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Hoffmann von Fallersleben 1798-1874
Äpfellese
Das ist ein reicher Segen
in Gärten und an Wegen!
Die Bäume brechen fast.
Wie voll doch alles hanget!
Wie lieblich schwebt und pranget
der Äpfel goldne Last!
Jetzt auf den Baum gestiegen!
Lasst uns die Zweige biegen,
dass jedes pflücken kann!
Wie hoch die Äpfel hangen,
wir holen sie mit Stangen
und Haken all’ heran.
Und ist das Werk vollendet,
so wird auch uns gespendet
ein Lohn für unsern Fleiß.
Dann zieh’n wir fort und bringen
die Äpfel heim und singen
dem Herbste Lob und Preis.
Conrad Ferdinand Meyer 1825-1898
Fülle
Genug ist nicht genug! Gepriesen werde
Der Herbst! Kein Ast, der seiner Frucht entbehrte!
Tief beugt sich mancher allzu reich beschwerte,
Der Apfel fällt mit dumpfem Laut zur Erde.
Genug ist nicht genug! Es lacht im Laube!
Die saft'ge Pfirsche winkt dem durst'gen Munde!
Die trunknen Wespen summen in die Runde:
»Genug ist nicht genug!« um eine Traube.
Genug ist nicht genug! Mit vollen Zügen
Schlürft Dichtergeist am Borne des Genusses,
Das Herz, auch es bedarf des Überflusses,
Genug kann nie und nimmermehr genügen!
Rudolf Presber 1868-1935
Ernte
Siehst du die Früchte reifen
Am Lebensbaume, glaub:
Du darfst die Ernte greifen
Mit Stolz aus grünem Laub.
Doch, daß als Frucht nicht glänze
Dir jede Blüte heut,
Schilt nicht! Sie hat im Lenze
Dein lachend Herz erfreut.
Gedenk mit Dank und Güte,
Wenn sie der Sturm zerschlug:
Wie herrlich all die Blüte,
Die keine Früchte trug!
Robert Reinick 1805-1852
Vom schlafenden Apfel
Im Baum, im grünen Bettchen,
Hoch oben sich ein Apfel wiegt,
Der hat so rothe Bäckchen,
Man sieht's, daß er im Schlafe liegt.
Ein Kind steht unter'm Baume,
Das schaut und schaut und ruft hinauf:
»Ach, Apfel, komm herunter!
Hör endlich doch mit Schlafen auf.«
Es hat ihn so gebeten,
Glaubt Ihr, er wäre aufgewacht?
Er rührt sich nicht im Bette,
Sieht aus, als ob im Schlaf er lacht.
Da kommt die liebe Sonne
Am Himmel hoch daher spaziert. -
»Ach Sonne, liebe Sonne,
Mach' du, daß sich der Apfel rührt!«
Die Sonne spricht: »Warum nicht?«
Und wirft ihm Strahlen in's Gesicht,
Küßt ihn dazu so freundlich,
Der Apfel aber rührt sich nicht.
Nu schau! Da kommt ein Vogel
Und setzt sich auf den Baum hinauf.
»Ei, Vogel, du mußt singen,
Gewiß, gewiß, das weckt ihn auf!«
Der Vogel wetzt den Schnabel,
Und singt ein Lied so wundernett.
Und singt aus voller Kehle, -
Der Apfel rührt sich nicht im Bett! - -
Und wer kam nun gegangen?
Es war der Wind! Den kenn' ich schon,
Der küßt nicht und der singt nicht,
Der pfeift aus einem andern Ton.
Er stemmt in beide Seiten
Die Arme, bläst die Backen auf
Und bläst und bläst, und richtig,
Der Apfel wacht erschrocken auf.
Und springt vom Baum herunter
Grad' in die Schürze von dem Kind,
Das hebt ihn auf und freut sich
Und ruft: »Ich danke schön, Herr Wind!«
Rudolf Georg Binding 1867-1938
Trunken steht nun der Baum.
Rundum gestützt trägt sein Schoß
tausend Früchte des Jahrs.
