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Otto Julius Bierbaum 1865-1910
Aussicht in den Garten
Liegt ein Buch am Fensterbrette,
Aber keiner liest darin,
Denn es locken Blumenbeete
Frei ins Freie Blick und Sinn.
Anfangs ging ich brav und weise
Seitenzeilen hin und her,
Daß ich nach Gebot und Fleiße
Recht ein Weisheitswandrer wär,
Aber, ach, die Blumen standen
Allzu nahe nebenbei,
Und die leichten Blicke fanden,
Daß es draußen schöner sei,
Wo die weiten Wiesen wogen,
Wo die schwanken Büsche stehn,
Wo in himmelhohen Bogen
Leichte, weiße Wolken gehn,
Wo der Bäume Wipfel leise
Sich im Winde neigen. – Nein,
Heute mag ein andrer weise
Und ein Bücherleser sein.
Wenn es regnet, wenn es schauert,
Bin, o Buch, ich wieder da,
Doch solang schön Wetter dauert,
Lockt mich keine Kabbala.
Bleibe nur am Fensterbrette!
Weisheit, lüfte dich heut aus!
Ich geh in die Blumenbeete,
Hol noch einen Blumenstrauß.
Hugo von Hofmannsthal 1874-1929
Mein Garten
Schön ist mein Garten mit den goldnen Bäumen,
Den Blättern, die mit Silbersäuseln zittern,
Dem Diamantentau, den Wappengittern,
Dem Klang des Gong, bei dem die Löwen träumen,
Die ehernen, und den Topasmäandern
Und der Volière, wo die Reiher blinken,
Die niemals aus dem Silberbrunnen trinken …
So schön, ich sehn' mich kaum nach jenem andern,
Dem andern Garten, wo ich früher war.
Ich weiß nicht wo … Ich rieche nur den Tau,
Den Tau, der früh an meinen Haaren hing,
Den Duft der Erde weiß ich, feucht und lau,
Wenn ich die weichen Beeren suchen ging …
In jenem Garten, wo ich früher war …
August von Platen-Hallermünde 1796-1835
Einmal will ich, das versprech ich, ohne Liebgekose leben,
Wann die Blumen hier im Garten nach den Tafeln Mose leben;
Hör ich abends auf den Straßen einen Vogel, eine Flöte,
Sag ich bei mir selbst: Es möge dieser Virtuose leben!
Freund! es ist der Lenz gekommen, unsre Wege sind verschieden:
Lebe wie die keusche Lilje, laß mich wie die Rose leben!
Laßt mich euren Rat vernehmen, was das Beste sei von Zweien:
Weise leben, lose reden? Weise reden, lose leben?
Wollt ihr mich durchaus verkennen, tut es immerhin, denn immer
Werd ich, ob ich lächle drüber oder mich erbose, leben!
Luise Büchner 1821-1877
Frühlingsgruß
Wolken seh' ich geh'n und kommen,
Und ewig droht der Winter fortzuwähren –
Die Seele war so trüb mir und beklommen,
Ich rief den Frühling, ach! er will nicht kommen,
Sie und des Himmels Stirne aufzuklären.
Und durch des Gartens Gänge dichtverschlungen
Ging ich – doch sieh, was hat sich dort begeben!
Schneeglöcklein sind der kalten Erd' entsprungen,
Sie haben siegend sich hervorgerungen,
Erweckt von eines Sonnenkusses Leben.
Nun stillt ihr, Frühlingsboten, mein Verlangen!
Ihr wollt in's Herz mir neues Leben senken!
Wie gläubig euer Kelch ist aufgegangen,
Weil er der Sonne einz'gen Kuß empfangen,
So soll mir Frühling euer Anblick schenken!
Alfons Petzold 1882-1923
Strophen im Frühling
I.
Die Mandelbäume stehen schwer bereift
vom Blütenschnee und wissen kaum zu tragen
die holde Last, in die mein Schauen greift; —
ich muss ganz leise, leise; Frühling! sagen,
wohl hundertmal des Tages vor mich hin,
muss der Geliebten diese Wunder zeigen
und dann in ihren Armen ruh’n und schweigen,
weil ich der Bäume blühender Bruder bin.
II.
Ich geh’ durch diesen Frühling, wie ein Traum
durch eine Welt geht, schwebend unbeschwert.
Ich fühle keine Zeit und keinen Raum
und weiß nur eines; dass mich jeder Baum
zu meinem alten Kindergott bekehrt.
