Fred Endrikat 1890-1942
Sang an die Frühkartoffel
Die ersten Veilchen sind für das Gemüt,
im jungen Frühling, wenn die Finken schlagen,
doch wenn der Sommer in die Lande zieht,
der Frühkartoffel klingt mein schönstes Lied,
aus allertiefstem, dankerfülltem Magen.
Sie hat uns in der höchsten Not erfreut,
wenn alle Reste schon zu schwinden drohten.
Sie hat den Glauben wiederum erneut,
und wenn auch nur mit Körnlein Salz bestreut,
wir grüßten sie als ersten Ernteboten.
Wenn auf dem Teller vor uns, dampfend heiß,
die Frühkartoffel ruht so zart und mehlig,
im Petersilienschmuck ihr Alabasterweiß,
da lacht das Herz, der Mund spricht Lob und Preis,
der Bauch hat ausgeknurrt und lächelt selig.
Wie herrlich, wenn sie uns entgegenrollt,
frisch aus der braunen, warmen Erdenscholle.
Sie ist uns mehr als blankes, pures Gold.
Es sei ihr unser Gruß und Dank gezollt,
der lehmbeklebten Frühkartoffelknolle.
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Matthias Claudius 1740-1815
Kartoffellied
Pasteten hin, Pasteten her,
was kümmern uns Pasteten?
Die Kumme hier ist auch nicht leer
und schmeckt so gut als bonne chere
von Fröschen und von Kröten.
Und viel Pastet und Leckerbrot
verdirbt nur Blut und Magen.
Die Köche kochen lauter Not,
sie kochen uns viel eher tot;
Ihr Herren, laßt Euch sagen!
Schön rötlich die Kartoffeln sind
und weiß wie Alabaster!
Sie däun sich lieblich und geschwind
und sind für Mann und Frau und Kind
ein rechtes Magenpflaster.
Karl Gerok 1815-1890
Blühendes Kartoffelkraut
sanft vom Sommerwind umkost,
immer wenn ich dich geschaut,
warst du mir ein Augentrost.
Mit der Büsche Laubgezelt,
mit der Blüten Rötlichblau
hebst du wie ein Blumenfeld
dich heraus aus grüner Au.
Ferdinand Sauter 1904-1854
Kartoffelgedicht
Solang wir die Kartoffelfrucht
in unserm Lande sehen,
kann keine große Hungersnot
aus Mißwuchs mehr entstehen.
Gott hat sie wie das liebe Brot
zur Nahrung uns gegeben,
wie viel Millionen Menschen sind,
die von Kartoffeln leben.
Salat davon, gut angemacht,
mit Feldsalat durchschossen,
der wird mit großem Appetit
von jedermann genossen.
Gebrätelt schmecken sie auch sehr gut,
in saurer Brüh' nicht minder,
Erdbirnenknöpfe essen gern
die Eltern und die Kinder.
Und selbst die schlechten
kann man noch zu etwas Gutem brauchen:
Man thut sie in ein Faß hinein
und thut sie recht verstauchen.
Und wenn sie dann verstauchet sein,
dann läßt man sie recht schweißen:
das gibt dann den Kartoffelschnaps,
der Fusel ist geheißen.
Hat jemand sich die Hand verbrannt
und hilft dafür kein Segen,
so thut man auf die Hand sogleich
Kartoffelschabig legen.
Fred Endrikat 1890-1942
Die Kokosnuß erzählt von hohen Palmen
Romanzen aus der Tropenkolonie.
Wenn hier daheim Kartoffelpuffer qualmen,-
Das nenn' ich Weihrauch,- das ist Poesie!
Ich stütze meine Arme auf den Spaten.
Verdammt - das Bücken fällt beim Buddeln schwer.
Die Pellkartoffeln sind famos geraten.
Nun noch der Hering! Herz, was willst du mehr?
Joachim Ringelnatz 1883-1934
Abschiedsworte an Pellka
Jetzt schlägt deine schlimme Stunde,
du Ungleichrunde,
du Ausgekochte, du Zeitgeschälte,
du Vielgequälte,
du Gipfel meines Entzückens.
Jetzt kommt der Moment des Zerdrückens
mit der Gabel! - - Sei stark!
Ich will auch Butter und Salz und Quark
Oder Kümmel, auch Leberwurst in dich stampfen.