Liebe des Sommers war groß.
Tropft auch der Seim aus in der Frucht,
klopft auch der Apfel ins Gras –
keine des Blühens im Mai,
keiner der Liebe vergaß.
Reife, reife auch du,
Liebe, in uns wie der Saft
der in der reifenden Frucht
Keim neuen Lebens erschafft.
Johann Wolfgang von Goethe 1749-1832
Blumen sehet ruhig sprießen,
Reizend euer Haupt umzieren;
Früchte wollen nicht verführen,
Kostend mag man sie genießen.
Bieten bräunliche Gesichter
Kirschen, Pfirschen, Königspflaumen,
Kauft! denn gegen Zung' und Gaumen
Hält sich Auge schlecht als Richter.
Kommt, von allerreifsten Früchten
Mit Geschmack und Lust zu speisen!
über Rosen läßt sich dichten,
In die Äpfel muß man beißen.
Sei's erlaubt, uns anzupaaren
Eurem reichen Jugendflor,
Und wir putzen reifer Waren
Fülle nachbarlich empor.
Unter lustigen Gewinden,
In geschmückter Lauben Bucht,
Alles ist zugleich zu finden:
Knospe, Blätter, Blume, Frucht.
Fred Endrikat 1890-1942
An meinen Apfelbaum
Ich sah hinterm Zaun dein verzagtes Gesicht,
von Dornen und Sträuchern umgeben.
Du strebtest vergebens nach Sonne und Licht,
die Zweige verbogen. Nein, schön warst du nicht.
Ich half dir im Kampf um dein Leben.
Ich habe gegraben, gehackt und gesägt,
befreite vom Moos deine Rinde,
die Krone gesäubert, den Stamm freigelegt.
Ich hab' dich nach all der Entbehrung gepflegt,
gleich einem verwahrlosten Kinde.
Du bist wie verjüngt aus dem Schlafe erwacht
im Frühling, dem sonnigen, warmen.
Wie hast du geleuchtet in blühender Pracht,
glückstrahlend mir morgens entgegengelacht:
Oh, komm doch und laß dich umarmen.
Nun stehst du im Herbst als ein prächtiger Baum
mit köstlich beladenen Zweigen.
Es duftet wie Weihnacht im festlichen Raum,
rot schimmern die Äpfel, ein kindlicher Traum.
So schön ist dies dankbare Schweigen.
Du hast mir unzählige Freuden beschert,
uns allen, dem Fink und der Meise.
Du warst mir die Liebe und Mühe schon wert.
Das wirkliche Danken hast du mich gelehrt,
so reichlich, so herzlich, so leise.
Robert Reinick 1805-1852
September - Der Apfelbaum
Der Apfelbaum, das ist ein Mann!
Kein And’rer gibt so gern wie der.
Im Winter, wenn man schüttelt dr‘an.
Da gibt er Schnee die Fülle her.
Im Frühling wirft er Blüten nieder,
Im Sommer herbergt er die Finken;
Jetzt streckt er seine Zweige nieder,
Die voller Frucht zur Erde sinken.
D’rum kommt! und schüttelt was ihr könnt,
Ich weiß gewiss, dass er’s Euch gönnt.
Alfons Petzold 1882-1923
Die Äpfel
Als wir, die Lampen des Herbstes, noch hingen,
Strahlende Flammen, im dichten Geäst,
Und all unsre Blicke nicht weiter gingen,
Als bis zu dem nächsten Stamm oder Nest:
Da dünkten wir uns gar mächtig und weise,
Senkten das Schauen in uns hinein;
Was galt uns das andere Leben im Kreise,
Wir sahen die Welt nur in uns allein.
Doch als wir dann wurden in Tonnen verfrachtet,
Bruder an Bruder zusammengepreßt,
Von allen Seiten vom Dunkel umnachtet,
Da hätten wir gerne die Weite betrachtet,
Die wir verkannten im grünen Geäst.
Matthias Claudius 1740-1815
Apfelkantate
Der Apfel war nicht gleich am Baum
Da war erst lauter Blüte.