Ich wandere mit Heil’gen Arm in Arm
durch große Stille, fern dem lauten Volke,
und knie in einer hellen Blütenwolke,
indes das Herz schlägt klingenden Alarm.
III.
Ihr wisst es nicht, was das für Tage sind,
sonst würdet Ihr nicht wie die Blinden gehen
und vielmehr, wie ein tieferstauntes Kind
vor diesen hochzeitlichen Dingen stehen.
Lasst die Geschäfte in den Stuben sein,
nehmt Hut und Stock, erhebt den Blick zum Himmel
und reitet mir auf goldschabracktem Schimmel
in dieses Frühlings Märchenland hinein.
Karl Ernst Knodt 1856-1917
Der stille Garten
Wie gefangen liegt die Sonne
Hier in meinem kleinen Garten,
Wo zu immer neuer Wonne
Tausend Wunder auf mich warten.
Fühle von der Welt da draußen
Nichts mehr hinter seiner Türe,
Lass die Stürme all' verbrausen;
Keiner, der ans Herz mir rühre.
Nur den Mond noch und die Sterne
Laß ich in den Garten sehen,
Und so darf ich in die Ferne
Lauter goldne Wege gehen.
Stefan George 1868-1933
Gartenfrühlinge
Schimmer aus lichtgoldnem blatte
Treibt aus dem waldigen finster ..
Dass die bescheidene ginster
Ruhe der trauer beschatte!
Nah in den gärten duften die mandeln
Dort sah ich augen voll glut und traum
Ich will die gärten wieder durchwandeln
Hände baden im blumigen flaum.
Seltnerer vögel gefieder
Büsche in zierlichen kegeln!
Trunkene falter segeln
Reicher ertönen dort lieder.
Kostbarer wie sie die quelle verstreut
Schmächtigem springbrunn funken entstieben ..
Werden sie leuchten leuchten mir heut?
Werd ich die süssen traum-augen lieben?
Wilhelm Busch 1832-1908
Frühlingstheater
Dass die Erde inwendig noch munter ist,
seh ich zu meiner Freude an den Schneeglöckchen und dem Krokus.
Die Schneeglöckchen,
ohne Furcht vor der grimmigsten Kälte,
spitzen fleißig nach oben.
Sie müssen sich tummeln,
dass sie fertig sind,
eh das Gesträuch überher Blätter kriegt
und ihnen die Sonne benimmt.
Das Frühlingstheater wäre also auch wieder mal eröffnet.
Karl Ernst Knodt 1856-1917
Der stille Garten
Wie gefangen liegt die Sonne
Hier in meinem kleinen Garten,
Wo zu immer neuer Wonne
Tausend Wunder auf mich warten.
Fühle von der Welt da draußen
Nichts mehr hinter seiner Türe,
Lass die Stürme all' verbrausen;
Keiner, der ans Herz mir rühre.
Nur den Mond noch und die Sterne
Laß ich in den Garten sehen,
Und so darf ich in die Ferne
Lauter goldne Wege gehen.
Theodor Däubler 1876-1934
Der Garten
Ich sah meine Heimat durch blühende Ranken,
Durch schneeweiße Kirschbäume leuchtet das Heim.
Der Flieder verinnigt uns Frühlingsgedanken;
Narzissen am Nesterrain lächeln geheim.
Der Morgen verjünglingt den Nachtigallweiher.
Ich liebe die glühenden Lauben im Tau.
Die Rosen entflammen zersilberndem Schleier,
Erblaut ist die Wonne, voll Sonne die Au.
Die Mandeln erblühen wie kindliche Wangen,
Erst schüchtern, verlegen, oft wundervoll rot.
Die Äste mit nassen Glyzinien behangen,
Beträumen ein Taudiamantangebot.
Es lacht unsre Heimat im Glitzern der Wicke
Sie weckt aller Wesen umrätselten Tod.
Sie nickt aus der Nelke beseligtem Blicke
Die Heimat umblaut sich für Sonnengeschicke.
A. de Nora 1864-1936
Aus der Vogelperspektive
Die Äcker braun
Und schmutzig die Aun,
Und Streifen Schnees grau über dem Feld!
Es ist, als ob diese tote Erde
Nie mehr zum Blühen erwachen werde,
Und alle Hoffnung begraben hält.
Da plötzlich zieht
Ein Lerchenlied
Empor meinen trüben gesenkten Blick.
