaffenden Leute,
Und die gelben Fische schwimmen noch ihren Schatten nach
Und wedeln drunten in ihrem glashellen Gemach.
Mir ist, ich stehe seit meiner ersten Lebensstund'
Hier am durchsichtigen Teich und sehe zum Grund,
Bald zur Höhe ins Kahle, und bald in die flache Wasserschale,
Indessen mein Blut verbraust, gleich dem scharfen Strahle,
Der aus der Erde saust und sich losreißt als ein schäumender Geist,
Und dem doch nie gelingt, daß er vom Platz fortspringt,
Der seinen Satz hinsingt mit neuem Munde, immer wieder heftig und kurz,
Und nichts der Höhe abringt, als jede Sekunde seinen eigenen Sturz.
Fred Endrikat 1890-1942
Sommerlied
Der Morgenwind weht mir ein schönes Lied entgegen,
ein Sommerlied, so farbenfroh und wunderbar.
Es klingt wie Harfenspiel, wenn sich die schlanken Halme regen.
Wenn sich die goldnen Ähren sanft im Wind bewegen,
ist es, als streichle eine zarte Frauenhand mein Haar.
Der Vogel streift den Morgentau von dem Gefieder.
Ein Duft von Heu und Gräsern weht herauf vom Wiesengrund.
Beim Kornfeld setz' ich mich am Rand des Weges nieder.
Der rote Mohn erfreut mich immer wieder
gleich einem vollerblühten, süßen Frauenmund.
In blauer Ferne höre ich ein Volkslied klingen,
so wie es Bauernmädchen singen, die zur Arbeit gehn.
Und die Gedanken flattern mit den Schmetterlingen.
sie bringen Grüße dir auf bunten Schwingen
von mir und einem Sommermorgen wunderschön.
Man fühlt den Odem der Natur vorüberwehen,
trinkt die Musik und ihre Farbenmelodie.
Man lernt die Nichtigkeit des Menschen ganz verstehen,
die Hände faltend, dankbar zu den Wolken sehen,
vor der unendlich, herrlich großen Sinfonie.
Ernst Maria Richard Stadler 1883-1914
Mittag
Der Sommermittag lastet auf den weißen
Terrassen und den schlanken Marmortreppen
die Gitter und die goldnen Kuppeln gleißen
leis knirscht der Kies. Vom müden Garten schleppen
sich Rosendüfte her wo längs der Hecken
der schlaffe Wind entschlief in roten Matten
und geisternd strahlen zwischen Laubverstecken
die Götterbilder über laue Schatten.
Die Efeulauben flimmern. Schwäne wiegen
und spiegeln sich in grundlos grünen Weihern
und große fremde Sonnenfalter fliegen
traumhaft und schillernd zwischen Düfteschleiern.
Emanuel Geibel 1815-1884
Mittagszauber
Im Garten wandelt hohe Mittagszeit,
Der Rasen glänzt, die Wipfel schatten breit;
Von oben sieht, getaucht in Sonnenschein
Und leuchtend Blau, der alte Dom herein.
Am Birnbaum sitzt mein Töchterchen im Gras;
Die Märchen liest sie, die als Kind ich las;
Ihr Antlitz glüht, es ziehn durch ihren Sinn
Schneewittchen, Däumling, Schlangenkönigin.
Kein Laut von außen stört; 's ist Feiertag –
Nur dann und wann vom Turm ein Glockenschlag!
Nur dann und wann der mattgedämpfte Schall
Im hohen Gras von eines Apfels Fall!
Da kommt auf mich ein Dämmern wunderbar;
Gleichwie im Traum verschmilzt, was ist und war:
Die Seele löst sich und verliert sich weit
Ins Märchenreich der eignen Kinderzeit.
Hedwig Dransfeld 1871-1925
Mittagszauber
Goldstaub die Luft! – Der stille Park verträumt,
Die Rosen schwer, vom eignen Dufte trunken,
Und jeder Halm von weißem Licht umsäumt,
Und selbst das Erlenlaub in Schlaf versunken.
Es ist so still – nur dann und wann im Hag
Ein Wachtelruf, des Hähers Liebeslocken,
Ein schluchzend abgebrochner Amselschlag,
Ein kurzes Brausen wie versunkne Glocken.
Ich selbst verträumt, das Auge sonnenschwer,
Es flutet über mich mit schwüler Welle,
Ein blauer Falter taumelt um mich her,
Vom Schilfe tönt das Schwirren der Libelle.
In meiner Seele wird es licht und weit,
Ein Schwanken ist's, ein selig Untergehn.....
Des Sommertags verlor'ne Einsamkeit
Fühl ich wie gold'ne Nebel mich umwehn.
Noch sieht mein Aug' ein fallend Rosenblatt,
Ein Wasserhuhn ist taumelnd aufgeflogen.
Ich sinke hin – so still und traumesmatt
Und treibe steuerlos auf Traumeswogen.
Cäsar Flaischlen 1864-1920
Ein Sonntag
So geht ein Sonntag still zu Ende,
auf den du lange dich gefreut…
ein müder Bettler steht am Weg,
am heimatlosen,
und spielt ein Leierkastenlied…
ein leises Abendrot verweint am Himmel…
und aus den Gärten her, sommermüd,
kommt's wie einst ein Duft
von heimlich welkenden Rosen.
Hast du einen Garten und eine Bibliothek,
dann hast du alles, was du brauchst.
Marcus Tullius Cicero 106-3 v. Chr.
Hugo Salus 1866-1929
Alter Park
In der Altstadt, die nur so heißt,
– denn, wo einst Winkelgäßchen gekauert,
dünstig vom Mittelalter umschauert,
dehnen Zinshausstraßen sich dreist, –
Eine Oase, die jedes Aug' preist:
Uralte Bäume, ein Garten ummauert,
haben Jahrhunderte überdauert
bei der Kapelle zum heiligen Geist.
Aus dem Rasen – fern Stadtlärm und Hast!
ragen verstreut zu der Bäume Füßen
schräge Steinplatten, grau und bemoost.
Gern hält Liebe hier Abendrast;
die fühlt hier dankbar des Lebens Grüßen,
ahnt nicht, daß sie auf Friedhofsgrund kost.
Heinrich Heine 1797-1856
Am leuchtenden Sommermorgen
Geh ich im Garten herum.
Es flüstern und sprechen die Blumen,
Ich aber, ich wandle stumm.
Es flüstern und sprechen die Blumen,
Und schaun mitleidig mich an:
»Sei unserer Schwester nicht böse,
Du trauriger, blasser Mann!«
Ernst Blass 1890-1939
Sonntagnachmittag
Die Töchter liegen weiß auf dem Balkon.
In Oberhemden spielen Väter Kachten:
Ein Roundser steigt nach einem Full von Achten.
– Und singen tut sich eins der Grammophon.
In Straßen, die sich weiß wie Küsse dehnen,
Sind Menschen viel, die sich nach Liebe sehnen.
Noch andre sitzen in Cafés und warten
Die Resultate ab aus Hoppegarten.
Der Dichter sitzt im luftigsten Café,
Um sich an Eisschoklade zu erlaben.
Von einem Busen ist er sehr entzückt.
Der Oberkellner denkt hinaus (entrückt)
An Mädchen, Boote, Schilf, ... an Schlachtensee.
Der Dichter träumt »... und werde nie sie haben ...«