Das war erst lauter Blütenschaum
und lauter Lieb und Güte.
Dann waren Blätter grün an grün
und grün an grün nur Blätter.
Die Amsel nach des Tages Mühn,
sie sang ihr Abendlied gar kühn
und auch bei Regenwetter.
Der Herbst, der macht die Blätter steif
der Sommer muß sich packen.
Hei! Daß ich auf die Finger pfeif
da sind die ersten Äpfel reif
und haben rote Backen.
Und was bei Sonn' und Himmel war
erquickt nun Mund und Magen
und macht die Augen hell und klar.
So rundet sich das Apfeljahr
und mehr ist nicht zu sagen.
Hoffmann von Fallersleben 1798-1874
Hab Dank, du lieber Wind
Ich bin in den Garten gegangen
und mag nicht mehr hinaus.
Die goldigen Äpfel prangen
mit ihren roten Wangen
und laden ein zum Schmaus.
Wie ist es anzufangen?
Sie hängen mir zu hoch und zu fern.
Ich sehe sie hangen und prangen
und kann sie nicht erlangen
und hätte doch einen gern!
Da kommt der Wind aus dem Westen
und schüttelt den Baum geschwind
und weht herab von den Ästen
den allerschönsten und besten -
hab Dank, du lieber Wind!
Fred Endrikat 1890-1942
Apfel und Feigenblatt
Der Apfel und das Feigenblatt,
Das sind zwei Symbole,
Die uns ein Gott gegeben hat
Zum Weh und teils zum Wohle.
Durch Apfel und das Feigenblatt
Kam Adam zur Erkenntnis.
Wie schade, ein Eunuche hat
Dafür gar kein Verständnis.
Der Apfel und das Feigenblatt
Sind wicht'ge Utensilien
Und sehr beliebt in Land und Stadt
Von Grönland bis Brasilien.
Die beiden Dinge sind antik,
Doch unbedingt vonnöten,
So wichtig wie in der Musik
Die Pauken und Trompeten.
Der Apfel ist nebst Feigenblatt
Nicht nur für feine Leute,
Der größte Menschenfresser hat
Auch daran seine Freude.
Der Apfel und das Feigenblatt,
Sie stürzten Fürstenthrone
Und setzten Könige schachmatt
Mit Zepter samt der Krone.
Der Apfel und das Feigenblatt,
Sie stimmen uns vergnüglich,
Und machen sie uns auch nicht satt,
Sie munden ganz vorzüglich.
Dem Herrn sei Lob und Preis und Dank,
Der uns dies einst gegeben.
Ich möcht' mein ganzes Leben lang
Vom Sündenfallobst leben.
Theodor Storm 1817-1888
Herbst
Schon in's Land der Pyramiden
Flohn die Störche über's Meer;
Schwalbenflug ist längst geschieden,
Auch die Lerche singt nicht mehr.
Seufzend in geheimer Klage
Streift der Wind das letzte Grün;
Und die süßen Sommertage,
Ach, sie sind dahin, dahin!
Nebel hat den Wald verschlungen,
Der dein stillstes Glück gesehn;
Ganz in Duft und Dämmerungen
Will die schöne Welt vergehn.
Nur noch einmal bricht die Sonne
Unaufhaltsam durch den Duft,
Und ein Strahl der alten Wonne
Rieselt über Tal und Kluft.
Und es leuchten Wald und Heide,
Daß man sicher glauben mag,
Hinter allem Winterleide
Lieg' ein ferner Frühlingstag.
Die Sense rauscht, die ähre fällt,
Die Tiere räumen scheu das Feld,
Der Mensch begehrt die ganze Welt.
Und sind die Blumen abgeblüht,
So brecht der Äpfel goldne Bälle;
Hin ist die Zeit der Schwärmerei,
So schätzt nun endlich das Reelle.
Emanuel Geibel 1815-1884
Mittagszauber
Im Garten wandelt hohe Mittagszeit,
Der Rasen glänzt, die Wipfel schatten breit;
Von oben sieht, getaucht in Sonnenschein
Und leuchtend Blau, der alte Dom herein.