Und sieh, die Welt beginnt sich zu weiten,
Die Ängste der flachen Tiefe gleiten
Hinab – hinunter – bleiben zurück –
Und sonnenwärts
Flattert mein Herz,
Wie die Lerche trinkend erlösendes Licht –
Der Frühling wiegt es im Himmelblauen
Und läßt es jubelnd das Leben schauen,
Das unten aus allen Furchen bricht …
Les très riches heures du Duc de Berry, März - Pflügen Detail
Très Riches Heures - Die Brüder von Limburg (Paul, Johan und Herman) waren niederländische Miniaturmaler. Das Stundenbuch des Herzogs von Berry (französisch Les Très Riches Heures du Duc de Berry
bzw. kurz Très Riches Heures) ist das berühmteste illustrierte Manuskript des 15. Jahrhunderts.
Ludwig Mahnert 1874-1943
Der Pflüger
Vom Berge steigt der Morgen zu Tal,
Die Arbeit an seiner Seite.
Vor ihnen, dampfend im Sonnenstrahl,
Liegt des Feldes wartende Weite.
Da hebt der Morgen leise die Hand,
Und die Augen der Arbeit winken:
Tief furcht die Pflugschar das taufeuchte Land,
Und die Hufe der Rosse blinken.
Und Scholle um Scholle legt sich um
In Wellen, langsamen, leisen.
Der junge Pflüger geht stolz und stumm
Hinter dem blitzblanken Eisen.
Der junge Pflüger geht stumm und stolz
Und schaut nicht nach der Seite,
Die harte Hand am harten Holz,
Den Blick geradaus in die Weite.
Und Lerchenlaut durchjubelt die Luft,
Durchhallt das stille Gelände.
Die Erde verströmt hochheiligen Duft
Als Weihrauchopferspende,
Und wie ein frommes Dankgebet
Liegt es auf ihren Mienen,
Wenn hinter'm Pflug der Pflüger geht,
Um herrschend ihr zu dienen.
Hermann Lingg 1820-1905
Frühlingsmorgen
Tief im Winter hör' ich's gerne,
Eh' die Sonn' hervorgewallt,
Wie durchs Dunkel aus der Ferne
Eine Morgenglocke schallt.
Im August, wenn Donner rollen,
Freut mich's wie die Windfahn' ächzt,
Und im Herbst, wenn auf den Schollen
Abends spät ein Rabe krächzt.
Doch was kann mein Herz erweitern
Wie der erste Finkenschlag,
Wie der Lerche Lied am heitern,
Wundervollen Frühlingstag?
Nikolaus Lenau 1802-1850
Der Lenz
Da kommt der Lenz, der schöne Junge,
Den alles lieben muß,
Herein mit einem Freudensprunge
Und lächelt seinen Gruß;
Und schickt sich gleich mit frohem Necken
Zu all den Streichen an,
Die er auch sonst dem alten Recken,
Dem Winter, angetan.
Er gibt sie frei, die Bächlein alle,
Wie auch der Alte schilt,
Die der in seiner Eisesfalle
So streng gefangen hielt.
Schon ziehn die Wellen flink von dannen
Mit Tänzen und Geschwätz
Und spötteln über des Tyrannen
Zerronnenes Gesetz.
Den Jüngling freut es, wie die raschen
Hinlärmen durchs Gefild,
Und wie sie scherzend sich enthaschen
Sein aufgeblühtes Bild.
Froh lächelt seine Mutter Erde
Nach ihrem langen Harm;
Sie schlingt mit jubelnder Gebärde
Das Söhnlein in den Arm.
In ihren Busen greift der Lose
Und zieht ihr schmeichelnd keck
Das sanfte Veilchen und die Rose
Hervor aus dem Versteck.
Und sein geschmeidiges Gesinde
Schickt er zu Berg und Tal:
»Sagt, daß ich da bin, meine Winde,
Den Freunden allzumal!«
Er zieht das Herz an Liebesketten
Rasch über manche Kluft
Und schleudert seine Singraketen,
Die Lerchen, in die Luft.
Gottfried Keller 1819 - 1890
Klage der Magd
Nun ist der Lenz gekommen,
Nun blühen alle Wiesen,
Nun herrschen Glanz und Freude
Auf Erden weit und breit;
Nur meine böse Herrin,
Sie keift und zetert immer
Noch wie in der betrübten
Und kalten Winterzeit!
