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Cäsar Flaischlen 1864-1920
Frühling
Das kannst du nicht zwingen:
daß die Knospen springen,
eh' die Sonne ihnen ihren Mai gebracht!
Aber da, was hinter dir liegt,
dich nicht schreckt mehr und unterkriegt:
was Winter in dir abzustreifen
in aller Stille … und Knospen zu reifen
und dich zum Frühling durchzuringen…
Das kannst du zwingen!
Ada Christen 1839-1901
Im Frühling
Soll ich Euch singen das alte Lied
Von Jugend, Frühling und Rosen?
Soll ich Euch schildern mit süßem Wort
Das Sprießen, Knospen und Kosen?
Ihr höret, sehet und fühlt es nicht,
Wenn Dichter auch rührend leiern,
Daß wieder einmal die Wiese grünt,
Die Winterstürme nun feiern.
Als Gottesfriede und Frühlingsluft
Durch alle Welten gezogen,
Habt Ihr, wie am schmutzigsten Wintertag,
Geschachert doch nur und betrogen!
Karl Ernst Knodt 1856-1917
Erste Lenzgedanken
Es geht ein Beben durch die Bäume,
Ich höre das geheime Pochen...
Das sind des jungen Frühlings Träume.
Herz freue dich! In wenig Wochen
Wird König Lenz durchs Leben fliegen.
Du siehst als sichre Lenzgedanken
Der Trauerweide grüne Ranken
Schon auf dem warmen Wind sich wiegen.
Barthold Heinrich Brockes 1680-1747
Frühlingszuruf
Nun sich die Knospen aus den Zweigen drängen,
blühende Kräfte morsche Bande sprengen,
wohin du siehst, wacht alles fröhlich auf -:
Nun sei in deiner Seele rein und heiter,
Erzengel rechts und links dir als Begleiter,
nimm in den Morgen fröhlich deinen Lauf!
Die Schwingen streifen dich an beiden Seiten,
um dich der Engel Atem im Geleiten,
wie muß dein Schritt jetzt frei und kräftig sein!
Schreit' aus und glaube: Dir erklang das Werde!
Schick' deine Blicke aus: Die ganze Erde
blüht dir ans Herz: Was schön ist, das ist dein!
Denn der ist König über alle Dinge,
und den berührt der Engel goldene Schwinge,
der seine Blicke so aussenden kann,
daß sie wie Adler Beute heimwärts tragen,
und dem die Morgenstunde leuchtend sagen:
Du Mensch mit hellen Augen, nimm uns an!
Friedrich Logau 1605-1655
Der Frühling
Da der göldne Sonnen-Wagen
Frühlings-Zucker bringt getragen,
Daß die süssen Zwillings-Küsse
Tag und Nächte machen süsse,
Da der Himmel gütig lachet,
Da die Erde Schmüncke machet,
Da sich Feld und Wiesen mahlen,
Da der Bäume Häupter pralen,
Da die Brunnen Silber gissen,
Da mit funckeln Bäche flissen,
Da die Vogel Lieder singen,
Da die Fische Sprünge springen,
Da für Freuden alles wiebelt,
Da mit gleichem gleiches liebelt:
O, so muß für trübem kräncken
Bloß der Mensch die Stirne sencken!
Weil zumal bey Frühlings-Lüsten
Mars erfrischet sein verwüsten,
Da er diß für Lust erkennet,
Wann er raubet, schändet, brennet.
Klaus Johann Groth 1819-1899
Frühling
niederdeutsch
De Spree de is kam,
Singt lusti vun babn,
Kumt ok wul de Hadbar,
Kumt ok wul dat Fröhjahr
Un al wat der singt,
Wat Summer uns bringt.
De Winter is hin
As Snee anne Sünn,
As Kummer an Morgen,
As Klagen un Sorgen
Un Gram æwer Nacht,
Wennt Hart wedder lacht.
hochdeutsch
Der Star ist gekommen,
Singt lustig von oben,
Kommt auch wohl der Storch,
Kommt auch wohl der Frühling
Und alles was singt,
Was Sommer uns bringt.
Der Winter ist hin
Wie Schnee an der Sonne,
Wie Kummer am Morgen,
Wie Klagen und Sorgen
Und Gram über Nacht,
Wenns Herz wieder lacht.
Max Dauthendey 1867-1918
Die Farben, die der Grauwinter vergaß
Die Farben, die der Grauwinter vergaß,
Kommen vom Berg herüber über die Straß':
Das Grasgrün und das Rot von Ziegeln sommerheiß,
Das Himmelblau und gezupfter Wolken Daunenweiß.