Musst nicht so ängstlich dampfen.
Ich möchte dich doch noch einmal erfreun.
Soll ich Schnittlauch über dich streun?
Oder ist dir nach Hering zumut?
Du bist ein so rührend junges Blut. -
Deshalb schmeckst du besonders gut.
Wenn das auch egoistisch klingt,
So tröste dich damit, du wundervolle
Pellka, dass du eine Edelknolle
Warst, und dass dich ein Kenner verschlingt.
Ferdinand Sauter 1804-1854
Loblied auf die Kartoffel
(2. Fassung)
Herbei, herbei zu meinem Sang, Hansjörgel, Michel, Stoffel,
und singt mir das frohe Lied dem Stifter der Kartoffel.
Franz Drake hieß der brave Mann, der vor zweihundert Jahren
von England nach Amerika als Kapitän gefahren.
Gott hat sie wie das liebe Brot als Nahrung uns gegeben:
wieviel Millionen Menschen sind, die von Kartoffeln leben!
Von Straßburg bis nach Amsterdam, von Stockholm bis nach Brüssel
kommt d'Mutter mit Kartoffelsupp in mächtig großer Schüssel.
Vor vielen Jahren sagte man, die Frucht sei für die Schweine:
jetzt ißt sie Kaiser, Königssohn, der Große und der Kleine.
Und kehren die Soldaten heim vom blut'gen Feld der Ehre,
so fragen sie sogleich: "Herr Wirt, hat er auch pommes de terre?"
Salat davon, gut angemacht, mit Feldsalat durchschossen,
der wird mit großem Appetit von jedermann genossen.
Gebraten schmecken sie recht gut, in saurer Brüh' nicht viel minder,
Kartoffelklöße essen gern die Eltern und die Kinder. : Hi ha, ...
Kartoffeln, frisch vom Sud hinweg, dazu ein wenig Butter,
das ist führwahr, ihr stimmt mit ein, ein delikates Futter!
Darum, ihr Schwestern allzumal, reicht uns die Hand daneben
und rufet dann mit Freuden aus: "Franz Drake, der soll leben!" :
A. de Nora 1864-1936
Die Kartoffel
Es ist für uns Materielle
Nur eine Kartoffel die Welt,
Von der der Weise die Pelle
Fürsorglich herunter schält.
Denn eine von unsern Devisen
Ist die: Kartoffel und Welt,
Sind beide nicht zu genießen,
Wenn man sie nicht richtig quellt.
Der idealistische Stoffel,
Der alles für herrlich hält,
Verzehrt die ganze Kartoffel
Natürlich unabgepellt.
Doch liegt sie ihm dann im Magen,
So jammert er und erzählt,
Wie schwer für ihn zu ertragen
Oft diese so "rohe" Welt!
Wir aber genießen behaglich
Die Süße, die sie enthält –
Die beste Kartoffel, unfraglich,
Ist – richtig genossen – die Welt.
Fred Endrikat 1890-1942
Gedanken beim Kartoffelbuddeln
Der Winzer erntet seine goldnen Trauben.
Die edle Frucht ist allerwärts begehrt.
Ich denk' bescheiden beim Kartoffelklauben:
Ein jeder erntet, was ihm Gott beschert.
Wo die Zitronen blühn im fernen Süden,
reift die Orange voller Herrlichkeit.
Ihr Dichter, lasset mich damit in Frieden,
der Bratkartoffel sei mein Lied geweiht.
Die Kokosnuß erzählt von hohen Palmen
Romanzen aus der Tropenkolonie.
Wenn hier daheim Kartoffelpuffer qualmen –
das nenn' ich Weihrauch – das ist Poesie.
Ich stütze meine Arme auf den Spaten.
Verdammt – das Bücken fällt beim Buddeln schwer.
Die Pellkartoffeln sind famos geraten.
Nun noch der Hering. Herz, was willst du mehr?
Frisch auf, ans Werk. Das Buddeln hat begonnen.
Man buddelt hier, man buddelt da und dort.
Man buddelt alles an das Licht der Sonnen –
das weiß der Bauer, und das ahnt der Lord.
Ludwig Eichrodt
Kartoffellied
Herbei, herbei zu meinem Sang!
Hans, Jörgel, Michel, Stoffel!