Wenn ich am frühen Morgen
Mit aufgewachtem Herzen
Im Garten grab' und singe,
Die Welt mir freundlich blickt.
Wirft sie mir aus dem Fenster
Die ungefügen Worte,
Dass rasch in meiner Kehle
Das kleine Lied erstickt.
Und wenn mein Vielgeliebter
Am Hag vorüber wandelt
Und ein paar warme Blicke
Mir in die Seele warf,
Höhnt sie am Mittagsmahle,
Dass ich am untern Ende
Das Auge nicht erheben
Und mich nicht rühren darf.
Dass hungernd ich, mit Tränen,
Das Essen stehen lassen
Und mich hinweg muss wenden
Voll Scham und voll Verdruss,
Und weinend im Verborgnen
Die Rinde harten Brotes
Mit all den harten Reden
Hinunter würgen muss.
Sogar wenn ich am Sonntag
Will in die Kirche gehen,
Und mir ein armes Bändchen
Am Hals nicht übel steht,
Vergiftet sie mir neidisch
Mit ungerechtem Tadel
Die wochenmüde Seele,
Das tröstliche Gebet.
Mag selber sie nur beten,
Dass ihre eignen Kinder
Nicht einmal dienen müssen,
Wenn ihr das Glück entschwand
Und sie als arme Mutter
Wird um die Häuser schleichen,
Wo jene sind geschlagen
Von böser Herrenhand!
Selma Meerbaum Eisinger 1924-1942
Frühling
Sonne. Und noch ein bißchen aufgetauter Schnee und Wasser,
das von allen Dächern tropft,
und dann ein bloßer Absatz, welcher klopft,
und Straßen, die in nasser Glattheit glänzen,
und Gräser, welche hinter hohen Fenzen
dastehen, wie ein halbverscheuchtes Reh ...
Himmel. Und milder, warmer Regen, welcher fällt
und dann ein Hund, der sinn- und grundlos bellt,
ein Mantel, welcher offen weht,
ein dünnes Kleid, das wie ein Lachen steht,
in einer Kinderhand ein bißchen nasser Schnee
und in den Augen Warten auf den ersten Klee —
Frühling. Die Bäume sind erst jetzt ganz kahl
und jeder Strauch ist wie ein weicher Schall
als erste Nachricht von dem neuen Glück.
Und morgen kehren Schwalben auch zurück.
Dr. Owlglaß 1873-1945
Dichter und Amsel
Im März, April, ja noch im Mai
ward der Gesang, den sie gespendet,
mit warmem Dank von ihm verwendet
bei seiner Frühlingsdichterei.
Inzwischen hat das gute Tier
sich zweckvoll ehelich verbunden.
Viel Nachwuchs hat sich eingefunden
und huscht durch Beete und Spalier.
Grad werden hier die Beeren rot.
Der Dichter freut sich auf die Gaben.
Doch auch die Amsel will sie haben
zum Morgen- oder Abendbrot.
Das gibt denn einen Dauerlauf
und Wettbewerb der Kontrahenten ...
Wie pflegt derselbige zu enden?
Meist steht die Amsel früher auf.
Zum Teufel geht die Sympathie.
Der Dichter, von Apoll verlassen,
beginnt die Sünderin zu hassen
und wirft nun Stein um Stein auf sie.
Otto Julius Bierbaum 1865-1910
Zwischen Saat und Sense
Das beste Werk auf Erden ist:
Korn in die Scholle säen,
Und aller Freuden vollste ist:
die schweren Schwaden mähen.
Rund geht der Wurf des Säemanns
und rund des Mähders Eisen,
Des ganzen Lebens Auf und Ab
liegt mitten diesen Kreisen.
Karl von Gerok 1815-1890
Sämann, geh in Gottes Namen
Und bestell dein Ackerfeld;
Streu' auf Hoffnung deinen Samen
Und vertrau' dem Herrn der Welt;
Warte still auf seinen Segen,
Bitt' um Sonnenschein und Regen,
Daß dein Feld am Erntetag
Goldne Garben bringen mag.
Geh', o Mensch, und säe Thaten
In den Acker deiner Zeit,
Deines Wohlthuns edle Saaten
Reifen für die Ewigkeit.
Darfst du heut' nicht Früchte schauen,
Lerne auf die Zukunft bauen;
Wenn schon lang dein Hügel grün,
Kann dir noch die Ernte blüh'n.