Ländlich gekleidet, wie aus Bauernschränken und Truhen,
Geht der Frühlingstag auf frischen staublosen Schuhen,
Geht gedankenlos alter Sitte und alten Wegen nach;
Schnellt die flugfrohen Schwalben wieder über das Dach,
Lässt kleine fiebernde Lerchen singen und ruft Herzfarben wach.
Christian Morgenstern 1871-1914
Die Primeln blühn und grüssen -
"Die Primeln blühn und grüssen
so lieblich mir zu Füssen,
die Amsel singt so laut.
Die Sonne scheint so helle -
nur ich weiss eine Stelle,
dahin kein Himmel blaut."
- Feins Kind, musst nicht so sagen!
Es bringt der Himmelswagen
auch Deiner Brust den Tag.
Es wird auch Deine Seele
der lieben Vogelkehle
gleichtun mit lautem Schlag.
"Die Primeln blühn und grüssen
so lieblich mir zu Füssen,
die Amsel singt so laut.
Die Sonne scheint so helle -.
Mein freundlicher Geselle,
mir ward viel Leid vertraut."
Max Dauthendey 1867-1918
Noch ist kein Blatt am Baum,
Noch keine weiße Blüte hingestellt,
Kein Halm sein Spiel im Wind noch hat.
Gelb, wie ein irdener Krug, liegt jeder Acker in dem Raum.
Die Lerche aber steigt und fällt,
Ein kleiner Fink im Schlehdorn geigt,
Und eine Amsel in dem finstern kahlen Baum
Aufschluchzend Zwiesprach mit der Leere hält.
Das ewig ungeduldige Herz ist längst vor jeder Blüte wach,
Erzählt und ruft den Abendnebeln nach,
Und seine Sehnsucht laut der Liebe Nest aus nichts aufbaut.
Hoffmann von Fallersleben 1798-1874
Maler Frühling
Der Frühling ist ein Maler,
er malet alles an,
die Berge mit den Wäldern,
die Täler mit den Feldern:
Was der doch malen kann!
Auch meine lieben Blumen
schmückt er mit Farbenpracht:
Wie sie so herrlich strahlen!
So schön kann keiner malen,
so schön, wie er es macht.
O könnt ich doch so malen,
ich malt ihm einen Strauß
und spräch in frohem Mute
für alles Lieb und Gute
so meinen Dank ihm aus!
Annette von Droste-Hülshoff 1797-1848
Der Frühling ist die schönste Zeit!
Was kann wohl schöner sein?
Da grünt und blüht es weit und breit
Im goldnen Sonnenschein.
Am Berghang schmilzt der letzte Schnee,
Das Bächlein rauscht zu Tal,
Es grünt die Saat, es blinkt der See
Im Frühlingssonnenstrahl.
Die Lerchen singen überall,
Die Amsel schlägt im Wald!
Nun kommt die liebe Nachtigall
Und auch der Kuckuck bald.
Nun jauchzet alles weit und breit,
Da stimmen froh wir ein:
Der Frühling ist die schönste Zeit!
Was kann wohl schöner sein?
Rudolf Presber 1868-1935
Frühlingskorrespondenz
Mir schreibt eine liebe Bekannte:
So herrlich leuchtet das Meer,
Und hier in Sestri-Levante
Ist auch das Leben nicht schwer.
Erfrischt in allen Sinnen
Sitzt man am schönen Strand;
Es malen die Apenninen
Dem Horizont das Band ...
Ich schreibe: Geliebte Base,
Was meld' ich wohl von hier?
Es ist die Leipzigerstraße
Geräuschvoll, wie schon früh'r.
Der Lenz ist eine Erfindung
Durchaus von südlicher Art
Und ist mit Lungenentzündung
Meist in Berlin gepaart.
Mir schreibt ein juristischer Vetter,
Der jüngst nach Bomst versetzt:
Wir haben so herrliches Wetter
In Arenzano jetzt.
Das Meer liegt ohne Tücke
In blauer Ruhe da;
Und herrlich sind die Blicke
Hinüber nach Genua ...
Ich melde: Unter den Linden
Sind morgens kurz nach Zehn
Die ersten Mut'gen zu finden,
Die schon "per Taille" gehn.
Nach Süden zog der Kanzler,
Leer steht das Reichstagshaus;
Hingegen stellt man bei Kranzler
Jetzt weiße Stühle heraus.
Mir schreibt eine hübsche Cousine
(Ich seh' sie zu selten nur):
Wir wohnen in Condamine
Im Hotel Beau-Séjour.