Und singt mit mir das Ehrenlied
Dem Stifter der Kartoffel.
Franz Drake hieß der brave Mann,
Der vor zweihundert Jahren
Von England nach Amerika
Als Kapitän gefahren.
Europa sollte diesem Mann
Auf allen seinen Auen,
Wo es nur je Kartoffeln pflanzt,
Ein goldnes Denkmal bauen.
Salat davon, gut angemacht,
Mit Feldsalat durchschossen,
Der wird mit großem Appetit
Von Jedermann genossen.
Gebrätelt schmecken sie auch gut,
In saurer Brüh' nicht minder,
Erdbirnenknöpfe essen gern
Die Eltern und die Kinder.
Hat Jemand sich die Haut verbrannt
Und hilft kein Feuersegen,
So darf er auf die Wunde nur
Kartoffelschabsig legen.
Und welche Wohlthat sind sie uns
Das Vieh damit zu mästen!
Und wie viel Sorten gibt's! Jedoch
Die gutsten sind die besten.
etc. etc.
Ein allgemeines Lob verdient
Der würdige Franz Drake
Vom Fürsten bis zum Bauersmann
Ob seinem Wohlgeschmacke.
Georg Weerth 1822-1836
Das Lied von der verunglückten Kartoffel
Zur Nacht auf ihrem Lager lag
Eine arme, kranke Kartoffel.
Sie hob sich matt empor und sprach,
Sie sprach zu dem armen Stoffel:
"O Stoffel, unglücksel´ger Mann,
Ich fühl´s, daß ich sterben werde!
Schon kommt der Tod, der schlimme, heran
Und rafft mich von der Erde.
Zwar frag ich nach mir selber nicht,
Nicht will ich mich bedauern.
Doch wenn ich schaue dein bleich Gesicht,
Da muß ich trauern und trauern.
Dir blüht kein Wein und Weizen nicht,
Hast weder Ochs noch Rinder.
O Stoffel, du bist ein armer Wicht,
Du hast nur hungrige Kinder.
Was wird aus deinen Kindern nun,
Die fröhling waren noch gestern,
Wenn ich bald werde im Grabe ruhn
Mit all meinen lieblichen Schwestern?
Sie starben in Ober- und Niederland,
Sie starben mit Weh und Gewinsel;
Sie starben an Englands weißem Strand
Und auf der smaragdnen Insel.
Sie starben; und ach, ich folg ihnen nach!
So sprach die kranke Kartoffel.
Sie schwieg, und das Herz, das Herz ihr brach -
Auf schluchzte der arme Stoffel.
Und weinte die Nacht mit Weib und Kind,
Und der Hunger, der wollte nicht weichen.
Dumpf brauste der kalte Novemberwind
In den prächtigen deutschen Eichen.
Josef Weinheber 1892-1945
Durch Bauernland
Ein Streifen Mais, ein Streifen Klee.
Kartoffelfurchen je und je,
und Acker braun und Acker rot,
Im gelben Mittag reift das Brot;
der Wiesenweg gebändert weiß,
ein Streifen Klee, ein Streifen Mais,
der Jogl zieht am Strick das Kalb,
und Acker rot und Acker falb,
Kartoffelfurchen je und je,
im hohen Hafer äst das Reh,
die reifen Mandeln Reih an Reih,
ein Leiterwagen nahebei,
und Wegerich und Rittersporn,
im gelben Mittag rauscht' das Korn,
die Weiden an dem Wasserbug
beschatten kühl den Schnitterkrug,
und Acker falb und Acker schwarz,
im lichten Forste riecht das Harz,
mit Ochsen schwer, der Bauer dran,
geht um die Hufe das Gespann,
geschobert liegt das Heu zuhauf,
Rebhühner stehen knatternd auf,
ein Kirchturm, ein paar Höfe weit,
und wieder nichts als Einsamkeit,
ein Streifen Mais, ein Streifen Klee,
Kartoffelfurchen je und je,
und Acker hier und Acker dort,
und an und um und immerfort...
Hans Fallada 1893-1947
Durchhalten!
Droh'n uns're Feinde auch noch so viel
uns mit der Hungersnot Graus.
Wir machen die letzte Kartoffel mobil.
Wir Deutsche, wir halten es aus.
auch für die Propaganda musste die Kartoffel herhalten!