Am Birnbaum sitzt mein Töchterchen im Gras;
Die Märchen liest sie, die als Kind ich las;
Ihr Antlitz glüht, es ziehn durch ihren Sinn
Schneewittchen, Däumling, Schlangenkönigin.
Kein Laut von außen stört; 's ist Feiertag –
Nur dann und wann vom Turm ein Glockenschlag!
Nur dann und wann der mattgedämpfte Schall
Im hohen Gras von eines Apfels Fall!
Da kommt auf mich ein Dämmern wunderbar;
Gleichwie im Traum verschmilzt, was ist und war:
Die Seele löst sich und verliert sich weit
Ins Märchenreich der eignen Kinderzeit.
Fred Endrikat 1890-1942
Weltanschauung
Der Sommer färbt die Äpfel rot,
die Trauben und die Beeren.
Der Mohn in Farbenflammen loht,
sein Leuchten zu entzünden droht
die strahlend gelben Ähren.
Nur Farbenpracht, wohin man schaut,
wohin man hört ein Klingen.
Der weite Sommerhimmel blaut,
in lichten Höhen jubelnd laut
die kleinen Lerchen singen.
Der Maulwurf in der Erde gräbt,
weiß nichts von diesen Dingen.
Er hat das Schöne nie erlebt.
Der Finsterling nach unten strebt
und wühlt nach Engerlingen.
Es findet jeder, wie er kann,
auf seine Art Erbauung.
Schaut man die Welt von oben an –
von unten – so hat jedermann
die beste Weltanschauung.
Frank Wedekind 1864-1918
Unterm Apfelbaum
Lieschen kletterte flink hinauf
Bis in die höchsten Äste,
Fing in der Schürze die Äpfel auf
Ihrer Mutter zum Feste.
Ich lag unten, verliebt und faul,
Auf dem Rücken im Grase;
Mancher Apfel fiel mir ins Maul,
Mancher mir auf die Nase.
Jetzt stand Lieschen auf starkem Ast,
Schelmisch sah sie hernieder;
Ihres Leibes liebliche Last
Wiegte sich hin und wieder.
Innig umschlungen hielten sich
Splitternackt ihre Füße,
Taten sich auf und befühlten sich –
Winkten mir tausend Grüße.
Durch das Röckchen sandte der Tag
Seine goldenen Strahlen,
Was darunter geborgen lag,
Farbenprächtig zu malen.
Schimmernd rings um die weiße Haut
Wob sich die gedämpfte Helle;
Welcher Meister hat je gebaut
Prächtiger eine Kapelle.
Kindlich faltet ich da die Händ,
Forderte heiß und brünstig:
Was kein irdischer Name nennt,
Werde dem Sünder günstig.
Sieh, und am nämlichen Abend schon,
Tief in die Kissen gebettet,
Wurden der kindlichen Bitte zum Lohn
Leib und Seele gerettet.
Felix Schumann 1854-1879
Grabinschrift
Wenn ich dereinst gestorben bin,
Setzt mir als Epitaphion hin:
Er war ein trüber Gast auf Erden.
Konnt nie von Herzen lustig werden,
Wußt sich mit seinem Sein und Dichten
Nicht recht hier unten einzurichten.
Mocht nie der Liebe holdem Treiben
Ganz ohne Klausel sich verschreiben,
Und zu der andern lustgem Lachen
Sah man ihn ernste Miene machen.
Das Jetzt und Hier mocht er entbehren,
Das Einst und Dort war sein Begehren,
Sodass die Speise abgestanden,
Bis er den Löffel nahm zu Handen.
Mög's ihm im Himmel besser glücken,
Die Äpfel frisch vom Baum zu pflücken.
Theodor Storm 1817-1888
Inserat im August
Die verehrlichen Jungen, welche heuer
Meine Äpfel und Birnen zu stehlen gedenken,
Ersuche ich höflichst, bei diesem Vergnügen
Womöglichst insoweit sich zu beschränken,
Daß sie daneben auf den Beeten
Mir die Wurzeln und Erbsen nicht zertreten.