Die Schönheit der Terrassen
Bis tief zum Meere, tief,
Ist einfach nicht zu fassen -
Ich schließe drum den Brief ...
Ich schreibe: Sehr Verehrte,
Hier tut der Lenz sich stark;
Und kostet, wie ich bewerte,
So zwanzigtausend Mark.
Er strotzt im Blütenscheine,
Macht viele Menschen froh,
Vorerst noch ganz alleine
In den - Ausstellungshallen am "Zoo".
Die Kleine schreibt: Los und ledig
Der Sorgen und Winterqual,
Sitz' ich vergnügt in Venedig
Und gondle auf dem Kanal.
Ein alter Herr in Trauer
Beweint die Gattin hier,
Wohnt auch im Hotel Bauer
Und ist sehr nett zu mir ...
Ich schreibe: Bei Josty fragen
Nach dir die Kellner oft.
Ich hatte in diesen Tagen
Auf deine Rückkehr gehofft.
Ich möchte dich gerne behüten
Vor dem trauernden Herrn und - dem Lenz;
Und nächstens fahr' ich nach Süden
Zur Erleicht'rung der Korrespondenz!
Joseph von Eichendorff 1788-1857
Entschluss
Noch schien der Lenz nicht gekommen,
Es lag noch so stumm die Welt,
Da hab' den Stab ich genommen,
Zu pilgern ins weite Feld.
Und will auch kein' Lerch' sich schwingen,
Du breite die Flügel, mein Herz,
Lass hell und fröhlich uns singen
Zum Himmel aus allem Schmerz!
Da schauen im Tale erschrocken
Die Wandrer rings in die Luft,
Mein Liebchen schüttelt die Locken,
Sie weiß es wohl, wer sie ruft.
Und wie sie noch steh'n und lauschen,
Da blitzt es schon fern und nah,
All' Wälder und Quellen rauschen,
Und Frühling ist wieder da!
Otto Julius Bierbaum 1865-1910
Das grüne Wunder
Mein Birkenhain stand weiß und kahl,
Die dünnen Stämmchen fror,
Da kam April und zauberte
Das Leben grün hervor.
Mit einem Schleier angetan
Steht nun mein Birkenhain;
Das grüne Wunder ist geschehn,
Nun lasst uns gläubig sein.
Nun lasst uns glauben wiederum,
Dass Leben Schönheit heißt:
Mein Birkicht ist ein Zauberwald,
In dem das Wunder kreißt.
Hoffmann von Fallersleben 1798-1874
Frühlings Ankunft
Grüner Schimmer spielet wieder
Drüben über Wies' und Feld.
Frohe Hoffnung senkt sich nieder
Auf die stumme trübe Welt.
Ja, nach langen Winterleiden
Kehrt der Frühling uns zurück,
Will die Welt in Freude kleiden,
Will uns bringen neues Glück.
Seht, ein Schmetterling als Bote
Zieht einher in Frühlingstracht,
Meldet uns, dass alles Tote
Nun zum Leben auferwacht.
Nur die Veilchen schüchtern wagen
Aufzuschau'n zum Sonnenschein;
Ist es doch, als ob sie fragen:
»Sollt' es denn schon Frühling sein?«
Seht, wie sich die Lerchen schwingen
In das blaue Himmelszelt!
Wie sie schwirren, wie sie singen
Über uns herab ins Feld!
Alles Leid entflieht auf Erden
Vor des Frühlings Freud' und Lust -
Nun, so soll's auch Frühling werden,
Frühling auch in unsrer Brust!
Gustav Falke 1853-1916
Frühling
Knospen tragen alle Bäume,
Und die Freude geht durchs Haus,
Herz, und deine schönsten Träume
Breiten ihre Flügel aus.
Wunsch und Hoffen, Lied und Lieder,
Ach, du bändigst sie nicht mehr!
Sieh, die Erde leuchtet wieder
Rings aus ihrer Fülle her.
Frühlingsfeier, Lebensfeier!
Quell um Quelle rauscht herauf,
Und die Liebe hebt den Schleier
Ihres keuschen Schweigens auf.
Geht mit zitterndem Erglühen
Segnend durch das junge Land,
Und der Herzenskönigin blühen
Himmelsschlüssel in der Hand.
Georg Heym 1887-1912
Der Frühling II
In großen Wäldern, unter Riesenbäumen
Darunter ewig blaues Dunkel ruht,
Dort schlafen Städte in verborgnen Träumen,
Den Inseln gleich, in grüner Meere Flut.
Das Moos wächst hoch auf ihren Mauerkränzen.
Ihr alter Turm ist schwarzer Rosen Horst.
Sie zittern sanft, wenn wild die Zinnen glänzen,
Und rot im Abend lodert rings der Forst.
Dann stehen hoch in fließendem Gewand,
Wie Lilien, ihre Fürsten auf den Toren
Im Wetterschein wie stiller Kerzen Brand.
Und ihre Harfe dröhnt, im Sturm verloren,
Des schwarzer Hauch schon braust von Himmels Rand
Und rauscht im dunklen Haar der Sykomoren.
Wilhelm Müller 1794-1827
Frühlingseinzug
Die Fenster auf, die Herzen auf!
Geschwinde! Geschwinde!
Der alte Winter will heraus,
Er trippelt ängstlich durch das Haus,
Er windet bang sich in der Brust,
Und kramt zusammen seinen Wust
Geschwinde, geschwinde.
Die Fenster auf, die Herzen auf!
Geschwinde! Geschwinde!
Er spürt den Frühling vor dem Tor,
Der will ihn zupfen bei dem Ohr,
Ihn zausen an dem weißen Bart
Nach solcher wilden Buben Art,
Geschwinde, geschwinde.
Die Fenster auf, die Herzen auf!
Geschwinde! Geschwinde!
Der Frühling pocht und klopft ja schon –
Horcht, horcht, es ist sein lieber Ton!
Er pocht und klopfet, was er kann,
Mit kleinen Blumenknospen an,
Geschwinde, geschwinde.
Die Fenster auf, die Herzen auf!
Geschwinde! Geschwinde!
Und wenn ihr noch nicht öffnen wollt,
Er hat viel Dienerschaft im Sold,
Die ruft er sich zur Hülfe her,
Und pocht und klopfet immer mehr,
Geschwinde, geschwinde.
Die Fenster auf, die Herzen auf!
Geschwinde! Geschwinde!
Es kommt der Junker Morgenwind,
Ein pausebackig rotes Kind,
Und bläst, daß alles klingt und klirrt,
Bis seinem Herrn geöffnet wird,
Geschwinde, geschwinde.
Die Fenster auf, die Herzen auf!
Geschwinde! Geschwinde!
Es kommt der Ritter Sonnenschein,
Der bricht mit goldnen Lanzen ein,
Der sanfte Schmeichler Blütenhauch
Schleicht durch die engsten Ritzen auch,
Geschwinde, geschwinde.
Die Fenster auf, die Herzen auf!
Geschwinde! Geschwinde!
Zum Angriff schlägt die Nachtigall,
Und horch, und horch, ein Widerhall,
Ein Widerhall aus meiner Brust!
Herein, herein, du Frühlingslust,
Geschwinde, geschwinde!
Ludwig Eichrodt 1827 - 1892
Vergiß!
Was kleidet die Wiesen, was schmücket die Wälder,
Was sprenget die Fesseln dem keuchenden Bach?
Was führet die Thiere zurück in die Felder
Und wehet den Klang aller Lieder wach?
Es ist der Frühling, es ist die Sonne,
Drum freue sich laut ein jegliches Herz,
Und in der großen unsterblichen Wonne
Verstumme der eitle, der menschliche Schmerz!
Friedrich Rückert 1788-1866
Es kommt der Regen des Frühlings
Es kommt der Regen des Frühlings,
Und bringt den Segen des Frühlings.
Die Blumen stehen und warten
An allen Stegen des Frühlings,
Und Düfte streuen die Lüfte
Auf allen Wegen des Frühlings.
Doch mein Gemüth ist beklommen
In Kummer wegen des Frühlings;
Wie ich soll feiern die Feier,
Ich bin verlegen, des Frühlings?
Mir ist im Froste des Winters
Die Lust erlegen des Frühlings.
Bis euch, ihr Blumen, die blühtet
In Lustgehegen des Frühlings,
Mir neu anreget zu blühen
Ein Hauch anregendes Frühlings;
Hab' ich, ein trauriger Gärtner,
Das Grab zu pflegen des Frühlings.
Joseph von Eichendorff 1788-1857
Frühlingsnacht
Übern Garten durch die Lüfte
Hört ich Wandervögel ziehn,
Das bedeutet Frühlingsdüfte,
Unten fängt's schon an zu blühn.
Jauchzen möcht ich, möchte weinen,
Ist mir's doch, als könnt's nicht sein!
Alte Wunder wieder scheinen
Mit dem Mondesglanz herein.
Und der Mond, die Sterne sagen's,
Und in Träumen rauscht's der Hain,
Und die Nachtigallen schlagen's:
Sie ist Deine, sie ist dein!